Bundesgerichtshof, Beschluss vom 04.04.2024, Az. AK 32/24

3. Strafsenat | REWIS RS 2024, 1966

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Tenor

Die Untersuchungshaft hat [X.].

Eine etwa erforderliche weitere Haftprüfung durch den [X.] findet in drei Monaten statt.

Bis zu diesem Zeitpunkt wird die Haftprüfung dem [X.] übertragen.

Gründe

I.

1

Der Angeklagte wurde am 20. September 2023 vorläufig festgenommen und befindet sich - zunächst - aufgrund des Haftbefehls des [X.] vom 21. September 2023 (30 [X.] 8278/23) seit diesem Tag in Untersuchungshaft. Mit Verfügung vom 22. September 2023 leitete der [X.] ein Ermittlungsverfahren wegen versuchter Mitgliedschaft in einer terroristischen [X.] („[X.]“) ein und gab dieses an die Generalstaatsanwaltschaft [X.] ab. Der Haftbefehl des Amtsgerichts wurde durch den Haftbefehl des Ermittlungsrichters des [X.] [X.] vom 29. September 2023 (O[X.] 56/23) ersetzt. Durch Beschluss des [X.]aatsschutzsenats des [X.] [X.] vom 1. März 2024 (1 [X.] 6 [X.] 16/23) wurde der Haftbefehl nach Anklageerhebung geändert, ergänzt und dem Angeklagten am selben Tag eröffnet. Gegenstand des Haftbefehls ist der Vorwurf, der Angeklagte habe in der [X.] vom 28. Januar 2022 bis zum 20. September 2023 in [X.]     als Jugendlicher mit Verantwortungsreife in fünf Fällen einem vollziehbaren Verbot nach § 18 Satz 2 VereinsG zuwidergehandelt, davon in zwei Fällen tateinheitlich in einer Weise, die geeignet gewesen sei, den öffentlichen Frieden zu stören, durch Verbreiten eines Inhalts einen Mord oder einen Totschlag gebilligt sowie versucht, sich als Mitglied an einer terroristischen [X.] zu beteiligen, deren Zwecke und Tätigkeit darauf gerichtet gewesen seien, Mord (§ 211 [X.]GB), Totschlag (§ 212 [X.]GB), Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 V[X.]GB) und Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 V[X.]GB) zu begehen, und zudem entgegen § 2 Abs. 3 [X.] in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 1 Nr. 1.4.1 [X.] ein Springmesser mit einer seitlich aus dem Griff herausspringenden Klinge mit einer Klingenlänge von 9 cm besessen, strafbar gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 Alternative 2 VereinsG, § 140 Nr. 2 in Verbindung mit § 126 Abs. 1 Nr. 3, §§ 52, 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1, §§ 22, 23 [X.]GB, § 52 Abs. 3 Nr. 1, § 2 Abs. 3 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 1 Nr. 1.4.1 [X.], §§ 1, 3 [X.], § 53 [X.]GB.

2

Unter dem 10. Januar 2024 hat die Generalstaatsanwaltschaft [X.] wegen dieser Taten Anklage beim Oberlandesgericht [X.] erhoben. Der [X.]aatsschutzsenat des [X.] hat mit Beschluss vom 1. März 2024 die Anklage zur Hauptverhandlung zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet.

II.

3

Die Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus liegen vor.

4

1. Gegenstand der Haftprüfung nach §§ 121, 122 [X.]PO, § 2 Abs. 2 [X.] ist der vollzogene Haftbefehl des [X.]aatsschutzsenats des [X.] vom 1. März 2024, der den Haftbefehl der Ermittlungsrichterin des [X.] wegen derselben Tat geändert und ergänzt hat. Der in dem Haftbefehl vom 1. März 2024 zusätzlich enthaltene Vorwurf eines Verstoßes gegen das [X.] hat keine neue Frist für die besondere Haftprüfung in Lauf gesetzt, weil er für sich allein die Untersuchungshaft nicht zu rechtfertigen vermöchte.

5

2. Der Angeklagte ist der ihm im Haftbefehl angelasteten Taten dringend verdächtig.

6

a) Im Sinne eines dringenden Tatverdachts ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

7

aa) Die [X.] „[X.]“ ([X.]) ist eine Organisation mit militant-fundamentalistischer islamischer Ausrichtung, die es sich ursprünglich zum Ziel gesetzt hatte, einen das Gebiet des heutigen [X.] und die historische Region „ash-Sham“ - die heutigen [X.]aaten [X.], [X.] und [X.] sowie [X.] - umfassenden und auf ihrer Ideologie gründenden „[X.]esstaat“ unter Geltung der Scharia zu errichten und dazu die schiitisch dominierte Regierung im [X.] sowie das Regime des [X.] Präsidenten [X.] zu stürzen. Zivile Opfer nahm und nimmt sie bei ihrem fortgesetzten Kampf in Kauf, weil sie jeden, der sich ihren Ansprüchen entgegenstellt, als „Feind des Islam“ begreift; die Tötung solcher „Feinde“ oder ihre Einschüchterung durch Gewaltakte sieht die [X.] als legitimes Mittel des Kampfes an.

8

Die Führung der [X.], die sich mit der Ausrufung des „Kalifats“ am 29. Juni 2014 von „[X.] im [X.] und in Großsyrien“ ([X.]IG) in „[X.]“ ([X.]) umbenannte - wodurch sie von der territorialen Selbstbeschränkung Abstand nahm -, hatte seit 2010 bis zu seiner Tötung im Oktober 2019 [X.] inne. Seitdem ernannte die [X.] mehrere neue Anführer, die ebenfalls getötet wurden. Zur Tatzeit wurde der [X.] ab August 2023 von [X.] al Qurashi geführt.

9

Dem Anführer des [X.] unterstehen ein [X.]ellvertreter sowie „Minister“ als Verantwortliche für einzelne Bereiche, so ein „[X.]“ und ein „Propagandaminister“. Zur Führungsebene gehören außerdem beratende „[X.]“. Veröffentlichungen werden von eigenen Medienstellen produziert und verbreitet. Das auch von den Kampfeinheiten verwendete Symbol der [X.] besteht aus dem „Prophetensiegel“ (einem weißen Oval mit der Inschrift „[X.] - [X.] - [X.]“) auf schwarzem Grund, überschrieben mit dem [X.] Glaubensbekenntnis. Die zeitweilig über mehrere Tausend Kämpfer sind dem „[X.]“ unterstellt und in lokale Kampfeinheiten mit jeweils einem Kommandeur gegliedert.

Die [X.] setzte ihre Ziele durch offenen militärischen Bodenkampf im [X.] und in [X.] sowie durch Sprengstoff- und Selbstmordanschläge, aber auch durch Entführungen, Erschießungen und spektakulär inszenierte, grausame Hinrichtungen durch. Die [X.] teilte von ihr besetzte Gebiete in [X.] ein und errichtete einen [X.]; diese Maßnahmen zielten auf die Schaffung totalitärer staatlicher [X.]rukturen. Angehörige der [X.] und [X.] Armee, aber auch in Gegnerschaft zum [X.] stehender Oppositionsgruppen, ausländische Journalisten und Mitarbeiter von Nichtregierungsorganisationen sowie Zivilisten, die den Herrschaftsanspruch des [X.] in Frage stellten, sahen sich Verhaftung, Folter und Hinrichtung ausgesetzt. Filmaufnahmen von besonders grausamen Tötungen wurden mehrfach vom [X.] zu Zwecken der Einschüchterung veröffentlicht. Darüber hinaus beging der [X.] immer wieder Massaker an Teilen der Zivilbevölkerung und außerhalb seines Machtbereichs Terroranschläge. So übernahm er auch für Anschläge in [X.], etwa in [X.], [X.], [X.] und [X.], die Verantwortung.

Im [X.] gelang es dem [X.] im Jahr 2014, etwa ein Drittel des [X.]aatsterritoriums zu besetzen. Am 10. Juni 2014 erlangte er die Kontrolle über die Millionenstadt [X.], die bis zu der Offensive der von [X.] unterstützten [X.] Armee Ende 2016 der zentrale Ort seiner [X.] [X.] war. In den Jahren 2013 und 2014 gelang es dem [X.] zudem, weite Teile im Norden und Osten [X.]s unter seine Gewalt zu bringen.

Seit Januar 2015 wurde die [X.] schrittweise erfolgreich zurückgeschlagen. So begann am 16. Oktober 2016 die Rückeroberung von [X.], die Anfang Juni 2017 abgeschlossen war. Am 27. August 2017 wurde der [X.] aus seiner letzten nord[X.] Hochburg in [X.] verdrängt. Die [X.] Sicherheitskräfte erklärten im Dezember 2017 den Krieg gegen den [X.] für beendet, nachdem sie in einem letzten Schritt die Kontrolle von Gebieten an der syrisch-[X.] Grenze vollständig zurückerlangt hatten.

Auch in [X.] büßte der [X.] im Laufe des Jahres 2018 große Gebiete ein. Ende 2018 verblieb ihm nur noch ein kleines Territorium im Raum [X.] in der [X.], in das sich die [X.]-Kämpfer zurückziehen konnten. Am 9. Februar 2019 begann die finale Offensive der [X.] ([X.]) um den Ort [X.], wobei sie Luftunterstützung durch die Anti-[X.]-Koalition erhielten. Am 23. März 2019 kapitulierten dort die letzten [X.]-Kämpfer; tausende von ihnen sowie zehntausende Frauen und Kinder wurden in Gefängnissen und Lagern - etwa in [X.] oder [X.] im Nordosten [X.]s - interniert. Damit brach das territoriale Kalifat des [X.] mit quasi-staatlichen [X.]rukturen zusammen. Weitere Rückschläge erlitt die [X.] durch die Tötung ihres Anführers [X.] und ihres offiziellen Sprechers in der Nacht vom 26. auf den 27. Oktober 2019 im Rahmen einer [X.] Militäraktion in der [X.] Provinz Idlib.

Trotz des Zusammenbruchs des Kalifats war der [X.] als militant-dschihadistische und international agierende Organisation nicht vollständig zerstört. Vielmehr verblieb die [X.] unter Aufrechterhaltung ihrer ideologischen Ausrichtung in der Folgezeit in ihrem Kerngebiet [X.]/[X.], insbesondere in der syrisch-[X.] Grenzregion sowie der [X.] Wüste. Auch passte sich der [X.] an die veränderten Rahmenbedingungen an: So benannte er kurz nach der Tötung der beiden Führungspersonen einen neuen Sprecher und [X.], setzte seine [X.] fort und operierte zunehmend aus dem Untergrund heraus. Schätzungen zufolge verfügt er im Kerngebiet weiterhin über 4.000 bis 6.000 aktive Kämpfer. In den Jahren 2019 bis 2021 verübte er mehrere tausend terroristische Anschläge in [X.] und im [X.] in Form von [X.]urm- und Raketenangriffen sowie [X.] und Sprengstoffanschlägen. Derartige militärische Operationen führte er auch in [X.], [X.]/[X.], [X.], [X.], [X.] und [X.] aus. Daneben nahm er gezielt Tötungen und Hinrichtungen von Einzelpersonen wie beispielsweise sunnitischen [X.]ammesältesten, Kämpfern des [X.] und solchen des [X.] Regimes vor.

Mit der Ausrufung weltweiter Provinzen außerhalb seines ursprünglichen Kerngebiets und fortwährender terroristischer Aktivitäten in zahlreichen [X.]aaten in [X.] und [X.], vor allem in [X.]/[X.], West- und [X.] sowie in der Provinz [X.] bestehend aus den Ländern [X.], [X.] und [X.] - dort agierend unter der Bezeichnung „[X.] Provinz [X.]“ ([X.]PK) - unterstreicht der [X.] seinen Anspruch, ein global agierender Akteur zu sein.

bb) Der Angeklagte kam als [X.] Bürgerkriegsflüchtling nach [X.]. Zu einem nicht genau feststellbaren [X.]punkt, möglicherweise bereits vor seiner Einreise, begann er, sich religiös zu radikalisieren und Sympathien für den [X.] sowie dessen Anführer und für die von den Angehörigen der Organisation begangenen Kriegsverbrechen und Terroranschläge zu entwickeln.

Der Angeklagte verschaffte sich im [X.] zahllose Bilder und [X.], die grausame Tötungen von Gegnern und Gefangenen des [X.] zeigen, und speicherte diese auf seinen Kommunikationsendgeräten. Dabei gelang es dem Angeklagten auch, Zugriff auf den [X.] des [X.] „          “ (             ) zu erlangen, der von Angehörigen der [X.] nach dem Verlust der von ihr in [X.] und im [X.] kontrollierten Gebiete im Jahr 2018 zur Bewahrung ihrer Propagandatätigkeit angelegt wurde und seitdem durch ihre Anhänger gepflegt wird. Die dort abgelegten [X.] und Bilder lud er herunter, bearbeitete sie und unterlegte sie mit Texten und Tonspuren, die Aussagen führender [X.]-Mitglieder enthalten.

Der Angeklagte betrieb auf dem [X.]nachrichtendienst [X.] die Accounts „@       “, „@       “, „@      “ und „@        “. Die Accounts waren im Tatzeitraum öffentlich einsehbar und die zumeist arabischsprachigen Inhalte damit für eine Vielzahl von Personen wahrnehmbar. Im Einzelnen:

(1) Am 28. Januar 2022 veröffentlichte der Angeklagte auf dem [X.]-Account „@       “ eine Zeichnung, die eine männliche Person in typischer Kleidung der Angehörigen des [X.] zeigt. Über der rechten Schulter trägt die Person ein [X.]urmgewehr und hält in der rechten Hand eine schwarze Fahne, die in weißer Schrift den Text des [X.] Glaubensbekenntnisses enthält. Die zeichnerische Gestaltung der Fahne entspricht der durch den [X.] verwendeten Fahne, wobei das auf der Fahne des [X.] ebenfalls enthaltene sog. „Prophetensiegel“ aufgrund der zeichnerischen Darstellung nicht zu erkennen i[X.] Die Zeichnung kommentierte der Angeklagte mit den Worten „Ein Bild, das [X.] sehr gefällt (nichts für Transen)“.

(2) Am 29. Januar 2022 veröffentlichte der Angeklagte auf dem Profil „@       “ ein Bild einer in den von den kurdischen Milizen in [X.] verwendeten Farben Gelb, Grün und Rot gestalteten Toilettenpapierrolle. Auf dieser sind der Umriss [X.]s und die Grenze zu den unter der militärischen Kontrolle [X.] Milizen stehenden Gebiete [X.]s markiert. Rechts neben der Papierrolle ist die Aufschrift „kurdische Milizen für den billigen Gebrauch“ angebracht. Dieses Bild kommentierte der Angeklagte mit den Worten „Das ist das, wozu die kurdischen Milizen für [X.] nach [X.] noch gut sind: #Islamischer_[X.]aat!“ Bei [X.] bzw. der Operation [X.] handelt es sich um den [X.] des [X.] auf das unter [X.] Kontrolle stehende Gefängnis [X.] in [X.] im Januar 2022, mit dem dort inhaftierte Angehörige des [X.] aus [X.] Haft befreit werden sollten. Aus dem Angriff entwickelten sich schwere [X.] mit kurdischen Milizen, die sich über mehrere Tage hinzogen und auch auf [X.] Seite zahlreiche Tote und Verletzte forderten.

(3) Am 29. Januar 2022 postete der Angeklagte auf dem Account „@       “ eine Grafik, die unter anderem Handschellen zeigt. Auf der Grafik ist der folgende Text enthalten:

„[X.] ist groß

Die Schlacht am [X.] Gefängnis.

Acht Tage lang, zwischen dem 14. und 24. [X.] (21.01.-28.01.2022)

260 Getötete und Verletzt. 27 militärische Ziele vernichtet. Das Ziel war es, die Mauer des Gefängnisses niederzureißen und die muslimischen Gefangenen zu befreien.

Ablauf des Angriffs:

Es begann mit zwei Selbstmordattentätern. Es handelte sich um die Ausgereisten A.           und Ab.        . Sie fuhren mit zwei Autos, die mit Sprengstoff gefüllt waren, zum [X.] und zu den Mauern des Gefängnisses und sprengten sich dort in die Luft. Danach folgte die Attacke der übrigen Selbstmordattentäter von vier verschiedenen Seiten aus.

‚Oh ihr Soldaten des Kalifats, zu den schlimmsten Dingen, die einem widerfahren können, zählen Gefängnisaufenthalte. (Gedenkt) eurer Brüder, (gedenkt) eurer Brüder. [X.] entschlossen, sie zu befreien und reißt die Mauern ein. Zerstört ihre Fesseln. Das ist der Befehl und der Wille Eures Propheten - [X.] segne ihn und schenke ihm [X.]. [X.] nicht, sie zu befreien, auch wenn dabei Gewalt unausweichlich sein sollte. Zeigt keine Gnade gegenüber ihren Metzgern, Vernehmern, Richtern und allen Arschlöchern, die ihnen Unrecht getan haben.‘

Schaykh [X.], [X.] empfange ihn.“

(4) Auf dem Profil „@        “ gab der Angeklagte im April 2022 an „[X.], die die meisten bekannten Medien nicht zeigen könnten ... Wahre Nachrichten ohne Fälschung und ohne Manipulation ... Nachrichten, die nicht die Tragödien der Muslime berichten, sondern über [X.]ärke und Errungenschaften der Muslime ...“

Es folgen: „Ortsangabe: Der Islamische [X.]aat“ sowie ein Herz-Emoji.

(5) Am 16. April 2022 griff der Angeklagte auf dem Profil „@       “ einen anderen [X.]-Nutzer verbal an, der den [X.] kritisiert und geäußert hatte, man könne nicht weiter schweigen über die Mörder, die ihre Taten für [X.]es Gesetz halten. Er erwiderte, diese Personen würden das Gesetz [X.]es befolgen. Und weiter: „Wir sind die Mörder von [X.]es Feinden, wir sind die Mörder der [X.] und die Mörder der [X.]. Und darauf bin ich sehr stolz, weil die Feinde vertragsbrüchig und gewissenlos sind.“

cc) Spätestens ab dem 9. Juli 2023 nahm der Angeklagte über [X.]nachrichtendienste Kontakt zu Personen auf, von denen er annahm, diese seien Mitglieder des [X.]. Dabei handelte der Angeklagte in der Absicht, sich der [X.] ebenfalls als Mitglied anzuschließen, in die Organisation einzugliedern, ihrer Befehlsgewalt zu unterstellen und mitgliedschaftlich an ihr zu beteiligen. Er hegte den Wunsch, schnellstmöglich im Namen des [X.] ein Attentat zu begehen und als Märtyrer zu sterben.

So erkundigte sich der Angeklagte bei einem unbekannten Nutzer des [X.]nachrichtendiensts Vidogram am 9. Juli 2023 danach, ob sein Treuegelöbnis, das seine Arbeit betreffe, veröffentlicht werde. Als der Chatpartner mitteilte, dass dies von der „Art der Arbeit“ und weiter davon abhänge, ob das Treuegelöbnis verschlüsselt sei, erwiderte der Angeklagte in Bezug auf die „Art der Arbeit“, die er erbringen wolle, „Martyrium mit [X.]s Erlaubnis“.

Zudem nahm er am 5. August 2023 Kontakt zu einem weiteren, bislang nicht identifizierten Nutzer des [X.]nachrichtendiensts Vidogram auf. Hierbei nannte sich der Angeklagte „     “ und gab an, er wolle seine vorherige Tätigkeit wiederaufnehmen. Parallel hierzu übermittelte er eine frühere Nachricht dieses Chatpartners mit einem Code. Am 7. August 2023 erhielt der Angeklagte von dem unbekannten Chatpartner die Aufforderung, seinen Treueschwur zu übermitteln, woraufhin der Angeklagte einen Treueeid auf den seit Anfang August amtierenden aktuellen Anführer des [X.] „Abu Hafs“ übersandte. Daraufhin erhielt der Angeklagte eine Codemitteilung und eine Gebrauchsanweisung.

Ob es sich bei beiden [X.] um Angehörige des [X.] handelte, ist nicht geklärt, da eine Identifizierung bislang nicht möglich war.

In der Folge nahm der Angeklagte über den [X.]nachrichtendienst [X.] zu anderen Nutzern des [X.] auf, von denen er annahm, dass diese ebenfalls Mitglieder oder Unterstützer des [X.] sind. Dabei gab er sich selbst als Angehöriger des [X.] aus. Auf Aufforderung eines seiner Chatpartner bearbeitete er in der Folgezeit aus dem [X.] heruntergeladene [X.] und Bilder des [X.], unterlegte sie mit Text- und Tonspuren, die Aussagen führender [X.]-Mitglieder enthalten, und übermittelte sie dem Chatpartner mit dem Ziel der weiteren Verbreitung.

Wegen der Inhalte der Textnachrichten im Einzelnen wird auf deren Darstellung in dem Haftbefehl des Ermittlungsrichters des [X.] [X.] vom 29. September 2023 (unter [X.])) Bezug genommen.

Auf einem sichergestellten Tablet-Computer des Angeklagten befand sich eine Anleitung zur Herstellung eines Sprengsatzes.

[X.]) Zu einem nicht genau feststellbaren [X.]punkt nach dem 24. August 2023 verschaffte sich der Angeklagte ein Springmesser mit einer seitlich herausspringenden Klinge von 9 cm Länge. Das Messer wurde am 20. September 2023 in [X.] unter dem Nachttisch aufgefunden. Dem Angeklagten war bekannt, dass es sich bei dem Messer um einen Gegenstand handelt, dessen Besitz nach dem [X.] verboten i[X.]

b) Der dringende Tatverdacht ergibt sich aus Folgendem:

aa) Hinsichtlich der außereuropäischen [X.] „[X.]“ beruht er auf islamwissenschaftlichen Gutachten sowie auf verschiedenen polizeilichen Auswerteberichten.

bb) Zu den Tatvorwürfen hat sich der Angeklagte bislang nicht im Einzelnen eingelassen. Sein Verteidiger hat mit Schreiben vom 5. September 2023 mitgeteilt, dass der Angeklagte nicht hinter den Bildern und Texten stehe und die Inhalte der Texte nicht selbst billige. In einem weiteren Schreiben vom 12. März 2024 hat der Verteidiger zudem ausgeführt, dass der Angeklagte sich nicht von radikalen, terroristischen Ideen abkehre oder abwenden wolle, er solche vielmehr nie innerlich getragen habe.

Der dringende Tatverdacht gegen den Angeklagten ergibt sich aus einer Behördenerklärung der Abteilung Verfassungsschutz des [X.] und für Sport [X.] nebst Screenshots von Veröffentlichungen auf den von dem Angeklagten genutzten Accounts, aus der Auswertung der bei den Durchsuchungen am 24. August 2023 und 20. September 2023 sichergestellten Asservaten, Auswertevermerken des Landeskriminalamts [X.] sowie - hinsichtlich des Vorwurfs der versuchten mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer ausländischen terroristischen [X.] maßgeblich - aus [X.]. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Haftbefehle vom 29. September 2023 und vom 1. März 2024 sowie die Anklageschrift der Generalstaatsanwaltschaft [X.] ([X.] bis 69) und die dort jeweils angeführten Nachweise aus der Sachakte Bezug genommen.

Dass der Angeklagte seine Äußerungen, sich als Kämpfer oder Märtyrer für den [X.] zu betätigen, mit großer Wahrscheinlichkeit ernst meinte, ergibt sich unter anderem aus der auf einem Tablet gespeicherten Anleitung zur Herstellung eines Sprengsatzes, auch wenn mit dieser ein funktionstüchtiger Sprengsatz mit Detonationswirkung nicht hergestellt werden konnte.

c) In rechtlicher Hinsicht ist der unter [X.]) geschilderte Sachverhalt im Haftbefehl vom 1. März 2024 zutreffend gewürdigt. Im Einzelnen:

aa) Der unter Gliederungspunkt [X.]) bb) geschilderte Sachverhalt ist richtigerweise dahin gewertet, dass der Angeklagte in fünf Fällen einer Zuwiderhandlung gegen ein vereinsrechtliches [X.], davon in zwei Fällen tateinheitlich dazu der Billigung von [X.]raftaten, dringend verdächtig ist (§ 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 VereinsG, § 140 Nr. 2 i.V.m. § 126 Abs. 1 Nr. 3, §§ 52, 53 [X.]GB).

(1) Mit Verfügung vom 12. September 2014 verbot das [X.] gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 15 Abs. 1 und § 18 Satz 2 VereinsG die Betätigung der terroristischen [X.] „[X.]“ im Ausland - als ausländischer Verein ohne Organisation oder Sitz im Inland - im räumlichen Geltungsbereich des Vereinsgesetzes und ordnete die sofortige Vollziehung an.

(2) Für die [X.]rafbarkeit eines nicht mitgliedschaftlich und auch sonst nicht organisatorisch in den mit dem [X.] belegten Verein eingebundenen [X.] nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 in Verbindung mit § 18 Satz 2 VereinsG gilt:

(a) Im Sinne des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 VereinsG handelt einem [X.] nach § 18 Satz 2 VereinsG auch ein solcher Außenstehender zuwider, wenn sein Verhalten auf die verbotene Vereinstätigkeit bezogen und dieser förderlich i[X.] Hierfür genügt es, dass das Täterhandeln konkret geeignet ist, eine für die verbotene Vereinstätigkeit vorteilhafte Wirkung hervorzurufen; auf die Feststellung eines tatsächlich eingetretenen messbaren Nutzens kommt es nicht an. In Betracht kommen insbesondere auch unterstützende Handlungen im Bereich verbotener Propaganda, so etwa das Skandieren von Parolen während einer Kundgebung, die auf den Verein bezogen sind, oder die Teilnahme an einer Demonstration, aus der heraus für die Ziele des Vereins agitiert wird, an einer für diesen werbenden Plakatklebeaktion oder an einer Solidarisierungskampagne mittels massenhafter Selbstbezichtigungserklärungen.

Die Tätigkeit des [X.] muss im Bereich der Propaganda Außenwirkung in dem Sinne erlangen, dass seine eigene werbende Tätigkeit irgendwie nach außen hervortritt oder er einen nach außen wirksamen Beitrag zu der von anderen organisierten Propagierung der Ideen und Parolen des Vereins leistet.

(b) Darüber hinaus verlangt § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 VereinsG, dass das Handeln des Außenstehenden (wie auch des organisatorisch Eingebundenen) eine gewisse Erheblichkeitsschwelle dergestalt überschreitet, dass es unter dem Gesichtspunkt der Gründe des [X.]s bedeutsam ist (so insgesamt [X.], Urteil vom 13. Juni 2019 - 3 [X.]R 133/19, N[X.]Z 2020, 362 Rn. 9-12).

(2) Gemessen daran, ist die Würdigung im Haftbefehl, der Angeklagte habe sich im Inland für den [X.] betätigt, zutreffend. Der Angeklagte übte als Außenstehender [X.] für den [X.] aus und tat seine eigene werbende Meinung in allen fünf Fällen kund.

In den unter Gliederungsziffer [X.]) bb) (2) und (3) genannten Fällen ist tateinheitlich zu der Zuwiderhandlung gegen das Vereinsgesetz der dringende Tatverdacht einer [X.]raftat nach § 140 Nr. 2 [X.]GB in Verbindung mit § 126 Abs. 1 Nr. 3 [X.]GB gegeben. In beiden Veröffentlichungen verherrlichte der Angeklagte die bewaffneten Angriffe des [X.] auf das Gefängnis in [X.] und die in diesem Zusammenhang begangenen Tötungsdelikte zum Nachteil [X.] Milizen. Er erklärte in seinen Beiträgen die Zustimmung zu den Taten und billigte diese.

Die Beiträge waren zudem geeignet, den öffentlichen Frieden in [X.] zu stören. Öffentlicher Friede ist ein Zustand allgemeiner Rechtssicherheit sowie das begründete Vertrauen der [X.]aatsbürger in die Fortdauer dieses Zustands (vgl. [X.], Urteil vom 2. April 1987 - 4 [X.]R 55/87, [X.][X.] 34, 329, 331; Beschluss vom 19. Mai 2010 - 1 [X.]R 148/10, N[X.]Z 2010, 570; SSW-[X.]GB/Geneuss, 6. Aufl., § 140 Rn. 14). Die Äußerungen hatten das Potenzial, (auch) in [X.] die Furcht vor weiteren Angriffen und Anschlägen von Anhängern des [X.] zu fördern, zumal bei den in [X.] lebenden [X.]. Dies gilt besonders für den zweiten Beitrag, in dem explizit zur Befreiung muslimischer Gefangener aufgerufen wurde, „auch wenn dabei Gewalt unausweichlich sein sollte“ (vgl. zum Erfordernis einer kriminogenen Inlandswirkung bei Billigung von ausländischen [X.]raftaten [X.], Beschluss vom 20. Dezember 2016 - 3 [X.]R 435/16, N[X.]Z 2017, 699, 700).

bb) Der unter Gliederungspunkt [X.]) cc) geschilderte Sachverhalt ist zutreffend dahin gewertet, dass der Angeklagte zudem der versuchten mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer terroristischen [X.] dringend verdächtig ist (§ 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1, §§ 22, 23 [X.]GB).

Der Versuch der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer ausländischen terroristischen [X.] ist gemäß § 129a Abs. 1, § 129b Satz 1, § 12 Abs. 1, § 23 Abs. 1 [X.]GB strafbar.

Die mitgliedschaftliche Beteiligung an einer [X.] setzt zum einen eine gewisse einvernehmliche Eingliederung des [X.] in die Organisation (die Mitgliedschaft), zum anderen eine aktive Tätigkeit zur Förderung ihrer Ziele (die Beteiligungshandlungen) voraus (zu den insoweit nach [X.] Rspr. anzulegenden Maßstäben s. [X.], Beschluss vom 21. April 2022 - AK 14/22, juris Rn. 28 ff. [X.]). Eine mitgliedschaftliche Beteiligung eines in [X.] lebenden [X.] an einer [X.] ist nach den allgemeinen Maßstäben möglich (MüKo[X.]GB/[X.]/Anstötz, 4. Aufl., § 129 Rn. 84).

Ein unmittelbares Ansetzen im Sinne von § 22 [X.]GB liegt bei Handlungen vor, die nach dem [X.] der Verwirklichung eines Tatbestandsmerkmals unmittelbar vorgelagert sind und im Falle ungestörten Fortgangs ohne Zwischenakte in die [X.] unmittelbar einmünden sollen ([X.] Rspr.; vgl. nur [X.], Beschlüsse vom 14. Januar 2020 - 4 [X.]R 397/19, N[X.]Z 2020, 353, 354; vom 28. April 2020 - 5 [X.]R 15/20, [X.][X.] 65, 15 Rn. 4 jeweils [X.]). Eine versuchte mitgliedschaftliche Beteiligung kann in Betracht kommen bei einem Eintritt in eine terroristische [X.], wenn es wegen des Zugriffs der [X.]rafverfolgungsbehörden zu mitgliedschaftlichen Tätigkeiten nicht mehr gekommen ist (vgl. LK/Krauß, [X.]GB, 13. Aufl., § 129a Rn. 113).

Das dem Angeklagten vorgeworfene Verhalten ist in diesem Sinne als unmittelbares Ansetzen zur Verwirklichung des Tatbestandes zu werten. Die Gesamtwürdigung der festgestellten Aktivitäten des Angeklagten ergibt, dass er bereits die Vorstellung hatte, den [X.] nicht nur von außen zu unterstützen, sondern nach Eingliederung in die Organisation in Unterwerfung unter die Befehlsgewalt des [X.] und in Ausführung der von einem anderen [X.]-Mitglied übermittelten Anweisungen in [X.] für die [X.] tätig zu sein. Der Angeklagte leistete einen Treueeid gegenüber einer Person, den er als Mitglied des [X.] ansah. Er gab ferner in einem Chat an, zur „Brigade“ zu gehören und damit Mitglied der [X.] zu sein. Überdies entfaltete der Angeklagte auf Aufforderung eines Chatpartners, den er ebenfalls für ein Mitglied des [X.] hielt, Tätigkeiten im Sinne des [X.], indem er aus vorhandenem Video- und Bildmaterial neues [X.]-Propagandamaterial in Form von [X.] und Texten erstellte und dem Chatpartner übersandte, damit diese verbreitet werden. Eine [X.]rafbarkeit wegen vollendeter mitgliedschaftlicher Beteiligung ist nur deshalb nicht gegeben, weil aufgrund der bisherigen Beweislage nicht im Sinne eines dringenden Tatverdachts festgestellt werden kann, dass die Gesprächspartner des Angeklagten zur Entgegennahme von Erklärungen durch den [X.] ermächtigt bzw. ihrerseits für den [X.] tätig waren.

Die nach § 129b Abs. 1 Satz 2 und 3 [X.]GB erforderliche Ermächtigung zur strafrechtlichen Verfolgung liegt hinsichtlich des [X.] vor. [X.] [X.]rafrecht ist nach § 3 Abs. 1 und § 129b Abs. 1 Satz 2 [X.]GB anwendbar.

cc) Der unter Gliederungspunkt [X.]) [X.]) geschilderte Sachverhalt ist zutreffend dahin gewertet, dass der Angeklagte überdies des Besitzes eines verbotenen Gegenstandes (Springmesser) dringend verdächtig ist (§ 52 Abs. 3 Nr. 1 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 1 Nr. 1.4.1 [X.]).

[X.]) Ausweislich des vorläufigen schriftlichen Gutachtens der Sachverständigen Dr. S.           ist der Angeklagte, der zu den [X.] war, strafrechtlich verantwortlich, da er im genannten [X.]raum die sittliche und geistige Entwicklungsreife besaß, das Unrecht der Taten einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln (§§ 1, 3 [X.]).

3. Es bestehen die Haftgründe der Fluchtgefahr und der Schwerkriminalität.

a) Der Angeklagte hat im Falle seiner Verurteilung mit großer Wahrscheinlichkeit mit einer Jugendstrafe zu rechnen. Nach Würdigung aller Umstände ist es wahrscheinlicher, dass sich der Angeklagte, auf freien Fuß gesetzt, dem [X.]rafverfahren entziehen, als dass er sich ihm zur Verfügung halten werde (§ 112 Abs. 2 Nr. 2 [X.]PO).

aa) Der Angeklagte hat in seinen Chatnachrichten geäußert, nach Möglichkeit nach [X.], wo seine Schwester lebt, ausreisen und dort in den bewaffneten Kampf ziehen zu wollen. Einer Behördenerklärung der Abteilung Verfassungsschutz des [X.] und für Sport [X.] zufolge erkundigte sich der Angeklagte in einem Reisebüro bereits nach Flugverbindungen nach [X.].

bb) Dem Fluchtanreiz stehen keine hinreichenden fluchthindernden Umstände entgegen. Eine tragfähige [X.] Einbindung des Angeklagten im [X.] besteht nicht. Aufgrund der Ermittlungen besteht Grund zu der Annahme, dass er den [X.]n Zusammenhalt zu seiner Familie verloren hat. Aus Textnachrichten sowie einer Behördenerklärung der Abteilung Verfassungsschutz des [X.] und für Sport [X.] ergibt sich, dass die Eltern des Angeklagten keinen Einfluss mehr auf diesen ausüben können und die Mutter befürchtet, er könnte sie töten. Über weitere [X.] Bindungen verfügt der Angeklagte nicht.

b) Die zu würdigenden Umstände begründen die Gefahr, dass die Ahndung der Tat ohne die weitere Inhaftierung des Angeklagten vereitelt werden könnte, so dass die Fortdauer der Untersuchungshaft bei der gebotenen restriktiven Auslegung des § 112 Abs. 3 [X.]PO (vgl. [X.]/[X.], [X.]PO, 66. Aufl., § 112 Rn. 37 [X.]) ebenso auf den dort geregelten Haftgrund gestützt werden kann.

4. Eine - bei verfassungskonformer Auslegung auch im Rahmen des § 112 Abs. 3 [X.]PO mögliche - Außervollzugsetzung des Haftbefehls (§ 116 [X.]PO) ist nicht erfolgversprechend. Eine vorläufige Anordnung über die Erziehung oder andere Maßnahmen (§ 72 Abs. 1 Satz 1 und 3, Abs. 4, § 71 [X.]) sind nicht geeignet, den Zweck der Untersuchungshaft in gleicher Weise zu erfüllen. Der Erlass eines Unterbringungsbefehls gemäß § 71 Abs. 2 [X.] oder eine mit Auflagen nach § 116 [X.]PO, § 2 Abs. 2 [X.] verbundene Haftverschonung kommen nicht in Betracht. Wie der [X.]aatsschutzsenat zutreffend ausgeführt hat, scheiden solche Maßnahmen vor dem Hintergrund der sich aus den bisherigen Ermittlungen ergebenden Chatinhalte und der übermittelten [X.] und Bilder, die eine erhebliche Gewaltaffinität des Angeklagten zeigen, seiner erklärten Bereitschaft, als Selbstmordattentäter sterben zu wollen, und des Umstandes, dass er über ein verbotenes Messer verfügt, derzeit aus. Heime der Jugendhilfe sind zudem nicht in gleicher Weise fluchtsicher wie Jugendhaftanstalten.

5. Die Voraussetzungen des § 121 Abs. 1 [X.]PO für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus liegen vor. Der besondere Umfang der Ermittlungen mit der Auswertung zahlreicher [X.] mit einer Vielzahl von [X.], Video- und Bil[X.]ateien haben ein Urteil noch nicht zugelassen und rechtfertigen den weiteren Vollzug der Untersuchungshaft. Das Ermittlungsverfahren ist mit der in [X.] gebotenen besonderen Beschleunigung geführt worden. Die Anklage ist im Januar 2024 erhoben, dem Angeklagten und seinem Verteidiger zugestellt und übersetzt worden. Der [X.]aatsschutzsenat hat mit Beschluss vom 1. März 2024 die Anklage zur Hauptverhandlung zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet. Mit Verfügung vom 12. März 2024 hat die Vorsitzende des Senats Termin zum Beginn der Hauptverhandlung auf den 12. April 2024 bestimmt und weitere Termine zur Fortsetzung der Hauptverhandlung anberaumt.

6. Der weitere Vollzug der Untersuchungshaft steht derzeit nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und der zu erwartenden [X.]rafe (§ 120 Abs. 1 Satz 1 [X.]PO).

Berg                                   Hohoff                                   Anstötz

Meta

AK 32/24

04.04.2024

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: False

vorgehend AG Koblenz, 21. September 2023, Az: 30 Gs 8278/23

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 04.04.2024, Az. AK 32/24 (REWIS RS 2024, 1966)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2024, 1966

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5 StR 15/20

4 StR 397/19

3 StR 435/16

1 StR 148/10

3 StR 133/19

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