Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.05.2011, Az. VIII ZR 271/10

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 6505

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VIII ZR 271/10
Verkündet am:

18. Mai 2011

Ermel,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 560 Abs. 4
a)
Nach einer Betriebskostenabrechnung ist eine Anpassung der Vorauszahlungen auch dann möglich, wenn bereits die folgende Abrechnungsperiode abgelaufen, aber noch nicht abgerechnet ist.
b)
Eine Anpassung von [X.] ist nur für die Zukunft mög-lich.

[X.], Urteil vom 18. Mai 2011 -
VIII ZR 271/10 -
LG [X.]

[X.]

-
2
-
Der VIII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 18. Mai 2011 durch den Vorsitzenden [X.],
die Richterinnen Dr.
Milger, Dr.
[X.] und
Dr.
[X.] sowie
den [X.]
Bünger
für Recht erkannt:
Auf die Revision der [X.] wird -
unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels
-
das Urteil der 1. Zivilkammer des [X.] vom
30. September 2010 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben,
als hinsichtlich der [X.] für die Monate Januar bis Juni 2009 zum Nachteil der [X.] entschieden worden ist.
Auf die Berufung der [X.] wird das Urteil des [X.] vom
15. Januar 2010 insoweit abgeändert, als der Klägerin für die Monate Januar bis Juni 2009 höhere Nebenkostenvoraus-zahlungen
als je nebst Zinsen zugesprochen sind; inso-weit wird die Klage
abgewiesen.
Im Übrigen wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entschei-dung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Be-rufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

-
3
-
Tatbestand:
Die Beklagte war bis Ende Juni 2009 Mieterin einer Wohnung der Kläge-rin in [X.]

; die Miete betrug zuletzt monatlich [X.] und 114,74

). Die Parteien streiten über rückstän-dige Miete und Nebenkosten.
In einem vorangegangenen
Prozess hatten
die Parteien am [X.] einen Räumungsvergleich
geschlossen. Dieser sieht
unter anderem
vor, dass die Beklagte auf die Betriebskostenabrechnung
für den Zeitraum Juni 2006
bis
Mai 2007 keine Zahlungen mehr zu leisten hat
und dass aus der (noch nicht erstellten) Betriebskostenabrechnung 2007/2008 keine gegenseitigen [X.] bestehen
sollen. Hinsichtlich der
Betriebskostenabrechnung 2008/2009 legt der
Vergleich
fest, dass für die
Positionen Versicherung und Hausreinigung nur ein Betrag von je mgelegt werden kann.
Mit Schreiben vom 30. Dezember 2008 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie auf der Basis der Abrechnung 2006/2007
und
der Vereinbarung zu den Kosten der Versicherung und Hausreinigung die Vorauszahlungen rückwir-kend
ab 1. Juni 2008
auf mon

und die sich daraus er-gebenden Überzahlungen in den nächsten Monaten verrechnen werde. [X.] zahlte die Beklagte
für Januar bis März 2009
lediglich die Grundmiete in Höhe von
je
432,10

Monate
April
bis
Juni
2009 min-derte sie wegen eines von ihr behaupteten
Mangels (zu geringe Öffnungszeiten der Waschküche) die Grundmiete um je 43,10

monatlich, davon je
84,79

als Nebenkostenvorauszahlung.
Die Zahlung für Juni 2009 erfolgte
-
nach Rechtshängigkeit
-
am 8. Juli 2009.
Die Klägerin hat Zahlung des Mietrückstands
begehrt,
der
sich bei Zu-grundelegung der
von ihr
verlangten Vorauszahlungen
von 114,74

tlich 1
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4
-
4
-
ergibt, insgesamt 1.037,32

sen. Hinsichtlich des am 8. Juli 2009 für den Monat Juni 2009 gezahlten Betrages hat die Klägerin den Rechtsstreit in der Hauptsache (einseitig)
für erledigt erklärt
und den Betrag von der Forderung abgesetzt.
Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben, das [X.] hat die Be-rufung der [X.] zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelas-senen Revision verfolgt die Beklagte ihr Ziel der Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat zum Teil Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im [X.] ausgeführt:
Die Beklagte sei zur Zahlung der rückständigen Miete verpflichtet. Zur Minderung sei sie nicht berechtigt, weil sie hinsichtlich des behaupteten [X.] beweisfällig geblieben sei.
Eine wirksame Kürzung der Nebenkostenvorauszahlungen habe die [X.] nicht vorgenommen. Eine Anpassung der Vorauszahlungen nach §
560 Abs. 4 [X.] könne nur aufgrund der letztmöglichen Abrechnung erfolgen. Hier habe die Beklagte die Anpassung aufgrund der Abrechnung 2006/2007
vorge-nommen, obwohl bereits eine Abrechnung der Nebenkosten für 2007/2008 möglich gewesen wäre. Der [X.] sei es durch den Vergleich vom 25. No-vember 2008
auch nicht verwehrt gewesen, die Klägerin zu dieser Abrechnung 5
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-
anzuhalten und notfalls auch zu verklagen. Eine rückwirkende Kürzung der [X.] sei ohnehin nicht möglich.
In Höhe des Betrages von 473,68

sstreits in der Hauptsache eingetreten. Der Anspruch auf Zahlung der [X.] sei bei Erhebung der Klage begründet gewesen; ein Zurückbehaltungsrecht wegen der im Vergleich versprochenen Umzugsbeihilfe habe der [X.] nicht [X.], weil diese Verpflichtung noch nicht fällig gewesen sei. Der Vergleich sei dahin auszulegen, dass die Verpflichtung zur Zahlung der Umzugsbeihilfe nicht vor der Verpflichtung zur Räumung und Herausgabe der Wohnung habe fällig werden sollen. Nach Ziffer 1 des Vergleichs sei die Wohnung bis [X.] 30. Juni 2009
zu räumen und nebst den dazugehörigen Schlüsseln her-auszugeben
gewesen. Wenn somit in Ziffer 3 des Vergleichs von einer
Rück-gabe der Schlüssel
die Rede sei, so gehe aus dem Gesamtkontext hervor, dass damit der Zeitpunkt der Räumungspflicht
-
30. Juni 2009
-
gemeint sei.

II.
Diese
Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
1. Die Revision ist unzulässig, soweit das Berufungsgericht ein
Recht der [X.]
zur
Mietminderung verneint und deshalb die Verurteilung der [X.] zur Zahlung der für die Monate April bis Juni 2009
unter Berufung auf einen behaupteten Mangel
einbehaltenen Beträge von je 43,21

o-weit fehlt es bereits an einem Angriff der Revision.
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6
-
2. Ohne Erfolg wendet sich die Revision dagegen, dass
das Berufungs-gericht
in Höhe des für Juni 2009 gezahlten
Betrages von 473,68

eine
Erle-digung des Rechtsstreits in der Hauptsache
bejaht hat. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass der Klägerin die Miete für den Monat Juni im Zeitpunkt der Erhebung der Klage zugestanden
habe; ein Zurückbehaltungsrecht wegen der im Vergleich vereinbarten Umzugskostenbeihilfe habe die
Beklagte
man-gels Fälligkeit der Umzugsbeihilfe nicht gehabt. Die Auslegung des Berufungs-gerichts, dass die im
Vergleich vorgesehene Umzugskostenhilfe nicht vor der Verpflichtung zur Räumung, also erst zum Ablauf des Monats Juni 2009 fällig werde, ist möglich und daher für das Revisionsgericht bindend; einen Rechts-fehler zeigt die Revision nicht auf.
3. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Beklagte sei nicht berech-tigt gewesen, die Vorauszahlungen auf der Basis der Abrechnung 2006/2007 unter Berücksichtigung der im Vergleich erfolgten Begrenzung der Kosten für Versicherung und Hausreinigung anzupassen, ist jedoch von Rechtsirrtum be-einflusst.
a) Gemäß §
560 Abs.
4 [X.] kann jede Partei nach einer Abrechnung von Betriebskosten durch Erklärung in Textform eine Anpassung der [X.] auf eine angemessene Höhe verlangen. Dies hat die Beklagte hier mit Schreiben vom 30. Dezember 2008 getan; sie hat dabei -
zutreffend
-
die sich aus der Abrechnung ergebenden Kosten zugrunde
gelegt und bezüglich der Kosten für Versicherung und Hausreinigung den im Vergleich festgelegten Höchstbetrag in Ansatz gebracht. Entgegen der Auffassung des Berufungsge-richts war der [X.] eine solche Anpassung nicht im Hinblick darauf ver-wehrt, dass auch der Abrechnungszeitraum 2007/2008 bereits
abgelaufen war. Eine Einschränkung des Anpassungsrechts dahin, dass es nur aufgrund der 13
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-
letztmöglichen Abrechnung
vorgenommen werden kann, selbst wenn diese noch nicht erstellt ist, lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen.
Mit der Anpassung der Vorauszahlungen nach einer Abrechnung soll [X.] werden, dass die vom Mieter zu leistenden Abschläge den tatsächlichen Kosten möglichst nahe kommen, so dass weder der Mieter dem Vermieter -
durch zu hohe Vorauszahlungen
-
ein zinsloses Darlehen gewährt noch der Vermieter -
angesichts
zu niedriger
Vorauszahlungen
-
die Nebenkosten teil-weise vorfinanzieren muss. Die Auffassung des Berufungsgerichts würde dazu führen, dass dem Mieter, wenn -
wie hier
-
die letztmögliche Abrechnung noch nicht erstellt ist, eine Anpassung der Vorauszahlungen verwehrt ist und es des-halb bei den aus einer noch weiter zurückliegenden Abrechnungsperiode stammenden und deshalb (noch) weniger realistischen Vorauszahlungen blie-be.

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts konnte die Beklagte auch nicht darauf verwiesen werden, die Klägerin zur Abrechnung der Neben-kosten für den Zeitraum
2007/2008
-
notfalls im Klagewege
-
anzuhalten und
von einer Anpassung der laufenden Vorauszahlungen bis zur Erstellung dieser Abrechnung abzusehen. Abgesehen davon, dass die Durchsetzung einer [X.] auf dem Klageweg regelmäßig einen erheblichen Zeitaufwand erfor-dert, spricht die Regelung des Vergleichs, dass bezüglich der Nebenkosten 2007/2008 keine gegenseitigen Ansprüche bestehen
sollen, gerade dafür, dass die Parteien einvernehmlich davon ausgingen, dass die Klägerin eine [X.] für diesen Zeitraum nicht mehr zu erstellen brauchte.
Allerdings ist dem Berufungsgericht darin beizupflichten, dass eine An-passung der Vorauszahlungen nur mit Wirkung für die Zukunft möglich ist (Pa-landt/Weidenkaff, [X.], 70. Aufl., §
560 Rn.
17; [X.]/[X.], [X.],
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8
-
Neubearb. 2011, §
560 Rn.
53; [X.]/[X.]/[X.], Mietrecht, 4.
Aufl., §
560 Rn. 25;
Kinne/Schach/[X.], Miet-
und Mietprozessrecht, 6. Aufl., §
560 Rn. 73). Deshalb hatte es bis einschließlich Dezember 2008 mit den noch in bisheriger Höhe geleisteten
Vorauszahlungen sein Bewenden und war eine Verrechnung mit den ab Januar 2009 geschuldeten
Vorauszahlungen nicht möglich.
Die Beklagte hatte somit im Jahr 2009
monatliche Vorauszahlungen in
Höhe von 84,79

zu entrichten, die sie für die Monate Januar bis März 2009 nicht gezahlt hat.
Weitergehende Vorauszahlungen
standen der Klägerin von vornherein nicht zu.
Hinsichtlich der Vorauszahlungen für die Monate Januar bis März 2009 hat das Berufungsgericht jedoch den -
von Amts wegen zu berücksichtigenden
-
Umstand nicht beachtet, dass die Abrechnungsfrist für die Periode von Juni 2008 bis Mai 2009 im Zeitpunkt der Berufungsverhandlung (September 2010) bereits abgelaufen war. Nach der Rechtsprechung des [X.]s steht dem [X.] ab diesem Zeitpunkt kein Anspruch auf Vorauszahlungen mehr zu; er kann Nebenkosten nur noch aufgrund einer Abrechnung in der sich daraus er-gebenden Höhe verlangen ([X.]surteil vom 16. Juni 2010 -
VIII
ZR 258/09, [X.], 736
Rn. 22). Entgegen der von der Revisionserwiderung unter
Be-rufung auf [X.] (MünchKomm[X.], 5.
Aufl., §
556 Rn.
62) vertretenen Auf-fassung
werden dadurch dem Mieter keine ungerechtfertigten Vorteile aus ei-nem vertragswidrigen Verhalten eingeräumt; vielmehr wird damit lediglich [X.], dass sich der Vermieter, der den Mieter auf Zahlung von [X.] in Anspruch nimmt, obwohl die Abrechnung bereits erstellt ist oder bei [X.] Abrechnung hätte erstellt werden müssen,
seinerseits nicht vertragsgetreu verhält.
Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung können
der Klä-gerin die insoweit geltend gemachten Beträge deshalb nicht zuerkannt werden.
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-
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-
III.
Nach alledem hat das Berufungsurteil keinen Bestand,
soweit
hinsichtlich der Nebenkostenvorauszahlungen
zum Nachteil der [X.] entschieden worden ist; es ist daher insoweit aufzuheben (§
562 Abs.
1 ZPO). Die weiterge-hende Revision der [X.] ist unbegründet und daher zurückzuweisen.
Der [X.] entscheidet in der Sache selbst (§
563 Abs.
3
ZPO), soweit es um den von der Klägerin begehrten Mehrbetrag der [X.]
nebst Zinsen
geht (Differenz zwischen dem
von der Klägerin begehrten Betrag von 114,74

und den von der [X.] angesetzten 84,79

, insge-samt 179,70

).
Insoweit bedarf es keiner weiteren Feststellungen
und ist das Urteil des Amtsgerichts abzuändern und die Klage abzuweisen.
Bezüglich des verbleibenden Betrages der Nebenkostenvorauszahlun-gen (von der Klägerin begehrte Zahlungen in Höhe von je 84,79

a-te Januar bis März 2009,
insgesamt 254,37

zur Endent-scheidung reif, weil der Klägerin Gelegenheit zur Anpassung ihres Klageantrags unter Berücksichtigung
der (in der Revisionsinstanz vorgelegten)
Abrechnung für den Zeitraum Juni 2008 bis Mai 2009 zu geben
ist und anschließend dar-

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-
10
-
über zu verhandeln sein wird. Insoweit ist die Sache daher an das Berufungs-gericht zurückzuverweisen.

[X.]
Dr. Milger
Dr. [X.]

Dr. [X.]
Dr. Bünger
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 15.01.2010 -
220 C 236/09 -

LG [X.], Entscheidung vom 30.09.2010 -
1 S 49/10 -

Meta

VIII ZR 271/10

18.05.2011

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.05.2011, Az. VIII ZR 271/10 (REWIS RS 2011, 6505)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 6505

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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VIII ZR 271/10

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