Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.05.2017, Az. EnVR 40/15

Kartellsenat | REWIS RS 2017, 10963

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[X.]:[X.]:BGH:2017:150517BENVR40.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
[X.]
40/15
vom
15. Mai 2017
in der energiewirtschaftsrechtlichen Verwaltungssache

-
2 -
Der Kartellsenat des [X.] hat am 15.
Mai 2017
durch die Präsidentin des [X.] [X.], den Vorsitzenden Richter Dr.
Raum und
die Rich-ter Dr.
[X.], Dr.
Grüneberg
und Dr.
Bacher
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen wird der
Beschluss des 3.
Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf
vom 15.
Juli
2015
im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als ihre Beschwerde gegen den Ausspruch zu Nummer 3
a des Beschlusses der Beschlusskam-mer
4 der [X.] vom 11.
Dezember 2013 -
BK4-13-739 -
zurückgewiesen
worden ist.
Auf die Beschwerde der Betroffenen wird der Ausspruch zu Num-mer
3
a des Beschlusses der [X.] der Bundesnetz-agentur vom 11.
Dezember 2013 -
BK4-13-739 -
aufgehoben.
Die weitergehende Rechtsbeschwerde der Betroffenen wird zurückge-wiesen.
Die Kosten des Beschwerde-
und des Rechtsbeschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Betroffenen und der Bun-desnetzagentur
tragen
die Betroffene zu 1/3 und die Bundesnetzagen-tur zu 2/3.
Die weiteren Beteiligten tragen ihre außergerichtlichen Kos-ten selbst.
Der Wert für das
Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 250.000

t-gesetzt.

-
3 -
Gründe:
I.

Die Betroffene
betreibt ein holzverarbeitendes
Gewerbe und außerdem am Standort
B.

ein [X.]. Dieser Standort wird als Kundenanlage
im Sinne des §
3 Nr.
24
a und 24
b [X.] betrieben und ist -
zum Teil über singulär genutzte Betriebsmittel -
im Umspannwerk B.

in der Umspannebene Hoch-/Mittel-
spannung an das Netz der W.

GmbH angeschlossen. Den in dem Biomasse-
heizkraftwerk erzeugten Strom speist die Betroffene ausschließlich in ihre Kundenan-lage ein. Das [X.], das über die Mittelspannungsschaltanlage der Betroffenen
an das Netz der W.

GmbH angeschlossen
ist, ist eine nach dem
[X.] geförderte Anlage. [X.] erfüllte die Betroffe-ne
die Voraussetzungen eines individuellen [X.] nach §
19 Abs.
2 Satz
2 [X.] nur bei Berücksichtigung des [X.] [X.].

Mit Beschwerde
und Rechtsbeschwerde wendet sich die Betroffene gegen die Aussprüche zu
3
a
und 4 der
von der [X.] mit Beschluss vom 11.
Dezember
2013
(BK4-13-739; abrufbar unter: [X.]) ge-troffenen
"Festlegung hinsichtlich der sachgerechten Ermittlung individueller Netz-entgelte nach §
29 Abs.
1 und Abs.
2 Satz
1 [X.] [X.]. §
19 Abs.
2 [X.] und §
30 Abs.
2 Nummer
7 [X.]"
(im Folgenden: Festlegung).
Der Festlegung ging eine Konsultation voraus, in deren Rahmen die beteiligten [X.] Ge-legenheit zur Stellungnahme hatten.

Nummer
3
Buchstabe
a
der
Festlegung regelt die Voraussetzungen für die Gewährung eines individuellen [X.] nach §
19 Abs.
2 Satz
2 [X.]. Zur Ermittlung der [X.] heißt es dort unter anderem:
1
2
3

-
4 -
Bei der Berechnung der [X.]dauer ist die physikalisch ge-messene Jahreshöchstlast des [X.] an der betreffenden [X.] zu berücksichtigen. ... Bei der Ermittlung der [X.] ist eine [X.]e Verrechnung des [X.] nicht zulässig. ...

Gemäß Nummer
4 der Festlegung sind hinsichtlich der Durchführung des [X.] nach §
19 Abs.
2 Satz
6 [X.] für Vereinbarungen individu-eller Netzentgelte nach §
19 Abs.
2 Satz
1 bis 4 [X.] die in "Punkt II. 4 der Be-gründung"
(gemeint wohl:
Punkt II. 5) enthaltenen Vorgaben zu beachten. Dort heißt es unter der Überschrift "Ausgestaltung des [X.]"
unter
anderem:
c) Nachweis-
und Begründungspflicht

Die Anzeige ist vollständig bei der Regulierungsbehörde bis zur Anzeige-frist vorzulegen. Nach der [X.] eingereichte, ergänzende Unterlagen werden nicht berücksichtigt, sodass die angezeigte Vereinbarung für das Anzeigejahr untersagt wird und frühestens im Folgejahr wieder angezeigt werden kann.
e) [X.]
Im Rahmen des [X.] sollen alle Vereinbarungen individueller Netzentgelte [X.]. §
19 Abs.
2 S.
1 bis 4 [X.] n.F. bis zum 30. Sep-tember des Kalenderjahres angezeigt werden, in welchem sie erstmalig [X.].

Durch die Bestimmung des 30.
Septembers als letztmöglicher Anzeigezeit-punkt wird sowohl dem Letztverbraucher als auch dem Netzbetreiber ausrei-chend Zeit für eine Vorbereitung der Anzeige eingeräumt.
4

-
5 -
...

Mit ihrer
Beschwerde hat die
Betroffene
geltend gemacht, die Regelungen zu
3
a
und 4 der Festlegung, deren isolierte Anfechtung zulässig sei,
beruhten
auf materiellen [X.]. Die unter Nummer
3
a
festgelegte Vorgabe zur Ermittlung der [X.]
verstoße gegen höherrangiges Recht, weil
nach §
19 Abs.
2 Satz
2 [X.] nicht der tatsächlich-physikalische, sondern der [X.]e Strombezug maßgebend sei. Die in Nummer
4 festgelegte [X.] sei eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist und mangels gesetzlicher Ermächtigungs-grundlage mit §
19 Abs.
2 [X.] nicht vereinbar. Das Beschwerdegericht hat die Beschwerde
zurückgewiesen. Dagegen wendet
sich die Betroffene
mit der vom
Be-schwerdegericht zugelassenen
Rechtsbeschwerde.
II.

Die Rechtsbeschwerde
ist teilweise begründet.

1. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

Die Festlegung sei in den angegriffenen Punkten rechtmäßig, so dass es auf die Frage ihrer
Teilbarkeit nicht ankomme. Die [X.] habe die [X.] zutreffend auf §
29 Abs.
1 [X.] [X.]. §
30
Abs.
2
Nr.
7 [X.]
gestützt. Bei deren Ausgestaltung stehe ihr ein Beurteilungsspielraum zu, der hinsichtlich der Einhaltung der gesetzlichen und verordnungsrechtlichen Vorgaben gerichtlich voll überprüfbar sei. Diese Grenzen habe sie nicht verletzt.

Die [X.] habe in [X.] 3
a der
Festlegung zu Recht ausgesprochen, dass im Rahmen der Voraussetzungen des §
19 Abs.
2 Satz
2 [X.] für die
Ermittlung der [X.] allein auf den physikalischen Strombezug aus dem Netz der allgemeinen Versorgung abzustellen sei, während die [X.] entnommenen Strommengen nicht zu berücksichtigen seien. 5
6
7
8
9

-
6 -
Dafür spreche bereits der Wortlaut des §
19 Abs.
2 Satz
2 [X.], der als maß-geblichen Ort der Stromentnahme ausdrücklich das Netz der allgemeinen Versor-gung nenne. In den Gesetzesmaterialien stehe ebenfalls die rein technische Betrach-tungsweise und damit die tatsächlich-physikalische Stromabnahme im Vordergrund, weil die vom Verordnungsgeber dargelegten Effekte einer dauerhaften Stroment-nahme im Netz der allgemeinen Versorgung nur dann entstünden, wenn die Stromentnahme auch tatsächlich stattfinde. Aufgrund dessen spreche auch der Sinn und Zweck der Vorschrift für eine Nichtberücksichtigung des [X.] [X.]. Die vom [X.] festgestellte Ausnahme von der Betrachtung des physikalischen [X.] bei der Berechnung der Netzent-gelte nach §
17 [X.] im Fall des [X.] [X.] sei nicht übertragbar, weil es bei §
19 Abs.
2 Satz
2 [X.] nicht um eine möglichst effektive und gleichzeitig diskriminierungsfreie EEG-Förderung gehe, sondern um eine tatsächlich netzstabilisierende Stromentnahme.

Die Festlegung und Ausgestaltung einer [X.] sei ebenfalls nicht zu beanstanden. Bei der Frist
handele es sich nicht um eine materiell-rechtliche Aus-schlussfrist, die mangels normativer Ermächtigungsgrundlage rechtswidrig wäre. Vielmehr führe eine Auslegung der einzelnen Regelungen zu
dem -
von der Bundes-netzagentur in der mündlichen Verhandlung unter Hinweis auf ihre Verwaltungspra-xis bestätigten -
Verständnis, dass es sich bei der [X.] um eine zulässige bloße behördliche Verfahrensfrist im Sinne des §
31 Abs.
2 und 7 VwVfG handele.

2.
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nur teilweise
stand.

a)
Die Maßstäbe, die das Beschwerdegericht zur Überprüfung der [X.] herangezogen hat, sind rechtlich nicht zu beanstanden. Zutreffend ist das Be-schwerdegericht
davon ausgegangen, dass die Entscheidung der Bundesnetzagen-tur hinsichtlich der gesetzlichen und verordnungsrechtlichen Vorgaben wie auch der Feststellung der tatsächlichen Grundlagen der uneingeschränkten Überprüfung durch den Tatrichter unterliegt. Ein Beurteilungsspielraum, wie ihn der Senat für 10
11
12

-
7 -
Nummer 3
c der angefochtenen Festlegung angenommen hat (vgl. dazu Senatsbe-schluss vom 13.
Dezember 2016 -
[X.] 34/15, Rn.
12
ff. -
Festlegung individueller Netzentgelte), kommt
der [X.] im Hinblick auf die Aussprüche zu 3
a und 4 der Festlegung nicht zu und wird von ihr auch nicht geltend gemacht.

b) Das Beschwerdegericht hat zu Unrecht die in Nummer
3
a der Festlegung angeordneten Vorgaben zur Ermittlung der [X.] für rechtmäßig ge-halten. Wie der Senat -
nach Erlass der Beschwerdeentscheidung -
entschieden und im Einzelnen begründet hat, ist für die Voraussetzungen eines individuellen [X.] nach §
19 Abs.
2 Satz
2 [X.] nicht der tatsächlich-physikalische, sondern der [X.]e Strombezug maßgebend (Senatsbeschluss vom 13.
Dezember 2016 -
[X.]
38/15, Rn.
7
ff. -
Individuelles Netzentgelt
II).
Die [X.] verstößt damit gegen höherrangiges Recht und ist insoweit rechtswidrig.

Aufgrund dessen bedarf es keiner Entscheidung, ob -
was die Rechtsbe-schwerde mit der Verfahrensrüge geltend macht -
entgegen der vom [X.] ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens getroffenen Feststellung der [X.]e Ansatz auch unter dem Gesichtspunkt der Netzstabilität zum Tragen kommt, weil die netzstabilisierende Wirkung [X.] unabhängig davon eintrete, ob sie den Strom physikalisch in einer dem Netz der allgemeinen Versorgung nachgelagerten Kundenanlage verbrauchen oder direkt aus einem Netz der allgemeinen Versorgung entnehmen (vgl. Senatsbe-schluss vom 13.
Dezember 2016 -
[X.]
38/15, Rn.
18 -
Individuelles Netzentgelt
II).

c) Entgegen den Angriffen der Rechtsbeschwerde hat das [X.] dagegen
das
in Nummer
4 der Festlegung angeordnete Anzeigeverfahren zu Recht für rechtmäßig gehalten.
Die Bestimmung
einer [X.] für individuelle Netzentgeltvereinbarungen bis zum 30.
September des Kalenderjahres, in dem die Vereinbarung erstmals gilt, ist -
wie
der Senat mit Beschluss vom 13.
Dezember 2016 ([X.] 34/15, Rn.
38
ff. -
Festlegung individueller Netzentgelte) entschieden und im Einzelnen begründet hat -
nicht zu beanstanden.
Anders als die Rechtsbe-13
14
15

-
8 -
schwerde meint, handelt es sich bei der festgelegten [X.] nicht um eine ma-teriell-rechtliche Ausschlussfrist, sondern (lediglich) um eine behördliche Verfahrens-frist im Sinne des §
31 Abs.
2 VwVfG, die insbesondere
den Maßgaben des §
31 Abs.
7 VwVfG unterfällt.

III.

Die Festlegung ist somit -
entsprechend dem Antrag der Rechtsbeschwerde -
teilweise aufzuheben. Insoweit ist sie in sachlicher Hinsicht teilbar.

Voraussetzung einer objektiv beschränkten Aufhebung ist, dass der [X.] in sachlicher Hinsicht teilbar ist. Soweit sich aus dem jeweiligen Fachrecht nichts Abweichendes ergibt, kommt es dabei darauf an, ob der Verwaltungsakt von dem Adressaten nur einheitlich befolgt werden kann oder nicht. Unteilbar sind grund-sätzlich solche Allgemeinverfügungen, deren Regelungen und Regelungsbestandtei-le einen untrennbaren Zusammenhang bilden, so dass nicht einzelne Elemente von ihnen isoliert angefochten werden können (vgl. Senatsbeschluss vom 16.
Dezember 2014 -
[X.] 54/13, [X.], 183 Rn.
26 -
Festlegung Tagesneuwerte
II).

Nach diesen Maßgaben ist die angefochtene Festlegung sachlich teilbar. Die Festlegung hat
auch ohne den von einem Rechtsmangel erfassten Regelungsteil eine selbständige und von der [X.] auch so gewollte Regelung zur sachgerechten Ermittlung individueller Netzentgelte zum Inhalt. An die Stelle des aufgehobenen Ausspruchs zu 3
a tritt dazu widerspruchsfrei die Vorschrift
des §
19 Abs.
2 Satz
2 [X.], wonach es für die Voraussetzungen eines individuellen [X.] auf den [X.] Strombezug des einzelnen Letztver-brauchers ankommt.
16
17
18

-
9 -
IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf §
90 Satz
1
[X.].

[X.]
Raum
[X.]

Grüneberg
Bacher
Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 15.07.2015 -
VI-3 Kart 64/14 (V) -

19

Meta

EnVR 40/15

15.05.2017

Bundesgerichtshof Kartellsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.05.2017, Az. EnVR 40/15 (REWIS RS 2017, 10963)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 10963

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