Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.07.2013, Az. IV ZR 209/12

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 4284

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 209/12
vom

10. Juli 2013

in dem Rechtsstreit

-
2
-

Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die
Richter Wendt, [X.], [X.], [X.] und die Richterin Dr. Brockmöller

am 10. Juli 2013

beschlossen:

Der Senat beabsichtigt, die Revision der
Klägerin
gegen das Urteil der 6.
Zivilkammer des [X.] vom 1. Juni 2012 gemäß § 552a ZPO zurückzuweisen.

Die Parteien erhalten Gelegenheit, hierzu binnen

eines Monats

Stellung zu nehmen.

Streitwert: 1.876,13

Gründe:

Wie die Auslegung der Revisionsanträge anhand des Revisions-vorbringens ergibt, wendet sich die Klägerin, deren am 2. Juni 2005 verstorbener Ehemann bei der beklagten [X.] und der Länder ([X.]) pflichtversichert war, im Revisionsverfahren

ent-sprechend der vom Berufungsgericht darauf beschränkten Revisionszu-lassung

allein gegen die Kürzung ihrer Betriebsrente für Witwen. [X.]
-
3
-

weit liegen die Voraussetzungen für die Zurückweisung der Revision nach §
552a Satz 1 ZPO vor.

1. Den Bruttobetrag (von monatlich 310,79

an die Klägerin zunächst seit dem 1. Juli 2005 gezahlten Betriebsrente für Witwen kürzte die Beklagte im Jahre 2009 rückwirkend zum 1. Dezember 2007 um die Hälfte, wonach

anstelle der ursprünglichen [X.] von monatlich

eine Netto-Betriebsrente von monatlich 128,20

blieb, die sich später geringfügig erhöhte.

Zugrunde lag, dass der verstorbene Ehemann der Klägerin nach [X.] Recht neben ihr mit einer weiteren Frau verheiratet war. Dieser
hatte die Beklagte rückwirkend seit dem 1. Dezember 2007
ebenfalls eine Betriebsrente für Witwen bewilligt und deshalb den [X.] der vom Versicherten erdienten Betriebsrente für Witwen unter den beiden Berechtigten nach Kopfteilen aufgeteilt.

Die Klägerin meint, das sei ohne rechtliche Grundlage geschehen,
und begehrt Nachzahlung der seit August 2009 vorgenommenen Kür-

2. Gründe für die Zulassung der Revision i.S.
von § 543 Abs.
2 Satz 1 ZPO liegen nicht vor. Das Rechtsmittel hat auch keine Aussicht auf Erfolg
(§ 552a Satz 1 ZPO).

Das Berufungsgericht hat die Satzung der [X.] rechtsfehler-frei ergänzend dahin ausgelegt, das Zusammentreffen zweier Berechti-gungen auf eine Betriebsrente für Witwen führe entsprechend den Rege-lungen des Rechts der gesetzlichen Rentenversicherung und damit auch 2
3
4
5
6
-
4
-

entsprechend Art. 25 Nr. 6 des Abkommens
vom 25. Mai 1981 zwischen der [X.] und dem [X.] über so-ziale Sicherheit ([X.]; [X.], 559) unab-hängig von der jeweiligen Ehedauer zu einer Aufteilung des Rentenan-spruchs nach Kopfteilen.

a) Die ergänzende Vertragsauslegung gehört zum Bereich tatrich-terlicher
Feststellungen
und ist daher revisionsrechtlich nur darauf zu überprüfen, ob das Berufungsgericht Auslegungs-
oder Ergänzungsre-geln, Denk-
oder Erfahrungssätze verletzt oder wesentliche Umstände unbeachtet gelassen hat (vgl. [X.], Urteil vom 30. März 1990
[X.], [X.]Z 111, 110 unter 3). Daran gemessen erweist sich das Be-rufungsurteil als frei von [X.]. Die Voraussetzungen für eine ergänzende Satzungsauslegung hat das Berufungsgericht als erfüllt an-gesehen, weil eine planwidrige Regelungslücke vorliegt und es [X.] dafür gefunden hat, welche Regelung der [X.] getrof-fen hätte, wenn er den nicht geregelten Fall bedacht hätte (vgl. [X.] aaO).

aa) Gegen die
Annahme, das Zusammentreffen mehrerer Berech-tigungen auf Witwenrente infolge einer Doppelehe werde nach dem je-weiligen [X.] weder von der Verweisung auf die Bestimmun-gen der gesetzlichen Rentenversicherung in § 38 Abs. 1 Satz 2 [X.]S noch von der Begrenzungsregelung in § 38 Abs. 3 [X.]S erfasst, ist revi-sionsrechtlich nichts zu erinnern. Auch die Revision erhebt insoweit [X.] Einwände, sondern stellt eine Regelungslücke der Satzung nur mit der Behauptung in Abrede, die Beklagte habe bewusst davon
abgese-hen, Witwenrenten beim Zusammentreffen mehrerer Berechtigter der Höhe nach zu begrenzen. Darin liegt aber lediglich der
Versuch, die an-7
8
-
5
-

derslautende tatrichterliche Würdigung,
es entspreche dem generellen Willen des [X.], Rentenansprüche mehrerer [X.] insgesamt auf die Höhe der vom verstorbenen Versicherten erreichten Betriebsrente zu begrenzen, durch eine eigene, der Klägerin
günstigere Würdigung zu ersetzen.

[X.]) Ebenfalls rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht angenom-men, der [X.] hätte die Rentenhöhe bei Zusammentreffen mehrerer Witwenrenten begrenzt und nicht
wie die Revision meint

ei-ne Regelung getroffen, nach der jede Witwe eines Versicherten die Wit-wenrente in voller Höhe erhält.

[X.]) [X.] ist schließlich auch nichts gegen die
An-nahme des Berufungsgerichts
zu erinnern, die Satzung der [X.] hätte sich an den Regelungen für die gesetzliche Rente in den §§ 34 [X.], 91 [X.] und insbesondere auch an Art. 25 Nr. 6 [X.] orientiert, mithin eine Rententeilung nach Kopfteilen
und nicht proportional zur jeweiligen Ehedauer

vorgesehen (vgl. dazu [X.], 88 ff.).
Nachdem die [X.] die sozialversicherungs-rechtlichen Konsequenzen solcher
polygamer Ehen im
Verhältnis zum [X.] mit dem genannten Abkommen geregelt hat, spricht nichts dafür, dass die Tarifvertragsparteien oder die Beklagte für deren Zusatzversorgungssystem eine anderslautende Regelung getroffen [X.]. Während das [X.] Recht
insoweit
keine eigenen Regeln für die Gewichtung der rentenrechtlichen Schutzwürdigkeit mehrerer Witwen entwickelt hat, werden mit dem genannten Abkommen stattdessen die Rechtsanschauungen des Kulturkreises übernommen, dem auch die
Mehrehe der Beteiligten entspringt (vgl. dazu [X.], 88).

9
10
-
6
-

b) Grundrechte der Klägerin sind durch die Entscheidung des Be-rufungsgerichts nicht verletzt (vgl. [X.], 88). Dass
die Witwenrente unter den beiden Berechtigten auch proportional zur jeweiligen Ehedauer hätte aufgeteilt werden können, begründet keinen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Es stellt bereits einen ausreichenden sachlichen Grund für die hier vorgenommene Aufteilung nach Kopfteilen dar, dass diese den in Art. 25 Nr.
6 [X.]
manifestierten [X.] Rechtsvorstellungen entspricht.

Wendt [X.] Dr.
Karczewski

[X.] Dr. Brockmöller

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 26.04.2011 -
2 C 100/11 -

LG [X.], Entscheidung vom 01.06.2012 -
6 [X.] -

11

Meta

IV ZR 209/12

10.07.2013

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.07.2013, Az. IV ZR 209/12 (REWIS RS 2013, 4284)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 4284

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

IV ZR 209/12 (Bundesgerichtshof)

Zusatzversorgung des Öffentlichen Dienstes: Rentenansprüche der Hinterbliebenen bei Mehrfachehe eines marokkanischen Pflichtversicherten


IV ZR 204/02 (Bundesgerichtshof)


1 BvR 1164/07 (Bundesverfassungsgericht)

Unvereinbarkeit der Ungleichbehandlung von Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft bei der betrieblichen Hinterbliebenenversorgung für Arbeitnehmer des …


IV ZR 244/08 (Bundesgerichtshof)


IV ZR 7/09 (Bundesgerichtshof)

Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst: Wirksamkeitskontrolle für eine Ruhensregelung betreffend die Hinterbliebenenrente


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

IV ZR 209/12

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.