Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.10.2012, Az. XI ZB 25/11

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 2079

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZB 25/11

vom

23.
Oktober 2012

in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der XI.
Zivilsenat des [X.] hat
am 23.
Oktober 2012
durch den Vorsitzenden Richter [X.], die Richter
Maihold,
Dr.
Matthias
und Pamp
und die Richterin Dr.
Menges

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des 6.
Zivilsenats des [X.] vom 21.
Juni
2011 wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt 200.000

Gründe:
I.
Die Klägerin nimmt die Beklagte zu 2) aus einer Gewährleistungsbürg-schaft auf Zahlung von 200.000

Die Beklagte zu 2) (im Folgenden: Beklagte) übernahm am 16.
Februar 2006 eine [X.] bis zu einem Betrag von 200.000

Verpflichtungen der am Berufungsverfahren nicht mehr beteiligten Beklagten zu
1), einer Arbeitsgemeinschaft von Bauunternehmen, aus einem 1994 mit der Klägerin geschlossenen Bauvertrag, für den die Geltung der VOB/B in der [X.] vom Dezember 1992 vereinbart worden war. Diese Bürgschaft trat an die Stelle einer von einer anderen [X.] mit einer höheren Bürgschaftssumme gestellten [X.].
1
2
-
3
-
Das [X.] hat die Klage
abgewiesen, da sich die Beklagte nach §
768
Abs.
1 Satz
1 BGB mit Erfolg auf die Verjährung der durch die Bürgschaft gesicherten Gewährleistungsansprüche der Klägerin berufen habe. §
17
Nr.
8 Satz
2 VOB/B (1992) finde auf die vorliegende Bürgschaft keine Anwendung, da diese nachträglich vereinbart worden sei. Diese Vorschrift finde nur bis zur Rückgabe der ersten [X.] Anwendung, es sei denn, mit dem Bürgen werde Gegenteiliges vereinbart. Der Auftraggeber, der sich auf einen Austausch der Bürgschaften einlasse, habe es in der Hand, gegen den Auftragnehmer Maßnahmen zu ergreifen, die eine Verjährungshemmung [X.]. Eine andere Auslegung des §
17
Nr.
8 Satz
2 VOB/B (1992) führe zu einer unangemessenen Bevorzugung des Auftraggebers. Dieser würde durch die Erteilung einer neuen Bürgschaft die Möglichkeit erhalten, den Bürgen wei-tere drei Jahre in Anspruch zu nehmen, ohne gegen den Auftraggeber [X.] zu müssen. Dadurch wäre der Auftragnehmer, der Aufwendungen des [X.] zu erstatten habe, mit einer möglichen Haftungsfrist von 10 Jahren belas-tet. Da es sich nach dem Vortrag der Klägerin bei der geltend gemachten Bürg-schaft um eine eigenständige Verpflichtung gehandelt habe und nicht lediglich um die ursprünglich erteilte Bürgschaftserklärung in reduzierter Form, habe die Klägerin ihre Rechte aus §
17
Nr.
8 Satz
2 VOB/B (1992) mit Rückgabe der [X.] aufgegeben.
Sollte es sich bei der Erklärung vom 16.
Februar 2006 nicht um das [X.] auf Abschluss eines neuen [X.] handeln, sondern um eine Vereinbarung, die bestehende Bürgschaft auf 200.000

könne sich die Beklagte zwar nach §
17
Nr.
8 Satz
2 VOB/B (1992) nicht auf die Einrede der Verjährung der Hauptforderung berufen, jedoch sei dann die Bürg-schaftsforderung ihrerseits verjährt.

3
4
-
4
-
Die Klägerin gibt in der Berufungsbegründung vom 7.
Juli 2009 zunächst den Standpunkt der Rechtsprechung wieder, der Auftraggeber könne nach §
17
Nr.
8 Satz
2 VOB/B (1992) eine Sicherheit verwerten, obgleich die Haupt-schuld verjährt sei, solange der Mangel in unverjährter [X.] angezeigt worden sei. Daran anschließend lautet es:
"Weshalb die Klägerin ihre Rechte aus §
17
Nr.
8 Satz
2 VOB/B verloren haben soll, nachdem die ursprünglich hingegebene [X.] gegen die hier streitgegenständliche redu-zierte [X.] ausgetauscht worden war, er-schließt sich nicht und findet auch keine Stütze in Literatur oder Rechtsprechung."
Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin in dem mit der Rechtsbeschwerde angegriffenen Beschluss verworfen, da die [X.] nicht den Anforderungen des §
520
Abs.
3 Satz
2
Nr.
2 ZPO genüge. Die Klägerin habe sich nicht mit den Argumenten des [X.] auseinan-dergesetzt, wonach die Rechtsprechung zur Inanspruchnahme von [X.] trotz Verjährung der Hauptforderung auf die streitgegenständliche Bürg-schaft nicht anzuwenden sei. Sie beschränke sich darauf, die Entscheidung pauschal als nicht nachvollziehbar zu kritisieren. Es sei nicht feststellbar, [X.] Gründe sie den Argumenten des [X.] entgegensetzen wolle. Die bloße Bezugnahme auf erstinstanzlichen Vortrag reiche insoweit ebenfalls nicht aus.
Mit der Rechtsbeschwerde macht die Klägerin geltend, das Berufungsge-richt habe die Anforderungen an die Berufungsbegründung überspannt und dadurch unter Verletzung des Grundrechts auf wirkungsvollen Rechtsschutz der 5
6
7
-
5
-
Klägerin in unzumutbarer, aus [X.] nicht zu rechtfertigender Weise den Zugang zur Berufungsinstanz versperrt.

II.
Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
Die Rechtsbeschwerde ist zwar kraft Gesetzes (§
574
Abs.
1 Satz
1
Nr.
1, §
522
Abs.
1 Satz
4 ZPO) statthaft, im Übrigen jedoch unzulässig. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde erfordert die Sicherung einer [X.] Rechtsprechung keine Entscheidung des [X.] (§
574
Abs.
2
Nr.
2 Fall
2 ZPO), weil das Berufungsgericht §
520
Abs.
3 Satz
2
Nr.
2 ZPO rechtsfehlerfrei angewendet hat und die Klägerin weder in ihrem Verfahrensgrundrecht auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art.
2
Abs.
1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) noch in ihrem verfassungsrechtlich garantierten Anspruch auf rechtliches Gehör (Art.
103
Abs.
1 GG) verletzt ist.
1. Nach §
520
Abs.
3 Satz
2
Nr.
2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich nach Ansicht des Berufungsklägers die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entschei-dung ergeben. Dazu gehört eine aus sich heraus verständliche Angabe, welche bestimmten Punkte des angefochtenen Urteils der Berufungskläger bekämpft und welche tatsächlichen oder rechtlichen Gründe er ihnen im Einzelnen entge-gensetzt ([X.], Beschlüsse vom 26.
Juli 2004 -
VIII ZB 29/04, NJW-RR 2004, 1716, vom 27.
Mai 2008 -
XI
ZB 41/06, [X.], 1810 Rn.
11, vom 12.
Mai
2009 -
XI
ZB 21/08, juris Rn.
13 und vom 1.
März 2011 -
XI
ZB 26/08, juris Rn.
11, jeweils mwN). Besondere formale Anforderungen bestehen nicht; für die Zulässigkeit der Berufung ist es insbesondere ohne Bedeutung, ob die Ausfüh-8
9
10
-
6
-
rungen in sich schlüssig oder rechtlich haltbar sind ([X.], Beschlüsse vom 21.
Mai 2003 -
VIII
ZB 133/02, NJW-RR 2003, 1580 und vom 28.
Mai 2003
-
XII
ZB 165/02, NJW 2003, 2531, 2532, jeweils mwN). Jedoch muss die [X.] auf den konkreten Streitfall zugeschnitten sein (Senat, [X.] vom 27.
Mai 2008 -
XI
ZB 41/06, [X.], 1810 Rn.
11, vom 12.
Mai 2009 -
XI
ZB 21/08, juris Rn.
13 und vom 1.
März 2011 -
XI
ZB 26/08, juris Rn.
11). Es reicht nicht aus, die Auffassung des Erstgerichts mit formularmäßi-gen Sätzen oder allgemeinen Redewendungen zu rügen oder lediglich auf das Vorbringen erster Instanz zu verweisen ([X.], Urteile vom 9.
März 1995 -
IX
ZR
143/94, NJW 1995, 1560, vom 18.
Juni 1998 -
IX
ZR
389/97, NJW 1998, 3126, vom 18.
September 2001 -
X
ZR
196/99, NJW-RR 2002,
209, 210, vom 9.
Oktober 2001 -
XI
ZR
281/00, juris Rn.
19 und vom 27.
November 2003
-
IX
ZR
250/00, [X.], 442).
Hat das Erstgericht -
wie hier
-
die Abweisung der Klage auf mehrere voneinander unabhängige, selbstständig tragende rechtliche Erwägungen ge-stützt, muss die Berufungsbegründung in dieser Weise jede tragende Erwägung angreifen. Andernfalls ist das Rechtsmittel unzulässig ([X.], Beschluss vom 25.
November 1999 -
III
ZB 50/99, [X.]Z
143, 169, 171;
Urteil vom 27.
Novem-ber 2003 -
IX
ZR
250/00, [X.], 442;
Beschlüsse vom 18.
Oktober 2005
-
VI
ZB 81/04, NJW-RR 2006, 285 und
vom 12.
Mai 2009 -
XI
ZB 21/08, juris Rn.
13, jeweils mwN).
2. Diesen Anforderungen genügt die Berufungsbegründung der Klägerin nicht.
a) Die Berufungsbegründung erfüllt zwar die Voraussetzungen von §
520
Abs.
3 Satz
2
Nr.
2 ZPO, soweit sie sich gegen die Hilfsbegründung des Land-gerichts zur Verjährung der Bürgschaftsforderung wendet.
11
12
13
-
7
-
b) Unzureichend ist jedoch die Berufungsbegründung zu der Hauptbe-gründung des [X.], die Beklagte habe sich nach §
768
Abs.
1
Satz
1 BGB mit Erfolg auf die Einrede gestützt, die Hauptforderung sei verjährt.
aa) Die Berufungsbegründung geht insoweit auf die [X.] des landgerichtlichen Urteils nicht näher ein, sondern beschränkt sich auf eine formelhafte Wendung. Auf die tragende Erwägung des Berufungsgerichts, §
17
Nr.
8 Satz
2 VOB/B (1992) finde keine Anwendung auf eine -
hier vorlie-gende
-
nachträglich übernommene Bürgschaft, bezieht sich allein der Hinweis der Berufungsbegründung, diese Rechtsansicht des Berufungsgerichts er-schließe sich nicht und finde keine Stütze in Literatur und Rechtsprechung. [X.] Darstellung ist nicht -
wie erforderlich
-
auf den konkreten Streitfall zuge-schnitten, sondern erschöpft sich in einer konturenlosen Redewendung. Sie geht nicht über die inhaltslose Kritik hinaus, die Rechtsauffassung des Landge-richts sei unzutreffend.
Weder die konkrete Begründung des [X.] noch einzelne [X.] werden von der Klägerin in Zweifel gezogen. Statt sich, wie in §
520
Abs.
3 Satz
2
Nr.
2 ZPO gefordert, konkret mit den die angegriffene Entscheidung tragenden Erwägungen auseinanderzusetzen, beschränkt sich die Berufungsbegründung auf die nichtssagende Beanstandung, die Auffassung des Berufungsgerichts finde keine Stütze in Literatur und Rechtsprechung. Für das Berufungsgericht blieb danach unklar, aus welchen materiellrechtlichen oder verfahrensrechtlichen Gründen nach Ansicht der Berufung das Urteil des [X.] unzutreffend sein soll. Zu einer auf die Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils zugeschnittenen Berufungsbegründung bestand vorlie-gend umso mehr Anlass, als sich das [X.] detailliert nicht nur mit dem Normzweck von §
17
Nr.
8 Satz
2 VOB/B (1992) befasst, sondern sich auch auf 14
15
16
-
8
-
eine konkrete, an den beiderseitigen Interessen ausgerichtete Auslegung dieser Norm gestützt hat.
[X.]) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerdebegründung benennt die Berufungsbegründung die tatsächlichen oder rechtlichen Gründe, die
die Klägerin der Begründung des Berufungsurteils im Einzelnen entgegensetzt, nicht dadurch, dass sie die Rechtsprechung zu den Rechtsfolgen von §
17
Nr.
8 Satz
2 VOB/B (1992) im Falle verjährter Hauptforderung kurz anspricht. Denn für die Entscheidung des
[X.] ist tragend, dass auf die vorliegende, erst nachträglich übernommene Bürgschaft nach den beiderseitigen Interessen der [X.]en §
17
Nr.
8 Satz
2 VOB/B (1992) nicht anzuwenden ist. Dann kommt es aber auf die Rechtsfolgen dieser Vorschrift, die -
wie die Hilfsbegrün-dung zeigt
-
auch das [X.] nicht in Zweifel zieht, für die mit der Berufung angegriffene Entscheidung nicht an.
cc) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde verletzen diese An-forderungen an die Berufungsbegründung die Klägerin weder in ihrem Verfah-rensgrundrecht auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art.
2
Abs.
1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) noch in ihrem verfassungsrechtlich garantierten Anspruch auf rechtliches Gehör (Art.
103
Abs.
1 GG). Das Begründungserfordernis des §
520
Abs.
3
Satz 2 Nr.
2 ZPO ist sachlich gerechtfertigt, da es der Verfahrens-konzentration dient, indem es den Berufungsführer anhält, die angegriffene Entscheidung
nicht nur im Ergebnis, sondern in der konkreten Begründung zu17
18
-
9
-
überprüfen und im Einzelnen darauf hinzuweisen, in welchen Punkten und mit welchen Gründen das angefochtene Urteil für unrichtig gehalten wird. Dies stellt eine anwaltlich vertretene [X.] -
wie hier die Klägerin
-
vor keine erheblichen oder gar unzumutbaren Anforderungen (vgl. [X.], NJW-RR 2002, 135
f. zu der Vorgängerregelung §
519 Abs.
3 Nr.
2 ZPO).

[X.]

Maihold

Matthias

Pamp

Menges

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom [X.] -
23 [X.]/07 -

KG Berlin, Entscheidung vom 21.06.2011 -
6 [X.]/09 -

Meta

XI ZB 25/11

23.10.2012

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.10.2012, Az. XI ZB 25/11 (REWIS RS 2012, 2079)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 2079

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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XI ZB 25/11

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