Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.05.2013, Az. 4 StR 151/13

4. Strafsenat | REWIS RS 2013, 5638

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 151/13

vom
22. Mai
2013
in der Strafsache
gegen

wegen
unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer

Menge

-
2
-
Der 4.
Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 22.
Mai
2013
gemäß §
349 Abs.
2 und 4 StPO beschlossen:

1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 22.
November 2012 im gesamten [X.] aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere [X.] des [X.] zurück-verwiesen.
2.
Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltrei-bens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen zu einer Ge-samtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt und in Höhe eines Betrages von 25.000

i-sion des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, hat den aus der [X.] ersichtlichen Teilerfolg.
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3
-
I.
Wie der
Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 8.
April 2013 im Einzelnen zutreffend ausgeführt hat, haben die vom Beschwerdeführer er-hobenen Verfahrensrügen keinen Erfolg; auch hat die Nachprüfung des [X.] Urteils auf Grund der Sachrüge hinsichtlich des Schuldspruchs kei-nen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
II.
Hingegen hält der Strafausspruch sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die [X.] lassen besorgen, dass das [X.] dem Angeklagten
bei den Erwägungen zur Wahl des Strafrahmens rechtsfehlerhaft sein Verteidigungsverhalten strafschärfend angelastet und die Reichweite des Grundsatzes der [X.] aus dem Blick verloren hat.
1.
Im Fall
II.
2 der Urteilsgründe, in dem der Angeklagte
nach den [X.] 500
Gramm Kokain mit einem Wirkstoffanteil von mindestens 20
% gewinnbringend an den Zeugen E.-M.

für 22.000

das [X.] ausgeführt, für die Annahme eines minder schweren Falles spreche zwar das teilweise Geständnis des Angeklagten;
es könne allerdings nicht übersehen werden, dass dieser zugleich versucht habe, durch seine Ein-lassung die Folgen seiner Tat zu verharmlosen, indem
er entgegen den späte-ren Feststellungen im angefochtenen Urteil behauptet habe, er hätte das Koka-in wegen der (angeblich) schlechten Qualität wieder zurückerhalten. In Bezug auf alle festgestellten Taten hat das [X.] ferner ausgeführt, gegen die Annahme minder schwerer Fälle

n-geklagte äußerst konspirativ vorgegangen sei.
Die [X.] sei aufgrund 2
3
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4
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einer Gesamtschau davon überzeugt, dass der Angeklagte
offenbar von Anfang an beabsichtigt habe, die Ermittlungsmaßnahmen der Polizei in eine falsche Richtung zu lenken. Die polizeilichen Ermittlungen seien dadurch erheblich er-schwert worden. Beispielsweise habe die wahre Identität des Angeklagten erst am 1.
Februar 2012 durch die Polizei festgestellt werden können, nachdem der Telefonanschluss des Angeklagten für etwa 14
Tage überwacht und die Koor-dinaten seines Wohnsitzes unter Auswertung der Gesprächsinhalte aufwändig festgestellt worden seien.
Beide Erwägungen begegnen durchgreifenden recht-lichen Bedenken.
2.
Schon aus
dem [X.] (§§
136 Abs.
1 Satz
2, 163a Abs.
4 Satz
2, 243 Abs.
5 Satz
1 StPO)
folgt, dass der Beschuldigte in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren nicht verpflichtet ist, aktiv die Sachauf-klärung zu fördern und an seiner eigenen Überführung mitzuwirken (vgl. [X.], Urteil vom 21.
Januar 2004

1
StR
364/03, [X.]St 49, 56, 59
f.).
Dem-entsprechend darf
ihm mangelnde Mitwirkung an der Sachaufklärung nicht strafschärfend angelastet werden ([X.], Beschluss vom 8.
November 1995

2
StR
527/95, [X.]R StGB §
46 Abs.
2 Verteidigungsverhalten
17 mwN).
Darüber hinaus
kann auch Prozessverhalten, mit dem der Angeklagte

ohne die Grenzen zulässiger Verteidigung zu überschreiten

den ihm drohenden Schuldspruch abzuwenden versucht, grundsätzlich nicht straferschwerend
berücksichtigt werden, da hierin

unbeschadet einer Verletzung des [X.]es

eine Beeinträchtigung seines Rechts auf Verteidigung läge. Dies gilt nicht nur dann, wenn er eine unrichtige Einlassung unverändert aufrechterhält, sondern auch, wenn er dem [X.] mit jedenfalls teil-weise wahrheitswidrigem Vorbringen zu begegnen sucht
([X.], Beschluss vom 8.
November 1995 aaO).
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5
-
Gemessen daran kann der Senat vor dem Hintergrund des [X.] nicht ausschließen, dass die Strafrahmenwahl des [X.] im Hinblick auf beide Umstände
maßgeblich durch eine unzulässige Bewertung des [X.] des Angeklag-ten beeinflusst ist. Dies gilt umso mehr, als die
von der [X.] herange-zogene Erwägung, durch die äußerst konspirative Vorgehensweise des Ange-klagten seien die polizeilichen Ermittlungen erheblich erschwert worden, mit dem bloßen Hinweis auf eine zweiwöchige Telefonüberwachung und die darauf gestützte Bestimmung der [X.] nicht hinreichend mit Tatsa-chen belegt ist.
III.
Der Strafausspruch bedarf daher insgesamt neuer Verhandlung und Ent-scheidung. Angesichts der Höhe der verhängten Einzelstrafen sowie der Ge-samtfreiheitsstrafe kann der Senat, auch vor dem Hintergrund der festgestellten schlechten Qualität der Betäubungsmittel, nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausschließen, dass die Entscheidung über den in den einzelnen Fällen anzu-wendenden Strafrahmen ohne die
[X.] anders ausgefallen wäre. Unter Berücksichtigung dieses Umstandes kann der Senat den Rechtsfolgen-

354 Abs.
1
a StPO [X.].
Die zu Grunde liegenden Feststellungen können bestehen bleiben, da
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7
-
6
-
es sich um [X.] handelt. Ergänzende Feststellungen, die den ge-troffenen nicht widersprechen, sind möglich.
Rin[X.] Roggenbuck ist in-folge Urlaubs ortsabwesend und daher an der [X.] verhindert.

Cierniak
Cierniak
Franke

Quentin
Reiter

Meta

4 StR 151/13

22.05.2013

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.05.2013, Az. 4 StR 151/13 (REWIS RS 2013, 5638)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 5638

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4 StR 151/13

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