Bundesgerichtshof, Beschluss vom 28.08.2018, Az. 5 StR 295/18

5. Strafsenat | REWIS RS 2018, 4372

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Gegenstand

Strafschärfende Berücksichtigung wahrheitswidriger Aussagen des Angeklagten im Strafprozess


Tenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 7. März 2018 wird als unbegründet verworfen.

Es wird davon abgesehen, dem Beschwerdeführer die Kosten des Rechtsmittels aufzuerlegen; er hat jedoch die dem [X.] im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen [X.] zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit versuchter gefährlicher Körperverletzung und fahrlässiger Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die gegen das Urteil gerichtete Revision, mit der der Angeklagte die Verletzung formellen und sachlichen Rechts rügt, ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

2

Der Erörterung bedarf ergänzend zu den Ausführungen des [X.] lediglich die mit der Sachrüge erhobene Beanstandung, die [X.] habe bei der Rechtsfolgenbestimmung falsche Angaben des Angeklagten zu seinen finanziellen Verhältnissen zu seinem Nachteil gewertet.

3

1. Das [X.] hat zur Begründung schädlicher Neigungen „mit maßgeblichem Gewicht“ fortbestehende erhebliche Anlagemängel des Angeklagten darin gesehen, dass „er Gericht und Nebenkläger über seine finanzielle Leistungsfähigkeit infolge bestehender Erwerbstätigkeit zu täuschen suchte, um die Voraussetzungen für ein mildes Urteil zu schaffen“ ([X.]). Dies könne nicht mehr als zulässiges Prozessverhalten bewertet werden. Auch hat es bei der Bemessung der Jugendstrafe „insbesondere sein Verhalten im Prozess“ berücksichtigt. In der Hauptverhandlung hatte der Angeklagte einen Schadensersatzanspruch des [X.] in Höhe von 5.000 Euro anerkannt und sich zu einer Ratenzahlung von 100 Euro monatlich verpflichtet. Zuvor hatte er wahrheitswidrig angegeben, mit monatlichen Netto-Einkünften von 1.000 Euro erwerbstätig zu sein.

4

2. Bedenklich wäre es, wenn die [X.] in den falschen Angaben des Angeklagten zu seinen finanziellen Verhältnissen ein unzulässiges Prozessverhalten (lediglich) gegenüber dem Gericht erblickt hätte. Denn einen Angeklagten trifft keine strafprozessuale Wahrheitspflicht. Ihm können daher regelmäßig falsche Angaben nicht angelastet werden. Dies gilt nicht nur dann, wenn er dem [X.] mit wahrheitswidrigem Vorbringen zu begegnen sucht (vgl. [X.], Beschluss vom 22. Mai 2013 - 4 StR 151/13, [X.], 340 mwN), sondern auch bei falschen Angaben zu seinen persönlichen Verhältnissen, durch die er einen für sich günstigeren Rechtsfolgenausspruch anstrebt. Die Grenzen zulässigen [X.] sind grundsätzlich erst überschritten, wenn das Vorbringen eine selbständige Rechtsgutsverletzung enthält oder hierdurch eine neue Straftat begangen wird (vgl. [X.], Urteil vom 8. April 2004 - 4 StR 576/03, [X.], 616, 617).

5

Hier kann bei der Beurteilung der Grenzen zulässigen [X.] jedoch nicht außer Betracht bleiben, dass Adressat der Lüge des Angeklagten auch sein Opfer war, dessen Schadensersatzanspruch in der Hauptverhandlung eine Regelung fand und bei dem sich der Angeklagte, wenngleich vergeblich, zu entschuldigen suchte. Sein wahrheitswidriges Vorbringen war danach auch darauf gerichtet, den Nebenkläger zu täuschen. Ein solches betrugsnahes Verhalten unterfällt nicht dem Schutzbereich des [X.] und ist auch nicht vom Recht des Angeklagten auf Verteidigung gedeckt.

Mutzbauer     

        

Schneider     

        

Berger

        

Mosbacher     

        

Köhler     

        

Meta

5 StR 295/18

28.08.2018

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Zwickau, 7. März 2018, Az: 263 Js 1722/17 jug 5 KLs

§ 267 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 28.08.2018, Az. 5 StR 295/18 (REWIS RS 2018, 4372)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 4372

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

4 StR 186/22

202 ObOWi 1458/22

Zitiert

4 StR 151/13

Zitieren mit Quelle:
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