Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.01.2015, Az. 9 AZR 860/13

9. Senat | REWIS RS 2015, 16925

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Gegenstand

Anspruch auf Abschluss eines Teilzeitarbeitsvertrags - Anspruch auf Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte - Wirksamkeit einer betriebsbedingten Änderungskündigung


Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 30. Mai 2013 - 8 [X.]/12 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über den Umfang der Arbeitszeit der Klägerin, die Verpflichtung der [X.]eklagten, eine der Klägerin erteilte Abmahnung aus der Personalakte zu entfernen, und die Wirksamkeit einer Änderungskündigung.

2

Die [X.]eklagte, ein Unternehmen der Wohnungswirtschaft mit ca. 45 Mitarbeitern, beschäftigt die Klägerin seit 2005 als [X.] gegen ein durchschnittliches [X.]ruttomonatsgehalt iHv. zuletzt 2.654,00 Euro. Nach der Geburt ihrer [X.]ochter befand sich die Klägerin in Elternzeit.

3

Am 21. September 2011 richtete die Klägerin eine E-Mail an die Chefsekretärin [X.] des Geschäftsführers der [X.] Der [X.]ext der Nachricht lautet auszugsweise wie folgt:

        

„…    

        

nach reiflicher Überlegung sind wir nun zu dem Entschluss gekommen, dass ich 5 x 6 Stunden, also von 8:00 bis 14:00 Uhr arbeiten möchte. Eine Pause würde ich dann nicht machen (braucht man ja nicht, wenn man nur 6 Stunden arbeitet).

        

[X.]ezüglich der Elternzeitverlängerung habe ich momentan vor, am 11. Juni 2012 wiederzukommen.

        

Ich hoffe, dass das auch [X.] entspricht und warte auf seine/Ihre Rückmeldung.“

4

Unter dem 3. Februar 2012 übersandte die Klägerin der [X.]eklagten ein für den Antrag auf einen Platz in einer Kindertagesstätte bestimmtes Formular („Arbeitszeitbescheinigung zur Vorlage beim Arbeitgeber der Eltern zwecks [X.]etreuung von Kindern in einer Kindertagesstätte/[X.]agespflegestelle“) mit der [X.]itte um Unterschrift. In den fünf Feldern, die unter der Überschrift „[X.] beträgt“ neben den jeweiligen Wochentagen angeordnet sind, war für Montag bis Freitag jeweils die Arbeitszeit „8 Uhr - 14 Uhr“ eingetragen. In einem Gespräch mit der Klägerin lehnte der Geschäftsführer der [X.] den [X.]eilzeitwunsch ab. Am 13. März 2012 unterzeichnete er das von der Klägerin eingereichte Formular, nachdem er jeweils die Uhrzeit 14:00 Uhr durchgestrichen und handschriftlich durch die Uhrzeit 17:00 Uhr (montags bis donnerstags) bzw. 15:00 Uhr (freitags) ersetzt hatte, und übersandte dieses an die Klägerin.

5

Am 11. Juni 2012 kehrte die Klägerin aus der Elternzeit zurück. Mit Schreiben vom selben [X.]age forderte die [X.]eklagte die Klägerin auf, ab Montag, den 18. Juni 2012, in Vollzeit tätig zu werden. Zur [X.]egründung verwies die [X.]eklagte auf das persönliche Gespräch im März 2012, in dessen Verlauf der Klägerin mitgeteilt worden sei, es müsse bei der 40-Stundenwoche verbleiben. Am 18. Juni 2012 verließ die Klägerin ihren Arbeitsplatz um 14:00 Uhr.

6

Mit Schreiben vom 19. Juni 2012, das der Klägerin um 13:20 Uhr desselben [X.]ages zuging, forderte die [X.]eklagte die Klägerin auf, an diesem [X.]ag Mehrarbeit zu leisten. Das Schreiben lautet auszugsweise wie folgt:

        

„…    

        

unabhängig von der Frage der Länge der Arbeitszeit besteht heute mehr Arbeitsbedarf.

        

Im Hinblick … weise ich Sie deshalb an, folgende Arbeiten (ggf. im Rahmen der Mehrarbeit) heute zu erledigen:

        

…       

        

Sollten Sie für diese Arbeiten eine Mehrarbeit leisten müssen, so wäre diese bis um 16:00 Uhr zu erbringen, danach dürfen Sie … nach Hause.“

7

Nachdem sie erfolglos versucht hatte sicherzustellen, dass ihre [X.]ochter von [X.] aus der Kindertagesstätte abgeholt werde, teilte die Klägerin dem Geschäftsführer [X.] mit, sie könne die angeordnete Mehrarbeit nicht leisten, und verließ um 14:00 Uhr ihren Arbeitsplatz. Unter dem 19. Juni 2012 mahnte die [X.]eklagte die Klägerin ab. In dem Schreiben heißt es ua. wie folgt:

        

„Am 18.06.2012 endete Ihre Arbeitszeit nach Arbeitsbeginn um 08:00 Uhr um 17:00 Uhr. Ohne Zustimmung der Geschäftsführung beendeten Sie einseitig um 14:00 Uhr Ihre Arbeit und verließen unentschuldigt das Unternehmen vor Ende der angewiesenen Arbeitszeit.

        

Ihr Verhalten stellt eine Verletzung Ihrer arbeitsvertraglichen Verpflichtung dar. Wir fordern Sie auf, sich zukünftig vertragsgetreu zu verhalten. [X.]ei wiederholten arbeitsrechtlichen Verstößen müssen Sie mit Konsequenzen bis hin zur Kündigung rechnen.“

8

Mit Schreiben vom 28. Juni 2012 erklärte die [X.]eklagte die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 30. September 2012 und bot der Klägerin gleichzeitig an, das Arbeitsverhältnis ab dem 1. Oktober 2012 in Vollzeit fortzusetzen. Die Klägerin nahm das Änderungsangebot unter dem Vorbehalt an, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial gerechtfertigt sei.

9

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihre wöchentliche Arbeitszeit betrage seit dem 11. Juni 2012 30 Stunden. Die [X.]eklagte habe ihren [X.]eilzeitantrag vom 21. September 2011, der ihr nach den Grundsätzen der Duldungs- und Anscheinsvollmacht zugegangen sei, nicht spätestens einen Monat vor dem gewünschten [X.]eginn der Arbeitszeitverringerung schriftlich abgelehnt. Da ihre Arbeitszeit täglich um 14:00 Uhr ende, habe sie weder am 18. noch am 19. Juni 2012 ihre arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt. Die Änderungskündigung sei sozial ungerechtfertigt.

Die Klägerin hat zuletzt - soweit für die Revision von [X.]edeutung - beantragt

        

1.    

festzustellen, dass ihre Arbeitszeit sich gemäß § 8 Abs. 2 [X.]z[X.]fG auf 30 Stunden pro Woche verringert hat und die geschuldete Arbeit an fünf Arbeitstagen jeweils sechs Stunden in der [X.] von 8:00 Uhr bis 14:00 Uhr zu leisten ist,

        

2.    

hilfsweise die [X.]eklagte zu verurteilen, der Verringerung der Arbeitszeit der Klägerin auf 30 Stunden pro Woche bei einer Verteilung dieser Arbeitszeit auf montags bis freitags von 8:00 Uhr bis 14:00 Uhr zuzustimmen,

        

3.    

die [X.]eklagte zu verurteilen, die Abmahnung mit Datum vom 19. Juni 2012 aus ihrer Personalakte zu entfernen, und

        

4.    

festzustellen, dass eine Änderung der Arbeitsbedingungen durch die ordentliche Änderungskündigung vom 28. Juni 2012 zum 30. September 2012 sozial ungerechtfertigt ist.

Die [X.]eklagte, die die Abweisung der Klage beantragt hat, ist der Ansicht gewesen, die Voraussetzungen einer Fiktion nach § 8 Abs. 5 Satz 2 und Satz 3 [X.]z[X.]fG lägen nicht vor. Die E-Mail der Klägerin vom 21. September 2011 enthalte ein an sie gerichtetes Angebot, in Gespräche bezüglich der Arbeitszeit zu treten, nicht aber einen auf die [X.]egründung eines [X.]eilzeitarbeitsverhältnisses gerichteten Antrag. Frau [X.] als Adressatin der E-Mail sei keine taugliche Empfangsvertreterin. Ihr Geschäftsführer [X.] habe den vermeintlichen [X.]eilzeitantrag abgelehnt, als er Eintragungen auf dem von der Klägerin eingereichten Formular vorgenommen habe. Sie habe die Klägerin zu Recht abgemahnt, da die Klägerin ihren Arbeitsplatz am 19. Juni 2012 um 14:00 Uhr trotz einer entgegenstehenden Weisung verlassen habe. Das [X.] enthalte ein unbeachtliches „Datumsversehen“. Die Änderungskündigung sei aus dringenden betrieblichen Gründen sozial gerechtfertigt. Im [X.]ereich der Assistenz lasse ihr betriebliches Organisationskonzept die [X.]eschäftigung von [X.]eilzeitkräften nicht zu. Es sei ihr [X.]estreben, sich durch ständige Präsenz als kompetenter Ansprechpartner während der Kernarbeitszeit von der Konkurrenz auf dem Markt der Wohnungswirtschaft abzusetzen. Die Arbeit der [X.], die jeweils einem Verwalter zugeordnet seien, sei von den aktuellen Anforderungen der Kunden und der [X.]ewohner der Mietobjekte abhängig und deshalb weitgehend nicht planbar. Es sei ihr nicht möglich, eine geeignete Ersatzkraft einzustellen. Die bei [X.]eilung der Stelle erforderliche Übergabe binde die beteiligten Arbeitnehmer täglich eine halbe Stunde.

Das Arbeitsgericht hat der Klage - soweit für die Revision von [X.]edeutung - stattgegeben. Das [X.] hat die [X.]erufung der [X.]eklagten zurückgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die [X.]eklagte ihr Klageziel, die Abweisung der Klage, weiter.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision der [X.]n ist nicht begründet. Das [X.] hat die Berufung der [X.]n gegen das - soweit für die Revision von Bedeutung - klagestattgebende Urteil des Arbeitsgerichts im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen.

I. Die Klage ist zulässig. Dies gilt auch für den Feststellungsantrag zu 1. Die Klägerin hat ein rechtliches Interesse iSd. § 256 Abs. 1 ZPO daran, dass durch richterliche Entscheidung festgestellt wird, ob sich die Arbeitszeit in dem von ihr gewünschten Umfang gemäß § 8 Abs. 5 Satz 2 [X.] verringert hat (vgl. HaKo-[X.]/Boecken 3. Aufl. § 8 Rn. 154).

II. Die Klage ist in den Hauptanträgen begründet.

1. Die regelmäßige Arbeitszeit der Klägerin beträgt 30 Wochenstunden, die sie an fünf Arbeitstagen in der [X.] von 8:00 Uhr bis 14:00 Uhr zu leisten hat. Der Arbeitsvertrag der Parteien wurde mit Wirkung zum 11. Juni 2012 entsprechend geändert. Die [X.] hat den Teilzeitantrag der Klägerin vom 21. September 2011 nicht binnen der in § 8 Abs. 5 Satz 1 [X.] genannten Monatsfrist schriftlich abgelehnt mit der Folge, dass ihre Zustimmung zu dem Teilzeitbegehren gemäß § 8 Abs. 5 Satz 2 und Satz 3 [X.] fingiert wird.

a) Die allgemeinen Voraussetzungen, an die § 8 [X.] einen Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit knüpft, lagen zum [X.]punkt, zu dem die Klägerin ihr Teilzeitverlagen äußerte, vor. Das Arbeitsverhältnis der Parteien bestand länger als sechs Monate (§ 8 Abs. 1 [X.]). Die [X.] beschäftigt regelmäßig mehr als 15 Arbeitnehmer (§ 8 Abs. 7 [X.]).

b) Das [X.] hat die von der Klägerin am 21. September 2011 gesendete E-Mail ausgelegt und die Erklärung als Angebot, die regelmäßige Arbeitszeit auf 30 Wochenstunden zu reduzieren bei einer Verteilung auf fünf Arbeitstage in der [X.] von 8:00 Uhr bis 14:00 Uhr, verstanden. Die nur beschränkt revisible Auslegung dieser atypischen Erklärung lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Das Berufungsgericht hat die [X.] der §§ 133, 157 [X.] nicht verletzt. Es hat auch nicht gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen oder Umstände, die für die Auslegung von Bedeutung sein können, außer [X.] gelassen (vgl. [X.] 18. August 2009 - 9 [X.] - Rn. 21).

aa) Das Verringerungsverlangen eines Arbeitnehmers nach § 8 Abs. 1 [X.] ist eine auf die Änderung des Arbeitsvertrags gerichtete [X.]enserklärung iSd. Rechtsgeschäftslehre des [X.]. Das Änderungsangebot (§ 145 [X.]), das dem Arbeitgeber spätestens drei Monate vor Beginn der begehrten Arbeitszeitreduzierung zugehen muss (§ 8 Abs. 2 Satz 1 [X.]), muss nach allgemeinem Vertragsrecht regelmäßig so konkret sein, dass der Adressat des Angebots dieses mit einem einfachen „Ja“ annehmen kann. Der Inhalt eines zwischen den Parteien zustande kommenden [X.] muss feststehen (vgl. [X.] 16. Oktober 2007 - 9 [X.] - Rn. 20 mwN, [X.]E 124, 219). Nicht erforderlich ist, dass der Arbeitnehmer sein Änderungsangebot ausdrücklich als Teilzeitantrag bezeichnet.

bb) Die Einleitung der von der Klägerin verfassten E-Mail („nach reiflicher Überlegung sind wir nun zu dem Entschluss gekommen“) spricht dafür, dass die Klägerin eine rechtserhebliche Erklärung abgeben wollte und sie nicht - wie die Revision meint - beabsichtigte, Gespräche über den Abschluss einer [X.] anzustoßen. Für die [X.] war hinreichend erkennbar, dass die Klägerin ihre [X.]ensbildung bezüglich einer Teilzeitbeschäftigung abgeschlossen hatte und die E-Mail schrieb, um ihren [X.]en, das Arbeitsverhältnis ab dem 11. Juni 2012 als [X.] fortzuführen, kundzutun. Der Annahme, es liege eine [X.]enserklärung vor, steht nicht entgegen, dass die Klägerin am Ende der Nachricht der Hoffnung Ausdruck gibt, dass ihre Vorstellungen denen des Geschäftsführers der [X.] entsprechen. Es handelt sich dabei um einen allgemeinen Ausdruck der Höflichkeit, der nicht den Schluss zulässt, die vorstehenden Ausführungen seien unverbindlich.

cc) Das form- und fristgerechte Angebot der Klägerin ist hinreichend bestimmt. Es nennt neben dem Beginn der Teilzeittätigkeit den verbleibenden Umfang der Arbeitszeit und deren gewünschte Verteilung. Der Antrag der Klägerin, der keiner besonderen Form bedurfte, ging der [X.]n mehr als drei Monate vor dem gewünschten Beginn der Teilzeit zu. Nach dem Vortrag der [X.]n, auf den das [X.] im Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen hat, übersandte die Klägerin der [X.]n am 3. Febr[X.]r 2012 das für die Beantragung eines Platzes in einer Kindertagesstätte bestimmte Formular, „obwohl der Geschäftsführer vorher die sachlich begründete Zurückweisung diesbezüglich erklärt“ hatte. Dies belegt, dass der Geschäftsführer der [X.] spätestens zu diesem [X.]punkt und damit mehr als drei Monate vor dem Beginn der beabsichtigten Teilzeit Kenntnis von dem Teilzeitverlangen der Klägerin hatte.

c) Die [X.] lehnte den Teilzeitantrag nicht spätestens einen Monat vor dem gewünschten Beginn der Teilzeitbeschäftigung ab, sodass sich die Arbeitszeit in dem von der Klägerin gewünschten Umfang verringerte (§ 8 Abs. 5 Satz 2 [X.]) und die von ihr begehrte Verteilung der Arbeitszeit als festgelegt gilt (§ 8 Abs. 5 Satz 3 [X.]). Infolge der Fiktion muss sich die [X.] so behandeln lassen, als hätte sie der angetragenen Vertragsänderung zugestimmt (vgl. [X.] 15. November 2011 - 9 [X.] - Rn. 30 mwN).

aa) Die Ablehnung des [X.], die der Geschäftsführer der [X.] zu einem vom [X.] nicht näher festgestellten [X.]punkt der Klägerin gegenüber mündlich zum Ausdruck brachte, ist wegen [X.] nichtig (§ 125 Satz 1 [X.]). Sie entspricht nicht der vom Gesetz in § 8 Abs. 5 Satz 1 [X.] angeordneten Schriftform (§ 126 Abs. 1 [X.]).

bb) Das [X.] hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen, den Eintragungen, die der Geschäftsführer der [X.] auf der [X.] unter dem 13. März 2012 vornahm, sei nicht die Bedeutung beizumessen, er lehne das Teilzeitverlangen der Klägerin ab.

(1) Die Ablehnung des Arbeitgebers, dem Teilzeitverlangen des Arbeitnehmers zuzustimmen, ist eine empfangsbedürftige, an den Arbeitnehmer gerichtete [X.]enserklärung (vgl. HaKo-[X.]/Boecken 3. Aufl. § 8 Rn. 121; MüKo[X.]/Müller-Glöge 6. Aufl. § 8 [X.] Rn. 22; [X.] NZA 2001, 1168, 1171). Ob der Arbeitgeber eine solche Erklärung abgegeben hat, ist im Wege der Auslegung zu ermitteln. [X.] der Arbeitgeber den Eintritt der [X.] des § 8 Abs. 5 Satz 2 und Satz 3 [X.] verhindern, erfordert das Gebot der Rechtsklarheit und Transparenz, dass er den [X.] des Arbeitnehmers hinreichend deutlich ablehnt. Denn der Arbeitnehmer muss Gewissheit haben, ob der Arbeitsvertrag seinem Angebot entsprechend geändert wurde (vgl. [X.] 15. November 2011 - 9 [X.] - Rn. 30).

(2) Die Eintragungen auf dem Formular sind nicht darauf gerichtet, den Teilzeitantrag der Klägerin zurückzuweisen. Sie haben keinen Bezug zum [X.]. Dies ergibt sich bereits daraus, dass mit der [X.] nicht die zukünftige, sondern die zum [X.]punkt der Einreichung geltende Arbeitszeit abgefragt wurde. Der [X.] („Die tägliche Arbeitszeit … beträgt“) ist im Präsens abgefasst, also in der [X.]form, mit der ein Geschehen als gegenwärtig charakterisiert wird. Am 13. März 2012 erklärte der Geschäftsführer der [X.] wahrheitsgemäß, die Klägerin befinde sich in einem Vollzeitarbeitsverhältnis. Es handelt sich um eine reine Wissenserklärung, die als solche nicht dahin gehend ausgelegt werden kann, sie diene dem Zweck, den Antrag der Klägerin auf Vertragsänderung abzulehnen. Auf diesen Gesichtspunkt hat bereits das Arbeitsgericht zutreffend hingewiesen.

(3) Aus Sicht der [X.]n gab es am 13. März 2012 keinen Grund, den Teilzeitantrag der Klägerin zurückzuweisen. Noch in der Berufungsinstanz ist die [X.] davon ausgegangen, es sei bereits „vorher die sachlich begründete Zurückweisung … erklärt“ worden. Aus diesem Grund spricht alles für die Annahme, dass die [X.] in dem irrigen Glauben, den Antrag der Klägerin bereits rechtswirksam abgelehnt zu haben, keine erneute [X.]enserklärung abgeben wollte, es zum maßgeblichen [X.]punkt mithin auch an dem erforderlichen inneren Tatbestand einer [X.]enserklärung fehlte.

cc) Die Ablehnung, die die [X.] in ihrem Schreiben vom 11. Juni 2012 erklärte, erfolgte verspätet. Zum [X.]punkt, zu dem der Klägerin das Schreiben zuging, war die Monatsfrist des § 8 Abs. 5 Satz 1 [X.] bereits abgelaufen.

2. Der hilfsweise gestellte Leistungsantrag zu 2. fällt nicht zur Entscheidung an.

3. Die [X.] ist verpflichtet, die der Klägerin erteilte Abmahnung vom 19. Juni 2012 aus der Personalakte zu entfernen.

a) Arbeitnehmer können in entsprechender Anwendung von §§ 242, 1004 Abs. 1 Satz 1 [X.] die Entfernung einer zu Unrecht erteilten Abmahnung aus ihrer Personalakte verlangen. Der Anspruch besteht, wenn die Abmahnung inhaltlich unbestimmt ist, unrichtige Tatsachenbehauptungen enthält, auf einer unzutreffenden rechtlichen Bewertung des Verhaltens des Arbeitnehmers beruht oder den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt. Er besteht auch dann, wenn selbst bei einer zu Recht erteilten Abmahnung kein schutzwürdiges Interesse des Arbeitgebers mehr an deren Verbleib in der Personalakte besteht (vgl. [X.] 19. Juli 2012 - 2 [X.] - Rn. 13 mwN, [X.]E 142, 331).

b) Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor.

aa) Dem Wortlaut der Abmahnung zufolge hält die [X.] der Klägerin vor, ihre Arbeitsstelle am 18. Juni 2012 pflichtwidrig vor 17:00 Uhr verlassen zu haben. Dieser Vorwurf beruht auf einer unzutreffenden rechtlichen Bewertung des Verhaltens der Klägerin. Denn die Klägerin war nicht verpflichtet, an diesem Tag in der [X.] von 14:00 bis 17:00 Uhr zu arbeiten. Infolge der mit Wirkung zum 11. Juni 2012 eingetretenen Vertragsänderung endete die Arbeitszeit der Klägerin um 14:00 Uhr. Weder nach den Feststellungen des [X.]s noch nach dem Vortrag der [X.]n war die Klägerin zuvor angewiesen worden, am 18. Juni 2012 Überstunden zu leisten.

bb) Hat die [X.] nicht das Verhalten der Klägerin am 18. Juni 2012, sondern am Folgetag abmahnen wollen, erweist sich die Abmahnung als inhaltlich unrichtig. Zum einen nimmt das [X.] auf ein unzutreffendes Datum Bezug. Zum anderen endete die Arbeitszeit der Klägerin am 19. Juni 2012 nicht um 17:00 Uhr. Zugunsten der [X.]n unterstellt, sie habe an diesem Tag rechtswirksam Überstunden angeordnet, endete die Arbeitspflicht der Klägerin bereits um 16:00 Uhr. Die schriftliche Anweisung der [X.]n vom 19. Juni 2012 weist als Arbeitsende nicht 17:00 Uhr, sondern 16:00 Uhr aus.

4. Die der Klägerin mit der Kündigung vom 28. Juni 2012 angetragene Änderung der Arbeitsbedingungen ist sozial ungerechtfertigt (§ 2 Satz 1, § 1 Abs. 2 Satz 1 [X.]).

a) Eine betriebsbedingte Änderungskündigung iSv. § 2 [X.] ist sozial nur gerechtfertigt, wenn die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 [X.] vorliegen. Dabei ist die [X.] Rechtfertigung einer Änderung der bestehenden Vertragsbedingungen zu überprüfen. Das Änderungsangebot des Arbeitgebers ist daran zu messen, ob es durch dringende betriebliche Erfordernisse iSd. § 1 Abs. 2 Satz 1 [X.] bedingt ist und sich darauf beschränkt, solche Änderungen vorzusehen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss. Dieser Maßstab gilt unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer das Änderungsangebot abgelehnt oder - wie im Streitfall die Klägerin - unter Vorbehalt angenommen hat ([X.] 20. Juni 2013 - 2 [X.] - Rn. 16).

b) Beabsichtigt der Arbeitgeber mit dem Ausspruch einer Änderungskündigung, den Rechtszustand herbeizuführen, der vor der Reduzierung der Arbeitszeit nach § 8 Abs. 5 Satz 2 und Satz 3 [X.] bestand, sind die Wertungen des [X.] zu beachten.

aa) Ziel des Gesetzes ist es, Teilzeitstellen zu schaffen und auf diese Weise Beschäftigten die Möglichkeit zu geben, Beruf und Familie besser miteinander zu vereinbaren (vgl. [X.]. 14/4374 S. 11). Zu diesem Zweck gewährt das [X.] Beschäftigten unter den in § 8 im Einzelnen genannten Voraussetzungen einen Rechtsanspruch auf Reduzierung ihrer Arbeitszeit und auf die Neuverteilung der reduzierten Arbeitszeit entsprechend ihren Wünschen. Der Arbeitgeber ist nur dann berechtigt, einen Teilzeitantrag des Beschäftigten abzulehnen, wenn betriebliche Gründe der gewünschten Teilzeitbeschäftigung entgegenstehen (§ 8 Abs. 4 Satz 1 [X.]). Lehnt der Arbeitgeber das Änderungsangebot des Beschäftigten ab, kann dieser Klage vor den Gerichten für Arbeitssachen erheben. In dem Klageverfahren prüft das Gericht, ob betriebliche Gründe iSd. § 8 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 [X.] vorliegen. Hat der Arbeitgeber die Zustimmung zu Unrecht nicht erklärt, gilt diese mit Rechtskraft des klagestattgebenden Urteils als erteilt (§ 894 Satz 1 ZPO). Wäre es dem Arbeitgeber im Nachhinein möglich, den Teilzeitarbeitsvertrag durch den Ausspruch einer Änderungskündigung unter Berufung auf die vom Gericht bereits geprüften Gründe einseitig erneut zu ändern, bestände die Gefahr, dass das Ziel des [X.], Teilzeitarbeit zu fördern, verfehlt wird. Die Rechtsposition, die der Arbeitnehmer durch die gerichtliche Entscheidung erlangt hat, würde entwertet, wenn der Arbeitgeber denselben betrieblichen Gründen, die er dem Teilzeitverlangen des Arbeitnehmers zu Unrecht entgegengehalten hat, nachträglich Geltung verschaffen könnte. Beschäftigte, die sich entschließen, ihre vertraglich festgelegte Arbeitszeit unter Inkaufnahme einer abgesenkten Vergütung zu reduzieren, sind im Regelfall aus persönlichen Gründen darauf angewiesen, ihr Teilzeitverlangen zeitnah durchzusetzen. Durch einen nachfolgenden Kündigungsschutzprozess würde die Realisierung des [X.] - nach Ablauf der Kündigungsfrist - jedenfalls in den Fällen erneut verzögert, in denen der Beschäftigte die Kündigung unter dem Vorbehalt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial gerechtfertigt ist, annimmt. Aus diesem Grunde kann der Arbeitgeber die mit der Kündigung bezweckte Änderung der Arbeitsbedingungen im Kündigungsschutzprozess grundsätzlich nur mit solchen Tatsachen rechtfertigen, die er nicht bereits dem Teilzeitverlangen des Arbeitnehmers hätte entgegenhalten können.

bb) Kommt der Änderungsvertrag, der die Verringerung und Neuverteilung der festgelegten Arbeitszeit vorsieht, nicht nach § 894 ZPO zustande, sondern im Wege der Fiktion nach § 8 Abs. 5 Satz 2 und Satz 3 [X.], gilt nichts anderes. Das [X.] regelt in § 8 Abs. 2 bis Abs. 5 ein spezielles Verfahren, das [X.]. Erörterungspflichten sowie detaillierte Frist- und Formvorschriften vorsieht. So hat der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer die von ihm gewünschte Verringerung der Arbeitszeit mit dem Ziel zu erörtern, zu einer Vereinbarung zu gelangen (§ 8 Abs. 3 Satz 1 [X.]), und Einvernehmen über die Verteilung der reduzierten Arbeitszeit zu erzielen (§ 8 Abs. 3 Satz 2 [X.]). [X.] der Arbeitgeber den Teilzeitantrag unter Berufung auf betriebliche Gründe ablehnen, hat er dies sowohl hinsichtlich der Verringerung der Arbeitszeit als auch hinsichtlich der Verteilung der reduzierten Arbeitszeit spätestens einen Monat vor dem gewünschten Beginn der Teilzeit dem Arbeitnehmer gegenüber schriftlich zu erklären (§ 8 Abs. 5 Satz 1 [X.]). Ein Arbeitgeber, der diese Obliegenheiten missachtet, darf nicht besserstehen, als ein Arbeitgeber, der seine Belange wahrnimmt, dessen Zustimmung zum Änderungsvertrag aber durch die gerichtliche Entscheidung nach § 894 Satz 1 ZPO als abgegeben gilt.

c) Die [X.] begründet die Kündigung ausschließlich mit dem Hinweis, sie wolle ihr bisheriges [X.], das die Beschäftigung von Teilzeitkräften nicht zulasse, beibehalten. Dieses [X.] hatte die [X.] bereits vor Ablauf der Zurückweisungsfrist des § 8 Abs. 5 Satz 1 [X.] dem Teilzeitverlangen der Klägerin - erfolglos - entgegenzuhalten versucht. Tatsachen, die erst nach Fristablauf bzw. dem Eintritt der Fiktion entstanden sind oder von denen sie erst später Kenntnis erlangte, hat die [X.] nicht vorgetragen; im Übrigen sind sie nicht ersichtlich.

III. Die [X.] hat die Kosten der Revision zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

        

    Brühler    

        

    Krasshöfer    

        

    Suckow     

        

        

        

    Vogg    

        

    [X.]     

                 

Meta

9 AZR 860/13

20.01.2015

Bundesarbeitsgericht 9. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Hamburg, 24. Oktober 2012, Az: 3 Ca 325/12, Urteil

§ 133 BGB, § 157 BGB, § 1 Abs 2 KJPsychTh-APrV, § 2 KSchG, § 8 TzBfG, § 894 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.01.2015, Az. 9 AZR 860/13 (REWIS RS 2015, 16925)

Papier­fundstellen: NJW 2015, 2829 REWIS RS 2015, 16925

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1 Ca 3093/08 h (Arbeitsgericht Aachen)


Referenzen
Wird zitiert von

5 Sa 77/18

5 Sa 387/17

4 Ca 1556/18

8 Sa 403/19

4 Sa 326/19

12 Sa 905/18

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