Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 27.01.2016, Az. 4 AZR 87/15

4. Senat | REWIS RS 2016, 17052

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Tenor

1. Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 14. November 2014 - 6 [X.] 1029/13 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Ansprüche des [X.] auf ein höheres Bruttoentgelt und eine weitere Abfindungszahlung.

2

Der Kläger, der nicht [X.]itglied einer [X.] ist, war seit 1984 bei der [X.] zu 1. und deren Rechtsvorgängerin in [X.] beschäftigt. Eine durch die Beklagte zu 1. geplante Betriebsschließung konnte durch Verhandlungen mit dem bei ihr bestehenden Betriebsrat und der zuständigen Industriegewerkschaft [X.]etall (IG [X.]etall) teilweise abgewendet werden. Hierzu schlossen die Beklagte zu 1. und die IG [X.]etall ua. am 4. April 2012 einen Transfer- und Sozialtarifvertrag (nachfolgend [X.]) sowie einen Ergänzungstransfer- und Sozialtarifvertrag ([X.]), dessen persönlicher Geltungsbereich diejenigen Beschäftigten erfasste, „die bis einschließlich 23.03.2012, 12.00 Uhr [X.]itglied der IG [X.]etall geworden sind“. Am gleichen Tag vereinbarten die Beklagte zu 1. und der Betriebsrat einen „Interessenausgleich“. Der Kläger schloss mit beiden [X.] einen mit Schreiben vom 4. April 2012 erhaltenen „[X.]“ (nachfolgend [X.]). Hinsichtlich des näheren Inhalts von [X.], [X.], Interessenausgleich und [X.] wird auf die Entscheidung der Vorinstanz verwiesen (sh. auch BAG 15. April 20154 [X.] - Rn. 5 bis 8).

3

[X.]it seiner Klage begehrt der Kläger Leistungen auf Grundlage des [X.]. [X.]it Ablauf des 30. April 2013 ist er bei der [X.] zu 2. ausgeschieden. Der Kläger ist der Auffassung, er könne sich neben den Bezugnahmeregelungen des [X.] auf den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz nach § 75 BetrVG stützen. Die Stichtagsregelung im [X.] sei unwirksam. Deshalb könne er die im [X.] geregelten zusätzlichen Leistungen im Wege einer „Anpassung nach oben“ verlangen. Schließlich folge sein Anspruch aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz sowie aus dem Umstand, dass es sich bei den Regelungen zur Transfergesellschaft um Betriebsnormen iSd. § 3 Abs. 2 TVG handele.

4

Der Kläger hat zuletzt beantragt:

        

1.    

die Beklagte zu 1. wird verurteilt, an ihn eine weitere Abfindung von 10.000,00 Euro brutto nebst Zinsen hieraus iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der [X.] seit dem 31. [X.]ai 2012 zu zahlen;

        

2.    

die Beklagte zu 2. wird verurteilt, an ihn 148.783,75 Euro brutto abzüglich hierauf bezahlter 84.106,61 Euro netto seit dem 1. [X.]ärz 2013 zu zahlen;

        

3.    

die Beklagte zu 2. wird verurteilt, an ihn 21.560,40 Euro brutto abzüglich bereits erhaltener [X.] Euro netto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der [X.] seit dem 30. April 2013 zu zahlen.

5

Die [X.] haben Klageabweisung beantragt.

6

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. [X.]it der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision des [X.] ist unbegründet.

8

I. Das Urteil des [X.] ist allerdings insoweit rechtsfehlerhaft und wegen eines von Amts wegen zu beachtenden Verstoßes gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu korrigieren, als es einen Anspruch des [X.] aufgrund beiderseitiger [X.] und auf Zahlung eines [X.]ruttomonatsentgelts in Höhe von [X.] des nach dem TS-TV maßgebenden [X.] abgelehnt hat.

9

1. Der [X.] nach § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist nicht nur dann verletzt, wenn einer Partei etwas zugesprochen wird, ohne dass sie dies beantragt hat, sondern auch dann, wenn ihr ein Anspruch aberkannt wird, den sie nicht zur Entscheidung gestellt hat ([X.] 24. Februar 2010 - 4 [X.] - Rn. 28; 16. Dezember 1970 - 4 [X.] - [X.]E 23, 146; [X.]GH 29. November 1990 - I ZR 45/89 - zu I 2 a der Gründe mwN).

2. Der Kläger hat in den Tatsacheninstanzen seinen Anspruch gegen die [X.]eklagten weder auf eine bei ihm bestehende [X.] nach § 3 Abs. 1 [X.] noch gegenüber der [X.]eklagten zu 2. auf eine [X.]erechnung nach [X.] 4. Abs. 1 [X.] gestützt.

a) Der Kläger hat ausgeführt, er sei nicht [X.]smitglied. Er hat weiterhin auch nicht geltend gemacht, seine Ansprüche stützten sich auf eine beiderseitige [X.]. Weiterhin hat er zur [X.]egründung der [X.] lediglich die [X.]estimmungen des [X.] herangezogen und auf dieser Grundlage ein [X.]ruttomonatsentgelt „in Höhe von 80 % seines bi[X.]erigen Gehalts“ beansprucht, weil er nicht anders „als ein organisierter Mitarbeiter“ zu behandeln sei.

b) Indem das [X.] einen Anspruch des [X.] aufgrund einer [X.] und ein anders berechnetes [X.]ruttomonatsentgelt nach dem TS-TV aberkannt hat, hat es gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO verstoßen. Das klageabweisende Urteil ist daher zu berichtigen, um eine sonst eintretende Rechtskraft ([X.] 18. Mai 2011 - 4 [X.] - Rn. 17; [X.]GH 28. Mai 1998 - I [X.] - zu [X.]) zu verhindern, ohne dass es insoweit eines förmlichen Entscheidungsausspruchs bedurfte.

II. Die Klage ist unbegründet.

1. Der Antrag zu 1. ist unbegründet. Der Kläger kann auf Grundlage der [X.]estimmungen in A 2.1. [X.] keine weitere Abfindung verlangen.

a) Er wird nicht vom persönlichen Geltungsbereich des an dieser Stelle im [X.] genannten [X.] erfasst, weil er zum maßgebenden Zeitpunkt nicht Mitglied der tarifschließenden [X.] war.

b) Die Stichtagsregelung in § 1 Abs. 2 [X.] ist wirksam. Die tarifliche [X.]estimmung verletzt weder die sog. negative Koalitionsfreiheit des [X.] noch verstößt sie gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG (dazu ausf. [X.] 15. April 2015 - 4 [X.] - Rn. 25 bis 53). Weiterhin kann sich der Kläger weder auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz ([X.]. bereits [X.] 15. April 2015 - 4 [X.] - Rn. 54 bis 58) noch auf den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz nach § 75 [X.]etrVG stützen ([X.]. hierzu [X.] 15. April 2015 - 4 [X.] - Rn. 59 bis 68). Es besteht auch kein Anspruch auf Grundlage des § 3 Abs. 2 [X.]. De[X.]alb kann es weiterhin dahinstehen, ob die Auffassung des [X.], die „Tarifvertragsparteien [hätten] in Kenntnis der Unwirksamkeit des [X.]“ den [X.] „auf die nicht organisierten Arbeitnehmer ausgedehnt“, auch nur im Ansatz zutreffend ist. Schließlich sind die Vorinstanzen zutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei den §§ 2, 3 [X.], auf die der Kläger seine Ansprüche stützt, entgegen seiner Auffassung nicht um „[X.]etriebsnormen i.S. von § 3 Abs. 2 [X.]“ handelt. Deren Voraussetzungen (ausf. [X.] 22. Februar 2012 - 4 [X.] - Rn. 32 f. mwN) liegen insoweit ersichtlich nicht vor.

2. Die weiteren Klageanträge zu 2. und 3. sind ebenfalls ohne Erfolg.

Der Kläger hat aufgrund der arbeitsvertraglichen Verweisungsregelung in [X.] 4. Abs. 2 [X.] keinen Anspruch auf eine Ergänzung der monatlichen Zahlungen zu den Mindestarbeitsbedingungen seines [X.] nach § 2 Satz 1 [X.] („monatlich 80 Prozent ihres [X.]“). Die Tarifvertragsparteien haben in § 1 Nr. 2 [X.] eine wirksame Geltungsbereichsbestimmung vereinbart ([X.] 15. April 2015 - 4 [X.] - Rn. 72 f. iVm. Rn. 25 bis 53). Weiterhin kann sich der Kläger auch insoweit weder auf den arbeitsrechtlichen noch auf den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz nach § 75 [X.]etrVG stützen ( [X.] 15. April 2015 - 4 [X.] - Rn. 74 bis 77). Gleiches gilt für § 3 Abs. 2 [X.] (unter [X.] b).

III. [X.] folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Eylert    

        

    Rinck    

        

    Treber    

        

        

        

    Klotz    

        

    Lippok    

                 

Meta

4 AZR 87/15

27.01.2016

Bundesarbeitsgericht 4. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG München, 17. Oktober 2013, Az: 17 Ca 2139/13, Urteil

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 27.01.2016, Az. 4 AZR 87/15 (REWIS RS 2016, 17052)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 17052

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