Bundesfinanzhof, Urteil vom 14.07.2010, Az. XI R 9/09

11. Senat | REWIS RS 2010, 4822

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Gegenstand

Vorsteuerberichtigungszeitraum für eine Fütterungsanlage und eine Lüftungsanlage eines Schweinestalls - "Wesentliche Bestandteile" eines Gebäudes - Scheinbestandteile - Betriebsvorrichtungen


Leitsatz

Für Betriebsvorrichtungen, die als wesentliche Bestandteile auf Dauer in ein Gebäude eingebaut wurden, gilt sowohl nach nationalem Recht wie nach Unionsrecht grundsätzlich der für Grundstücke geltende Vorsteuerberichtigungszeitraum von zehn Jahren .

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Landwirt. Bis einschließlich 1992 unterlag er mit seinen Umsätzen aus der landwirtschaftlichen Tätigkeit der [X.] nach § 24 des Umsatzsteuergesetzes (UStG). Mit Wirkung vom 1. Januar 1993 verzichtete er auf die Anwendung des § 24 UStG und wechselte zur Regelbesteuerung (§ 24 Abs. 4 UStG).

2

Der Kläger errichtete einen Schweinestall, in den er am 1. Oktober 1993 eine [X.] und eine Lüftungsanlage einbaute. Beide Anlagen wurden fest verschraubt, können aber technisch unproblematisch und zerstörungsfrei wieder ausgebaut werden.

3

Für die [X.] und die Lüftungsanlage nahm der Kläger den Vorsteuerabzug in Anspruch.

4

Mit Wirkung vom 1. Januar 1998 widerrief der Kläger seinen Wechsel zur Regelbesteuerung, sodass er ab 1998 wieder der [X.] nach § 24 UStG unterlag.

5

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) ging nach einer Außenprüfung davon aus, dass die [X.] und die Lüftungsanlage wesentliche Bestandteile des [X.] seien und deshalb gemäß § 15a Abs. 1 Satz 2 UStG für die Berichtigung des Vorsteuerabzugs an die Stelle des Zeitraums von fünf Jahren ein solcher von zehn Jahren trete. Er nahm deshalb in den [X.] für die Jahre 1999 bis 2003 (Streitjahre) vom 20. Februar 2006 Vorsteuerberichtigungen zu Lasten des [X.] für die [X.] und die Lüftungsanlage in unstreitiger Höhe vor.

6

Das Finanzgericht ([X.]) wies die nach erfolglosem Einspruch gegen diese Änderungsbescheide erhobene Klage des [X.] als unbegründet ab. Es folgte der Rechtsauffassung des [X.] und führte ergänzend aus, dem stehe das Gemeinschaftsrecht nicht entgegen.

7

Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2009, 800 abgedruckt.

8

Mit der vom [X.] zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts und wiederholt seine Auffassung, dass für die [X.] und für die Lüftungsanlage keine Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG durchzuführen sei, weil der Berichtigungszeitraum (nur) fünf Jahre betrage und deshalb am 30. September 1998 --vor Beginn der [X.] abgelaufen sei. Er trägt zur Begründung im Wesentlichen vor, die [X.] und die Lüftungsanlage seien keine wesentlichen Bestandteile des Gebäudes.

9

Im Übrigen sei fraglich, ob die [X.] und die Lüftungsanlage auch gemeinschaftsrechtlich zum "Grundstück" i.S. von Art. 20 Abs. 2 der [X.]/[X.] des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/[X.]) gehörten. Deshalb könne es sinnvoll sein, den Grundstücksbegriff für Zwecke der Vorsteuerberichtigung nach Art. 20 der Richtlinie 77/388/[X.] durch ein Vorabentscheidungsersuchen an den [X.] ([X.]) klären zu lassen.

Der Kläger beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung und der Einspruchsentscheidung vom 22. November 2007 die Umsatzsteuer für 1999 bis 2001 jeweils um ... DM, die Umsatzsteuer für 2002 um ... € und die Umsatzsteuer für 2003 um ... € herabzusetzen.

Das [X.] beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Es tritt dem Vorbringen des [X.] entgegen.

Entscheidungsgründe

I[X.] Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--).

Das [X.] hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die vom Kläger in seinen Schweinestall eingebaute [X.] und die Lüftungsanlage unterliegen jeweils einem --in den Streitjahren noch nicht abgelaufenen-- zehnjährigen Vorsteuerberichtigungszeitraum. Dies gilt sowohl nach nationalem Recht wie nach Unionsrecht.

1. Eine Änderung der für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse i.S. von § 15a Abs. 1 Satz 1 UStG liegt auch dann vor, wenn ein Land- und Forstwirt von der Regelbesteuerung zur Durchschnittssatzbesteuerung (oder umgekehrt) wechselt (vgl. Urteile des [X.] --[X.]-- vom 16. Dezember 1993 [X.], [X.], 265, [X.] 1994, 339; vom 17. Juni 2004 [X.], [X.], 549, [X.], 858, unter I[X.]3.; vom 24. November 2005 [X.], [X.], 411, [X.], 466; vom 12. Juni 2008 [X.], [X.], 106, [X.], 165).

Dies ist zu Recht zwischen den Beteiligten nicht streitig.

2. § 15a Abs. 1 Satz 1 UStG sieht für den Fall, dass sich bei einem Wirtschaftsgut die für den Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse ändern, einen Berichtigungszeitraum von fünf Jahren vor. Bei Grundstücken einschließlich ihrer wesentlichen Bestandteile tritt an die Stelle des Zeitraums von fünf Jahren ein solcher von zehn Jahren (§ 15a Abs. 1 Satz 2 UStG).

a) Das [X.] hat zu Recht entschieden, dass die [X.] und die Lüftungsanlage, die der Kläger in seinen Schweinestall eingebaut hat, jeweils wesentliche Bestandteile des Gebäudes und damit wesentliche Bestandteile seines Grundstücks sind.

aa) Zu den wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks gehören nach § 94 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) insbesondere Gebäude. Nach § 94 Abs. 2 BGB gehören zu den wesentlichen Bestandteilen eines Gebäudes die zu dessen Herstellung eingefügten Sachen.

(1) "Zur Herstellung" sind alle Teile eingefügt, ohne die das Gebäude nach der Verkehrsanschauung noch nicht fertiggestellt ist; maßgebend ist insoweit das Fertigsein des Bauwerks. Gegenstände, die lediglich der Ausstattung oder der Einrichtung des Bauwerks dienen, sind nur dann "eingefügt", wenn nach der Verkehrsanschauung erst deren Einbringung dem Gebäude eine besondere Eigenart, ein bestimmtes Gepräge gibt oder wenn sie dem Baukörper besonders angepasst sind und deshalb mit ihm eine Einheit bilden. Ob die Verhältnisse so liegen, ist nach den Anschauungen des Verkehrs über Wesen, Zweck und Beschaffenheit des Gebäudes zu beurteilen und deshalb im Wesentlichen Tatfrage, die nur nach Lage des Einzelfalls entschieden werden kann. Es kommt hierbei auf Art, Zweck und Zuschnitt des jeweiligen Gebäudes an. Eine feste Verbindung setzt das Einfügen begrifflich nicht voraus; es reicht aus, dass zwischen der Sache und dem Gebäude ein räumlicher Zusammenhang hergestellt ist (vgl. Urteil des [X.] --[X.]-- vom 1. Februar 1990 [X.], Neue Juristische [X.] Zivilrecht 1990, 586, Betriebs-Berater 1990, 1094, unter 1.a, m.w.N.).

(2) Diese Voraussetzungen sind im Streitfall gegeben.

Wie der [X.] bereits 1987 entschieden hat, muss ein für die moderne Mastgeflügelhaltung bestimmtes Stallgebäude mit einem eingebauten Heizungs- und Belüftungssystem und einer automatischen [X.] und Tränkanlage versehen sein. Diese Teile gehörten deshalb i.S. des § 94 Abs. 2 BGB zu den wesentlichen Bestandteilen des Stallgebäudes (vgl. [X.]-Beschluss vom 17. September 1987 [X.], [X.]R BGB § 94 Abs. 2 Stallgebäude 1).

Entsprechendes gilt im Streitfall für die [X.] und die Lüftungsanlage in dem vom Kläger errichteten Schweinestall. Sie geben --wie das [X.] zutreffend ausgeführt hat-- dem Schweinestall sein charakteristisches Gepräge, weil sie für die Nutzung des [X.] notwendig sind und üblicherweise in [X.] installiert werden. In dem vom [X.] in Bezug genommenen, vom Kläger vorgelegten "Kurzgutachten" heißt es hierzu u.a.: "Sowohl [X.] als auch Lüftungsanlage sind für die Nutzung 'Schweinestall' notwendig ... Für die Lüftungsanlage ist das Ergebnis ganz eindeutig: ohne diese kann der Stall überhaupt nicht genehmigt werden. Dagegen wäre die [X.] technisch-theoretisch zwar entbehrlich, aber hier kommt die Verkehrsanschauung ins Spiel: kein Landwirt baut heutzutage mehr einen Schweinestall ohne [X.]."

bb) Die Einwendungen des [X.] gegen die Annahme von wesentlichen Bestandteilen i.S. von § 94 Abs. 2 BGB greifen nicht durch.

(1) Sein Hinweis, nach § 93 Abs. 1 BGB seien nur solche Gegenstände (wesentliche) Bestandteile einer Sache, die voneinander nicht wieder getrennt werden könnten, ohne dass der eine oder andere zerstört oder in seinem Wesen verändert werde --was bei einem Ausbau der [X.] und der Lüftungsanlage nicht der Fall [X.], bleibt ohne Erfolg. Denn auf die Voraussetzungen des § 93 BGB kommt es nicht an, wenn --wie hier-- § 94 Abs. 2 BGB eingreift (vgl. [X.]-Beschluss in [X.]R BGB § 94 Abs. 2 Stallgebäude 1).

(2) Soweit der Kläger ferner ausführt, vielfach baue erst ein Mieter oder Pächter [X.] und Lüftungsanlagen in einen Schweinestall ein und auch heute noch gebe es viele Ställe ohne computergestützte [X.]n, in denen die Tiere in traditioneller Weise gefüttert würden, d.h. das Futter in [X.] erhielten, spricht dies nicht dagegen, dass ein für die moderne Schweinemasthaltung bestimmtes Stallgebäude nach heutigen Maßstäben mit einer eingebauten [X.] und Lüftungsanlage versehen sein muss.

Deshalb greift auch der Einwand des [X.] nicht durch, die Anlagen seien nicht speziell für sein Gebäude angefertigt worden, es handele sich vielmehr um Standardanlagen.

(3) Ferner verweist der Kläger ohne Erfolg auf das [X.]-Urteil vom 28. Januar 2002 [X.] (Neue Juristische Wochenschrift 2002, 1574).

Der dort entschiedene Fall betraf "[X.]" in einer Putenmastanlage, die unter Eigentumsvorbehalt an den Pächter der Anlage geliefert worden waren. Das [X.] hatte ausgeführt, die Klägerin habe ihr Eigentum an den [X.]n nicht durch Einbau in die Gebäude des [X.] verloren, weil sie nicht deren wesentliche Bestandteile nach § 94 Abs. 2 BGB geworden seien.

Der [X.] hat seinerzeit diese Wertung der Vorinstanz --die mit der Revision nicht angegriffen worden [X.] nicht beanstandet (unter [X.] der Gründe). Daraus lässt sich aber nicht herleiten, dass die vorliegend zu beurteilende [X.] und die Lüftungsanlage (ebenfalls) nicht als wesentliche Bestandteile des [X.] des [X.] anzusehen sind.

cc) Das [X.] hat auch zu Recht entschieden, dass es sich bei der [X.] und der Lüftungsanlage nicht um sog. Scheinbestandteile i.S. des § 95 Abs. 2 BGB handelt.

Nach dieser Vorschrift gehören Sachen, die nur zu einem vorübergehenden Zweck in ein Gebäude eingefügt sind, nicht zu den Bestandteilen des Gebäudes. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

(1) Eine Einfügung geschieht zu einem vorübergehenden Zweck i.S. des § 95 Abs. 2 BGB, wenn der Wegfall der Einfügung von vornherein beabsichtigt oder zu erwarten ist (vgl. MünchKommBGB/Holch, 5. Aufl., § 95 Rz 3). Es genügt nicht, dass nach den Vorstellungen der Beteiligten eine Trennung nicht ausgeschlossen ist; es kommt vielmehr auf den vom Einfügenden erwarteten normalen Lauf der Dinge an (vgl. [X.]/ Ellenberger, [X.], 69. Aufl., § 95 Rz 2, m.w.N.).

(2) Hier war der Wegfall der Einfügung der [X.] und der Lüftungsanlage nicht von vornherein beabsichtigt oder zu erwarten. Vielmehr waren diese Anlagen --wie [X.] nach heutigen Maßstäben für eine zweckentsprechende Bestimmung des Gebäudes als Schweinestall notwendig.

Der Einwand des [X.], es gebe einen Markt für gebrauchte [X.]n, [X.]n würden ausgebaut und veräußert, z.B. weil sie zu groß oder zu klein für den Tierbestand geworden seien oder weil der Nutzer modernere Anlagen einbauen wolle oder andere Fabrikate für geeigneter halte, bleibt ohne Erfolg. Denn aus dem Umstand, dass Landwirte eine in einen Schweinestall eingebaute [X.] ausbauen und veräußern, ergibt sich nicht, dass ein solcher Ausbau in der Regel von vornherein beabsichtigt oder zu erwarten ist.

b) Da es sich mithin bei der [X.] und der Lüftungsanlage um wesentliche Bestandteile des [X.] und damit des Grundstücks des [X.] handelt, greift der verlängerte Berichtigungszeitraum nach § 15a Abs. 1 Satz 2 UStG ein. Daran ändert der Umstand nichts, dass die [X.] und die Lüftungsanlage [X.] sind, nämlich Maschinen und sonstige Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (vgl. § 68 Abs. 2 [X.] des Bewertungsgesetzes).

aa) [X.] sind zwar aus ertragsteuerrechtlicher Sicht selbständige bewegliche Wirtschaftsgüter, auch wenn sie mit dem Grund und Boden fest verbunden und damit Teil des Grundstücks sind (vgl. z.B. [X.]-Urteil vom 14. März 2006 [X.]/04, [X.], 1812).

bb) Der Auffassung, [X.] seien (dementsprechend auch) im Anwendungsbereich des § 15a Abs. 1 UStG als selbständige Wirtschaftsgüter mit einem fünfjährigen Berichtigungszeitraum zu behandeln (vgl. [X.], [X.], § 192 Rz 96; [X.], Umsatzsteuer, 22. Aufl., S. 893 f.; [X.]/[X.] in [X.]/[X.]/[X.], UStG, § 15a [X.]; Wagner in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 15a [X.]), folgt der Senat aber nicht.

Denn zum einen sind ertragsteuerrechtliche Grundsätze für die Frage, ob im Rahmen einer Vorsteuerberichtigung nach § 15a Abs. 1 UStG der für Grundstücke geltende Berichtigungszeitraum anzuwenden ist, nicht maßgebend. Deshalb ist insoweit auch unerheblich, ob nach der für das Ertragsteuerrecht geltenden amtlichen Tabelle der Absetzung für Abnutzung Landwirtschaft/ Tierzucht die tatsächliche Nutzungsdauer der [X.] nur acht Jahre beträgt. Im Übrigen ist auf § 15a Abs. 2 Satz 2 UStG zu verweisen. Nach dieser Vorschrift ist eine kürzere Verwendungsdauer eines Wirtschaftsguts bei der Vorsteuerberichtigung zu berücksichtigen. Das ist u.a. dann der Fall, wenn die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer des jeweiligen Wirtschaftsguts weniger als fünf bzw. zehn Jahre beträgt (vgl. [X.]-Urteil vom 12. Mai 1993 [X.], 65/90, [X.], 152, [X.] 1993, 849, unter I[X.]3.c, m.w.N.; [X.] in [X.]/ [X.], UStG, § 15a [X.]). Im Streitfall hat der Kläger nicht geltend gemacht, dass die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer der von ihm eingebauten [X.] weniger als zehn Jahre beträgt. Hierzu hat das [X.] unwidersprochen vorgetragen, dass der Kläger die [X.] mit zehn Jahren abgeschrieben hat.

Zum anderen hat der Gesetzgeber in § 15a Abs. 1 UStG eine Differenzierung lediglich zwischen Wirtschaftsgütern (Satz 1: fünfjähriger Berichtigungszeitraum) und Grundstücken einschließlich ihrer wesentlichen Bestandteile (Satz 2: zehnjähriger Berichtigungszeitraum) vorgenommen, aber für [X.] keine gesonderte Regelung getroffen - anders als in § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG, wonach die Vermietung und die Verpachtung von [X.] nicht steuerbefreit sind, auch wenn sie wesentliche Bestandteile eines Grundstücks sind.

Deshalb gilt im Anwendungsbereich des § 15a Abs. 1 UStG für solche [X.], die wesentliche Bestandteile des Grundstücks sind, grundsätzlich der zehnjährige Berichtigungszeitraum nach § 15a Abs. 1 Satz 2 UStG (vgl. Widmann in Plückebaum/[X.]/Widmann, Umsatzsteuergesetz, Kommentar, § 15a Rz 21; Hundt-Eßwein in [X.]/Söhn/[X.], § 15a UStG Rz 34; [X.] in [X.]/[X.], a.a.[X.], § 15a [X.]; [X.] in [X.]/Metzenmacher, Umsatzsteuergesetz, § 15a [X.]; Stadie, Umsatzsteuerrecht, Rz 16.66).

c) Diese Zuordnung der [X.] und der Lüftungsanlage auf [X.] zu § 15a Abs. 1 Satz 2 UStG entspricht dem Unionsrecht.

aa) Nach Art. 20 Abs. 2 Unterabs. 1 Satz 1 der [X.]/[X.] wird für "Investitionsgüter" eine Berichtigung des ursprünglichen Vorsteuerabzugs vorgenommen, die sich auf einen Zeitraum von fünf Jahren erstreckt. Dieser Zeitraum kann nach Art. 20 Abs. 2 Unterabs. 3 der [X.]/[X.] "bei Grundstücken, die als Investitionsgüter erworben wurden", bis auf zehn Jahre --ab 1. Januar 1996 bis auf 20 Jahre (vgl. Richtlinie 95/7/[X.] vom 10. April 1995 zur Änderung der [X.]/[X.], [X.], S. 18)-- verlängert werden.

Anders als in § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG fehlt in Art. 20 Abs. 2 Unterabs. 3 der [X.]/[X.] bei den Grundstücken der Zusatz "einschließlich ihrer wesentlichen Bestandteile".

bb) Der Begriff "Grundstück" wird weder in Art. 20 noch an sonstiger Stelle der [X.]/[X.] definiert. Allerdings lässt sich aus Art. 4 Abs. 3 der [X.]/[X.] ableiten, dass Gebäude oder Gebäudeteile und der dazugehörige Grund und Boden für die Zwecke der Mehrwertsteuer nicht voneinander getrennt behandelt werden können (vgl. [X.]-Urteil vom 8. Juni 2000 Rs. [X.]/98 --Breitsohl--, Slg. 2000, [X.], Umsatzsteuer- und [X.] 2000, 302, Rz 49, 50).

Dementsprechend hat der [X.] auf den Stall eines Landwirts den für Grundstücke geltenden Berichtigungszeitraum von zehn Jahren nach § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG angewandt und hierin keinen Widerspruch zu Art. 20 Abs. 2 Unterabs. 3 der [X.]/[X.] gesehen (vgl. [X.]-Urteil in [X.], 106, [X.], 165, unter I[X.]3.b).

cc) Dass der Begriff "Grundstücke" in Art. 20 Abs. 2 Unterabs. 3 der [X.]/[X.] jedenfalls auch "auf Dauer eingebaute Vorrichtungen und Maschinen" umfasst, ergibt sich im Umkehrschluss aus Art. 13 Teil [X.]. [X.] der [X.]/[X.].

Nach dieser Bestimmung befreien die Mitgliedstaaten die Vermietung und Verpachtung "von Grundstücken mit Ausnahme ... der Vermietung von auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen".

Damit nimmt das Unionsrecht in Art. 13 Teil [X.]. [X.] der [X.]/[X.] auf Dauer eingebaute Vorrichtungen und Maschinen vom Grundstücksbegriff aus. Diese "Ausnahme" (vgl. auch Art. 13 Teil [X.]. [X.] 2 der [X.]/[X.]: "Die Mitgliedstaaten können weitere Ausnahmen vom Geltungsbereich dieser [X.] vorsehen.") ist nicht lediglich deklaratorisch, sondern konstitutiv, weil auch die in Art. 13 Teil [X.]. [X.] 1 Nr. 1, [X.] und Nr. 4 der [X.]/[X.] vorgesehenen "Ausnahmen" von der Steuerfreiheit der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken (Gewährung von Unterkunft im Hotelgewerbe, Vermietung in Ferienlagern oder auf als Campingplätze erschlossenen Grundstücken, Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen und Vermietung von Schließfächern) unzweifelhaft unter den Begriff "Vermietung von Grundstücken" fallen.

Da Art. 20 Abs. 2 Unterabs. 3 der [X.]/[X.] allgemein --und ohne Ausnahme-- von "Grundstücken, die als Investitionsgüter erworben wurden" spricht, umfasst der Grundstücksbegriff nach dieser Bestimmung auch "auf Dauer eingebaute Vorrichtungen und Maschinen", was --wie [X.] auf die [X.] und die Lüftungsanlage zutrifft.

dd) Diesem Ergebnis steht das [X.]-Urteil vom 16. Januar 2003 Rs. [X.]/00 --Maierhofer-- (Slg. 2003, [X.], [X.]/NV Beilage 2003, 104) nicht entgegen.

Nach diesem Urteil stellt die Vermietung eines Gebäudes, das aus Fertigteilen errichtet wird, die so in das Erdreich eingelassen werden, dass sie weder leicht demontiert noch leicht versetzt werden können, die Vermietung eines Grundstücks i.S. von Art. 13 Teil [X.]. b der [X.]/[X.] dar.

Daraus, dass der [X.] in diesem Urteil im Rahmen der Auslegung des Grundstücksbegriffs in Art. 13 Teil [X.]. b der [X.]/[X.] entschieden hat, dass Gebäude, die aus in das Erdreich eingelassenen Konstruktionen bestehen, (nur dann) Grundstücke i.S. dieser Bestimmung darstellen, wenn "die Konstruktionen nicht leicht demontiert und versetzt werden können" (vgl. Rz 33 des Urteils), ergibt sich nichts für die vorliegend zu entscheidende Frage, unter welchen Voraussetzungen in ein Gebäude eingebaute Anlagen zum Gebäude und damit zum Grundstück gehören.

Ob die [X.] und die Lüftungsanlage im Sinne dieser Rechtsprechung "nicht leicht demontiert und versetzt werden können", ist deshalb unerheblich.

ee) Einen Anlass für ein Vorabentscheidungsersuchen an den [X.] --wie vom Kläger angeregt-- sieht der Senat unter diesen Umständen nicht.

Meta

XI R 9/09

14.07.2010

Bundesfinanzhof 11. Senat

Urteil

vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 3. März 2009, Az: 16 K 458/07, Urteil

§ 4 Nr 12 S 2 UStG 1999, § 15a Abs 1 S 2 UStG 1999, § 15a Abs 2 S 2 UStG 1999, § 24 UStG 1999, Art 4 Abs 3 EWGRL 388/77, Art 13 Teil B Buchst b EWGRL 388/77, Art 20 Abs 2 UAbs 3 EWGRL 388/77, § 68 Abs 2 Nr 2 BewG 1991, § 93 BGB, § 94 Abs 2 BGB, § 95 Abs 2 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 14.07.2010, Az. XI R 9/09 (REWIS RS 2010, 4822)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 4822

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