Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.10.2005, Az. 5 StR 368/05

5. Strafsenat | REWIS RS 2005, 1351

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5 StR 368/05
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS vom 13. Oktober 2005 in der Strafsache gegen

wegen Steuerhinterziehung u. a.

- 2 - Der 5. Strafsenat des [X.] hat am 13. Oktober 2005 beschlossen:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 11. März 2005 nach § 349 Abs. 4 StPO mit den zugehörigen Feststellungen aufge-hoben; davon ausgenommen sind die Feststellungen zur unbeschränkten Steuerpflicht des Angeklagten im Tatzeit-raum, diese bleiben aufrechterhalten.
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

[X.]e

Das [X.] hat den Angeklagten —wegen Steuerhinterziehung in elf Fällen, davon in zwei Fällen im Versuchfi, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Revision des Angeklagten hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

- 3 - [X.] Nach den Feststellungen des [X.] hatte der Angeklagte [X.] der ab Ende der 1980er Jahre versucht hatte, in [X.] unternehmerisch tätig zu werden [X.] seinen Lebensmittelpunkt spätestens ab 1996 wieder in [X.]. In den Jahren 1996 und 1999 bis 2002 erwirtschaftete der Ange-klagte [X.] vom [X.] im Einzelnen festgestellte [X.] Umsätze und Gewinne aus seinen unternehmerischen Aktivitäten, die er nicht den Finanzbehörden offenbarte; hierdurch hinterzog er mehr als eine Millionen DM Steuern. Die Rechnungsstellung erfolgte —in vielen Fällenfi über die noch existierenden [X.] (Domizil-)Gesellschaften des Angeklagten, —obwohl er persönlich Auftragnehmer war und die Leistungen weitgehend selbst erbrachtefi. Das [X.] geht in seiner rechtlichen Würdigung von elf Fällen der Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 1 und 2 [X.] aus, wobei es in zwei Fällen beim Versuch blieb. Der Angeklagte habe für die [X.], 2000, 2001 und 2002 unzutreffende Umsatzsteuerjahreserklärungen und für die [X.], 1999, 2000, 2001 und 2002 unzutreffende Einkommensteu-ererklärungen abgegeben sowie die Abgabe der für die [X.] und 2001 erforderlichen Gewerbesteuererklärungen unterlassen.
I[X.] Die Verurteilung des Angeklagten kann keinen Bestand haben, weil das angefochtene Urteil lückenhaft ist und an durchgreifenden [X.] leidet, so dass eine revisionsgerichtliche Nachprüfung nicht möglich ist.
1. Für die Darstellung einer Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 [X.] ist es grundsätzlich erforderlich, dass das Urteil erkennen lässt, welches steuerlich erhebliche Verhalten des Angeklagten im Rahmen welcher Abga-benart und in welchem Besteuerungszeitraum zu einer Steuerverkürzung - 4 - geführt hat und welche innere Einstellung der Angeklagte dazu hatte ([X.], 200 m.w.[X.]). Dabei ist regelmäßig zunächst darzustellen, wann der Angeklagte welche Steuererklärungen abgegeben hat, und dann zu [X.], welche Umsätze oder Einkünfte er etwa verschwiegen oder welche un-berechtigten Vorsteuerabzüge oder Betriebsausgaben er etwa geltend [X.] hat (vgl. [X.]R [X.] § 370 Abs. 1 Berechnungsdarstellung 3). Der [X.] hat für jede Steuerart und jeden Besteuerungszeitraum unter [X.] so klare Feststellungen zu treffen, dass sowohl die dem Schuldspruch zugrunde liegenden Besteuerungsgrundlagen als auch die Berechnung der verkürzten Steuern der Höhe nach erkennbar werden. Eine ins Einzelne gehende Berechnungsdarstellung ist nur dann ausnahmsweise entbehrlich, wenn ein sachkundiger Angeklagter ein Geständnis abgelegt hat (st. Rspr., vgl. nur [X.], 307 m.w.[X.]). 2. Den dargelegten Anforderungen wird das angefochtene Urteil nicht gerecht.
a) Rechtlich bedenklich ist bereits die vom [X.] wiederholt verwendete Formulierung, der Angeklagte habe bestimmte Umsatz- und [X.] —nicht abgeführtfi. Die Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 [X.] ist ein Erklärungsdelikt; die bloße Nichtzahlung einer Steuer erfüllt den Tatbestand nicht (vgl. zur Strafbarkeit der Nichtentrichtung der Umsatzsteuer § 26c UStG).
b) In den Urteilsgründen fehlt jegliche Feststellung dazu, wann und für welchen Steuerpflichtigen der Angeklagte welche Steuererklärungen abge-geben hat, in denen er nach Auffassung des [X.] bestimmte Umsät-ze und Einnahmen verschwiegen hat; auch wird nicht mitgeteilt, ob und ge-gebenenfalls welche Steuerfestsetzungen aufgrund der falschen Angaben des Angeklagten erfolgt sind. Diese Feststellungen waren schon deshalb unentbehrlich, weil jede Abgabe einer unrichtigen Steuererklärung [X.] als selbständige Tat im Sinne des § 53 StGB zu werten ist (vgl. [X.] - 5 - wistra 2005, 30; 56); zudem bilden die Steuererklärungen die Grundlage für die Bestimmung der prozessualen Tat im Sinne von § 264 StPO (vgl. aber zum Verhältnis vom Umsatzsteuervoranmeldungen und Umsatzsteuerjah-reserklärung des nämlichen Jahres [X.]St 49, 359).
Vorliegend ist aus dem Urteil schon nicht erkennbar, welche konkreten Erklärungspflichten der Angeklagte nach Ansicht des [X.] verletzt hat. In Betracht kommt einerseits, dass der Angeklagte als Geschäftführer für seine inländischen Gesellschaften (jeweils) falsche Angaben über steuer-pflichtige Umsätze und Einnahmen gemacht hat, die diesen Gesellschaften zuzuordnen sind. Es liegt aber [X.] insbesondere bezüglich der Vermittlung von Titeln [X.] ebenso nicht fern, dass der Angeklagte verpflichtet war, Umsätze und Einnahmen als selbständiger Einzelunternehmer offen zu legen und [X.] Angaben insoweit falsch waren.
In Bezug auf die Einkommensteuer kommt hinzu, dass das [X.] zwar ausführt, es habe sich auf die vom Angeklagten abgegebenen Ein-kommensteuererklärungen gestützt und lediglich die Berechnungen um die zusätzlichen Einnahmen ergänzt. Mangels Mitteilung, welche Angaben der Angeklagte in diesen Steuererklärungen gemacht hat und welche Steuerfest-setzungen daraufhin erfolgt sind, lässt sich jedoch nicht überprüfen, ob die Annahme des [X.] zutrifft, dass die [X.] sich aus seiner Berechnung ergebende [X.] Zahllast mit dem tatbestandlichen Steuerschaden identisch ist. c) Darüber hinaus hat der Angeklagte nach den Urteilsgründen [X.] von ihm erbrachte Leistungen seinen Auftraggebern in Rechnung gestellt. Ausführungen dazu, dass die Rechnungen auch beglichen wurden, fehlen jedoch. Solche Feststellungen wären aber jedenfalls in den Fällen notwendig gewesen, in denen das [X.] die Rechnungssummen ein-kommensteuerlich als verdeckte Gewinnausschüttungen wertet (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 5, § 8 Abs. 1, § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG; [X.], EStG 24. Aufl. § 20 Rdn. 61). Der Umstand, dass der im Fall 3 der Urteilsgründe - 6 - der Firma [X.]in Rechnung gestellte Betrag in Höhe von 17.241 DM ersichtlich keinen Eingang in die Berechnung der hinterzogenen [X.] gefunden hat, beschwert den Angeklagten nicht.
3. Nach alledem kann das Urteil keinen Bestand haben. Allerdings hat das [X.] die Feststellungen zur Steuerpflicht des Angeklagten in [X.] im Tatzeitraum rechtsfehlerfrei getroffen; diese können daher aufrechterhalten bleiben.
Das [X.] hat mit einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung be-legt, dass der Angeklagte seinen Lebensmittelpunkt —spätestens ab 1996fi wieder in [X.] hatte und hier auch unternehmerisch tätig wurde. [X.] als die Revision meint, ist dem Urteil damit hinreichend zu entnehmen, dass der Angeklagte bereits von Beginn des Jahres 1996 wieder in [X.] wohnhaft war. Somit unterlag er ab dem Steuerjahr 1996 (wieder) der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht in [X.] (§ 1 Abs. 1 Satz 1 EStG). Er war ab diesem Zeitpunkt auch verpflichtet, eine Gewerbesteuerer-klärung (§ 14a GewStG) abzugeben und hatte die auf den erwirtschafteten Gewerbeertrag (§ 7 GewStG) entfallende Gewerbesteuer zu entrichten, so- 7 - weit er mit seinen [X.] Gewerbebetrieben (§ 2 GewStG) tätig [X.] war.
[X.] Raum Schaal

Meta

5 StR 368/05

13.10.2005

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.10.2005, Az. 5 StR 368/05 (REWIS RS 2005, 1351)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 1351

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Steuerhinterziehung: Schätzung der Besteuerungsunterlagen und Anforderungen an die Berechnungsdarstellung der hinterzogenen Steuern in den Urteilsgründen


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