Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.09.2017, Az. 1 StR 409/17

1. Strafsenat | REWIS RS 2017, 5628

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:070917B1STR409.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 409/17

vom
7. September
2017
in der Strafsache
gegen

wegen
unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer

Menge

-
2
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Der 1. Strafsenat des [X.] hat
nach Anhörung des [X.] und des [X.]

zu 1. a) und 2. auf dessen Antrag

am 7. September
2017
gemäß §
349 Abs.
2 und 4 StPO und entsprechend §
354 Abs.
1 StPO
beschlossen:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 16. Mai 2017
a) im Schuldspruch dahingehend
abgeändert, dass der Ange-klagte des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum
uner-laubten
Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht gerin-ger Menge schuldig ist,
b) im Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache
zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere Strafkammer des [X.].

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltrei-bens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel 1
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hat in dem aus der [X.] ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von §
349 Abs.
2 StPO.

1. Nach den Feststellungen reiste der Angeklagte am Abend des 23.
Oktober 2016 mit der Bahn zunächst von [X.] ([X.]) über [X.] nach [X.] und von dort aus weiter nach [X.]. [X.] kurz nachdem der Zug den [X.] verlassen hatte, war der Angeklagte im Besitz einer erheblichen Menge von Betäubungsmitteln, die er in seinem Rucksack verstaut hatte. Der Angeklagte beabsichtigte, durch die Übergabe der Betäubungsmittel an eine unbekannt gebliebene Person im Bahnhofsbereich von [X.] einen Gewinn von mindestens 2.500 Euro zu erzielen. Noch bevor es zu einer Übergabe kommen konnte, wurde er jedoch im Bereich des [X.] einer Personenkontrolle unterzogen und nach einem erfolglosen Fluchtversuch festgenommen. Hierbei wurden bei ihm große Mengen an Amphetamin, Heroin und Kokain

insgesamt des 59-fache einer nicht geringen Menge an Betäubungsmitteln

sichergestellt.

2. Die vom [X.] getroffenen Feststellungen tragen eine [X.] wegen täterschaftlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§
29a Abs. 1 Nr.
2 BtMG) nicht. Sie belegen lediglich den Tat-bestand des Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§
29a Abs.
1 Nr.
2 BtMG) in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit [X.]n in nicht geringer Menge (§
29a Abs.
1 Nr.
2 BtMG, §
27 StGB). Der [X.] ändert daher den Schuldspruch entsprechend ab. §
265 StPO steht dem nicht entgegen, da sich der geständige Angeklagte nicht anders als [X.] hätte verteidigen können. Hierzu hat der [X.] in [X.] Antragsschrift zutreffend ausgeführt:
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3
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4
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die Strafkammer nicht unternommen hat (UA S.
21), wird durch die Feststellungen nicht getragen.
a)
[X.] ist der Einlassung des Angeklagten gefolgt, er habe sich in den [X.]n wegen eigenen [X.]konsums verschuldet und deshalb Drogenfahrten durchführen 'müssen'
(UA S. 17, 19f.). So sei er aufgefordert worden, am 23.
Oktober 2016 mit einem bestimmten Zug von [X.] nach [X.] zu fahren, dort von einer [X.] Drogen zu übernehmen, diese im Zug nach [X.] zu transportieren und dort einer weiteren Person zu übergeben, von der er als Entlohnung 2.500,-
Euro erhal-ten sollte. Diesen Auftrag habe er ausgeführt bis er in [X.] in eine Polizeikontrolle geraten und festgenommen worden sei (UA S.
17). Auch insoweit ist die Kammer der Einlassung des Angeklagten gefolgt (UA S. 14
f, 19).
b)
Ob die Beteiligung am Handeltreiben mit Betäubungsmitteln als Mittäterschaft oder Beihilfe zu bewerten ist, folgt nach ständiger Rechtsprechung den allgemeinen Grundsätzen der Abgrenzung zwischen diesen beiden Beteiligungsformen. Mittäter ist, wer [X.] fördert, sondern einen eigenen Tatbeitrag derart in eine gemeinschaftliche Tat ein-fügt, dass sein Tatbeitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen [X.] erscheint. Ob ein derart enges Verhältnis des [X.] zur Tat besteht, ist nach den gesamten Umständen in wertender Betrachtung zu beurteilen, wobei wesentliche Anhaltspunkte im Grad des eigenen Interesses am [X.], dem Umfang der Tatbeteiligung, der Tatherrschaft oder je-denfalls dem Willen hierzu liegen können. Bei [X.] ist vor allem zu prüfen, welche Bedeutung der Tatbei-trag im Rahmen des [X.] hat. Mittäterschaftli-ches Handeltreiben wird daher vor allem dann in Betracht kommen, wenn der Beteiligte erhebliche, über den Transport hinausgehende Tätigkeiten entfaltet, insbesondere am An-
oder Verkauf der Betäubungsmittel unmittelbar beteiligt ist oder sonst ein eigenes Interesse am Schicksal des [X.] hat, weil er eine Beteiligung am Umsatz oder dem Gewinn erhalten soll (st.Rspr.; vgl. die Nachweise bei [X.] in Körner/[X.]/[X.] BtMG 7.
Aufl. §
29 Teil
4 Rdnr.
218).
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c)
Vorliegend ist keiner der in Betracht kommenden Anhalts-punkte für täterschaftliches Verhalten gegeben. Der Tatbei-trag des Angeklagten beschränkte sich nach den [X.] darauf, als Glied einer Lieferkette nach engen [X.] Betäubungsmittel von [X.] nach [X.] zu transportieren. Dass er mit An-
oder Verkauf der [X.] zu tun gehabt hätte, ist nicht festgestellt. Bei der Entlohnung handelte es sich um einen zwar hohen, aber der Menge der Betäubungsmittel (UA S.
15) entsprechenden Fixbetrag, der unabhängig vom Schicksal des [X.] versprochen war. Da auszuschließen ist, dass ein neuer Tatrichter Feststellungen treffen kann, die die Annah-me täterschaftlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge tragen könnten, ist der Schuldspruch insoweit auf Beihilfe umzustellen.
d)
Mit dem Wegfall der Verurteilung wegen täterschaftlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Men-ge lebt der gleichfalls verwirklichte Tatbestand des Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge im Sinne des §
29a Abs.
1 Nr.
2 BtMG wieder auf, da Beihilfe zum [X.] mit Betäubungsmitteln mit täterschaftlichem Besitz derselben gemäß §
52 StGB in Tateinheit steht (st.Rspr., vgl. nur [X.], Beschluss vom 2.
Oktober 2008

3
StR 352/08, [X.], 58; Beschluss vom 3.
Juli 2014

4
StR

3. Die Abänderung des Schuldspruchs zieht die Aufhebung des Straf-ausspruchs nach sich.

Zwar bestimmt sich der Strafrahmen auch für den geänderten Schuld-spruch im Hinblick auf den
unerlaubten
Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach §
29a Abs.
1 BtMG. Das [X.] ist jedoch bei der Strafzumessung innerhalb dieses Strafrahmens von einem zu hohen Schuld-gehalt ausgegangen. Der [X.] kann daher nicht ausschließen, dass das [X.] bei zutreffender rechtlicher Würdigung des festgestellten [X.] eine niedrigere Freiheitsstrafe verhängt hätte. Insbesondere liegt kein Fall 4
5
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6
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vor, in dem das Tatgericht die untergeordnete Rolle des Angeklagten bei dem Rauschgiftgeschäft ausdrücklich strafmildernd berücksichtigt hat (vgl. dazu [X.], Beschlüsse vom 4.
Februar 2014

3
StR 447/13, [X.], 111
und vom 4. Juli 2007

2
StR 267/07, [X.], 320). Der [X.] hebt auch die der Strafzumessung zugrunde liegenden Feststellungen auf, um dem neuen Tatrichter insoweit insgesamt widerspruchsfreie Urteilsfeststellungen zu ermöglichen.

4. Die weitergehende Revision des Angeklagten hat aus den in der An-tragsschrift des [X.] genannten Gründen keinen Erfolg.
Raum Jäger Bellay

Cirener Fischer
6

Meta

1 StR 409/17

07.09.2017

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.09.2017, Az. 1 StR 409/17 (REWIS RS 2017, 5628)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 5628

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