Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.04.2001, Az. 5 StR 68/01

5. Strafsenat | REWIS RS 2001, 2950

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.] DES [X.]/01URTEILvom 4. April 2001in der Strafsachegegenwegen Rechtsbeugung u. [X.] 2 -Der 5. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom4. April 2001, an der teilgenommen haben:Vorsitzende [X.]in [X.],[X.],[X.]in [X.],[X.]in [X.],[X.] Dr. [X.] beisitzende [X.],[X.]in am [X.] Vertreterin der [X.],[X.] Verteidigerin,Justizhauptsekretärinals Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,- 3 -für Recht erkannt:Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil [X.] vom 22. August 2000 wird verworfen.Die Kosten des Revisionsverfahrens und die der Angeklag-ten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen f[X.] [X.] zur Last.[X.] Von Rechts wegen [X.]G r ü n d eDas Landgericht hat die Angeklagte, eine frühere [X.]-[X.]in, dieseit 1990 in [X.] als (flNur-fl)Notarin tätig ist, wegen Rechtsbeugung infünf Fällen, jeweils in Tateinheit mit Freiheitsberaubung, zu einer Ge-samtfreiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt und die Vollstreckung [X.] zur Bewährung ausgesetzt. Die auf den Strafausspruch beschränkteRevision der Staatsanwaltschaft, die vom [X.] vertretenwird, bleibt letztlich ohne Erfolg.[X.] Schuldsprüche erfassen fünf in den Jahren 1982 bis 1984 in[X.] begangene Fälle der Rechtsbeugung in politischen Strafverfahrenzum Nachteil von insgesamt neun Verfolgten. In einem Fall wurden die bei-den Verfolgten durch ein unter Vorsitz der Angeklagten ergangenes Stra-furteil wegen fllandesverräterischer Nachrichtenübermittlungfl in Überdeh-- 4 -nung des § 99 [X.] zu Freiheitsstrafen von drei Jahren bzw. zwei [X.] und sechs Monaten verurteilt, die jeweils bis zur Überstellung in [X.] [X.] teilweise vollstreckt wurden. Vier Fälle betref-fen von der Angeklagten rechtsbeugerisch erlassene Haftbefehle, die für allesieben Verfolgten mehrmonatigen Freiheitsentzug nach sich zogen.Die Angeklagte, die die Taten eingestanden und bedauert hat, [X.] Eröffnung des Hauptverfahrens vor Beginn der [X.] Vermittlung ihrer Verteidigerin Geldbeträge von 9.000 DM für eine [X.] der Verfolgten und von 21.000 DM zugunsten ge-meinnütziger Organisationen bereit. Das hat die Strafkammer bei Anwen-dung des als milder bewerteten Rechts der Bundesrepublik [X.] zueiner Strafrahmenverschiebung nach § 46a Nr. 1, § 49 Abs. 1 StGB veran-laßt, in deren Folge die Einzelstrafen und auch die Gesamtstrafe unter [X.] von einem Jahr Freiheitsstrafe bemessen werden konnten. Ein [X.] hätte nach § 47 Nr. 4, § 49 BNotO i.[X.]. § 24Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] zwingend das Erlöschen des [X.] zur Folge gehabt. Die [X.] wird von der Staatsan-waltschaft mit der Sachrüge beanstandet.II.Im Ergebnis beanstandet der Senat die außergewöhnlich milde Be-strafung der Angeklagten nicht.1. Er stimmt allerdings mit der beschwerdeführenden Staatsanwalt-schaft darin überein, daß gegen die Anwendung des § 46a Nr. 1 StGB aufdas Rechtspflegedelikt des § 339 StGB Bedenken bestehen. Zwar wird inder Norm [X.] nicht anders als in § 244 [X.] [X.] auch auf eine rechtsbeu-gerische Benachteiligung von als Parteien geschützten Individualpersonenabgestellt. Geschütztes Rechtsgut ist indes die Rechtspflege; ein Schutz für- 5 -die benachteiligten rechtsunterworfenen Bürger erfolgt nur mittelbar, alsflReflexwirkungfl der Norm (vgl. BGHSt 40, 272, 275; Tröndle/[X.], [X.]. § 339 Rdn. 2). Danach neigt der Senat dazu, § 46a Nr. 1 StGB[X.] nicht anders als bei Steuerdelikten ([X.], 22 m.w.N.) [X.] aufDelikte der Rechtsbeugung für unanwendbar zu [X.] Die Frage bedarf indes keiner abschließenden Entscheidung. [X.] ist nämlich an Besonderheiten des Einzelfallesausgerichtet und insoweit im Ergebnis vertretbar.a) Einsicht und Wiedergutmachungsleistungen der Angeklagten ge-statteten es hier ausnahmsweise, auf eine leichtere als die in§ 244 [X.] vorgesehene Strafart der (nicht aussetzungsfähigen) Frei-heitsstrafe, mithin gemäß § 33 [X.] auf [X.] zur Bewährungflzu erkennen. Diese Möglichkeit eröffnen § 25 Nr. 1 und [X.] (in der zur [X.] geltenden Fassung; entsprechend § 25 Abs. 1 Nr. 1 und [X.] i.d.[X.] vom 14. Dezember 1988, GBl. I[X.]9 S. 335, bzw. § 25 Abs. 1 [X.] i.d.F. des 6. [X.]-Strafrechts-änderungsgesetzes vom 29. Juni 1990, GBl. I [X.]9 S. 526), § 62 Abs. 2i.[X.]. Abs. 1 [X.]. Unter dieser besonderen Voraussetzung erweistsich im Blick auf die hiernach mögliche Höhe der [X.] (§ 33 Abs. 2 Satz 2 und Satz 3 [X.]) unterhalb der Min-deststrafe des § 339 StGB das Recht der [X.] [X.] abweichend von der Regel(BGHSt 41, 247, 277) [X.] als milder (§ 2 Abs. 3 StGB, Art. 315 Abs. 1EGStGB).b) Der Senat hat allerdings zum Ausdruck gebracht, daß in [X.] hier vorliegenden Art eine derartige Strafzumessung nach dem Rechtder [X.] regelmäßig nicht in Betracht kommt (BGHR StGB § 339 [X.] Staats-anwalt 2 m.w.N.). Die Besonderheiten des vorliegenden Falles lassen eineAusnahme von dieser Regel hier jedoch zu.- 6 -aa) Die Angeklagte hat durch eine jahrelange tadellose [X.] ihre Lösung aus ihrer früheren Verstrickung in ein staatli-ches Unrechtssystem unter Beweis stellen können. Hierin liegt ein für dieBeurteilung ihrer Person und ihrer Vergangenheit bedeutsamer Umstand(vgl. [X.] - Kammer - NJW 2001, 670, 673). Vor diesem Hintergrund wäreein Strafausspruch, der eine Entfernung der Angeklagten aus dem [X.] nach sich zöge, mit anerkannten Strafzwecken schwer vereinbar.bb) Gleichwohl wäre allein deshalb eine Strafrahmenverschiebungnach Ausnahmevorschriften des [X.]-Strafrechts angesichts der Schwereder abgeurteilten Taten nach der Spruchpraxis des Senats noch nicht in [X.] gekommen. Hier kommt indes ein weiterer außergewöhnlicher Um-stand hinzu, der den Fall von den mit Systemwechsel und Zeitablauf [X.] Besonderheiten von Fällen der vorliegenden Art noch weiterge-hend abhebt:Nach Eröffnung des Hauptverfahrens durch das Oberlandesgerichtin der Beschwerdeinstanz am 24. Juli 2000 verblieben letztlich nur wenigeWochen bis zum Eintritt der absoluten Verjährung mit Ablauf des2. Oktober 2000 (vgl. Art. 315a Abs. 2 EGStGB). Gleichwohl hat sich [X.] in der Hauptverhandlung am 22. August 2000 in weitestem Ma-ße geständig gezeigt und damit einen zügigen Verfahrensabschluß vor [X.] der Verjährung ermöglicht. Auch hat sie schon vor der [X.] ihr zugute gehaltenen Wiedergutmachungsbemühungen in die Wegegeleitet. Darin liegen besonders aussagekräftige Indizien für die Unrecht-seinsicht und den [X.] der Angeklagten. Zumal vor dem Hinter-grund ihrer individuell außergewöhnlich hohen Belastung durch den zwin-genden [X.] für den Fall der Verhängung der [X.] dies im Ergebnis die getroffene Rechtsfolgenentscheidung. In-soweit hebt sich der Fall von [X.] bislang vom Senat getroffenen Entschei-dungen zu dieser Fallgruppe [X.] -3. Der Tatrichter hat die entsprechende Milderung nach dem Straf-recht der [X.] selbst nicht erörtert. Der Senat schließt indes aus, daß er [X.] der hier möglichen und gebotenen Verurteilung auf Bewährung [X.] des Strafrechts der [X.] eine andere [X.] etwa gar geringere [X.]([X.] als neun Monate festgesetzt hätte. Auf [X.] dieser Bewertung gelangt der Senat letztlich zur Verwerfung [X.]. Einer Umstellung des Rechtsfolgenausspruchs [X.] (Haupt-)Strafestatt Gesamtfreiheitsstrafe und Verurteilung auf Bewährung unter [X.] Freiheitsstrafe statt Verhängung einer Freiheitsstrafe mit Aussetzung derVollstreckung zur Bewährung [X.] bedarf es, auch zugunsten der Angeklagten(§ 301 StPO), im Blick auf die Gleichsetzung bezüglich der Vollstreckung(vgl. Art. 315 Abs. 3 EGStGB) nicht.[X.] Basdorf TepperwienGerhardt Brause

Meta

5 StR 68/01

04.04.2001

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.04.2001, Az. 5 StR 68/01 (REWIS RS 2001, 2950)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2001, 2950

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.