Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.08.2017, Az. VII ZR 5/17

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 5894

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:[X.]:2017:310817UVIIZR5.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
VII ZR 5/17
Verkündet am:

31. August 2017

Mohr,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB § 633 Abs. 2 Satz 1, § 157 Gd

a)
Ob die Parteien eines Werkvertrags eine Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne des § 633 Abs. 2 Satz 1 BGB getroffen und welche Beschaffenheit sie gegebe-nenfalls vereinbart haben, ist durch Auslegung des Werkvertrags zu ermitteln.

b)
Bei der Auslegung im
Hinblick auf eine etwaige Beschaffenheitsvereinbarung ist die berechtigte Erwartung des Bestellers an die Werkleistung von Bedeutung (An-schluss an [X.], Urteil vom 26. April 2007
VII
ZR
210/05, [X.], 1407, 1409 = NZBau 2007, 507 Rn. 23).

[X.], Urteil vom 31. August 2017 -
VII ZR 5/17 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-

Der VII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 31.
August 2017 durch [X.]
Eick, die Richter [X.], Dr.
Kartzke und Prof. Dr. Jurgeleit und die Richterin Sacher
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Grund-
und Teilurteil des 8.
Zivilsenats des [X.] vom 8.
Dezember 2016 insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Beklagten entschieden worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung restlichen [X.] für Malerarbeiten in Anspruch.
Der Beklagte erwog, in der Produktionshalle einer Großbäckerei in [X.] Malerarbeiten vornehmen zu lassen. Die Klägerin legte dort eine ca. 20
m² gro-ße [X.] an, wobei sie diese Fläche reinigte, vorbereitete und strich. 1
2
-
3
-

Nach dieser Behandlung sah die [X.] schneeweiß aus. Nach Besichti-gung der [X.] erteilte der Beklagte der Klägerin den Auftrag bezüglich der Malerarbeiten in dieser Produktionshalle.
Die Arbeiten wurden zunächst bis April 2012 bei laufendem Betrieb der Bäckerei teilweise ausgeführt. Es kam zu Differenzen zwischen den Parteien und zu einer Arbeitspause bis zum Dezember 2012. Bei Wiederaufnahme der Arbeiten Anfang Dezember 2012 rügte der Beklagte einen bereits vergilbten und fleckigen Zustand der bearbeiteten Flächen. Die Parteien hoben das [X.] vor Fertigstellung aller Leistungen einvernehmlich auf. Der [X.] verweigerte die Abnahme der klägerischen Werkleistung wegen der Ver-gilbung und begehrt Mangelbeseitigung.
Unter dem 18.
Dezember 2012 stellte die Klägerin ihre Schlussrechnung mit einem Gesamtbetrag von 47.325,51

e-rücksichtigung einer Abschlagszahlung des Beklagten in Höhe von 17.850

Restbetrag in Höhe von 29.475,51

Das Landgericht hat die auf Zahlung restlichen [X.] sowie auf Er-stattung vorgerichtlicher Anwaltskosten gerichtete Klage als derzeit unbegrün-det abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht das
Urteil des [X.] teilweise abgeändert und die [X.] dem Grunde nach für gerechtfertigt erachtet.
Die Revision hat das Berufungsgericht nicht zugelassen. Der [X.] hat auf die Beschwerde des Beklagten die Revision zugelassen, soweit zum Nach-teil des Beklagten entschieden worden ist.
3
4
5
6
-
4
-

Mit der Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des Urteils des [X.].
Entscheidungsgründe:
Die Revision des Beklagten führt im angefochtenen Umfang zur Aufhe-bung des Berufungsurteils und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Das Berufungsgericht führt, soweit für die Revision von Bedeutung, im Wesentlichen Folgendes aus:
Die Berufung des Beklagten habe in der Sache insoweit Erfolg, als fest-zustellen gewesen sei, dass die Klage hinsichtlich des auf Zahlung von Rest-werklohn gerichteten Klageantrags dem Grunde nach gerechtfertigt sei.
Die Klägerin habe gegen den Beklagten einen fälligen Anspruch auf [X.] restlichen [X.] gemäß §
631 Abs.
1 BGB.
Zwischen den Parteien sei durch mündliche Auftragserteilung ein Werk-vertrag über die Erbringung von Malerarbeiten in der Produktionshalle des [X.]n zustande gekommen.
Die Klägerin habe im Rahmen des ihr erteilten Auftrags Malerarbeiten erbracht. Diese seien nicht vollständig fertiggestellt worden, weil das Vertrags-verhältnis Anfang Dezember 2012 von den Parteien einvernehmlich -
mit Wir-kung für die Zukunft
-
beendet worden sei.
7
8
9
10
11
12
13
-
5
-

Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung restlichen [X.] sei fällig. Für die Fälligkeit der Vergütung sei grundsätzlich die Abnahme der Werkleis-tung des Auftragnehmers erforderlich. Dies gelte auch für den Fall einer [X.] Vertragsbeendigung. Der Beklagte habe eine Abnahme des Werks aus-drücklich verweigert. Auch eine konkludente Abnahme komme deshalb nicht in Betracht. Die [X.] sei allerdings zu Unrecht erfolgt, so dass die [X.] gleichwohl eingetreten seien.
Nach dem Ergebnis der in erster Instanz durchgeführten Beweisaufnah-me sowie der ergänzenden Anhörung des Sachverständigen E. durch das Be-rufungsgericht sei das Werk der Klägerin abnahmefähig.
Welche Beschaffenheit eines Werks die Parteien vereinbart haben, er-gebe sich aus der Auslegung des Werkvertrags. Zur vereinbarten Beschaffen-heit im Sinne des §
633 Abs.
2 Satz
1 BGB gehörten alle Eigenschaften des Werks, die nach der Vereinbarung der Parteien den vertraglich geschuldeten Erfolg herbeiführen sollen. Im Streitfall entspreche das Werk der Klägerin der vertraglich vereinbarten Beschaffenheit. Es sei funktionstauglich.
Die Ausführung der Arbeiten durch die Klägerin sei nach den anerkann-ten Regeln der Technik erfolgt. Hinweise auf [X.] hätten sich nach dem Ergebnis der ergänzenden Anhörung des Sachverständigen E. nicht ergeben.
Die eingeschränkte Farbstabilität der verwendeten Farben stelle keinen zur [X.] berechtigenden Mangel dar. Die von der Klägerin eingesetzten Farben seien für den Einsatz in einer Großbäckerei nicht ungeeig-net. Eine dauerhafte Farbstabilität sei bei weißen und hochweißen Farbtönen 14
15
16
17
18
-
6
-

nach den ergänzenden Ausführungen des Sachverständigen E. im Termin der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht nicht realisierbar. Der Sachverständige E. habe unter anderem ausgeführt, dass es für die Vergilbung und den Vergilbungsgrad, insbesondere für Anstriche in Großbäckereien, keine technischen Regelwerke gebe; der Vergilbungsprozess hänge unter anderem von den Einsatzbedingungen der Farben ab. Auch eine Verkehrsüblichkeit gebe es
insoweit nicht.
Ein Mangel der Werkleistung liege auch nicht darin begründet, dass die verwendete Farbe nach Ablauf eines halben Jahres nicht mehr dem Farbton der [X.] nach deren Anlegung entsprochen habe. Ob die Eigenschaften der [X.] als vereinbarte Beschaffenheit der Werkleistung gälten, sei unerheblich, da auch die [X.] nach Ablauf eines halben Jahres keine anderen Eigenschaften aufweise als die übrigen von der Klägerin behandelten Flächen. Durch die Anlegung einer [X.] habe die Klägerin keine Ge-währ dafür übernommen, dass deren Eigenschaften dauerhaft oder für einen bestimmten Zeitraum erhalten blieben. Da es in Bezug auf die Farbstabilität keine übliche Beschaffenheit gebe, wie der Sachverständige E. nachvollziehbar ausgeführt habe, könne die Farbstabilität weder als zugesicherte Eigenschaft noch als Beschaffenheitsvereinbarung gelten.
II.
Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Mit der vom [X.] gegebenen Begründung kann die [X.] nicht dem Grunde nach für gerechtfertigt erachtet werden.

19
20
-
7
-

1. Für die Revisionsinstanz ist mangels gegenteiliger Feststellungen des Berufungsgerichts von Folgendem auszugehen: Die Parteien haben für die von der Klägerin durchzuführenden Malerarbeiten in der
Produktionshalle denjeni-gen [X.] vereinbart, den die [X.] zum Zeitpunkt der Besichti-gung aufwies; die Parteien haben weder vor noch bei Vertragsschluss über eine mögliche Vergilbung des [X.] gesprochen; der Beklagte hat bei [X.] nicht über besonderes Wissen bezüglich der Vergilbung von [X.]en verfügt.
2.
a) Nach § 633 Abs. 2 Satz 1 BGB ist ein Werk mangelhaft, wenn es die vereinbarte Beschaffenheit nicht hat. Unter der Beschaffenheit des Werks sind insbesondere
alle dem Werk unmittelbar und jedenfalls für eine gewisse Zeit anhaftenden physischen Merkmale zu verstehen (vgl. [X.]/[X.], 6. Aufl., § 633 Rn. 10; [X.]/[X.]/Drossart, [X.] Baurecht, 2. Aufl., § 633 BGB Rn. 19). Zur vereinbarten Beschaffenheit ge-hören alle Eigenschaften des Werks, die nach der Vereinbarung der Parteien den vertraglich geschuldeten Erfolg herbeiführen sollen ([X.], Urteil vom 8. Mai 2014
-
VII [X.], [X.]Z 201, 148 Rn. 14; Urteil vom 29. September 2011

VII
ZR
87/11, [X.]
2012, 115 Rn.
11 = NZBau
2011, 746; Urteil vom 8.
November 2007

VII
ZR
183/05, [X.]Z 174, 110 Rn. 15). Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung kann auch die Farbe eines Anstrichs (vgl. [X.], Urteil vom 17. Februar 2010

VIII [X.], NJW-RR
2010, 1289, zum [X.]) sowie die Farbstabilität für einen bestimmten Zeitraum sein.
Eine Beschaffenheitsvereinbarung kann ausdrücklich oder durch schlüs-siges Verhalten getroffen werden (vgl. [X.], Urteil vom 9.
Juli 2002

X
ZR
242/99, [X.], 611, 612, juris Rn. 11, zu § 633 BGB a.F.). Ob die 21
22
23
-
8
-

Parteien eines Werkvertrags eine Beschaffenheitsvereinbarung getroffen und welche Beschaffenheit sie gegebenenfalls vereinbart haben, ist durch Ausle-gung des Werkvertrags zu ermitteln (vgl. [X.], Urteil vom 8.
Mai 2014

VII
ZR
203/11, [X.]Z 201, 148 Rn. 14 m.w.[X.]).
Die Auslegung von Willenserklärungen ist grundsätzlich Angelegenheit des Tatrichters. Eine revisionsrechtliche Überprüfung findet allerdings dahin statt, ob Verstöße gegen gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Ausle-gungsgrundsätze, sonstige Erfahrungssätze oder Denkgesetze vorliegen oder ob die Auslegung auf Verfahrensfehlern beruht ([X.], Urteil vom 22. Dezember 2011

VII ZR 67/11, [X.]Z 192, 172 Rn. 12 m.w.[X.]). Zu den anerkannten Aus-legungsgrundsätzen zählt der Grundsatz der beiderseits interessengerechten Vertragsauslegung (vgl. [X.], Urteil vom 5.
März 2015
IX
ZR
133/14, [X.]Z
204, 231 Rn.
21; Versäumnisurteil vom 22.
Januar 2015
VII
ZR
87/14, NJW
2015, 1107 Rn.
14).
b) Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe hält die vom Berufungsge-richt vorgenommene Auslegung des Werkvertrags der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Auslegungsergebnis des Berufungsgerichts, wo-nach hinsichtlich der Farbstabilität des [X.] keine (konkludente) Be-schaffenheitsvereinbarung zustande gekommen ist, beruht auf einem Verstoß gegen den Grundsatz der beiderseits interessengerechten Vertragsauslegung. Bei der Auslegung im Hinblick auf eine etwaige Beschaffenheitsvereinbarung ist die berechtigte Erwartung des Bestellers an die Werkleistung von Bedeutung (vgl. [X.], Urteil vom 26. April 2007

VII ZR 210/05, [X.], 1407, 1409 = NZBau 2007, 507 Rn. 23). Der Beklagte durfte mangels Erörterung des [X.] vor oder bei Vertragsschluss und
mangels besonderen Fachwis-24
25
-
9
-

sens zu dieser Problematik angesichts der beträchtlichen Kosten der [X.] die berechtigte Erwartung hegen, dass der nach der Besichtigung der [X.] festgelegte [X.]

übliche Reinigung vorausgesetzt

nicht bereits nach weniger als einem Jahr mehr als nur unwesentlich vergilben wür-de. Diesen für eine beiderseits interessengerechte Vertragsauslegung bedeut-samen Gesichtspunkt hat das Berufungsgericht nicht hinreichend gewürdigt.
3. Das Berufungsurteil kann danach, soweit zum Nachteil des Beklagten entschieden worden ist, keinen Bestand haben. Es ist insoweit aufzuheben. Der [X.] kann mangels hinreichender Feststellungen in der Sache nicht selbst entscheiden, § 563 Abs. 3 ZPO. Insbesondere hat das Berufungsgericht nicht geklärt, ob und gegebenenfalls wie die Klägerin vor oder bei Vertragsschluss auf das Risiko der Vergilbung des [X.] hingewiesen hat und wie sich der Beklagte hierzu gegebenenfalls geäußert hat.
26
-
10
-

4. Die Sache ist deshalb im Umfang der vorstehend genannten Aufhe-bung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Eick

[X.]

Kartzke

Jurgeleit

Sacher
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 24.09.2015 -
8 [X.]/13 -

OLG [X.], Entscheidung vom 08.12.2016 -
8 [X.] -

27

Meta

VII ZR 5/17

31.08.2017

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.08.2017, Az. VII ZR 5/17 (REWIS RS 2017, 5894)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 5894

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

VII ZR 5/17 (Bundesgerichtshof)

Werkvertrag über Malerarbeiten: Auslegung des Vertrages im Hinblick auf eine etwaige Beschaffenheitsvereinbarung


VII ZR 183/05 (Bundesgerichtshof)


11 U 106/15 (Oberlandesgericht Köln)


VII ZR 87/11 (Bundesgerichtshof)

Sachmängelhaftung beim Werkvertrag: Abweichung des Werks von der vereinbarten Beschaffenheit; Beweislast des Werkunternehmers bei behaupteter …


VII ZR 87/11 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

VII ZR 5/17

VII ZR 203/11

VIII ZR 70/07

VII ZR 67/11

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.