Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 28.11.2019, Az. 7 C 2/18

7. Senat | REWIS RS 2019, 1040

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Gegenstand

Keine Klagebefugnis eines Lärmbetroffenen für eine Klage gegen Lärmaktionsplan


Leitsatz

Die Klage eines Lärmbetroffenen gegen einen Lärmaktionsplan ist mangels Klagebefugnis unzulässig.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen den [X.] - vom 5. Mai 2014. Ihr zu Wohnzwecken und beruflich genutztes Grundstück liegt in der [X.] 1 sowie in der [X.] gemäß der Verordnung über die Festsetzung des [X.] für den [X.] vom 30. September 2011.

2

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Klage auf Änderung, hilfsweise auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des [X.] mit Urteil vom 26. Oktober 2017 mangels Klagebefugnis als unzulässig abgewiesen. Eine auch dem Schutz der Klägerin dienende Norm, die einen Anspruch auf Überprüfung und Ergänzung eines [X.] begründe, könne weder aus dem nationalen Recht noch aus dem Unionsrecht hergeleitet werden.

3

Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Verwaltungsgerichtshof wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Revision der Klägerin, zu deren Begründung sie ausführt: Der Verwaltungsgerichtshof habe überzogene Anforderungen an das Vorliegen einer Klagebefugnis im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO gestellt. Die Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] zur effektiven Durchsetzung von Umweltrichtlinien, die auch auf den Schutz der Gesundheit zielten, sowie die in der [X.] vorgesehenen Rechte auf Zugang zu einer gerichtlichen Kontrolle erforderten eine Modifizierung der strengen Schutznormtheorie hin zu einer normativen Interessentenklage. Für die [X.]ung könne nichts anderes gelten als für die Luftreinhalteplanung, bei der Klagerechte sowohl für einzelne Betroffene als auch für Umweltverbände bereits anerkannt seien. Ungeachtet dessen folge ihre Klagebefugnis aus der in der [X.] und in § 47d Abs. 3 BImSchG vorgesehenen Öffentlichkeitsbeteiligung bei der Aufstellung des [X.], mit der ein Anspruch auf gerichtliche Überprüfung des "Produkts" einhergehe. Der [X.] sei rechtswidrig. Er beruhe nicht auf strategischen Lärmkarten, sondern auf Lärmschutzbereichen, die sich auf das prognostizierte Verkehrsaufkommen für den [X.] 2020 bezögen. Auch die Grenzen des in § 47d BImSchG eröffneten Ermessens- und Planungsspielraums seien nicht berücksichtigt worden.

4

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des [X.] vom 26. Oktober 2017 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, den [X.] - vom 5. Mai 2014 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu fassen,

hilfsweise,

festzustellen, dass der [X.] - vom 5. Mai 2014 rechtswidrig ist.

5

Der Beklagte und die Beigeladene beantragen jeweils,

die Revision zurückzuweisen.

6

Sie verteidigen das angefochtene Urteil und führen ergänzend aus, dass die Klage jedenfalls unbegründet sei.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision ist nicht begründet und deshalb zurückzuweisen (§ 144 Abs. 2 VwGO). Das angefochtene Urteil verstößt nicht gegen [X.] (§ 137 Abs. 1 VwGO). In Einklang mit [X.]undesrecht hat der Verwaltungsgerichtshof die Klage wegen Unzulässigkeit zurückgewiesen.

8

1. Der Verwaltungsgerichtshof ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Klage in ihrem Hauptantrag als allgemeine Leistungsklage statthaft ist. Die Rechtsprechung des Senats zum Anspruch auf Änderung eines Luftreinhalteplans ([X.]VerwG, Urteil vom 5. September 2013 - 7 C 21.12 - [X.]VerwGE 147, 312 Rn. 18) ist auf einen Lärmaktionsplan übertragbar, der ebenfalls mangels Außenwirkung gegenüber [X.] keine Verwaltungsaktqualität hat. Auch scheidet eine Normenkontrolle nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO aus. [X.] sind nur verwaltungsintern bindend und folglich keine im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften.

9

In Einklang mit [X.]undesrecht hat der Verwaltungsgerichtshof die in § 42 Abs. 2 VwGO normierte Sachurteilsvoraussetzung der Klagebefugnis entsprechend auch auf die allgemeine Leistungsklage angewendet (stRspr; etwa [X.]VerwG, Urteil vom 5. September 2013 - 7 C 21.12 - [X.]VerwGE 147, 312 Rn. 18) und festgestellt, dass der Klägerin die Klagebefugnis fehlt.

a) Die Klage ist nicht nach § 42 Abs. 2 Halbs. 1 VwGO aufgrund gesetzlicher [X.]estimmung ohne Geltendmachung einer Rechtsverletzung zulässig.

Diese Öffnungsklausel muss durch eine Entscheidung des zuständigen Normgebers umgesetzt werden. Neben [X.]estimmungen des [X.]undes- und des Landesrechts können auch Vorschriften des [X.]srechts als andere gesetzliche Regelung eigenständige, von materiellen [X.]erechtigungen losgelöste Klagerechte vermitteln.

Eine besondere Klagebefugnis im Sinne von § 42 Abs. 2 Halbs. 1 VwGO, mit der eine objektive Rechtskontrolle ermöglicht wird, ist im nationalen Recht nur in eng begrenzten [X.]ereichen normiert worden (vgl. [X.]VerwG, Urteil vom 5. September 2013 - 7 C 21.12 - [X.]VerwGE 147, 312 Rn. 25 ff.). Die vorhandenen, der Durchsetzung umweltrechtlicher [X.]elange dienenden [X.]estimmungen sind nicht einschlägig. Das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz - UmwRG - privilegiert nur die Verbandsklage. § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwRG befreit allein nach § 3 UmwRG anerkannte Vereinigungen, nicht aber sonstige Kläger von der Geltendmachung einer Verletzung in eigenen Rechten.

Auch auf Art. 9 Abs. 3 der [X.] - [X.] - kann die Klägerin sich nicht berufen. Diese Norm ist nicht unmittelbar anwendbar. Nach Art. 9 Abs. 3 [X.] stellt jede Vertragspartei sicher, dass Mitglieder der Öffentlichkeit, sofern sie etwaige in ihrem innerstaatlichen Recht festgelegte Kriterien erfüllen, Zugang zu verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Verfahren haben, um die von Privatpersonen und [X.]ehörden vorgenommenen Handlungen und begangenen Unterlassungen anzufechten, die gegen umweltbezogene [X.]estimmungen ihres innerstaatlichen Rechts verstoßen. Die Vorschrift enthält indes keine unbedingte und hinreichend genaue Verpflichtung, die die rechtliche Situation Einzelner unmittelbar regeln könnte. Da nur "Mitglieder der Öffentlichkeit, sofern sie etwaige (im) innerstaatlichen Recht festgelegte Kriterien erfüllen", Inhaber der in Art. 9 Abs. 3 [X.] vorgesehenen Rechte sind, hängen die Durchführung und die Wirkungen dieser Vorschrift vom Erlass eines weiteren Rechtsakts ab (vgl. [X.], Urteile vom 8. März 2011 - [X.]/09 [[X.]:[X.]:[X.]], [X.] [X.]raunbär I - Rn. 45 f. und vom 20. Dezember 2017 - [X.]/15 [[X.]:[X.]:[X.]], Protect - Rn. 45; [X.]VerwG, Urteil vom 5. September 2013 - 7 C 21.12 - [X.]VerwGE 147, 312 Rn. 21, 37).

[X.]ei der hiernach gebotenen gesetzlichen Festlegung von Kriterien, nach denen ein Mitglied der Öffentlichkeit Zugang zu gerichtlichen Überprüfungsverfahren hat, kommt den Mitgliedstaaten ein Gestaltungsspielraum zu. Er ist zwar insoweit eingeschränkt, als Art. 9 Abs. 3 [X.] i.V.m. Art. 47 der [X.] die Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, einen wirksamen gerichtlichen Schutz der durch das Recht der [X.] garantierten Rechte, insbesondere der Vorschriften des Umweltrechts, zu gewährleisten ([X.], Urteil vom 20. Dezember 2017 - [X.]/15 - Rn. 45, 47). Das schließt aber auch in diesem [X.] die Entscheidung für das in Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 1 [X.] ausdrücklich neben der Interessentenklage aufgeführte Regelungsmodell der dem Individualrechtsschutz dienenden Verletztenklage, das in der Rechtsprechung des [X.] nicht infrage gestellt wird (siehe [X.], Urteile vom 12. Mai 2011 - [X.]/09 [[X.]:[X.]:C:2011:289], [X.] - Rn. 38 ff., 44 ff., vom 16. April 2015 - [X.]/13 [[X.]:[X.]:C:2015:231], [X.] - Rn. 32 ff. und vom 15. Oktober 2015 - [X.]/14 [[X.]:[X.]:[X.]], Kommission/[X.] - Rn. 32 f.), nicht aus. Eine auch dem Individualkläger offenstehende [X.] fordert das [X.]srecht nicht. Die gebotene Effektivität des Rechtsschutzes bei der Rüge der Verletzung von Vorschriften des Umweltrechts ist in dieser Situation in erster Linie durch die Ausgestaltung der verfahrensrechtlichen Stellung der Umweltverbände sicherzustellen, denen schon nach Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 3 Satz 2 und 3 [X.] eine besondere Rolle zugewiesen ist ([X.], Urteile vom 8. November 2016 - C-243/15 [[X.]:[X.]:C:2016:838], [X.] [X.]raunbär II - Rn. 58 f. und vom 20. Dezember 2017 - [X.]/15 - Rn. 47).

b) Die Klägerin ist auch nicht nach § 42 Abs. 2 Halbs. 2 VwGO klagebefugt. Die Klagebefugnis nach dieser Vorschrift fehlt, wenn die vom Kläger geltend gemachte Rechtsposition offensichtlich und eindeutig nach keiner [X.]etrachtungsweise bestehen oder ihm zustehen kann (vgl. [X.]VerwG, Urteil vom 20. Oktober 2016 - 2 A 2.14 - [X.]VerwGE 156, 193 Rn. 16). So liegt es hier. Eine auch dem Schutz der Klägerin dienende Rechtsposition, die ihr einen Anspruch auf Überprüfung und Änderung bzw. Ergänzung des [X.] vermittelt, lässt sich weder aus nationalen noch aus unionsrechtlichen [X.]estimmungen herleiten.

aa) Der Verwaltungsgerichtshof hat zu Recht angenommen, dass sich eine Klagebefugnis nicht aus § 47d Abs. 6 i.V.m. § 47 Abs. 6 [X.] ergibt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] gewähren die §§ 47a ff. [X.], die der Umsetzung der Richtlinie 2002/49/[X.] und des Rates vom 25. Juni 2002 über die [X.]ewertung und [X.]ekämpfung von Umgebungslärm (A[X.]l. [X.] L 189 [X.]2 - [X.]) dienen, einzelnen Immissionsbetroffenen keine Schutzansprüche, sondern begründen lediglich Pflichten der zuständigen [X.]ehörde zur Erarbeitung von Lärmkarten und Aufstellung von [X.]n (vgl. [X.]VerwG, Urteile vom 14. April 2010 - 9 A 43.08 - [X.] 406.25 § 41 [X.] Nr. 56 Rn. 46, vom 10. Oktober 2012 - 9 A 20.11 - [X.] 407.4 § 17 [X.] Nr. 229 Rn. 30, vom 12. November 2014 - 4 C 34.13 - [X.]VerwGE 150, 294 Rn. 22 und vom 18. Dezember 2014 - 4 C 35.13 - [X.] 442.42 § 27a [X.] Nr. 8 Rn. 56; [X.]eschlüsse vom 31. Mai 2018 - 4 [X.] 7.18 - juris Rn. 27 und vom 7. Januar 2019 - 7 [X.] 16.18 - juris Rn. 12). Nach § 47d Abs. 6 i.V.m. § 47 Abs. 6 Satz 2 [X.] sind planungsrechtliche Festlegungen in den Plänen von den zuständigen Planungsträgern bei ihren Planungen zu berücksichtigen. Daraus folgt nur, dass die in einem Lärmaktionsplan enthaltenen Festlegungen als objektive [X.]elange der Lärmbetroffenheit in die fachplanerische Abwägung einzustellen sind. Dass Teile des [X.] damit zum [X.] gehören, verleiht [X.] aber keine subjektive Rechtsposition im Zusammenhang mit der Lärmaktionsplanung.

bb) Ein [X.] Anspruch auf Überprüfung und Änderung des [X.] folgt auch nicht aus [X.]srecht. Die Klägerin kann eine Klagebefugnis weder unmittelbar aus der [X.] herleiten noch ist eine richtlinienkonforme Auslegung von § 47d [X.] geboten.

Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] können sich unmittelbar betroffene Einzelne auf unbedingte und hinreichend genaue [X.]estimmungen einer Richtlinie berufen (vgl. [X.], Urteile vom 25. Juli 2008 - [X.]/07 [[X.]:[X.]:[X.]], [X.] - Rn. 36, vom 26. Juni 2019 - [X.]/17 [[X.]:[X.]:C:2019:533], [X.] - Rn. 42 und vom 3. Oktober 2019 - [X.]/18 [[X.]:[X.]:C:2019:824], [X.]. [X.]urgenland - Rn. 32, 70). Eine Regelung ist in diesem Sinne unbedingt, wenn sie eine Verpflichtung begründet, die weder an eine [X.]edingung geknüpft ist noch zu ihrer Erfüllung oder Wirksamkeit einer Maßnahme der [X.]sorgane oder der Mitgliedstaaten bedarf (stRspr; vgl. [X.], Urteil vom 16. Juli 2015 - [X.]/14 u.a. [[X.]:[X.]:C:2015:496], [X.] - Rn. 48 f.). Ist den Mitgliedstaaten bei der Erfüllung einer solchen Verpflichtung Ermessen eingeräumt, muss sich die gerichtliche Kontrolle auch auf die Frage erstrecken, ob die [X.]ehörden die der Ausübung dieses Ermessens gesetzten Grenzen nicht überschritten haben (vgl. [X.], Urteil vom 3. Oktober 2019 - [X.]/18 - Rn. 70, 72).

Der [X.] ist eine diesen Anforderungen genügende [X.]estimmung nicht zu entnehmen. Zwar zielt die Richtlinie im Interesse eines hohen Gesundheits- und Umweltschutzniveaus auf die Festlegung eines gemeinsamen Konzepts, um schädliche Auswirkungen einschließlich [X.]elästigungen durch Umgebungslärm zu verhindern, ihnen vorzubeugen oder sie zu mindern, und verpflichtet die Mitgliedstaaten zu diesem Zweck zur Ermittlung der Lärmbelastung anhand von Lärmkarten sowie zur Aufstellung von [X.]n (vgl. Erwägungsgründe Nr. 1 und 7 und Art. 1 Abs. 1, Art. 7 und 8).

Die normativen Vorgaben für die Ausgestaltung des [X.] sind jedoch in [X.]ezug auf die Erreichung der von der Richtlinie verfolgten Zielsetzung, die mit dem [X.] auch auf ein Individualrechtsgut gerichtet ist, nicht hinreichend konkret; diese Zielsetzung verdichtet sich nicht zu einem subjektiven Anspruch des [X.]etroffenen.

Nach Art. 3 [X.]uchst. t der [X.] ist ein Aktionsplan ein Plan zur Regelung von Lärmproblemen und von Lärmauswirkungen, erforderlichenfalls einschließlich der Lärmminderung. Die inhaltlichen Mindestanforderungen ergeben sich aus Art. 8 Abs. 4 i.V.m. Anhang V der [X.]. Der in [X.] umschriebene zwingende Inhalt eines [X.] belegt zunächst, dass die [X.] keinen rein maßnahmenbezogenen Ansatz verfolgt. In seinem beschreibenden Teil dient der Lärmaktionsplan der [X.]estandsaufnahme der Lärmbelastung in der Europäischen [X.]. Soweit im folgenden normativen Teil die [X.]enennung von bereits vorhandenen oder geplanten Maßnahmen zur Lärmminderung und der Maßnahmen, die die zuständigen [X.]ehörden für die nächsten fünf Jahre geplant haben, gefordert wird, fehlt für den näheren Inhalt dieser Maßnahmen, die in [X.] lediglich beispielhaft aufgeführt werden, jegliche verbindliche Vorgabe. Sie sind nicht auf ein konkretes Lärmminderungsziel ausgerichtet, das zu einem festgesetzten Stichtag erreicht werden muss, und auf diese Weise Art. 8 Abs. 4 der [X.] individualrechtsschützenden Charakter für Lärmbetroffene verleihen könnte. So gibt die [X.] keine Grenz- oder Zielwerte für Lärmbelastungen vor; der Hinweis auf die geltenden Grenzwerte gemäß Art. 5 der [X.] in [X.] 4. Spiegelstrich ist insoweit unbeachtlich, als in Art. 5 Abs. 4 lediglich auf mitgliedstaatliche Grenzwerte [X.]ezug genommen wird. Die [X.] normiert folglich keine konkrete, auf die Erreichung eines festgelegten Ergebnisses bezogene Handlungspflicht. Damit unterscheidet sich die [X.] schon insoweit grundlegend von den [X.] (Richtlinie 96/62/[X.] vom 27. September 1996 über die [X.]eurteilung und die Kontrolle der Luftqualität und Richtlinie 2008/50/[X.] und des Rates vom 21. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft für [X.] ) und der Richtlinie 91/676/EWG des Rates vom 12. Dezember 1991 zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigungen durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen - Nitratrichtlinie - (A[X.]l. [X.], [X.]), die nach der Rechtsprechung des [X.] (Urteile vom 25. Juli 2008 - [X.]/07 - Rn. 39, vom 26. Juni 2019 - [X.]/17 - Rn. 42 f. und vom 3. Oktober 2019 - [X.]/18 - Rn. 35, 38) den [X.]etroffenen subjektive Rechte vermitteln.

Eine subjektive Rechtsposition wird dem [X.]etroffenen aber auch dann nicht gewährt, wenn man das Fehlen unionsrechtlicher Grenzwerte wegen des von der [X.] verfolgten Regelungskonzepts für allein nicht ausschlaggebend ansehen und darauf abstellen wollte, dass das [X.]srecht sich - auch unter [X.]erücksichtigung des Subsidiaritätsgrundsatzes des Art. 5 [X.]V - inhaltlich zurücknimmt und sich einer Ergänzung durch das nationale Recht öffnet, indem Art. 8 Abs. 1 Unterabs. 2 Satz 1 der [X.] ausdrücklich auf von den Mitgliedstaaten erlassene Grenzwerte (Art. 3 [X.]uchst. s der Richtlinie) verweist. Auch aus dieser Vorschrift folgt keine hinreichend klare Verpflichtung, auf die sich die [X.]etroffenen berufen könnten.

Nach Art. 8 Abs. 1 Unterabs. 2 Satz 1 der [X.] sind die in den Plänen genannten Maßnahmen in das Ermessen der zuständigen [X.]ehörden gestellt, sollen aber insbesondere auf die Prioritäten eingehen, die sich gegebenenfalls aus der Überschreitung relevanter Grenzwerte oder aufgrund anderer von den Mitgliedstaaten festgelegter Kriterien ergeben. Die hier maßgeblichen Grenzwerte folgen aus § 14 i.V.m. § 2 Abs. 2 des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm - [X.] -; sie bestimmen unter Verwertung lärmmedizinischer Erkenntnisse die fachplanerische Zumutbarkeitsschwelle und weisen insoweit den [X.] auf ([X.]VerwG, Urteil vom 4. April 2012 - 4 C 8.09 u.a. - [X.]VerwGE 142, 234 Rn. 180 ff.). Auch bei Überschreitung dieser Werte, von der die Klägerin aufgrund der Lage ihres Wohnhauses betroffen ist, trifft die zuständige Stelle keine strikte Handlungsverpflichtung. Ihr ist weiterhin bei der Wahl der in den Lärmaktionsplan aufzunehmenden Maßnahmen Ermessen, d.h. eine behördliche Gestaltungsfreiheit eröffnet. Eine solche Regelung steht der Annahme einer schutzfähigen Rechtsposition zwar nicht von vornherein entgegen ([X.], Urteil vom 3. Oktober 2019 - [X.]/18 - Rn. 72). Das Maß der rechtlichen Steuerung beim Gebrauch des der [X.]ehörde zugebilligten Entscheidungsspielraums ist aber so gering, dass ein subjektives Recht auf Überprüfung des normativen Teils des [X.] nicht vermittelt wird. [X.]ei dem hier allein streitigen "Wie", d.h. der Ausgestaltung des [X.], geht es um eine planerische Abwägung. Sie setzt in [X.]ezug auf mögliche Maßnahmen, bei denen das Ausmaß der Zielerreichung von der Richtlinie nicht vorgegeben ist, zunächst eine Prioritätensetzung voraus, wobei die Kriterien nicht abschließend benannt werden und normative Vorgaben für deren Gewichtung fehlen. Auch wenn sich die Weite möglicher Kriterien bei einer Lärmaktionsplanung, die sich wie hier auf die mit dem [X.]etrieb eines Flughafens zusammenhängende Lärmproblematik beschränkt, verengt, ist letztlich nur die Orientierung am Ziel einer Lärmminderung durch auch langfristig wirkende Maßnahmen im Rahmen eines Managementansatzes vorgegeben. Angesichts dieser nur rudimentären rechtlichen [X.]indungen für die planerische [X.]ewältigung einer Problemlage, die ein komplexes Interessengeflecht - gegebenenfalls auch im Sinne einer gerechten "[X.]" - berücksichtigen muss, fehlt es an klaren und präzisen rechtlichen Verpflichtungen im Sinne der Rechtsprechung des [X.], die Voraussetzung für einen Individualrechtsschutz sind.

Eine Klagebefugnis lässt sich entgegen der Auffassung der Klägerin nicht aus Art. 8 Abs. 7 der [X.] herleiten. Die dort vorgesehene Möglichkeit der rechtzeitigen und effektiven Mitwirkung an der Ausarbeitung der Pläne eröffnet keinen Anspruch auf Überprüfung des [X.]. Art. 8 Abs. 7 der [X.] gibt kein konkretes Ziel zum Schutz der unmittelbar [X.]etroffenen vor, zu dessen Erreichung die Pläne aufgestellt oder Maßnahmen ergriffen werden müssen.

Auch Art. 9 der [X.] vermittelt keine Klagebefugnis zur Überprüfung der Rechtskonformität des [X.]. Die Pflicht zur proaktiven Information der Öffentlichkeit begründet keine Klagebefugnis für ein Verfahren auf objektive Rechtmäßigkeitskontrolle des [X.], sondern nur einen Anspruch auf Information.

Entgegen der Auffassung der Klägerin liegt auch kein Fall des Art. 9 Abs. 2 [X.] vor. Danach müssen Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit unter den dort bestimmten [X.]edingungen Zugang zu einem gerichtlichen Überprüfungsverfahren für die von Art. 6 [X.] umfassten Handlungen haben. Nach Art. 6 Abs. 1 [X.]uchst. a und b [X.] besteht bei den in [X.] aufgeführten geplanten Tätigkeiten sowie bei geplanten Tätigkeiten, die erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben können, eine Pflicht zur Öffentlichkeitsbeteiligung. [X.]eides ist hier nicht der Fall. Vor diesem Hintergrund ist die Entscheidung des [X.] vom 8. November 2016 in der Rechtssache C-243/15 (Rn. 56 f.) nicht einschlägig. Dort ging es um ein Projekt, das unter Art. 6 Abs. 3 der [X.] und mithin auch unter Art. 6 Abs. 1 [X.]uchst. b [X.] fiel.

Im Hinblick auf die sonstigen [X.] der Revision, insbesondere sei der Planungsspielraum unterschritten oder Vorschläge aus Öffentlichkeitsbeteiligung seien nicht berücksichtigt worden, fehlt es an Vorgaben in der [X.]. Die Revision macht vielmehr Verstöße gegen [X.] Planungs- und Verwaltungsrecht geltend.

2. Schließlich hat der Verwaltungsgerichtshof die hilfsweise erhobene Feststellungsklage mangels möglicherweise betroffenen subjektiven öffentlichen Rechts als unzulässig angesehen. Hiergegen ist nichts zu erinnern.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.

Meta

7 C 2/18

28.11.2019

Bundesverwaltungsgericht 7. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend Hessischer Verwaltungsgerichtshof, 26. Oktober 2017, Az: 9 C 873/15.T, Urteil

§ 47 Abs 6 BImSchG, § 47d Abs 1 S 3 BImSchG, § 47 Abs 6 BImSchG, § 42 Abs 2 Halbs 1 VwGO, § 42 Abs 2 Halbs 2 VwGO, Art 9 Abs 2 AarhusÜbk, Art 9 Abs 3 AarhusÜbk, Art 8 EGRL 49/2002

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 28.11.2019, Az. 7 C 2/18 (REWIS RS 2019, 1040)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 1040

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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