Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.08.2008, Az. VII ZB 3/08

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 2384

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BUNDESGERICHTSHOF [X.]/08 vom 14. August 2008 In dem Zwangsvollstreckungsverfahren

Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja ZPO § 240 Auch das Verfahren über eine Vollstreckungsabwehrklage wird nach § 240 ZPO un-terbrochen. [X.], Beschluss vom 14. August 2008 - [X.]/08 - [X.]. - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 14. August 2008 durch [X.] und [X.], [X.], [X.] und [X.] beschlossen: [X.] der Schuldner gegen den Beschluss der 52. Zivilkammer des [X.] vom 7. November 2007 wird zurückgewiesen. Die Schuldner tragen die Kosten des [X.]. Gründe: [X.] hat keinen Erfolg. 1 I. Die Gläubigerin, die [X.], betrieb aus einem notariellen Schuldaner-kenntnis der Schuldner die Zwangsvollstreckung. Sie erwirkte am 14. Juni 2006 einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, mit dem angebliche Forderun-gen der Schuldner gegen die Drittschuldnerin gepfändet wurden. 2 Auf die Vollstreckungsabwehrklage der Schuldner erging am 29. Juni 2007 ein gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbares Urteil des [X.] - 3 - [X.], durch das die Zwangsvollstreckung der [X.] aus dem notariellen Schuldanerkenntnis für unwirksam erklärt worden ist. 4 Am 19. Juli 2007 wurde der [X.] in dem Insolvenzantragsverfahren über ihr Vermögen gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 2 [X.] ein allgemeines Verfügungs-verbot auferlegt und die Verfügungsbefugnis dem Beschwerdegegner als vor-läufigem Insol[X.] übertragen. In Unkenntnis dieser Anordnung wurde das Urteil des Landge[X.] vom 29. Juni 2007 mit einem [X.] versehen. Das Vollstreckungsgericht hat aus diesem Grund den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 14. Juni 2006 am 16. Oktober 2007 aufgeho-ben. Das [X.] hat auf die Beschwerde diesen Beschluss aufgehoben und angeordnet, dass die Zwangsvollstreckung aus dem Pfändungs- und Über-weisungsbeschluss nur gegen Sicherheitsleistung fortgesetzt werden darf. [X.] diesen Beschluss wenden sich die Schuldner mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde, mit der sie die Wiederherstellung des Beschlusses vom 16. Oktober 2007 erreichen wollen. [X.] Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, das Urteil des Landge[X.] vom 29. Juni 2007 sei nicht rechtskräftig. Vor Ablauf der Berufungsfrist sei das Verfahren gemäß § 240 ZPO unterbrochen worden. Der [X.] habe keine Bindungswirkung. Eine Sicherheitsleistung sei von den Schuldnern nicht erbracht worden. Für eine Aufhebung des Pfändungs- und Überweisungs-beschlusses bestehe keine Rechtsgrundlage. 5 - 4 - I[X.] 6 [X.] meint, das Verfahren der Vollstreckungsabwehr-klage sei nicht gemäß § 240 ZPO unterbrochen worden, weil diese Norm im Zwangsvollstreckungsverfahren nicht anwendbar sei. Die Vollstreckungsab-wehrklage gehöre zur Zwangsvollstreckung. Wäre es anders, so hätte der In-sol[X.] es in der Hand, aus dem Vollstreckungstitel vorzugehen und durch Untätigkeit die Rechtskraft des Urteils, mit dem die Zwangsvollstreckung aus dem Titel für unzulässig erklärt wird, zu verhindern. Der Schuldner habe keine Möglichkeit, die Aufnahme des Verfahrens zu bewirken. IV. Damit dringt die Rechtsbeschwerde nicht durch. 7 1. Allerdings ist die Rechtsbeschwerde zulässig. Es ist davon auszuge-hen, dass sie fristgerecht erhoben worden ist. Der Anwalt der [X.] hat erklärt, er könne nicht mehr feststellen, wann ihm die formlos übersandte Entscheidung des [X.]s zugegangen ist. Diese Erklärung genügt unter den gegebenen Umständen. Es bedarf deshalb keiner Klärung, ob der Lauf der Beschwerdefrist mit dem tatsächlichen Zugang des formlos übersandten [X.] begann (vgl. dazu [X.], Beschluss vom 26. November 2002 - [X.], NJW 2003, 1192, 1193). 8 2. [X.] ist jedoch unbegründet. Zutreffend hat das Be-schwerdegericht entschieden, dass das Verfahren über die Vollstreckungsab-wehrklage gemäß § 240 ZPO unterbrochen worden und der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss nicht aufzuheben ist. 9 - 5 - a) Das Verfahren über die Vollstreckungsabwehrklage ist ein Verfahren im Sinne des § 240 ZPO. Darunter fallen nach der systematischen Stellung des § 240 ZPO im "Buch 1. Allgemeine Vorschriften" alle rechtshängigen zivilrecht-lichen Streitverfahren, soweit sie aufgrund ihrer Eigenart nicht ausgenommen sind oder es spezielle Regelungen gibt (vgl. [X.], Beschluss vom 28. März 2007 - [X.] ZB 25/05, [X.] 172, 16, 18). 10 [X.]) Das Verfahren der Vollstreckungsabwehrklage hat keine Eigenarten, die es rechtfertigen würden, § 240 ZPO nicht anzuwenden. Es handelt sich um ein Erkenntnisverfahren, das aufgrund einer Klage eingeleitet wird, mit der die Vollstreckungsfähigkeit des titulierten Anspruchs beseitigt werden soll. Es [X.] nur Einwendungen gegen den titulierten Anspruch vorgebracht werden ([X.], Urteil vom 14. Mai 1992 - [X.] ZR 204/90, [X.] 118, 229, 235). Das Ver-fahren der Vollstreckungsabwehrklage steht sonstigen Erkenntnisverfahren gleich, auf die § 240 ZPO anzuwenden ist. Wie bei allen Erkenntnisverfahren besteht ein Bedürfnis für eine Unterbrechung des Verfahrens im Falle der Eröff-nung des Insolvenzverfahrens oder des Übergangs der Verwaltungs- und [X.] auf einen vorläufigen Insol[X.]. Die Unterbrechung gibt dem (vorläufigen) Insol[X.] die notwendige Gelegenheit zur [X.], ob und wie er das Verfahren weiterbetreibt. 11 [X.]) Das ist anders bei Maßnahmen der Zwangsvollstreckung, zu denen die Vollstreckungsabwehrklage nicht gehört. Der [X.] hat entschieden, dass die Eigenart des [X.] und die speziellen Regelun-gen der §§ 88 ff. [X.] eine Anwendung des § 240 ZPO auf das Zwangsvollstre-ckungsverfahren in Bezug auf Pfändungsmaßnahmen und auf das Verfahren zur Erteilung der Vollstreckungsklausel verbieten ([X.], Beschluss vom 28. März 2007 - [X.] ZB 25/05, [X.] 172, 16, 18; Beschluss vom 12. Dezember 2007 - [X.] ZB 108/06, [X.], 918). Eine Überlegungsfrist für den Insol-12 - 6 - [X.] ist in diesen Verfahren nicht erforderlich und würde dem Zweck der Zwangsvollstreckung widersprechen, eine möglichst rasche Befriedigung zu erlangen. Diese Gründe können nicht herangezogen werden, die Nichtanwen-dung des § 240 ZPO im Verfahren der Vollstreckungsabwehrklage zu [X.]. 13 b) [X.] ist die Auffassung der Beschwerde, die Anwendung des § 240 ZPO würde den Kläger im Verfahren über die Vollstreckungsabwehrklage unbillig benachteiligen, weil er keine Möglichkeit habe, den Rechtsstreit in an-gemessener Frist fortzusetzen. [X.]) Das Verfahren ist unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenz-verfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet ist, § 240 ZPO. Wird ein Verfahren über die Vollstreckungsabwehrkla-ge des Schuldners durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Ver-mögen des beklagten Gläubigers oder durch Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis dieser [X.] auf einen vorläufigen Insol[X.] un-terbrochen, so kann die Aufnahme des Verfahrens nach § 85 [X.] bewirkt wer-den. Es ist anerkannt, dass für den Insolvenzschuldner geführte [X.] über das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen im Sinne des § 85 Abs. 1 [X.] auch dann vorliegen können, wenn der Insolvenzschuldner nicht Kläger, sondern Beklagter des Rechtsstreits ist. Maßgebend ist nicht die [X.]-rolle, sondern der materielle Inhalt des Begehrens, das darin bestehen muss, ein Recht zugunsten der späteren Teilungsmasse in Anspruch zu nehmen (vgl. [X.], Urteil vom 27. März 1995 - [X.], NJW 1995, 1750; [X.], Kommentar zur [X.], 12. Aufl., § 85 Rdn. 47). Das geschieht, wenn sich der Beklagte gegen eine Vollstreckungsabwehrklage verteidigt. Ähnlich wie die [X.] Feststellungsklage (vgl. dazu [X.], 277, 278) ist die [X.] sachlich kein Angriffs-, sondern ein Abwehrmittel. Der Kläger er-14 - 7 - hebt mit der Klage keine Ansprüche, sondern materielle Einwendungen gegen den titulierten Anspruch. Der Beklagte verteidigt diesen Anspruch und damit die Vollstreckungsfähigkeit des Titels. Er will damit die Grundlage für die Fortset-zung der Vollstreckung schaffen, mit der der (späteren) Teilungsmasse durch die Zwangsvollstreckung weitere Vermögenswerte zufließen können. Dies rechtfertigt es, ihn in der aktiven Rolle zu sehen, die die Anwendung des § 85 [X.] voraussetzt (vgl. auch Windel in Jaeger, [X.], § 85 Rdn. 117; [X.], [X.]O.). [X.]) § 85 [X.] ist, anders als die Beschwerde meint, auch dann sinnvoll anwendbar, wenn die Unterbrechung nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils eingetreten ist, ohne dass bereits Berufung eingelegt worden ist. Zwar kann der Gegner den Insol[X.] nicht zwingen, eine Berufung einzulegen. Er kann ihn jedoch in entsprechender Anwendung des § 239 Abs. 2 ZPO durch das erstinstanzliche Gericht zur Aufnahme des Rechtsstreits laden lassen (vgl. [X.], Urteil vom 21. Januar 1960 - [X.]I ZR 198/59, [X.] 1960, 121; Urteil vom 8. Januar 1962 - [X.] ZR 65/61, [X.] 36, 258, 264; Windel in Jaeger, [X.], § 85 Rdn. 156; [X.], [X.], § 85 Rdn. 65; MünchKomm[X.]-Schumacher, § 85 Rdn. 41; [X.]/[X.], ZPO, 26. Aufl., § 239 Rdn. 16). Dieses Verfahren führt zur Klärung, ob das Verfahren vom Insol[X.] aufgenommen wird. Ist das der Fall, ist die Unterbrechung beendet, so dass die Berufungsfrist von neuem zu laufen beginnt, § 249 Abs. 1 ZPO. Lehnt der Verwalter die Aufnahme ab, kann der Gegner den Rechtsstreit selbst aufnehmen (§ 85 Abs. 2 [X.]). 15 Der nur vorläufige Insol[X.] kann allerdings die Aufnahme we-der ablehnen noch zu ihr geladen werden, da § 24 Abs. 2 [X.] weder auf § 85 Abs. 2 [X.] noch auf § 85 Abs. 1 Satz 2 [X.] verweist. In diesem Fall ist es dem Gegner zuzumuten, die nur vorübergehende Dauer des Insolvenzeröff-nungsverfahrens abzuwarten, falls der vorläufige Insol[X.] die [X.] - 8 - nahme nicht erklärt. Wird die Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgelehnt, ist das Insolvenzverfahren beendet und ebenso die Unterbrechung des Verfah-rens, § 240 ZPO. Wird es dagegen eröffnet, hat der Gegner die oben beschrie-benen Möglichkeiten gegenüber dem Insol[X.]. 17 c) Da das Verfahren der Vollstreckungsabwehrklage gemäß § 240 ZPO unterbrochen war, hörte der Lauf der Berufungsfrist auf, § 249 Abs. 1 ZPO. Das die Zwangsvollstreckung für unzulässig erklärende Urteil wurde nicht rechtskräf-tig, so dass für eine Aufhebung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses keine Grundlage besteht. Zutreffend hat das [X.] entschieden, dass der [X.] daran nichts ändert. Er hat keine konstitutive Wirkung. Dressler [X.] [X.] Eick [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 16.10.2007 - 81a M 20586/06 - [X.], Entscheidung vom 07.11.2007 - 52 T 97/07 -

Meta

VII ZB 3/08

14.08.2008

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.08.2008, Az. VII ZB 3/08 (REWIS RS 2008, 2384)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 2384

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