Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.05.2016, Az. XI ZR 46/14

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 11675

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:100516BXIZR46.14.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI [X.]

vom

10. Mai 2016

in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO § 240, § 767, § 794 Abs. 1 Nr. 5, § 797
[X.] § 85, § 86, § 180 Abs. 2, § 184
Zu der Frage, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen der Kläger befugt ist, ein Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren aufzunehmen, das durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen unterbrochen worden ist und mit dem sich der Kläger gegen die Abweisung einer Vollstreckungsabwehrklage gegen die Zwangsvollstreckung aus einer notariellen Urkunde wendet, die sowohl eine Grund-schuldbestellung als auch die Übernahme der persönlichen Haftung für die Zahlung eines Geldbetrages in Höhe der Grundschuld, jeweils nebst Vollstreckungsunterwer-fungserklärung, enthält.
[X.], Beschluss vom 10. Mai 2016 -
XI [X.] -
OLG Brandenburg

LG [X.] (Oder)

-
2
-
Der XI.
Zivilsenat des [X.] hat am 10.
Mai 2016 durch [X.]
Ellenberger, [X.]
Grüneberg sowie die Richterinnen Dr.
Menges,
Dr.
Derstadt
und Dr. Dauber

beschlossen:
Das Verfahren ist weiterhin unterbrochen.

Gründe:
I.
Der Kläger wendet sich mit der Vollstreckungsabwehrklage gegen die Zwangsvollstreckung aus einer notariellen Urkunde.
In dieser Urkunde vom 21.
November 1995 bestellte der Kläger zur Besi-cherung eines von der Beklagten gewährten Darlehens zu deren Gunsten eine Grundschuld in Höhe von 2.300.000
DM nebst Zinsen und Nebenleistung an einem in seinem Eigentum stehenden Grundstück und unterwarf sich wegen des Anspruchs aus der Grundschuld nebst Zinsen und Nebenleistung der sofor-tigen Zwangsvollstreckung in das Grundeigentum. Ferner übernahm der Kläger in der Urkunde die persönliche Haftung für die Zahlung eines Geldbetrages in Höhe der Grundschuld und unterwarf sich insoweit der sofortigen [X.] in sein gesamtes Vermögen.
[X.] erklärte die Beklagte die außerordentliche und fristlose Kündigung sämtlicher Darlehen, die sie dem Kläger gewährt hatte. Ferner er-wirkte sie auf der Grundlage der notariellen Urkunde vom 21.
November 1995 1
2
3
-
3
-
einen Pfändungs-
und Überweisungsbeschluss, mit dem die Ansprüche des [X.] aus seinen Geschäftsverbindungen zu vier Kreditinstituten gepfändet wurden.
Mit der Klage begehrt der Kläger, die Zwangsvollstreckung aus der [X.] Urkunde vom 21.
November 1995 für unzulässig zu erklären. Das Land-gericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des [X.] hat das [X.] zurückgewiesen.
Das beim Senat anhängige Verfahren über die Beschwerde des [X.] gegen die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht ist gemäß §
240 ZPO unterbrochen worden, da das Amtsgericht [X.]
(Oder) durch Beschluss vom 29.
Oktober 2014 das Insolvenzverfahren über das Vermögen des [X.] eröffnet hat.
Die Insolvenzverwalterin hat unter dem 14.
April 2015 mitgeteilt, dass sie den Rechtsstreit nicht aufnehme. Mit Schriftsatz vom 22.
April 2015 hat der Kläger die Aufnahme des Rechtsstreits erklärt.

II.
Das Verfahren ist durch die Erklärung des [X.] nicht wirksam [X.] worden und daher weiterhin unterbrochen.
1. Über einen Zwischenstreit über die Wirksamkeit der von dem Kläger erklärten Aufnahme ist im Beschwerdeverfahren entsprechend §
303 ZPO durch Beschluss zu entscheiden (vgl. [X.],
Beschluss vom 31.
Oktober 2012

III
ZR
204/12, [X.]Z 195, 233 Rn.
5 mwN). Hier ist eine solche Entscheidung erforderlich, da der Kläger an seiner Auffassung, er habe das Verfahren wirk-4
5
6
7
8
-
4
-
sam aufgenommen, festhält, obwohl er darauf hingewiesen worden ist, dass dies nicht der Fall sei (vgl. [X.] ZPO/[X.], ZPO,
Stand 1.
März 2016,
§
239 Rn.
20).
2. Das Verfahren ist mit der Erklärung des [X.] vom 22.
April 2015 nicht wirksam aufgenommen worden.
a) Der Kläger konnte
den Rechtsstreit nicht gemäß §
85 Abs.
2 [X.] aufnehmen, da es sich bei der Vollstreckungsabwehrklage gegen die Vollstre-ckung aus der notariellen Urkunde
vom 21.
November 1995 nicht um eine Rechtsstreitigkeit über das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen handelt, die für den Kläger anhängig ist (vgl. [X.], Beschlüsse vom 10.
Oktober 1973

VIII
ZR
9/72, NJW 1973, 2065 und vom 14.
August 2008

VII
ZB
3/08, [X.], 1941 Rn.
14; [X.]/Windel, [X.], 2007, §
85 Rn.
117). Für die Einord-nung als Aktivprozess im Sinne von §
85 Abs.
1 Satz
1 [X.] kommt es nicht auf die Parteirolle des Schuldners, sondern auf das materielle Begehren an, also darauf, ob ein Vermögensrecht für den Schuldner und damit zu Gunsten der späteren Teilungsmasse in Anspruch genommen
wird (vgl. [X.], Urteil vom 27.
März 1995

II
ZR
140/93, [X.], 643
f.; [X.], Beschlüsse vom
14.
August 2008

VII
ZB
3/08, [X.], 1941 Rn.
14 und vom 4.
April 2012

XII
ZR
52/11, BeckRS 2012, 09227 Rn.
2; [X.]/Windel, [X.], 2007, §
85 Rn.
113; [X.]/[X.], [X.], 14.
Aufl., §
85 Rn.
135
ff.).
b) Soweit sich der Kläger mit seiner Klage gegen die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung wegen der von ihm in der [X.] übernommenen persönlichen Haftung wendet, ist auch eine teilweise Auf-nahme nach §
86 [X.] schon deshalb nicht möglich, weil es sich insoweit nicht um einen Rechtsstreit im Sinne von §
86 Abs.
1 Nr.
1 bis 3 [X.] handelt. [X.] ist insoweit vielmehr eine Insolvenzforderung, so 9
10
11
-
5
-
dass eine Fortsetzung des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens nur nach §§
174
ff., 179, 180 Abs.
2, § 184 [X.] in Betracht kommt (vgl. [X.], Urteil vom 3.
Juli 2014

IX
ZR
261/12, [X.], 1487 Rn.
9
f.; [X.]/[X.], ZPO, 31.
Aufl., §
240 Rn.
13

13b). Obwohl der Kläger darauf hingewiesen worden ist, fehlt hierzu jegliches Vorbringen. Insbesondere hat der Kläger nicht dazu vorgetragen, ob die Beklagte ihre Forderung zur Insolvenztabelle angemeldet hat und

falls dies der Fall gewesen sein sollte

ob die Forderung im [X.] Prüfungstermin bestritten worden ist.
c) Soweit sich der Kläger mit seinem

nicht auf den persönlichen An-spruch beschränkten

Klageantrag auch gegen die Zulässigkeit der Zwangs-vollstreckung wegen des dinglichen Anspruchs aus der Grundschuld wendet, liegt zwar ein Rechtsstreit im Sinne von §
86 Abs.
1 Nr.
2 [X.] vor (vgl. §
49 [X.]; [X.]/Kuleisa, 5.
Aufl., §
86 [X.] Rn.
9 mwN; MünchKomm[X.]/
[X.], 3.
Aufl., §
86 Rn.
9; [X.]/Windel, [X.], 2007,
§
86 Rn.
9 mwN).
Der Kläger ist diesbezüglich aber nicht zur Aufnahme befugt.
aa) Zur Aufnahme eines unterbrochenen Rechtsstreits
nach §
86
Abs.
1
[X.] sind allein der Insolvenzverwalter und der [X.] befugt. Der Insolvenzschuldner ist nur dann aufnahmebefugt, wenn der Verwalter den streitbefangenen Gegenstand aus der Masse freigibt mit der Folge, dass dieser wieder in die Verwaltungs-
und Verfügungsgewalt des Schuldners fällt (vgl. [X.], Beschlüsse vom 10.
Oktober 1973

VIII
ZR
9/72, NJW 1973, 2065 und vom 27.
Oktober 2003

II
ZA
9/02, [X.], 2429; [X.]/[X.], [X.], 6.
Aufl., §
86 Rn.
8; [X.]/[X.], [X.], 14.
Aufl., §
86 Rn.
22; MünchKomm[X.]/
[X.], 3.
Aufl., §
86 Rn.
19; [X.]/Windel, [X.], 2007, §
86 Rn.
21
f.). Liegt ein Rechtsstreit um eine Grundschuld vor, ist eine Aufnahme durch den Schuldner
nur dann möglich, wenn der Insolvenzverwalter das betroffene Grundstück freigibt; allein die Freigabe des Prozesses oder der Grundschuld 12
13
-
6
-
reicht nicht (vgl. [X.], Beschluss vom 10.
Oktober 1973

VIII
ZR
9/72, NJW 1973, 2065; [X.]/[X.], [X.], 14.
Aufl., §
86 Rn.
22). Eine solche Frei-gabeerklärung hat die Insolvenzverwalterin vorliegend nicht abgegeben. Sie hat nur mitgeteilt, dass sie den Rechtsstreit nicht aufnehme.
bb) Eine Ausnahme von der Notwendigkeit einer Freigabeerklärung der Insolvenzverwalterin folgt hier auch nicht daraus, dass der Kläger mit Schrift-satz vom 8.
Februar 2016 behauptet hat, das belastete Grundstück sei mit Be-schluss des Amtsgerichts vom 20.
August 2014

und damit noch vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens

"im Wege der Zwangsversteigerung verwertet" [X.]. Daraus ergibt sich nicht, dass das Zwangsversteigerungsverfahren vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vollständig abgeschlossen war. Denn mit der Erteilung des Zuschlags im Versteigerungstermin ist das [X.] nicht beendet. Vielmehr ist noch die Verteilung des Erlöses notwendig (§§
105
ff. [X.]), die die Bestimmung eines Verteilungstermins (§
105 [X.]), die Aufstellung eines Teilungsplans (§
113 [X.]) und dessen Aus-führung voraussetzt. Bis zur Verteilung des Erlöses setzt sich ein dingliches Recht an dem versteigerten Grundstück, das nach §
91 Abs.
1 [X.] durch den Zuschlag erloschen ist, an dem Erlös als Recht auf Befriedigung aus dem Ver-steigerungserlös
fort (vgl. [X.], Urteil vom 19.
September 1991

IX
ZR
69/90, [X.], 2117, 2118; [X.], [X.], 6.
Aufl., §
91 Rn.
2, 4; [X.] in Kindl/
[X.]Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, 3.
Aufl., §
91 [X.] Rn.
2, 6). Sofern das von der Beklagten als Grundschuldgläubigerin be-triebene Vollstreckungsverfahren im Zeitpunkt der Eröffnung des [X.] über das Vermögen des [X.] noch nicht durch Verteilung des [X.] abgeschlossen war, ist es nicht gemäß §
240 ZPO unterbrochen worden, sondern konnte gegenüber der Insolvenzverwalterin fortgeführt werden (vgl. [X.], Beschluss vom 14.
April 2005

V
ZB
25/05, [X.], 1324, 1326; [X.]/[X.], 5.
Aufl., §
165 [X.] Rn.
26; MünchKomm[X.]/Tetzlaff, 14
-
7
-
3.
Aufl., §
165 Rn.
42
f., 46; [X.]/[X.], [X.], 14.
Aufl., §
165 Rn.
3).

Ellenberger
Grüneberg
Menges

Derstadt
Dauber
Vorinstanzen:
LG [X.] (Oder), Entscheidung vom 17.04.2012 -
12 O 218/11 -

OLG Brandenburg, Entscheidung vom 16.01.2014 -
5 [X.] -

Meta

XI ZR 46/14

10.05.2016

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.05.2016, Az. XI ZR 46/14 (REWIS RS 2016, 11675)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 11675

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XI ZR 46/14

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