Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25.04.2013, Az. 2 AZR 299/12

2. Senat | REWIS RS 2013, 6238

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Gegenstand

Betriebsbedingte Kündigung - Beteiligung der Mitarbeitervertretung


Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 3. Februar 2012 - 6 Sa 1001/11 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung.

2

Der Beklagte ist seit dem 1. April 2011 Insolvenzverwalter über das Vermögen der [X.] (Schuldnerin). Diese führte ein Waisenhaus. Dort wurden Kinder in einer Wohngruppe 24 Stunden am Tag und schulpflichtige Kinder in einer Tagesgruppe am Nachmittag betreut. Auf der Grundlage des [X.]es über Mitarbeitervertretungen der [X.] vom 6. November 1992 idF der Bekanntmachung vom 1. Januar 2004, zuletzt geändert durch [X.] vom 29. Oktober 2009 (Mitarbeitervertretungsgesetz der [X.] - MVG.[X.]) war eine Mitarbeitervertretung gewählt.

3

Die Klägerin war bei der Schuldnerin seit Oktober 2006 als Diplom-Sozialpädagogin mit einer Wochenarbeitszeit von 19,25 Stunden für ein monatliches Bruttoentgelt von zuletzt 1.624,97 Euro beschäftigt. Vertraglich war die Geltung des [X.] für Angestellte - [X.] vom 23. Februar 1961 - in der jeweils im Bereich des [X.] geltenden Fassung (BAT-KF) vereinbart.

4

Die Schuldnerin beschäftigte zuletzt vier Vollzeitkräfte, drei Teilzeitkräfte mit mehr als 20 und bis zu 30 Stunden wöchentlich sowie - einschließlich der Klägerin - sechs Teilzeitkräfte mit nicht mehr als 20 Wochenstunden. Außerdem war eine Betriebspraktikantin beschäftigt.

5

Am 21. September 2010 beschloss das Stiftungskuratorium der Schuldnerin, den pädagogischen Betrieb mit Wirkung zum 31. Dezember 2010 einzustellen. Hierüber informierte es die Mitarbeitervertretung am 22. September 2010. Der Vorsitzende der Mitarbeitervertretung nannte den [X.]mitgliedern und dem - späteren - Prozessbevollmächtigten des Beklagten ein für die Mitarbeitervertretung eingerichtetes [X.]. Dieser übersandte der Mitarbeitervertretung im Auftrag der Schuldnerin acht Anträge auf Zustimmung zu beabsichtigten Kündigungen in Form von Word-Dateien, darunter eine Anhörung betreffend das Arbeitsverhältnis der Klägerin. Bei den Word-Dateien war die Funktion „automatische Datierung“ aktiviert. Die E-Mail nebst Anhängen ging am 24. September 2010 im Postfach der Mitarbeitervertretung ein. Am 27. September 2010 bat der Prozessbevollmächtigte die Mitarbeitervertretung um eine Bestätigung des Erhalts der E-Mail. Darauf erhielt er keine Antwort. Am 29. September 2010 las der Vorsitzende der Mitarbeitervertretung die E-Mail nebst Anhängen und druckte sie aus. Die Schreiben erhielten mit dem Ausdruck automatisch das Ausstellungsdatum „29.09.2010“.

6

Am 30. September 2010 fragten Vertreter der Schuldnerin bei der Mitarbeitervertretung nach, ob diese die Zustimmungsanträge erhalten habe. Der Vorsitzende bestätigte ihren Eingang am 29. September 2010. Vertreter des [X.] sowie Vorsitzender und Stellvertreter der Mitarbeitervertretung stimmten überein, dass für diese die Frist zur Stellungnahme bis zum 13. Oktober 2010 laufe.

7

Die Mitarbeitervertretung widersprach den beabsichtigten Kündigungen mit einem der Schuldnerin am 12. Oktober 2010 per Telefax übersandten Schreiben. Darin hieß es ua.:

        

„Grundsätzlich gilt anzumerken, dass Sie weder einen Kündigungstermin nennen, noch einen Hinweis geben, in welcher Form Sie mit den Kündigungsfristen verfahren, die, mit Ausnahme von … [der Klägerin], alle über den beabsichtigten Termin der Schließung des pädagogischen und verwaltungstechnischen Bereichs der Kinder- und Jugendhilfe herausragen. … Ebenso fehlt der Hinweis auf die nach § 8 [X.] zu zahlenden Abfindungen.

        

…       

        

Aus diesem Grund lehnt die [X.] Ihre Kündigungsbegehren zu Lasten der Mitarbeiterinnen … und … [der Klägerin] (wegen fehlender Abfindungsbereitschaft) ab.

        

…“    

8

Mit Schreiben vom 25. Oktober 2010 kündigte die Schuldnerin das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin zum 31. Dezember 2010. Zudem kündigte sie die Arbeitsverhältnisse mit den anderen pädagogischen Mitarbeitern sowie die Mietverträge über die genutzten Gebäude zum nächstmöglichen Zeitpunkt. Die Wohn- und die Tagesgruppe wurden zum Ende des Jahres 2010 aufgelöst. Mitarbeiter mit längeren Kündigungsfristen wurden ab Januar 2011 freigestellt.

9

Die Klägerin hat sich mit der vorliegenden Klage rechtzeitig gegen die Kündigung vom 25. Oktober 2010 gewandt. Sie hat gemeint, die Kündigung sei zumindest wegen fehlerhafter [X.] nicht gerechtfertigt. Das [X.] finde Anwendung, weil die Betriebspraktikantin als Arbeitnehmerin anzusehen sei. Außerdem sei die Kündigung mangels Zustimmung der Mitarbeitervertretung unwirksam. Diese habe die Zustimmung zu der beabsichtigten Kündigung rechtzeitig und wirksam verweigert. Dafür habe der Hinweis auf das Fehlen einer Abfindung genügt.

Die Klägerin hat beantragt

        

        

festzustellen, dass ihr Arbeitsverhältnis durch die schriftliche Kündigung der Schuldnerin vom 25. Oktober 2010 nicht aufgelöst worden ist, sondern fortbesteht.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, das [X.] finde keine Anwendung. Die Betriebspraktikantin sei keine Arbeitnehmerin. Sie sei jedenfalls nicht in einem solchen Umfang tätig gewesen, dass sie als [X.] zu berücksichtigen gewesen wäre. Im Übrigen sei die Kündigung wegen der Auflösung der Betreuungsgruppen und des Fehlens anderweitiger Beschäftigungsmöglichkeiten sozial gerechtfertigt. Die Zustimmung der Mitarbeitervertretung gelte als erteilt, da die Frist zur Stellungnahme spätestens am 27. September 2010 zu laufen begonnen habe. Die Zustimmungsverweigerung sei darüber hinaus nicht ausreichend begründet gewesen, so dass die Zustimmung kirchengesetzlich als erteilt gelte.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das [X.] hat sie abgewiesen. Mit ihrer Revision begehrt die Klägerin, die arbeitsgerichtliche Entscheidung wiederherzustellen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Das [X.] hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Kündigung vom 25. Oktober 2010 ist wirksam.

I. Die Klage ist insgesamt zulässig. Das [X.] hat dem Antragszusatz „ …, sondern fortbesteht“ zu Recht keine eigenständige Bedeutung beigemessen. Die Klägerin hat ausweislich der Klagebegründung neben dem Antrag nach § 4 [X.] nicht noch einen allgemeinen Feststellungsantrag stellen wollen.

II. Die Klage ist unbegründet. Die angegriffene Kündigung hat das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin aufgelöst.

1. Es bedarf keiner Entscheidung, ob das [X.] auf das Arbeitsverhältnis Anwendung fand. Das [X.] hat zutreffend angenommen, die Kündigung vom 25. Oktober 2010 sei - die Geltung des [X.]es zugunsten der Klägerin unterstellt - aus betriebsbedingten Gründen sozial gerechtfertigt iSv. § 1 Abs. 2 [X.]. Mit der Auflösung der Betreuungsgruppen zum 31. Dezember 2010 war der Arbeitsplatz der Klägerin entfallen. Andere Beschäftigungsmöglichkeiten gab es nach den Feststellungen des [X.]s nicht. Dagegen hat die Klägerin keine Verfahrensrüge erhoben. Eine [X.] war nicht erforderlich. Es wurden die Arbeitsverhältnisse aller vergleichbaren Arbeitnehmer gekündigt.

2. Die Kündigung ist nicht mangels ordnungsgemäßer Beteiligung der Mitarbeitervertretung gem. § 38 Abs. 1 Satz 2 [X.] unwirksam. Dabei kann erneut zugunsten der Klägerin unterstellt werden, dass das [X.] auf die Waisenhausstiftung der Schuldnerin Anwendung fand. Diese hat das Zustimmungsverfahren ordnungsgemäß nach § 38 Abs. 2 Satz 1 [X.] eingeleitet. Die Zustimmung der Mitarbeitervertretung galt bei Zugang der Kündigung gem. § 38 Abs. 3 Satz 1 [X.] als erteilt. Ob die Verweigerung der Zustimmung mit Schreiben vom 12. Oktober 2010 die [X.] des § 38 Abs. 3 Satz 1 [X.] wahrte und ob sich der Beklagte auf ein mögliches Fristversäumnis berufen dürfte, kann dahinstehen. Die Zustimmungsverweigerung war jedenfalls deshalb unbeachtlich, weil die Begründung auf keinen der in § 41 Abs. 2 [X.] vorgesehenen Zustimmungsverweigerungsgründe Bezug nahm.

a) Die Schuldnerin hat die Mitarbeitervertretung mit E-Mail vom 24. September 2010 ordnungsgemäß nach § 38 Abs. 2 Satz 1 [X.] von der beabsichtigten Kündigung unterrichtet und um Zustimmung gebeten. Die Einleitung des Mitbestimmungsverfahrens nach § 38 Abs. 2 Satz 1 [X.] verlangt keine bestimmte Form ([X.] 7. April 2008 - [X.]/[X.]-07 - zu II 3 der Gründe; [X.]/[X.] [X.] Stand Januar 2013 § 38 Rn. 9).

b) Die nach § 38 Abs. 1 Satz 2 iVm. § 41 Abs. 3, § 42 Buchst. b) [X.] vor Ausspruch einer ordentlichen Kündigung erforderliche Zustimmung der Mitarbeitervertretung galt gem. § 38 Abs. 3 Satz 1 [X.] als erteilt.

aa) Nach § 42 Buchst. b) [X.] unterliegt eine ordentliche Kündigung nach Ablauf der Probezeit der eingeschränkten Mitbestimmung der Mitarbeitervertretung. Sie ist gem. § 38 Abs. 1 Satz 2 iVm. § 41 Abs. 3 [X.] unwirksam, wenn die Mitarbeitervertretung nicht beteiligt worden ist. Diese darf die Zustimmung nach § 41 Abs. 2 [X.] nur verweigern, wenn die Kündigung gegen eine Rechtsvorschrift, eine arbeitsrechtliche Regelung, eine andere bindende Bestimmung oder eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung verstößt. Eine Verweigerung der Zustimmung ist nach § 38 Abs. 3 Satz 5 [X.] schriftlich zu begründen. Die Kündigung gilt gem. § 38 Abs. 3 Satz 1 iVm. § 41 Abs. 3 [X.] als gebilligt, wenn die Mitarbeitervertretung nicht innerhalb von zwei Wochen die Zustimmung schriftlich verweigert oder eine mündliche Erörterung beantragt. Kommt keine Einigung zustande, kann die Dienststellenleitung gem. § 38 Abs. 4 [X.] innerhalb von zwei Wochen nach Eingang der schriftlichen Weigerung das Kirchengericht anrufen. Dieses hat nach § 60 Abs. 5 Satz 1 [X.] festzustellen, ob ein Grund zur Verweigerung der Zustimmung nach § 41 [X.] vorliegt. Stellt es fest, dass kein solcher Grund vorliegt, gilt die Zustimmung der Mitarbeitervertretung als ersetzt.

bb) Die Auslegung von § 38 Abs. 3 Satz 1, Satz 5 [X.] ergibt, dass eine auf keinen der Gründe des § 41 Abs. 2 [X.] Bezug nehmende Zustimmungsverweigerung unbeachtlich ist und die Zustimmung mit Ablauf von zwei Wochen nach Unterrichtung der Mitarbeitervertretung als erteilt gilt (ebenso [X.] 7. April 2008 - [X.]/[X.]-07 - zu II 3 der Gründe; [X.] in [X.] Kommentar zum [X.] 2007 § 38 Rn. 53; [X.]/[X.] 10. Aufl. Kirchl. [X.] Rn. 23). Das bedeutet nicht, dass die Mitarbeitervertretung zumindest einen der vorgesehenen Verweigerungsgründe schlüssig darlegen müsste. Es reicht aus, dass sich die Begründung auf einen der gesetzlichen Gründe beziehen lässt. Sie darf aber nicht ersichtlich außerhalb des gesetzlichen Katalogs liegen. Tut sie dies, gilt die Zustimmung als erteilt. Dazu bedarf es in diesem Fall nicht mehr der Anrufung des Kirchengerichts (ebenso [X.] aaO; [X.]/[X.] aaO; aA: [X.]/[X.] [X.] Stand Januar 2013 § 41 Rn. 3). Auch sie könnte gem. § 60 Abs. 5 Satz 2 [X.] letztlich nur dazu führen, dass die Zustimmung der Mitarbeitervertretung als ersetzt gilt.

(1) Der Wortsinn von § 38 Abs. 3 Satz 1, Satz 5 [X.] ist nicht eindeutig. Von ihm wäre auch ein Verständnis umfasst, nach welchem lediglich eine „irgendwie“ begründete schriftliche Erklärung der Zustimmungsverweigerung erforderlich ist, um den Eintritt der [X.] zu verhindern.

(2) Schon aus dem [X.] ergibt sich jedoch, dass die Mitarbeitervertretung eine Kündigung nicht durch jedwede Begründung verhindern oder verzögern können soll. In § 41 Abs. 2 [X.] sind die möglichen Zustimmungsverweigerungsgründe abschließend aufgezählt. Darin unterscheidet sich die eingeschränkte Mitbestimmung nach §§ 41 ff. [X.] von der vollen Mitbestimmung gem. §§ 39, 40 [X.], die keine Beschränkung der Zustimmungsverweigerungsgründe kennt. Dem hat der Inhalt der Begründung einer Zustimmungsverweigerung in den Fällen eingeschränkter Mitbestimmung Rechnung zu tragen. Die dem Arbeitgeber mitgeteilten Gründe müssen innerhalb des Rahmens möglicher Verweigerungsgründe liegen. Anderenfalls gäbe das im Verweigerungsfall vorgesehene kirchengerichtliche Ersetzungsverfahren gem. § 60 Abs. 5 [X.] keinen Sinn. Wäre es durchzuführen, obwohl die Begründung für die Ablehnung der Zustimmung offensichtlich auf keinen der kirchengesetzlich vorgesehenen Zustimmungsverweigerungsgründe Bezug nimmt, stünde sein Ergebnis von vornherein fest. Da die Mitarbeitervertretung andere als die innerhalb der Äußerungsfrist geltend gemachten Ablehnungsgründe im kirchengerichtlichen Verfahren nicht vorbringen kann ([X.] 7. April 2008 - [X.]/[X.]-07 - zu II 3 der Gründe; [X.] in [X.] Kommentar zum [X.] 2007 § 38 Rn. 63; [X.]/[X.] [X.] Stand Januar 2013 § 38 Rn. 53) und die mitgeteilten Gründe die Ablehnung gerade nicht tragen, hätte das Kirchengericht notwendigerweise festzustellen, dass ein Grund für die Verweigerung der Zustimmung nach § 41 [X.] nicht vorliegt. Mit dieser Feststellung wiederum gälte die Zustimmung der Mitarbeitervertretung gem. § 60 Abs. 5 Satz 2 [X.] als ersetzt.

(3) Ein solches Verständnis von § 38 Abs. 3 Satz 5 [X.] entspricht überdies dem der parallelen Bestimmung im Rahmen des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats bei personellen Einzelmaßnahmen nach § 99 [X.]. Auch eine Zustimmungsverweigerung nach § 99 Abs. 3 Satz 1 [X.], deren Begründung auf keinen der Verweigerungsgründe in Absatz 2 der Bestimmung Bezug nimmt, ist unbeachtlich mit der Folge, dass die Zustimmung des Betriebsrats gem. § 99 Abs. 3 Satz 2 [X.] als erteilt gilt ([X.] 6. August 2002 - 1 [X.] - zu [X.] 2 b der Gründe, [X.]E 102, 135; 18. Oktober 1988 - 1 [X.] - zu [X.] 2 der Gründe, [X.]E 60, 57; Fitting [X.] 26. Aufl. § 99 Rn. 262; [X.]/[X.] 13. Aufl. § 99 [X.] Rn. 39; vgl. zum Personalvertretungsrecht [X.] 22. Mai 1985 - 4 [X.] - [X.]E 48, 351 ; BVerwG 10. August 1987 - 6 P 22.84  - zu 2 der Gründe, BVerwGE 78, 65).

(4) Dem steht nicht entgegen, dass damit zunächst dem Arbeitgeber die Beantwortung der Frage überlassen wird, ob die Zustimmungsverweigerung diesen Anforderungen genügt. Er wird das in Zweifelsfällen eher verneinen, die Zustimmungsverweigerung - ggf. zu Unrecht - für unbeachtlich halten und die beabsichtigte Maßnahme durchführen. Der damit verbundenen Gefahr einer Vertauschung der vom Gesetzgeber gewollten Parteirollen ließe sich aber nur begegnen, wenn der Arbeitgeber bei jeder frist- und formgerechten Zustimmungsverweigerung, die äußerlich überhaupt eine Begründung enthielte, verpflichtet wäre, das Zustimmungsersetzungsverfahren durchzuführen. Eine solche Regelung würde den Arbeitgeber auch bei „abwegigen“ Begründungen in ein gerichtliches Verfahren zwingen ([X.] 26. Januar 1988 - 1 [X.] - [X.]E 57, 242). Dies wiederum widerspräche der Intention des ([X.], die mit der Beschränkung der Gründe für die Verweigerung der Zustimmung zu bestimmten personellen Einzelmaßnahmen auf einen exklusiven Katalog gerade verbunden ist. Der Betriebsrat und die Mitarbeitervertretung, die einer personellen Einzelmaßnahme ihre Zustimmung verweigern, müssen daher mit der Begründung für die Verweigerung erkennen lassen, dass sie von ihrer Befugnis, aus eben diesen Gründen die Maßnahme abzulehnen, Gebrauch machen (vgl. [X.] 26. Januar 1988 - 1 [X.] - aaO).

cc) Bei Anwendung dieser Grundsätze hat das [X.] zu Recht entschieden, die Zustimmung der Mitarbeitervertretung habe im Streitfall gem. § 38 Abs. 3 Satz 1 [X.] als erteilt gegolten. Die Mitarbeitervertretung hat innerhalb von zwei Wochen nach Unterrichtung über die beabsichtigte Kündigung weder die Zustimmung zur beabsichtigten Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin in beachtlicher Weise verweigert noch deren mündliche Erörterung verlangt. Die Frist begann spätestens am 29. September 2010. An diesem Tage hat der Vorsitzende der Mitarbeitervertretung die E-Mail der Schuldnerin vom 24. September 2010 tatsächlich zur Kenntnis genommen. Die Kündigung ist der Klägerin nicht vor dem 25. Oktober 2010 und damit in jedem Fall nach Ablauf von zwei Wochen zugegangen.

(1) Die schriftliche Zustimmungsverweigerung vom 12. Oktober 2010 ist unbeachtlich. Unabhängig von der Frage ihrer Rechtzeitigkeit nimmt ihre Begründung offensichtlich auf keinen der Verweigerungsgründe nach § 41 Abs. 2 [X.] Bezug. Das [X.] hat das Schreiben dahin verstanden, dass die Mitarbeitervertretung die Zustimmung zur beabsichtigten Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin allein deshalb verweigere, weil die Schuldnerin nicht bereit sei, eine Abfindung zu zahlen. Dieses Verständnis hält sich im Rahmen des Auslegungsspielraums des [X.]s. Es wird im Übrigen von der Klägerin selbst geteilt. Die in dem Schreiben mitgeteilte Begründung der Mitarbeitervertretung lässt sich keinem der Zustimmungsverweigerungsgründe des § 41 Abs. 2 [X.] auch nur im Ansatz zuordnen. Die Mitarbeitervertretung hat sich nicht darauf berufen, die Kündigung verstoße gegen eine Rechtsvorschrift, eine arbeitsrechtliche Regelung oder eine andere bindende Bestimmung, sie hat lediglich bemängelt, der Schuldnerin fehle die Bereitschaft zur Zahlung einer Abfindung. Der in dem Schreiben erwähnte § 8 der Rationalisierungssicherungsordnung ([X.]) verbietet keine Kündigung. Der dort vorgesehene Anspruch auf eine Abfindung setzt vielmehr voraus, dass das Arbeitsverhältnis beendet ist.

(2) Der Eintritt der [X.] ist nicht gem. § 38 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 [X.] ausgeschlossen. Die Mitarbeitervertretung hat eine Erörterung nach § 38 Abs. 2 Satz 2 [X.] vor Fristablauf nicht verlangt.

III. [X.] hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Klägerin zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Rinck    

        

    Rachor    

        

        

        

    Eulen    

        

    Bartz    

                 

Meta

2 AZR 299/12

25.04.2013

Bundesarbeitsgericht 2. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Oberhausen, 7. Juli 2011, Az: 4 Ca 1877/10, Urteil

§ 1 Abs 2 S 1 Alt 3 KSchG, § 38 Abs 1 S 2 EvKiMAVertrG, § 38 Abs 3 S 1 EvKiMAVertrG, § 38 Abs 3 S 5 EvKiMAVertrG, § 41 Abs 2 EvKiMAVertrG, § 41 Abs 3 EvKiMAVertrG, § 42 Buchst b EvKiMAVertrG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25.04.2013, Az. 2 AZR 299/12 (REWIS RS 2013, 6238)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 6238


Verfahrensgang

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Az. 2 AZR 299/12

Bundesarbeitsgericht, 2 AZR 299/12, 25.04.2013.


Az. 4 Ca 1877/10

Arbeitsgericht Oberhausen, 4 Ca 1877/10, 07.07.2011.


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