Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 24.10.2018, Az. 7 ABR 1/17

7. Senat | REWIS RS 2018, 2501

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Gegenstand

Einseitige Erledigungserklärung im Beschlussverfahren - erledigendes Ereignis - Antragsbefugnis - Rechtsschutzinteresse


Tenor

Das Verfahren wird eingestellt.

Gründe

1

A. Die zu 2. beteiligte Arbeitgeberin betreibt in [X.] einen als „Fachcentrum“ bezeichneten Baumarkt mit ca. 80 Beschäftigten. Der Beteiligte zu 3. war der Geschäftsleiter dieses [X.]. Nach den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen war er - ebenso wie der stellvertretende Geschäftsleiter des [X.] - bevollmächtigt, selbständig Einstellungen und Entlassungen von Mitarbeitern der Niederlassung vorzunehmen, Abmahnungen zu erteilen und sonstige [X.]ersonalentscheidungen der Niederlassung zu treffen. Der Beteiligte zu 3. unterzeichnete in der Vergangenheit zahlreiche Arbeitsverträge.

2

Der zur Durchführung einer Betriebsratswahl bestellte, zu 1. beteiligte [X.]ahlvorstand hat beantragt

        

festzustellen, dass der Arbeitnehmer [X.] nicht leitender Angestellter iSd. § 5 Abs. 3 [X.] ist.

3

Die Arbeitgeberin hat beantragt, den Antrag abzuweisen.

4

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag des [X.]ahlvorstands entsprochen. Das [X.] hat die Beschwerde der Arbeitgeberin zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt die Arbeitgeberin ihren Abweisungsantrag weiter.

5

Nach Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde wurde in dem Fachcentrum am 24. April 2017 eine Betriebsratswahl durchgeführt. Der Betriebsrat konstituierte sich am 2. Mai 2017. Zwischenzeitlich wurde der Beteiligte zu 3. zum Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Arbeitgeberin bestellt. Im Hinblick auf diese Entwicklungen hat der [X.]ahlvorstand das vorliegende Verfahren für erledigt erklärt. Die Arbeitgeberin hat der Erledigungserklärung widersprochen.

6

B. Das Verfahren ist auf die einseitige Erledigungserklärung des [X.]ahlvorstands in entsprechender Anwendung von § 95 Satz 4, § 83a Abs. 2 ArbGG einzustellen.

7

I. Nach § 83a Abs. 2 ArbGG ist ein Beschlussverfahren einzustellen, wenn die Beteiligten es für erledigt erklärt haben. Hat der Antragsteller das Verfahren für erledigt erklärt und widersprechen andere Verfahrensbeteiligte der Erledigungserklärung, hat das Gericht zu prüfen, ob ein erledigendes Ereignis eingetreten ist. Ist das der Fall, ist das Verfahren einzustellen. Ein erledigendes Ereignis sind tatsächliche Umstände, die nach Anhängigkeit des Beschlussverfahrens eingetreten sind und dazu führen, dass das Begehren des Antragstellers jedenfalls nunmehr als unzulässig oder unbegründet abgewiesen werden müsste. Anders als im [X.] kommt es nicht darauf an, ob der gestellte Antrag bis dahin zulässig und begründet war (grundlegend [X.] 26. April 1990 - 1 [X.] - zu [X.] 3 der Gründe, [X.]E 65, 105; vgl. auch [X.] 17. Mai 2017 - 7 [X.] - Rn. 14, [X.]E 159, 111; 13. März 2013 - 7 [X.] - Rn. 20; 8. Dezember 2010 - 7 [X.] - Rn. 8 und 19. Februar 2008 - 1 [X.] - Rn. 10).

8

II. Vorliegend hat der [X.]ahlvorstand als Antragsteller das Verfahren einseitig für erledigt erklärt. Ein erledigendes Ereignis ist zum einen deshalb eingetreten, da die Amtszeit des [X.]ahlvorstands mit der Konstituierung des Betriebsrats geendet hat; zum anderen hat das Verfahren seine Erledigung gefunden, weil der Beteiligte zu 3. zum Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Arbeitgeberin bestellt worden ist. Aufgrund dieser Umstände müsste der Statusfeststellungsantrag jedenfalls nunmehr als unzulässig abgewiesen werden.

9

1. Der [X.]ahlvorstand ist aufgrund der Beendigung seiner Amtszeit nicht (mehr) antragsbefugt.

a) Im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren ist ein Beteiligter, abgesehen von einer zulässigen [X.]rozessstandschaft, antragsbefugt, wenn er eigene Rechte geltend macht. Die [X.]rozessführungsbefugnis im [X.] und die Antragsbefugnis im Beschlussverfahren dienen dazu, [X.]opularklagen auszuschließen. Im Beschlussverfahren ist die Antragsbefugnis nur gegeben, wenn der Antragsteller durch die begehrte Entscheidung in seiner kollektivrechtlichen Rechtsposition betroffen sein kann. Das ist regelmäßig nur dann der Fall, wenn er eigene Rechte geltend macht und dies nicht von vornherein als aussichtslos erscheint ([X.] 19. Dezember 2017 - 1 [X.] - Rn. 28; 21. März 2017 - 7 [X.] - Rn. 9).

b) Es kann dahinstehen, ob die Auffassung des [X.]s, ein [X.]ahlvorstand sei für einen Statusfeststellungsantrag antragsbefugt, einer rechtsbeschwerderechtlichen Überprüfung standhielte. Das Amt des [X.]ahlvorstands ist inzwischen erloschen. Es hat entweder mit der Einberufung des Betriebsrats zur konstituierenden Sitzung ([X.] 14. November 1975 - 1 [X.] -; [X.] 29. Aufl. § 16 Rn. 83; [X.] in [X.] [X.] 16. Aufl. § 16 Rn. 59) oder spätestens mit der [X.]ahl des [X.]ahlleiters für die [X.]ahl des Betriebsratsvorsitzenden in der konstituierenden Sitzung des Betriebsrats vom 2. Mai 2017 (vgl. DKK[X.]/[X.] 16. Aufl. § 16 Rn. 21; [X.]/[X.] 18. Aufl. § 16 [X.] Rn. 10; [X.] GK-[X.] 11. Aufl. § 16 Rn. 90 unter Hinweis auf § 29 Abs. 1 Satz 2 [X.]) geendet. Damit kann der [X.]ahlvorstand durch das Ergebnis des vorliegenden Verfahrens nicht mehr in seiner betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsstellung betroffen sein.

2. Der Statusfeststellungsantrag ist auch deshalb unzulässig, weil der Beteiligte zu 3. zum Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Arbeitgeberin bestellt wurde und an dem Antrag daher kein Rechtsschutzinteresse mehr besteht.

a) Der Antrag ist auf die Feststellung des Status des Beteiligten zu 3. und nicht auf die Feststellung des Status des jeweiligen Inhabers der Stelle des Geschäftsleiters des [X.] gerichtet. Dafür spricht nicht nur der Antragswortlaut, sondern auch die Antragsbegründung. Das Verfahren dient dem Zweck, Klarheit über den Status des Beteiligten zu 3. zu erzielen, um eine Anfechtbarkeit der vom [X.]ahlvorstand durchzuführenden [X.]ahl zu vermeiden. Die gerichtliche Entscheidung soll eine Vorfrage für die [X.]irksamkeit der Betriebsratswahl klären, indem sie für den Zeitpunkt der letzten mündlichen Anhörung in der Tatsacheninstanz verbindlich festlegt, ob der Beteiligte zu 3. leitender Angestellter ist oder nicht. Dem [X.]ahlvorstand geht es nicht darum, für andere zukünftig auftretende Meinungsverschiedenheiten zu klären, ob der jeweilige Geschäftsleiter leitender Angestellter ist. An einer solchen Klärung hat der [X.]ahlvorstand, dessen Amt mit der Konstituierung des Betriebsrats endet, auch kein Interesse.

b) Danach fehlt es an dem erforderlichen Rechtsschutzinteresse. Dieses entfällt für einen Statusfeststellungsantrag, wenn der Arbeitnehmer aus dem Betrieb ausgeschieden ist oder im Betrieb eine andere Tätigkeit übernommen hat (vgl. [X.] 23. Januar 1986 - 6 [X.] - [X.]E 51, 29). Letzteres ist hier der Fall.

        

    Gräfl    

        

    Kiel    

        

    M. Rennpferdt    

        

        

        

    Deinert    

        

    [X.]    

                 

Meta

7 ABR 1/17

24.10.2018

Bundesarbeitsgericht 7. Senat

Beschluss

Sachgebiet: ABR

vorgehend ArbG Bochum, 26. April 2016, Az: 2 BV 2/16, Beschluss

§ 95 S 4 ArbGG, § 83a Abs 2 ArbGG, § 5 Abs 3 BetrVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 24.10.2018, Az. 7 ABR 1/17 (REWIS RS 2018, 2501)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 2501

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1 ABR 39/18

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