Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.11.2016, Az. X ZR 116/14

X. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 2806

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:081116UXZR116.14.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
IM NAMEN [X.]S VOLKES
URTEIL
X ZR 116/14
Verkündet am:
8. November 2016
Hartmann
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache

-
2
-
Der X.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 8.
November 2016 durch [X.], die Richter [X.] und [X.], die Richterin Schuster und [X.]
Deichfuß
für
Recht erkannt:
Die Berufung gegen das Urteil des 2.
Senats ([X.]) des [X.] vom
10.
Juli 2014 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
-
3
-
Tatbestand:
Der Beklagte war Inhaber des mit Wirkung für die [X.] erteilten [X.] Patents 924 471 (Streitpatents), das am 9. Dezember 1998 unter Inanspruchnahme einer Priorität vom 15. Dezember 1997 angemeldet worden ist und einen Wärmespeicher betrifft. Das Patent wurde im Verlauf des Rechtsstreits auf die in [X.] ansässige T.

GmbH übertragen. Die erteilte
Fassung von Patentanspruch 1, auf den sich vier weitere Ansprüche zurückbeziehen, lautet:
"Wärmespeicher (1) mit einem Behälter (2) zur temperaturgeschichte-ten Aufnahme eines [X.] und mit einem [X.] (6), der ei-nen außerhalb des Behälters (2) vorgesehenen Wärmetauscher (7) zum Erwärmen des [X.] und eine
sich zumindest über einen Teil der [X.] erstreckende, mit dem Behälter (2) in [X.] Höhen strömungsverbundene
Steigleitung (8) für den er-wärmten Wärmeträger umfasst, dadurch gekennzeichnet, dass die au-ßerhalb des Behälters (2) verlaufende, über Verbindungsleitungen (9, 10, 11, 12) an den Behälter (2) angeschlossene Steigleitung (8) mit dem Wärmetauscher (7) einen selbstumlaufenden [X.] (6) bildet."
Die Klägerinnen haben das Streitpatent insgesamt angegriffen und geltend gemacht, sein Gegenstand sei nicht patentfähig. Der Beklagte hat das Schutzrecht in der erteilten Fassung und mit vier Hilfsanträgen in geänderter Fassung verteidigt.
Das Patentgericht hat das Streitpatent dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass Anspruch 1 die dem Hilfsantrag I entsprechende, nachstehend wiedergegebene Fassung erhielt und die Ansprüche 2 bis 5 auf diesen rückbezogen sind (Änderungen gegenüber der erteilten Fassung kursiv):
1
2
3
-
4
-
"Wärmespeicher (1) mit einem Behälter (2) zur temperaturgeschichte-ten Aufnahme eines [X.] und mit einem [X.] (6), der ei-nen außerhalb des Behälters (2) vorgesehenen Wärmetauscher (7) zum Erwärmen des [X.] und einen sich zumindest über einen Teil der [X.] erstreckenden, mit dem Behälter (2) in [X.] Höhen strömungsverbundenen Steigleitung (8) für den er-wärmten Wärmeträger umfasst, dadurch gekennzeichnet, dass die au-ßerhalb des Behälters (2) verlaufende, über Verbindungsleitungen
(9, 10, 11, 12) an den Behälter (2) angeschlossene Steigleitung (8) mit dem Wärmetauscher (7) einen selbstumlaufenden [X.] (6) bildet und wobei
die Verbindungsleitung (11) an den Wärmetauscher (7) im Bereich von dessen [X.] (15) angeschlossen ist."
Mit seiner Berufung erstrebt der Beklagte weiterhin die Abweisung der Nich-tigkeitsklage. Die Klägerinnen treten dem Rechtsmittel entgegen.
Entscheidungsgründe:
[X.] Das Streitpatent betrifft einen Wärmespeicher. Ein solcher Wärmespeicher weist einen Behälter auf, in dem ein Wärmeträger, etwa Wasser, [X.] aufgenommen wird. Er umfasst ferner einen [X.], der aus einem Wärmetauscher und einer Steigleitung besteht, die in unterschiedlichen Höhen mit dem Behälter strömungsverbunden ist.
1. Zufolge der Streitpatentschrift sind solche Wärmespeicher im Stand der Technik bekannt. Dabei sei es wünschenswert, die Wärmeenergie von Wasser auf möglichst hohem Temperaturniveau zu speichern. Dies setze eine Schichtung des im Behälter gespeicherten Wassers nach seiner Temperatur voraus, die
beim Laden des Speichers, also bei der Zuführung von Wasser über die Steigleitung,
möglichst 4
5
6
-
5
-
nicht beeinträchtigt werden solle. Um dieses Ziel ohne besonderen [X.] zu erreichen, sei es aus der [X.] Patentanmeldung 518
369 ([X.]) bekannt, im Speicherbehälter eine Steigleitung vorzusehen, in der eine Ladeleitung eines [X.]es münde. Hierbei werde dem Speicherbehälter Wasser im [X.] entnommen, um es über einen Wärmetauscher aufzuwärmen und der [X.] zuzuführen. Je nach der Ladetemperatur des zugeführten Wassers steige die-ses nach oben oder sinke nach unten und trete durch eine der auf verschiedenen Höhen angeordneten Öffnungen in die entsprechend temperierte Wasserschicht aus. Als nachteilig ist dabei nach der Beschreibung des Streitpatents u.a. anzusehen, dass
die Steigleitung im Innern des Behälters angeordnet wird und isoliert werden muss.
2. Das technische Problem besteht vor diesem Hintergrund darin, eine solche Vorrichtung so auszugestalten, dass mit geringem Aufwand eine effektive Ladung des Wärmespeichers entsprechend der [X.] erreicht wird.
Gelöst wird diese Aufgabe durch eine Vorrichtung nach Patentanspruch 1, de-ren Merkmale
sich wie folgt gliedern lassen (abweichende Merkmalsgliederung des Patentgerichts in eckigen Klammern):
1.
Wärmespeicher (1)
[1.1] mit
2.
einem Behälter (2) zur temperaturgeschichteten Aufnahme eines Wärme-trägers [1.2]
und
3.
mit einem [X.] (6)
[1.3], umfassend
3.1
einen außerhalb des Behälters (2)
vorgesehenen Wärmetau-scher
(7) zum Erwärmen des [X.],
[1.4]
3.2
eine Steigleitung (8) für den erwärmten Wärmeträger,
3.2.1
die außerhalb des Behälters (2) verläuft, [1.6 teilweise]
3.2.2
die sich zumindest über einen Teil der [X.] er-streckt,
[1.5 teilweise]
7
8
-
6
-
3.2.3
die mit dem Behälter (2) in unterschiedlichen Höhen [X.] ist,
[1.5 Rest]
3.2.4
die über Verbindungsleitungen (9, 10, 11, 12) an den [X.] angeschlossen ist,
[1.6 teilweise]
3.3
wobei die Steigleitung (8) mit dem Wärmetauscher (7) einen selbst-umlaufenden [X.] (6) bildet.
[1.6 Rest]
Ein Ausführungsbeispiel zeigt die nachstehend eingeblendete Figur 2 aus der Streitpatentschrift:

9
-
7
-
3. Einige Merkmale bedürfen der Erläuterung:
a) Die Steigleitung für den erwärmten Wärmeträger ist nach Merkmal 3.2.3 mit dem Behälter 2 in unterschiedlichen Höhen strömungsverbunden. Damit ist lediglich zum Ausdruck gebracht, dass der Wärmeträger von der Steigleitung in den [X.] strömen kann oder umgekehrt. Dass diese Strömungsverbindung über Verbindungsleitungen zwischen der Steigleitung und dem Behälter hergestellt ist, ergibt sich aus Merkmal 3.2.4.
b) Nach Merkmal 3.3 bilden die Steigleitung und der Wärmetauscher einen selbstumlaufenden [X.]. Die Bewegung des [X.] aus dem Speicher in die Steigleitung und umgekehrt wird danach nicht, wie bei einem Zwangsumlauf, durch äußere Einwirkung, etwa durch eine Pumpe bewirkt, sondern allein durch die Unterschiede zwischen der Temperatur des [X.], der im Wärmetauscher erwärmt wird und der Schichttemperatur im Behälter (Thermosiphonprinzip).
c) Steigleitung und Wärmetauscher sind außerhalb des Behälters angeordnet (Merkmal 3.1 und 3.2.1). Sie müssen nicht durch gesonderte Vorrichtungselemente verwirklicht sein, vielmehr kann, wie [X.] sowie das Ausführungsbeispiel nach Figur 2 mit Abs. 7 und 9 der Beschreibung zeigen, der Wärmetauscher in der Steigleitung angeordnet sein. In Abhängigkeit von der Temperatur, auf die der [X.] im Wärmetauscher erwärmt wird, wird das Wasser über eine der Verbin-dungsleitungen dem Behälter zugeführt.
I[X.] Das Patentgericht hat seine Entscheidung, soweit für das Berufungsverfah-ren von Interesse, im Wesentlichen wie folgt begründet:
Der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung sei durch of-fenkundige [X.]en vorweggenommen und damit nicht neu.
10
11
12
13
14
15
-
8
-
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei der Senat davon überzeugt, dass die S.

& Co. KG vor dem [X.] im Anwesen der
Familie W.

einen Wärmespeicher mit allen Merkmalen nach Anspruch
1 des
Streitpatents installiert habe, der beliebigen [X.] zugänglich gewesen sei. Dem Funktionsschema gemäß Anlage [X.], dem technischen Bericht von Dr.-Ing. P.

,
entnehme der Fachmann alle Merkma-
le von Patentanspruch 1. Der Zeuge M.

habe bekundet, dass bei der im Anwesen
der Familie W.

installierten Anlage hiervon nur insoweit abgewichen worden sei,
als die installierte Anlage lediglich einen [X.] im oberen Bereich des Speichers aufgewiesen habe. Aus seiner Aussage ergebe sich, dass der Zeuge über die erfor-derlichen technischen Voraussetzungen und Kenntnisse verfügt habe. Die Aussage des Zeugen M.

sei auch unter Berücksichtigung dessen, dass die geschilderten
Vorgänge weit zurücklägen, glaubhaft. Es bestünden daher keine Zweifel daran, dass bereits Anfang 1997 im Anwesen W.

eine Wärmespeicheranlage installiert
worden sei, die von sämtlichen Merkmalen des Patentanspruchs
1 Gebrauch [X.] habe. Damit sei die patentgemäße Lehre einem unbegrenzten Personenkreis zugänglich geworden. Die öffentliche Zugänglichkeit ergebe sich aus der Lebenser-fahrung, weil es sich bei der Vorbenutzung um eine vorbehaltlose Lieferung an [X.] handele. Zudem habe der Zeuge M.

bekundet, er gehe mit Sicherheit davon
aus, dass der Bauherr W.

die Anlage [X.] gesehen habe.
II[X.] Die Berufung bleibt erfolglos. Das Patentgericht hat zu Recht entschieden, dass der Gegenstand von Patentanspruch
1 in der erteilten Fassung nicht neu ist. Nach dem für die Überprüfung in der Berufungsinstanz zugrunde zu legenden Sach-verhalt gehört der im Anwesen der Familie W.

installierte Wärmespeicher zum
Stand der Technik.
1.
An die dafür maßgeblichen Feststellungen des Patentgerichts, wonach der Wärmespeicher, der vor
dem [X.] an die Familie W.

vorbehaltlos gelie-
fert und in deren Haus installiert
wurde,
sämtliche Merkmale von Patentanspruch 1 in 16
17
18
-
9
-
der erteilten Fassung aufwies,
ist der Senat gemäß § 117 [X.] und § 529 ZPO ge-bunden
(vgl. [X.], Urteil vom 24.
Februar 2015

X
ZR
31/13, [X.], 768

Coenzym Q10). Konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Voll-ständigkeit dieser Feststellungen begründen, zeigt die Berufung nicht auf.
Das Patentgericht hat die Aussagen des Zeugen M.

sowie den Inhalt der
vorgelegten Unterlagen eingehend und überzeugend gewürdigt. Es hat dabei insbe-sondere berücksichtigt, dass der [X.]raum, auf den sich die Aussagen des Zeugen beziehen, weit zurückliegt,
und näher erläutert, warum es seine Angaben gleichwohl als glaubhaft ansieht.
Die Rüge der Berufung, es sei völlig ungeklärt, wie die Anlage aussehe, die im Anwesen der Familie W.

installiert wurde, ist unbegründet. Das Patentgericht hat
seiner Feststellung,
dass die bei Familie W.

installierte Anlage alle
patentgemä-
ßen Merkmale aufwies, die Angaben des Zeugen zugrunde gelegt, wonach der Wärmespeicher, wie er bei Familie W.

installiert wurde, von der in [X.] darge-
stellten Anlage lediglich insoweit abwich, als dort drei Verbindungsleitungen gezeigt sind, die oberhalb des Wärmetauschers von der Steigleitung zum Speicher führen, während die tatsächlich installierte Anlage im oberen Bereich nur einen [X.] aufwies.
Die in der Aussage des Zeugen erwähnten, als Anlage NK20.1 und NK20.2 vorgelegten Lichtbilder stehen damit in Einklang.
Der Einwand der Berufung, der in der Anlage [X.] enthaltenen Zeichnung sei nicht zu entnehmen, dass der Wärmespeicher zur temperaturgeschichteten [X.] eines [X.] diene,
greift nicht durch. Im Text der
[X.]
wird
erläutert, dass der Wärmespeicher der temperaturgeschichteten Aufnahme von Wasser dient. Das Patentgericht hat festgestellt, dass die
von auf der [X.] 1996 in [X.] ausgestellte Anlage sowie die in der Folge bei den Kunden [X.]

, [X.].

, Ma.

und W.

installierten Anlagen Behälter mit [X.] und
Schwerkraftbeladung umfassten und sich hierfür auch auf die Angaben des Zeugen 19
20
21
-
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-
gestützt.
Auch insofern zeigt die Berufung keine konkreten Anhaltspunkte auf, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit dieser Feststellung begründen. [X.] ist es nicht zu beanstanden, dass das Patentgericht die Schilderung des Zeugen zugrunde legte, wie er zu der Erkenntnis kam, dass eine solche Anlage auch ohne Umwälzpumpe funktioniere,
und in der Folge eine entsprechende Anlage auf der Messe ausstellte.
Entgegen der Darstellung der Berufung
hat sich
das Patentgericht
auch damit auseinandergesetzt, dass der Zeuge den Vortrag der Klägerin, er habe die Anlage damals auf der Grundlage der als Anlage [X.] vorgelegten Zeichnung errichtet, nicht bestätigt hat. Wenn die Angaben des Geschäftsführers der Klägerin zu 2 und des Zeugen hierzu voneinander abweichen, musste das Patentgericht daraus nicht den Schluss ziehen, dass die Angaben des Zeugen, aus denen sich im Übrigen ein stimmiges Gesamtbild ergibt,
unzutreffend sind.
Den Angaben des Zeugen ist, anders als die Berufung meint, nicht die Be-hauptung zu entnehmen, ihm habe zur [X.] der [X.] in [X.] bereits die Skizze gemäß Anlage [X.] vorgelegen. Deshalb ist es nicht erheblich, ob diese Skiz-ze, wie die Berufung geltend macht, erst zu einem späteren [X.]punkt gefertigt [X.].
2.
Die weitere Annahme des Patentgerichts, die Installation des
Wärmespei-chers
im [X.] W.

begründe eine offenkundige Vorbenutzung, ist
nicht zu beanstanden.
a) Zutreffend ist der rechtliche Ausgangspunkt des Patentgerichts. Die Veräu-ßerung eines Gegenstands, der die Lehre des Streitpatents vorwegnimmt, ohne Be-gründung einer Geheimhaltungspflicht führt für sich genommen noch nicht zur Offen-kundigkeit. Es muss vielmehr darüber hinaus die nicht nur theoretische
Möglichkeit eröffnet
sein, dass beliebige Dritte
und damit auch Fachkundige
zuverlässige und ausreichende Kenntnis von
der Erfindung erlangen
([X.], Urteil vom 25.
November 22
23
24
25
-
11
-
1965

Ia
ZR
117/64, GRUR
1966, 484, 486

Pfennigabsatz; Beschluss vom 5.
März 1996

X
ZB 13/92, GRUR
1996, 747, 752

Lichtbogen-Plasma-Beschichtung; Urteil vom 15.
Januar 2013

X ZR
81/11, GRUR
2013, 367 Rn.
20

Messelektronik für Coriolisdurchflussmesser). Dies kann unmittelbar dadurch geschehen, dass ein un-begrenzter Personenkreis die [X.] oder den vorbenutzten [X.] wahrnimmt oder wahrnehmen kann. Es kann aber auch genügen, dass einzelne Fachleute, die nicht zur Geheimhaltung verpflichtet sind, entsprechende Kenntnis erlangen. Schließlich kommt in Betracht, dass zwar nur
einzelne Personen, die keine Fachleute sind, den vorbenutzten Gegenstand wahrnehmen,
ohne zur Ge-heimhaltung verpflichtet zu sein, jedoch
die Möglichkeit besteht, dass sie ihre [X.] weitergeben.
Insoweit bedarf es nicht der Feststellung, dass derjenige, der von der [X.] Kenntnis erlangt, sich tatsächlich näher mit der Erfin-dung beschäftigt und die dadurch erlangten Kenntnisse an Dritte weitergegeben hat, vielmehr genügt, dass bei objektiver Würdigung der Umstände
des Falles nach der Lebenserfahrung
wahrscheinlich ist, dass der Betreffende die Vorbenutzungshand-lung zur Kenntnis nimmt, die in ihr verkörperte technische Lehre erkennt und versteht und an Dritte weitergibt.
Besteht die Benutzungshandlung

wie hier

darin, dass der betreffende [X.] an einen [X.] geliefert wird, kommt es darauf an, ob die Weiterverbrei-tung der von dem Empfänger der Lieferung erhaltenen Kenntnis an beliebige Dritte nach der Lebenserfahrung nahegelegen hat. Die Antwort auf diese Frage hängt maßgeblich davon ab, ob für den Mitteilungsempfänger eine Pflicht zur [X.] bestand oder wenigstens nach der Lebenserfahrung anzunehmen war, dass er die Benutzungshandlung, etwa wegen eines eigenen geschäftlichen oder sonstigen Geheimhaltungsinteresses tatsächlich geheimhalten werde. Bei einer solchen Sach-lage ist die Offenkundigkeit im Allgemeinen zu verneinen. Ist dagegen eine Geheim-haltungspflicht nicht vereinbart worden und eine Geheimhaltung auch sonst nicht zu erwarten, ist in der Regel davon auszugehen, dass mit der Lieferung die Kenntnis 26
-
12
-
von der Erfindung der Öffentlichkeit preisgegeben und die jedenfalls nicht [X.] Möglichkeit geschaffen worden ist, dass beliebige Dritte von ihr Kenntnis nehmen können
([X.], Beschluss vom 5. März 1996

X ZB
13/92, [X.], 747, 752

Lichtbogen-Plasma-Beschichtungssystem).
b) Der Umstand, dass die Lieferung und Installation der Anlage an die Familie
W.

ohne Geheimhaltungspflicht erfolgte und eine Geheimhaltung auch sonst
nicht zu erwarten war, legt nach der Lebenserfahrung nahe, dass damit die Kenntnis von der Erfindung der Öffentlichkeit preisgegeben und die jedenfalls nicht [X.] Möglichkeit geschaffen wurde, dass beliebige Dritte von ihr Kenntnis erlangen konnten. Dem
steht nicht entgegen, dass der Wärmespeicher in den Außenstehen-den grundsätzlich nicht zugänglichen Räumen des von der Familie W.

bewohn-
ten Anwesens installiert wurde.
Der Aufbau und die Funktionsweise eines Wärmespeichers nach der Lehre des Streitpatents ist, entgegen der nicht näher begründeten Auffassung
der Beru-fung, ohne Weiteres auch für nicht technisch Vorgebildete verständlich. Zudem [X.] Herrn W.

nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Patentgerichts der
technische Bericht von Dr.-Ing. P.

übergeben, in dem die Funktionsweise
einer entsprechenden Anlage in allgemeinverständlicher
Form dargestellt wird. [X.] besteht die nicht fernliegende Möglichkeit, dass die Mitglieder der Familie W.

oder Personen, die Zugang zu ihren Räumen haben, ihre
Kenntnisse über den
Wärmespeicher an Dritte weitergeben.
Zudem ist damit zu rechnen, dass fachkundige Dritte, etwa Handwerker, die mit der Wartung oder der Reparatur des Wärmespeichers oder sonstiger Teile der Hausinstallationen betraut werden, Zugang zu der Anlage haben und dadurch Kenntnis von Aufbau und Funktion des Wärmespeichers erlangen.
27
28
29
-
13
-
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf §
121 Abs.
2 [X.], §
97 Abs.
1 ZPO.
Meier-Beck
[X.]
[X.]

Schuster
Deichfuß
Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 10.07.2014 -
2 Ni 12/12 (EP) -

30

Meta

X ZR 116/14

08.11.2016

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.11.2016, Az. X ZR 116/14 (REWIS RS 2016, 2806)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 2806

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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X ZR 19/16 (Bundesgerichtshof)

Streitpatent bezüglich einer Filterpatrone zum Einsetzen in einen Wasservorratstank


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X ZR 116/14

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