Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.07.2009, Az. VII ZR 164/08

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 2347

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/08 Verkündet am: 23. Juli 2009 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: [X.] § 631 Eine mit der Grundüberholung einer technischen Anlage beauftragte Fachwerkstatt hat die hierfür geltenden, über die anerkannten Regeln der Technik hinausgehenden Anforderungen des Herstellers jedenfalls dann zu beachten, wenn sie die Sicherheit des Betriebs dieser Anlage betreffen. [X.], Urteil vom 23. Juli 2009 - [X.]/08 - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 23. Juli 2009 durch [X.] Dr. [X.], [X.] Kuffer, [X.], die Richterin [X.] und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 8. Zivilsenats des [X.] vom 3. Juli 2008 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen. Von Rechts wegen
Tatbestand: Die Klägerin macht auf sie nach § 67 [X.] a.F. übergegangene Scha-densersatzansprüche ihrer Versicherungsnehmerin, der [X.]-GmbH, geltend. Darüber hinaus beansprucht sie Ersatz von Kosten, die ihr vorgerichtlich durch die Einschaltung von Sachverständigen entstanden sind. Das Bestehen des Versicherungsverhältnisses und die Versicherungsleistung sind bestritten. 1 Die [X.]-GmbH beauftragte die Beklagte im November 2003 mit der Grundüberholung eines Zwölf-Zylinder-[X.] der Firma [X.], mit dem ein Blockheizkraftwerk im Hallenbad in [X.] betrieben wird. Die Beklagte hat im 2 - 3 - Rahmen der Grundüberholung die Befestigungsschrauben der [X.] auf der Kurbelwelle nicht ausgetauscht. Nach Inbetriebnahme des [X.] riss am 14. Juni 2004 ein Gegengewicht der Kurbelwelle ab und verursachte erhebliche Folgeschäden an dem Motor. Ursache des Abrisses des Gegengewichts war der Bruch von zwei hochfesten Befestigungsschrau-ben. Die Beklagte hat den beschädigten Motor instand gesetzt und dafür 150.586,71 • berechnet, auf die die [X.]-GmbH unter Vorbehalt 90.000 • gezahlt hat. Die Klägerin behauptet, sie habe eine Versicherungsleistung von 124.000 • an die [X.]-GmbH erbracht. Diesen Betrag und die Kosten der von ihr beauftragten Sachverständigen, insgesamt 128.817,17 •, sowie vorgerichtliche Anwaltskosten hat sie in erster Instanz von der [X.] ersetzt verlangt. 3 Das [X.] hat die Beklagte unter Abweisung der Klage im Übrigen zur Zahlung von [X.] • nebst Zinsen verurteilt. Das Berufungsgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. 4 Entscheidungsgründe: Die Revision der Klägerin führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. 5 - 4 - [X.] 6 Das Berufungsgericht lässt offen, ob zwischen der Klägerin und der [X.]-GmbH ein Versicherungsverhältnis bezüglich des streitgegenständlichen [X.] bestand, auf dessen Grundlage die Klägerin die behaupteten Leistun-gen erbracht hat. Es verneint einen Schadensersatzanspruch der Klägerin aus übergegangenem Recht der [X.]-GmbH gemäß § 280 Abs. 1 BGB, § 67 [X.] a.F. schon deshalb, weil es - entgegen der übereinstimmenden gegenteiligen Auffassung des vorgerichtlich tätigen Privatgutachters und des [X.] - der Meinung ist, die Beklagte habe bei der Grundüberholung des [X.] keine schuldhafte Pflichtverletzung dadurch begangen, dass sie die Befesti-gungsschrauben der [X.] auf der Kurbelwelle nicht ausgetauscht habe. Obwohl die Wartungsvorschriften des Herstellers [X.] jedenfalls seit [X.] auch bei [X.] den Austausch der [X.], könne der [X.] eine Fahrlässigkeit wegen der [X.] der Schrauben nicht angelastet werden. Die [X.] enthielten keine allgemein anerkannten Regeln der Technik. Es handele sich allenfalls um private technische Regelungen mit Empfehlungscharakter. Eine verfestigte Auffassung, dass einmal gelöste Befestigungsschrauben stets zu erneuern seien, habe sich im Januar 2004 noch nicht gebildet gehabt. Mit der Wiederverwendung der Befestigungsschrauben nach sorgfältiger Prüfung, wie sie von verschiedenen Herstellern vergleichbarer Motoren zugelassen [X.] sei, habe die Beklagte nicht gegen die im Verkehr erforderliche Sorgfalt verstoßen. Die Forderung nach dem Austausch einmal gelöster [X.] diene nur der Vermeidung eines Restrisikos, das aus dem [X.] der hochfesten Schrauben herrühre. Das Maß der erforderlichen Sorgfalt sei in einem solchen Fall nach einer Kosten-Nutzen-Analyse zu 7 - 5 - bestimmen. Danach sei ein Austausch geprüfter unbeschädigter [X.] nicht geboten, da eine Befestigungsschraube mindestens 50 • koste und pro Aggregat 36 Schrauben erforderlich seien. Zu berücksichtigen sei auch, dass die Beklagte als von dem Hersteller [X.] nicht autorisiertes Fachunterneh-men keine Auskünfte über dessen Wartungsvorschriften erhalten habe. I[X.] Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Abweisung der Klage kann nicht darauf gestützt werden, dass der [X.] bei der Grundüberholung des [X.] keine schuldhafte Pflichtverlet-zung anzulasten sei. 8 1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts durfte die Beklagte bei fachgerechter Ausführung des ihr erteilten Auftrags die [X.] der [X.] auf der Kurbelwelle auch nach erfolgter [X.] nicht weiterverwenden. 9 a) Die [X.]-GmbH hat die Beklagte mit der Grundüberholung eines [X.] beauftragt. Welchen konkreten Inhalt ein solcher Werkvertrag hat, ist durch Auslegung nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte zu [X.], §§ 133, 157 BGB. Beauftragt sind alle Leistungen, die für die fachgerechte Ausführung der Grundüberholung nötig sind. Dazu gehört jedenfalls, dass die ausgebauten Motorteile auf ihre Unversehrtheit hin untersucht und, soweit er-forderlich, entweder hergerichtet oder erneuert werden (vgl. [X.], Urteil vom 18. Januar 1995 - [X.]I ZR 23/94, [X.] 128, 307). Ob ausgebaute Teile erneu-ert werden müssen, bestimmt sich nach den anerkannten Regeln der Technik. 10 - 6 - Über die anerkannten Regeln der Technik hinausgehende Anforderun-gen des Herstellers für die Grundüberholung und Wartung sind jedenfalls dann zu beachten, wenn sie die Sicherheit des Betriebs einer technischen Anlage betreffen. Diese Sicherheitsanforderungen fußen auf der Einschätzung des Herstellers zur Gefährdung seines Produkts und der dadurch entstehenden Ri-siken für den Betrieb und die Verkehrssicherheit. Ein Besteller ist regelmäßig nicht bereit, das Risiko einer anderen Einschätzung zu übernehmen. Vielmehr erwartet er, dass ein Fachunternehmen sich die Wartungsvorschriften eines Herstellers einer technischen Anlage beschafft und diese beachtet. Ob diese Erwartungshaltung auch dann angenommen werden kann, wenn kein Fachun-ternehmen beauftragt wird, kann dahinstehen. Denn die Beklagte ist ein Fach-unternehmen auf dem Gebiet "Technologie und Service für Motoren und Antrie-be". 11 Stellt der Hersteller aus Sicherheitsgründen Anforderungen an die Grundüberholung, die die Anforderungen übertreffen, die allgemein üblich sind oder den anerkannten Regeln der Technik entsprechen, darf der Unternehmer nicht eigenmächtig entscheiden, ob das bei einer abweichenden Ausführung bestehende Risiko eingegangen werden soll. Eine solche Entscheidung steht nach entsprechender Aufklärung über das Risiko allein dem Besteller zu. 12 b) Danach hat die Beklagte ihre Leistungspflichten verletzt. Wie das Be-rufungsgericht zu Recht feststellt, dient der Austausch der einmal gelösten Be-festigungsschrauben der Vermeidung eines Restrisikos, das aus dem [X.] der hochfesten Schrauben erwächst und von den verschiedenen [X.] unterschiedlich eingeschätzt wird. Es kann dahingestellt bleiben, ob es bereits im November 2003 den anerkannten Regeln der Technik entsprach, bei der Grundüberholung eines [X.] stets die [X.] der [X.] auf der Kurbelwelle auszuwechseln oder ob eine 13 - 7 - Weiterverwendung nach besonderer Überprüfung als zulässig angesehen wur-de. Es kann deshalb auch offen bleiben, welche Art der Überprüfung nach die-sen Regeln zu erfolgen hatte und ob die Beklagte eine derartige Prüfung vor der Weiterverwendung der Schrauben tatsächlich vorgenommen hat. Denn die Beklagte ist bei der Überholung des [X.] jedenfalls den von dem Herstel-ler des Aggregats gestellten Anforderungen nicht gerecht geworden. Dessen Wartungsvorschriften enthielten seit November 2002 und damit zum Zeitpunkt der Ausführung der Reparatur die ausdrückliche Anweisung, die [X.] nicht wieder zu verwenden. Dem hatte die Beklagte nach dem Inhalt des geschlossenen Vertrages zu entsprechen. 2. Die Pflichtverletzung ist von der [X.] auch zu vertreten. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war ihr bei der Grundüberholung des [X.] bekannt, dass Befestigungsschrauben nach einem Lösen wegen mögli-cher Schadensrisiken nicht ohne weiteres wieder verwendet werden durften. Als Fachbetrieb musste sie auch wissen, dass es für den Gasmotor bei einer Grundüberholung zu beachtende Wartungsvorschriften des Herstellers gab. Sie kann sich nicht darauf berufen, dass ihr als vom Hersteller nicht autorisierter Vertragswerkstatt diese Wartungsvorschriften nicht zugänglich gewesen seien. Das daraus entstehende Haftungsrisiko hätte sie nur durch eine entsprechende Aufklärung vermeiden können. 14 3. Nach Zurückverweisung der Sache wird das Berufungsgericht nun-mehr zu prüfen haben, ob der Klägerin der geltend gemachte Schadensersatz in der vom [X.] zugesprochenen Höhe von 90.000 • aus übergegange-nem Recht und hinsichtlich der vorgerichtlich für die von ihr [X.] - 8 - Sachverständigen verauslagten Beträge von 3.923,22 • und 893,95 • aus eige-nem Recht zusteht. [X.] Kuffer [X.] [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 26.11.2007 - 2 O 2946/05 - [X.], Entscheidung vom 03.07.2008 - 8 U 233/07 -

Meta

VII ZR 164/08

23.07.2009

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.07.2009, Az. VII ZR 164/08 (REWIS RS 2009, 2347)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 2347

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