Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.12.2008, Az. I ZB 32/06

I. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 102

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[X.] vom 18. Dezember 2008 in der Zwangsvollstreckungssache
Nachträglicher Leitsatz Nachschlagewerk: ja [X.] : nein [X.]R : ja

Mehrfachverstoß gegen [X.] ZPO § 890 Abs. 1 Auch für das Zwangsvollstreckungsverfahren wird nicht am [X.] festgehalten. Mehrere Einzelakte, mit denen ein Schuldner gegen ein tituliertes Unterlassungsgebot verstößt, können nicht als fortgesetzte Handlung zu einer einheitlichen Tat zusammengefasst werden. [X.], [X.]. v. 18. Dezember 2008 [X.]/06 [X.] OLG [X.] [X.] - 2 - Der I. Zivilsenat des [X.] hat am 18. Dezember 2008 durch [X.] [X.] und [X.], Prof. Dr. Bü-scher, [X.] und [X.] beschlossen: Die Rechtsbeschwerde gegen den [X.]uss des 6. Zivilsenats des [X.]s [X.] vom 21. April 2006 wird auf Kosten der Schuldnerin zurückgewiesen. Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 5.000 Euro fest-gesetzt. Gründe: 1 I. Mit [X.]ussverfügung vom 20. Dezember 2004 untersagte das [X.] der Schuldnerin unter Androhung der gesetzlichen Ordnungs-mittel, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken für Geräte der [X.] zu werben, wenn auf eine unzutreffende Ersparnis durch Angabe einer un-zutreffenden, unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers hingewiesen wird. Die Gläubigerin ließ die einstweilige Verfügung der Schuldnerin am 3. Januar 2005 zustellen. Die Schuldnerin wies ihre Mitarbeiter schriftlich auf das Verbot hin. Sie drohte Konsequenzen für den Fall der Nichtbefolgung an, ließ das Schreiben von ihren Mitarbeitern gegenzeichnen und nahm es zu der jeweiligen [X.] - 3 - te. Darüber hinaus instruierten der Geschäftsführer und der Verkaufsleiter der Schuldnerin sämtliche mit der Angabe von unverbindlichen Preisempfehlungen in der Werbung befassten Mitarbeiter über das Verbot und die Notwendigkeit seiner unbedingten Beachtung. Am 24. März 2005 erschien in einer Werbebeilage zum —[X.] Mor-genfi eine Werbung der Schuldnerin für einen Fernsehapparat der Marke [X.] zum Preis von 1.997 • mit dem Hinweis —Unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers 3.499,00 •, 1.502,00 • billigerfi. Diese Angabe traf nicht zu, weil der vom Hersteller empfohlene Preis nur 2.999 • betrug. Die Gläubigerin beantragte daraufhin im April 2005 die Festsetzung von [X.] gegen die Schuldne-rin. Mit [X.]uss vom 14. September 2005 setzte das [X.] gegen die Schuldnerin ein Ordnungsgeld von 7.000 • fest. 3 Am 25. Juli 2005 warb die Schuldnerin in einer Anzeige im —[X.] Morgenfi für einen Fernsehapparat der Marke [X.]. Über dem Verkaufspreis von 555 • befand sich ein durchgestrichener Preis von 999,99 • mit dem Hinweis auf eine Fußnote, aus der sich ergab, dass es sich dabei um die unverbindliche Preis-empfehlung des Herstellers handelte. Tatsächlich betrug der vom Hersteller emp-fohlene Preis zur fraglichen Zeit aber nur 749,99 •. 4 Die Gläubigerin beantragt, gegen die Schuldnerin wegen des erneuten [X.] vom 25. Juli 2005 ein Ordnungsmittel zu verhängen. Die Schuldnerin ist dem Antrag entgegengetreten. 5 Das [X.] Mannheim hat gegen die Schuldnerin ein weiteres Ord-nungsgeld in Höhe von 5.000 • und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, eine am Geschäftsführer der Schuldnerin zu vollziehende [X.] - nungshaft von fünf Tagen festgesetzt. Die dagegen gerichtete sofortige Be-schwerde der Schuldnerin hat das [X.] zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Schuldnerin ihren [X.] auf Zurückweisung des [X.] weiter. [X.] Das Beschwerdegericht hat angenommen, dass das [X.] wegen des Verstoßes vom 25. Juli 2005 zu Recht ein weiteres Ordnungsmittel festgesetzt habe. Dies sei nicht deshalb ausgeschlossen, weil gegen die Vollstreckungs-schuldnerin bereits am 14. September 2005 ein Ordnungsgeld wegen einer Zuwi-derhandlung gegen dieselbe [X.]ussverfügung festgesetzt worden sei. Die [X.] vom 24. März und 25. Juli 2005 seien nicht als unselbständige Teilakte [X.] einheitlichen Tat zu qualifizieren. Darüber hinaus seien die mehrfachen [X.] nicht nach den Grundsätzen über den Fortsetzungszusammenhang als ein-heitliche Tat anzusehen, denn die Rechtsfigur des [X.] sei nach dessen Aufgabe auf strafrechtlichem Gebiet im Rahmen der Vollstre-ckung von [X.]n nicht mehr anzuwenden. 8 III. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Rechtsbeschwerde haben keinen Erfolg. 9 1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft. Dem steht die Regelung der § 574 Abs. 1 Satz 2, § 542 Abs. 2 ZPO nicht entgegen. Der dort bestimmte Ausschluss gilt nur für das Verfügungsverfahren, nicht jedoch für Folgesachen ([X.], [X.]. v. 6.4.2005 [X.] V ZB 25/04, NJW 2005, 2233; [X.]. v. 6.12.2007 [X.] I ZB 16/07, [X.], 2040 [X.]. 6 [X.] Kosten eines Abwehrschreibens; [X.], [X.]. v. 2.10.2008 [X.] I ZB 111/07, [X.]. 4, jeweils für das Kostenfestsetzungsverfahren; Musielak/Ball, ZPO, 6. Aufl., § 542 Rdn. 5; [X.]/[X.], ZPO, 27. Aufl., § 542 Rdn. 9). 10 - 5 - 2. Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet. 11 a) Die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen liegen vor. Die Verhän-gung von [X.] ist in der [X.]ussverfügung angedroht worden. Die einstweilige Verfügung wurde durch Zustellung im Parteibetrieb fristgerecht voll-zogen. 12 b) Nicht im Streit steht, dass die Schuldnerin mit der Werbung vom 25. Juli 2005 (erneut) gegen das Unterlassungsgebot verstoßen hat. Zu Recht hat das Beschwerdegericht angenommen, dass die beiden Verstöße nicht unter dem Ge-sichtspunkt einer natürlichen Handlungseinheit als eine Tat angesehen werden können. Zu einer natürlichen Handlungseinheit können im Zivilrecht und in der Zwangsvollstreckung mehrere [X.] auch fahrlässige [X.] Verhaltensweisen zusammen-gefasst werden, die aufgrund ihres räumlich-zeitlichen Zusammenhangs so eng miteinander verbunden sind, dass sie bei natürlicher Betrachtungsweise als [X.] erscheinen (vgl. [X.] 33, 163, 167 f. [X.] Krankenwagen II; [X.] 146, 318, 326 [X.] Trainingsvertrag; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], UWG, 26. Aufl., § 12 Rdn. 1.149 und [X.] ebd. § 12 6.4). Im Streitfall handelt es sich um zwei verschiedene, im Abstand von vier [X.] veröffentlichte Werbeanzeigen für Fernsehgeräte unterschiedlicher Herstel-ler. Unter diesen Umständen ist die Beurteilung des [X.] nicht zu beanstanden. 13 c) Ebenfalls mit Recht hat das Beschwerdegericht die beiden Anzeigen nicht nach den Grundsätzen über den Fortsetzungszusammenhang zu einer ein-heitlichen Tat zusammengefasst. Nachdem der [X.] das aus dem Strafrecht stammende Rechtsinstitut des [X.] für den Bereich des Strafrechts ([X.]St 40, 138; 40, 195, 197; 41, 385, 393 ff.; 43, 149, 152; 43, 312, 315) aufgegeben und der Senat den Rechtsbegriff der Fortsetzungs-14 - 6 - tat im Recht der Vertragsstrafe für unanwendbar erklärt hat ([X.] 146, 318, 324 [X.] Trainingsvertrag), besteht keine Veranlassung, an diesem [X.] festzuhalten ([X.] in Hefermehl/[X.]/[X.] aaO § 12 Rdn. 6.4; Fezer/Büscher, UWG, § 12 Rdn. 313; [X.]/[X.], UWG, Vor § 12 Rdn. 322 f.; MünchKomm.UWG/Ehricke, Vor § 12 Rdn. 156; Tep-litzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 9. Aufl., [X.]. 57 Rdn. 35; [X.], Handbuch des [X.]es, 3. Aufl., Rdn. [X.]/[X.]/[X.], ZPO, 22. Aufl., § 890 Rdn. 41; MünchKomm.ZPO/[X.], 3. Aufl., § 890 Rdn. 13; [X.], [X.], 1144, 1148; [X.] NJW-RR 1999, 723, 724; [X.] WRP 2007, 566, 569 f.; a.[X.]/[X.]/[X.], Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz, 4. Aufl., § 890 Rdn. 28; [X.]/[X.] aaO § 890 Rdn. 20; Musielak/[X.] aaO § 890 Rdn. 13; [X.]/[X.], [X.], 5. Aufl., [X.]. 66 Rdn. 4). Steht bei der Vertragsstrafe die Vertragsauslegung im Vordergrund, mit deren Hilfe die Kriterien für eine Zusammenfassung mehrerer Teilakte zu einer Zuwiderhandlung ermittelt werden müssen, können in der Zwangsvollstreckung bei der Bemessung des Ord-nungsmittels auch ohne die Grundsätze der fortgesetzten Handlung alle [X.] berücksichtigt werden, die es angemessen erscheinen lassen, bei wiederholten Verstößen nicht das Vielfache der für eine einzelne Zuwiderhandlung als ange-messen erachteten Sanktion zu verhängen. Insbesondere kann das Prozessge-richt bei der Bemessung in Rechnung stellen, dass der gegenüber der [X.] erhobene [X.] sich dann, wenn der einzelne Teilakt von einem Mitarbeiter begangen worden ist, allein auf das Organisations- oder Überwachungsverschulden des Unternehmens stützt. Im Streitfall ist auch unter diesem zuletzt genannten Gesichtspunkt nichts gegen die Entscheidung des [X.] zu erinnern. Selbst wenn beide Verstöße auf das Unterlassen derselben organisatorischen Maßnahme im [X.] - 7 - schäftsablauf zurückzuführen wären, könnte dies hier nicht zu einer Herabsetzung des Ordnungsgeldes führen. Denn vor dem zweiten Verstoß, der Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist, hatte die Schuldnerin bereits den nach dem ersten Verstoß gestellten Ordnungsmittelantrag der Gläubigerin und damit Kenntnis da-von erhalten, dass die ergriffenen Maßnahmen zur Vermeidung weiterer Verstöße offensichtlich nicht ausreichten. 16 d) Nicht zu beanstanden ist, dass das Beschwerdegericht ein Verschulden der Schuldnerin bejaht hat. Zwar ist es grundsätzlich Sache des Gläubigers, den Verstoß und damit auch das Verschulden darzulegen. Da die beanstandete Zuwi-derhandlung regelmäßig in einem Verhalten des Schuldners oder seiner Mitarbei-ter liegt und damit seiner Sphäre zuzuordnen ist, hat er darzulegen, welche [X.] er ergriffen hat, um einen Verstoß gegen das titulierte [X.] zu verhindern ([X.] in Hefermehl/[X.]/[X.] aaO § 12 Rdn. 6.7, 6.8). Im Streitfall spricht allein der Umstand, dass erneut eine Anzeige mit einer [X.] erscheinen konnte, dafür, dass die Schuld-nerin keine hinreichenden Vorsorgemaßnahmen getroffen hat, um weitere Verstö-ße zuverlässig zu unterbinden. Es wäre unter diesen Umständen ihre Sache ge-wesen darzulegen, weshalb gleichwohl kein Verschulden gegeben sein soll. - 8 - III. [X.] beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. 17 [X.] Pokrant Büscher
Bergmann Koch Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 12.12.2005 - 7 O 552/04 - OLG [X.], Entscheidung vom 21.04.2006 - 6 W 10/06 -

Meta

I ZB 32/06

18.12.2008

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.12.2008, Az. I ZB 32/06 (REWIS RS 2008, 102)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 102

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