Bundesfinanzhof, Urteil vom 15.03.2023, Az. I R 41/19

1. Senat | REWIS RS 2023, 3087

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Gegenstand

vGA - Versorgungszahlung und Geschäftsführergehalt


Leitsatz

1. Aus steuerrechtlicher Sicht ist es nicht zu beanstanden, ein Versorgungsversprechen der Kapitalgesellschaft nicht von dem endgültigen Ausscheiden des Begünstigten aus dem Dienstverhältnis als Geschäftsführer, sondern allein von dem Erreichen der Altersgrenze abhängig zu machen. In diesem Fall würde ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter allerdings grundsätzlich verlangen, entweder das Einkommen aus der fortbestehenden Tätigkeit als Geschäftsführer auf die Versorgungsleistung anzurechnen oder den vereinbarten Eintritt der Versorgungsfälligkeit --ggf. unter Vereinbarung eines nach versicherungsmathematischen Maßstäben berechneten Barwertausgleichs-- aufzuschieben, bis der Begünstigte endgültig seine Geschäftsführerfunktion beendet hat (Bestätigung der Senatsurteile vom 05.03.2008 - I R 12/07, BFHE 220, 454, BStBl II 2015, 409, und vom 23.10.2013 - I R 60/12, BFHE 244, 256, BStBl II 2015, 413).

2. Wird allerdings nach dem Eintritt des Versorgungsfalles neben der Versorgungsleistung bei voller Weiterbeschäftigung als Geschäftsführer für diese Tätigkeit lediglich ein reduziertes Gehalt gezahlt, liegt nach der Maßgabe eines hypothetischen Fremdvergleichs dann keine gesellschaftliche Veranlassung vor, wenn die Gehaltszahlung die Differenz zwischen der Versorgungszahlung und den letzten Aktivbezügen nicht überschreitet (Fortentwicklung der bisherigen Senatsrechtsprechung).

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 25.07.2019 - 10 K 1583/19 K aufgehoben, soweit es den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer auf den 31.12.2015 betrifft.

Im Übrigen wird die Revision des Beklagten als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob die an den beherrschenden Gesellschafter einer GmbH gezahlte Altersversorgung bei Wiederaufnahme der Geschäftsführertätigkeit als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) einkommenserhöhend zu berücksichtigen ist.

2

Unternehmensgegenstand der im Jahr 1983 gegründeten [X.]lägerin und [X.] ([X.]lägerin) ist die ingenieurmäßige Beratung. Ihr alleiniger Gesellschafter ist [X.], geboren am …1942. [X.] war seit der Gründung zugleich Geschäftsführer. Sein Geschäftsführeranstellungsvertrag sah ein laufendes Gehalt und eine Tantieme vor. Das monatliche Bruttogehalt wurde zum 01.01.2007 auf 8.000 € angehoben (Gesamtvergütung im Jahr 2009: 161.686 €).

3

Am 28.12.1994 erhielt [X.] von der [X.]lägerin eine Versorgungszusage über ein monatliches Ruhegehalt von 4.500 DM. Voraussetzung war, dass der Geschäftsführer nach Vollendung des 65. Lebensjahres aus dem Dienst ausscheidet. Nach Änderung der Versorgungszusage am 29.06.2007 lautete die entsprechende Regelung wie folgt:

"Wenn Sie nach Vollendung des 68. Lebensjahres das Arbeitsverhältnis beenden, haben Sie Anspruch auf eine lebenslange Altersrente. Die Altersrente beträgt monatlich € 2.300,00."

4

Zum 31.08.2010 wurde der Geschäftsführeranstellungsvertrag durch [X.]ündigung beendet und [X.] als Geschäftsführer abberufen. Seine Gesamtvergütung betrug in diesem Jahr 106.864 € (einschließlich 9.200 € [X.] für die Monate September bis Dezember 2010).

5

Am 31.03.2011 wurde [X.] erneut zum Geschäftsführer der [X.]lägerin bestellt und im Handelsregister eingetragen. Nach dem Anstellungsvertrag vom 28.02.2011 erhielt er ab 01.03.2011 ein monatliches Bruttogehalt von 1.000 € sowie eine Weihnachtsgratifikation in Höhe eines [X.]. Darüber hinaus sah die Vereinbarung vor, dass die [X.] unberührt bleiben.

6

Im [X.]örperschaftsteuerbescheid für das [X.] (Streitjahr) setzte der Beklagte und Revisionskläger (Finanzamt --[X.]--) die [X.]örperschaftsteuer auf 0 € fest. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse einer Lohnsteueraußenprüfung wurden dabei die zusätzlich zum Geschäftsführergehalt (13.384 €) angefallenen [X.] als vGA berücksichtigt (28.864 €).

7

Während des hiergegen gerichteten [X.] erließ das [X.] einen nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung ([X.]) geänderten [X.]örperschaftsteuerbescheid 2015 sowie einen Bescheid zur gesonderten Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur [X.]örperschaftsteuer auf den [X.] Den Einspruch wies das [X.] als unbegründet zurück.

8

Das Finanzgericht (FG) Münster gab der gegen "den [X.]örperschaftsteuerbescheid 2015 vom 02.05.2019 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 02.05.2019" gerichteten [X.]lage mit Urteil vom 25.07.2019 - 10 [X.] 1583/19 [X.] (Entscheidungen der Finanzgerichte 2019, 1620) statt und änderte sowohl den [X.]örperschaftsteuerbescheid 2015 als auch den Bescheid über die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur [X.]örperschaftsteuer auf den [X.] Aufgrund der besonderen Umstände des Streitfalls liege eine vGA nach § 8 Abs. 3 Satz 2 des [X.]örperschaftsteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung ([X.]StG) nicht vor. Zum einen seien die zivilrechtlichen Voraussetzungen des [X.]s auch nach Abschluss des neuen Geschäftsführeranstellungsvertrags erfüllt, da der [X.] unberührt bleiben sollte und der neue Vertrag nicht Maßstab für dessen zivilrechtliches Entstehen sei. Zum anderen halte die gleichzeitige Zahlung von Gehalt und Versorgung einem Fremdvergleich stand. Dabei sei zu berücksichtigen, dass im Streitfall das Anstellungsverhältnis mit [X.] zunächst beendet worden sei. Die Neueinstellung sei allein im Interesse der [X.]lägerin erfolgt. Das neue Geschäftsführergehalt sei zudem nur ein Anerkennungsbetrag und kein vollwertiges Gehalt. In der Summe würden Versorgung und Gehalt des Streitjahres nur ca. 26 % der Gesamtbezüge des Jahres 2009 ausmachen, also des letzten [X.]alenderjahres, in dem [X.] seine vorherige Geschäftsführertätigkeit über das gesamte Jahr ausgeübt habe. Damit sei die Grenze einer Überversorgung erheblich unterschritten.

9

Das [X.] macht mit seiner Revision die Verletzung materiellen Rechts geltend und beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die [X.]lage abzuweisen.

Die [X.]lägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

1. Soweit das [X.] mit dem angefochtenen Urteil auch den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur [X.]örperschaftsteuer auf den 31.12.2015 geändert hat, ist das Urteil aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben.

Nach § 96 Abs. 1 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) darf das Gericht über das [X.]lagebegehren nicht hinausgehen. Zwar ist es hierbei nicht an die Fassung der Anträge gebunden. Für die Bestimmung des [X.]lagebegehrens ist aber in der Regel der in der mündlichen Verhandlung gestellte Antrag maßgeblich (Urteil des [X.] --[X.]-- vom 10.06.2021 - IV R 2/19, [X.], 1483, m.w.[X.]).

Nach dieser Maßgabe bezog sich das [X.]lagebegehren im Streitfall ausschließlich auf den [X.]örperschaftsteuerbescheid 2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 02.05.2019. Auch aus dem sonstigen Vorbringen der [X.]lägerin im [X.]lageverfahren kann nicht geschlossen werden, dass sie auch den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur [X.]örperschaftsteuer auf den 31.12.2015 zum Gegenstand des [X.]lageverfahrens machen wollte. Vielmehr hat sie in der [X.]lageschrift ausdrücklich zwischen beiden Bescheiden differenziert und darauf hingewiesen, dass die Einspruchsentscheidung vom 02.05.2019 nur zu ihrem Einspruch gegen den [X.]örperschaftsteuerbescheid 2015 ergangen sei. Dennoch hat das [X.] auch den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur [X.]örperschaftsteuer auf den 31.12.2015 geändert. Darin liegt ein im Revisionsverfahren von Amts wegen zu berücksichtigender Verstoß gegen die Grundordnung des Verfahrens (s. allgemein [X.]-Urteil vom 04.09.2008 - IV R 1/07, [X.], 220, [X.], 335).

2. Im Übrigen ist die Revision unbegründet und zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 [X.]O). Das [X.] hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die [X.]lage gegen den [X.]örperschaftsteuerbescheid 2015 zulässig und begründet ist.

a) Die [X.]lage ist zulässig, obwohl das [X.] die [X.]örperschaftsteuer in dem angefochtenen Bescheid auf 0 € festgesetzt hat.

Gemäß § 40 Abs. 2 [X.]O ist eine [X.]lage nur zulässig, wenn der [X.]läger geltend macht, durch den Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein. Bei der Anfechtung eines sog. Nullbescheids ist dies regelmäßig nicht der Fall. Die [X.]lage gegen einen solchen Bescheid kann aber ausnahmsweise zulässig sein, wenn dieser Bescheid für den [X.]läger nachteilig wirkt, weil in ihm angesetzte Besteuerungsgrundlagen für andere Verfahren verbindliche Entscheidungsvorgaben liefern (ständige Rechtsprechung, z.B. Senatsurteil vom 04.05.2022 - I R 25/19, [X.], 1313, m.w.[X.]).

Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. Durch die gesetzliche Neukonzeption des § 10d Abs. 4 Satz 4 und 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2010 vom [X.] ([X.], 1768, [X.], 1394) sind für das Verhältnis von [X.]örperschaftsteuerbescheid und Bescheid über die gesonderte Feststellung von verbleibenden Verlustvorträgen zur [X.]örperschaftsteuer die für das Verhältnis von Grundlagen- zu Folgebescheiden geltenden Vorschriften (§ 171 Abs. 10, § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und § 351 Abs. 2 AO sowie § 42 [X.]O) entsprechend anwendbar (vgl. Senatsurteile vom 10.12.2019 - I R 58/17, [X.], 514, [X.] 2021, 945; in [X.], 1313).

b) Die [X.]lage ist auch begründet. Das [X.] hat die einkommenserhöhende Qualifizierung der im Streitjahr geleisteten [X.] als vGA ohne durchgreifenden Rechtsfehler abgelehnt.

aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (z.B. Urteil in [X.], 1313, m.w.[X.]) sind unter einer vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 [X.] bei einer [X.]apitalgesellschaft Vermögensminderungen (verhinderte [X.]) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst oder mitveranlasst sind, sich auf die Höhe des [X.] gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 [X.] auswirken und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung stehen. Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der Senat die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die [X.]apitalgesellschaft ihrem Gesellschafter oder einer diesem nahestehenden Person einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte. Zudem muss der Vorgang geeignet sein, bei dem begünstigten Gesellschafter einen sonstigen Bezug i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen.

Ist der begünstigte Gesellschafter ein beherrschender, so kann eine vGA auch dann anzunehmen sein, wenn die [X.]apitalgesellschaft eine Leistung an ihn oder an eine ihm nahestehende Person erbringt, für die es an einer klaren und eindeutigen, im Voraus getroffenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung fehlt (sog. formeller Fremdvergleich). In diesen Fällen indiziert das vom Fremdvergleich abweichende Verhalten der [X.]apitalgesellschaft und ihres Gesellschafters oder der diesem nahestehenden Person die Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis (ständige Rechtsprechung, z.B. Senatsurteil vom 17.01.2018 - I R 74/15, [X.]/NV 2018, 836, m.w.[X.]).

bb) Das [X.] geht in der Vorentscheidung davon aus, dass die Voraussetzungen des formellen Fremdvergleichs erfüllt sind. Dabei hat es die [X.] zwischen der [X.]lägerin und [X.] dahin ausgelegt, dass die zivilrechtlichen Voraussetzungen für die Zahlung der Altersrente durch die Beendigung des ursprünglichen Geschäftsführeranstellungsvertrags erfüllt sind und dieser zivilrechtliche Anspruch durch den Abschluss des neuen [X.] am 28.02.2011 nicht berührt wurde. An diese tatrichterliche Würdigung ist der Senat gemäß § 118 Abs. 2 [X.]O gebunden.

Die Auslegung von Verträgen und Willenserklärungen gehört zum Bereich der tatsächlichen Feststellungen und bindet den [X.] nach § 118 Abs. 2 [X.]O, wenn sie den Grundsätzen der §§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entspricht und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt, d.h. jedenfalls möglich ist (ständige Rechtsprechung, z.B. Senatsurteil vom 23.11.2022 - I R 36/19, juris, m.w.[X.]). Da die [X.] zwischen der [X.]lägerin und [X.] lediglich voraussetzt, dass "das Arbeitsverhältnis beendet" wird, ist im Rahmen der Auslegung eine Beschränkung auf den ursprünglichen Geschäftsführeranstellungsvertrag zumindest möglich und widerspricht weder Denkgesetzen noch [X.]. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass es nach der Rechtsprechung des Senats grundsätzlich steuerlich zu akzeptieren ist, die Zahlung der Altersrente allein von dem Erreichen der Altersgrenze abhängig zu machen (Senatsurteile vom 05.03.2008 - I R 12/07, [X.]E 220, 454, [X.] 2015, 409; vom 23.10.2013 - I R 60/12, [X.]E 244, 256, [X.] 2015, 413). Darüber hinaus soll jedenfalls die Beschäftigung aufgrund eines anderen Dienstverhältnisses oder in einer anderen Funktion als Berater möglich bleiben (Senatsurteil in [X.]E 244, 256, [X.] 2015, 413). Unter Berücksichtigung der Interessen der [X.]lägerin und des [X.] besteht deshalb kein Anlass, die Voraussetzung der Beendigung des Arbeitsverhältnisses weit auszulegen und auf jedes Arbeitsverhältnis zwischen der [X.]lägerin und [X.] auszudehnen.

cc) Darüber hinaus hält die Zahlung der Altersrente unter den besonderen Umständen des Streitfalls --auch für die [X.] nach Abschluss des neuen [X.] einem allgemeinen Fremdvergleich stand.

(1) Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteile in [X.]E 220, 454, [X.] 2015, 409, und in [X.]E 244, 256, [X.] 2015, 413) verträgt sich die Fortführung des Arbeitsverhältnisses unter gleichzeitigem Bezug einer Versorgung einerseits und laufendem Geschäftsführergehalt andererseits nur bedingt mit den Anforderungen, die für das Handeln des gedachten ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer [X.]apitalgesellschaft maßgeblich sind. Ein solcher Geschäftsleiter hätte verlangt, entweder das Einkommen aus der fortbestehenden Tätigkeit als Geschäftsführer auf die Versorgungsleistung anzurechnen oder den vereinbarten Eintritt der [X.] --ggf. unter Vereinbarung eines nach versicherungsmathematischen Maßstäben berechneten [X.] aufzuschieben, bis der Begünstigte endgültig seine Geschäftsführerfunktion beendet hat (zum Erfordernis der Anrechnung auch Schreiben des [X.] vom 18.09.2017, [X.], 1293, Rz 10). Im Fall der Weiterbeschäftigung schließen sich deshalb wechselseitig uneingeschränkte Zahlungen von Versorgung und laufendem Gehalt aus der hierfür maßgeblichen Sicht des Leistenden grundsätzlich aus; die möglicherweise entgegenstehende Interessenlage des Begünstigten ist insoweit unbeachtlich.

(2) An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest. Zur Auseinandersetzung mit der in der Literatur geäußerten [X.]ritik wird auf die Ausführungen im Urteil in [X.]E 244, 256, [X.] 2015, 413 verwiesen. Auch wenn die Altersversorgung Teil des Entgelts für die geleistete Arbeit ist und sie damit, was die Vergangenheit anbelangt, bereits "[X.]" wurde, soll sie gleichwohl in erster Linie zur Deckung des [X.] beitragen, regelmäßig also erst beim Wegfall der Bezüge aus dem (mit dem [X.] verbundenen) Arbeitsverhältnis einsetzen.

(3) Allerdings beziehen sich die vom Senat entwickelten Grundsätze erkennbar in erster Linie auf Fälle von wechselseitig "uneingeschränkten" Zahlungen von Versorgung und laufendem Gehalt. Wird für die Weiterbeschäftigung --wie im [X.] lediglich ein reduziertes Gehalt gezahlt, sind im Rahmen des hypothetischen Fremdvergleichs weitere Überlegungen erforderlich.

Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter würde zwar nicht gleichzeitig sowohl die volle Versorgung als auch ein volles Gehalt für die Tätigkeit (Weiterbeschäftigung als Geschäftsführer) zahlen. Er würde aber auch nicht erwarten, dass ein "pensionierter" Geschäftsführer "umsonst" weiterarbeitet. Vielmehr würde er grundsätzlich bereit sein, neben der Versorgung, die (nur) für die angemessene Versorgung im Ruhestand gezahlt wird, für die (zusätzlichen) Dienste aufgrund der fortgeführten oder wieder aufgenommenen Tätigkeit als Geschäftsführer ein Gehalt bis zur Höhe der Differenz zwischen der Versorgung und den letzten [X.] zu zahlen (gl.[X.], [X.] 2014, 617, 621; im Grundsatz übereinstimmend [X.]/[X.]/Rengers, § 8 [X.] Rz 744 [allerdings beschränkt auf diejenigen Fälle, in denen Versorgung und Gehalt in der Summe nicht mehr als 75 % der letzten Aktivbezüge betragen]). Der Versorgungscharakter der [X.] bleibt unter diesen Voraussetzungen grundsätzlich erhalten.

Allerdings kann eine Weiter- oder Folgebeschäftigung mit reduzierten Arbeitszeiten/Aufgabenbereichen dazu führen, dass die Differenz zwischen Versorgung und letzten [X.] nicht vollständig ausgeschöpft werden kann, ohne eine vGA auszulösen, vielmehr in diesem Fall eine anteilige [X.]ürzung dieses ("unschädlichen") Betrags erforderlich ist.

(4) Im Streitfall kann diese Frage einer möglichen "[X.]ürzung" dahingestellt bleiben. Auf der Grundlage der bindenden Feststellungen des [X.] (§ 118 Abs. 2 [X.]O) bestehen keine Anhaltspunkte für eine Reduzierung der Arbeitszeiten/Aufgabenbereiche des [X.], die eine [X.]ürzung rechtfertigen, zumal er nach Abschluss des neuen [X.] wieder alleiniger Geschäftsführer war. Im Übrigen betrug die Summe von Versorgung und neuem Gehalt bei [X.] lediglich 26 % seiner letzten Aktivbezüge. Damit ist die Differenz zwischen Versorgung und letzten [X.], die grundsätzlich für die Zahlung eines Gehalts ohne vGA-Folgen zur Verfügung steht, bei Weitem nicht ausgeschöpft.

3. Die Einwendungen des [X.] bleiben ohne Erfolg.

a) Der Ansatz einer vGA lässt sich nicht unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Senats zum sog. doppelten Fremdvergleich (vgl. hierzu z.B. Senatsurteil vom 11.09.2013 - I R 28/13, [X.]E 244, 241, [X.] 2014, 726, m.w.[X.]) bereits daraus herleiten, dass ein Dritter nicht tätig geworden wäre, wenn er hierfür --wie vom [X.] formuliert-- nur eine "Anerkennungsvergütung" erhalten hätte.

Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung können zwar unübliche Abreden, die einseitig die Gesellschaft begünstigen, dem Grunde nach zu einer gesellschaftlichen Veranlassung und damit zu einer vGA führen. Der Senat hat aber in den Urteilen in [X.]E 220, 454, [X.] 2015, 409 und in [X.]E 244, 256, [X.] 2015, 413 zu der Frage, ob und in welcher Höhe das Nebeneinander von Versorgung und Gehalt bei der Weiterbeschäftigung des Geschäftsführers einer [X.]apitalgesellschaft eine vGA zur Folge haben könnte, allein auf die Sicht der zahlenden [X.]apitalgesellschaft abgestellt. Vor diesem Hintergrund kann eine vGA nicht allein damit begründet werden, dass der Geschäftsführer nur ein unüblich niedriges (zusätzliches) Gehalt erhalten hat. Im Übrigen hat der Senat bereits im Urteil vom 17.05.1995 - I R 147/93 ([X.]E 178, 203, [X.] 1996, 204) darauf hingewiesen, dass der doppelte Fremdvergleich dem Gesellschafter nicht die Möglichkeit nehme, gegenüber der [X.]apitalgesellschaft Dienstleistungen oder Nutzungsüberlassungen unter Marktwert zu erbringen (vgl. auch Senatsurteil vom 19.05.1998 - I R 36/97, [X.]E 186, 226, [X.] 1998, 689; Senatsbeschluss vom 01.02.2010 - I B 118/09, [X.]/NV 2010, 1127).

b) Auch die geschäftsvorfallbezogene Betrachtung des Senats (vgl. Urteil vom 11.11.2015 - I R 26/15, [X.]E 252, 359, [X.] 2016, 489) führt zu keinem anderen Ergebnis, da es im Streitfall nicht um die Verneinung einer Vermögensminderung ([X.]) aufgrund der Saldierung mit Vorteilen aus einem anderen Geschäftsvorfall (geringeres Geschäftsführergehalt), sondern um den hypothetischen Fremdvergleich beim Zusammentreffen von Versorgung und Gehalt geht. Ein solcher Fremdvergleich kann nur unter gleichzeitiger Berücksichtigung beider [X.]omponenten durchgeführt werden.

4. Die [X.]ostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 i.V.m. § 136 Abs. 1 Satz 3 [X.]O analog (vgl. allgemein Senatsurteil in [X.], 1313, m.w.[X.]); wegen der [X.]ostenlast des [X.] bedarf es keines besonderen Ausspruchs, dass keine Gerichtskosten zu erheben sind (§ 21 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes), soweit die Revision des [X.] teilweise begründet ist, weil das [X.] gegen § 96 Abs. 1 Satz 2 [X.]O verstoßen hat.

Meta

I R 41/19

15.03.2023

Bundesfinanzhof 1. Senat

Urteil

vorgehend FG Münster, 25. Juli 2019, Az: 10 K 1583/19 K, Urteil

§ 8 Abs 3 S 2 KStG 2002, § 10d Abs 4 S 4 EStG 2009, § 10d Abs 4 S 5 EStG 2009, § 40 Abs 2 FGO, § 96 Abs 1 S 2 FGO, KStG VZ 2015, EStG VZ 2015

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 15.03.2023, Az. I R 41/19 (REWIS RS 2023, 3087)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 3087

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