Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16.05.2023, Az. 1 StR 472/22

1. Strafsenat | REWIS RS 2023, 4689

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Gegenstand

Umsatzsteuerhinterziehung durch Abgabe einer unrichtigen Umsatzsteuervoranmeldung: Einziehung des Wertes von Taterträgen; Unterscheidung zwischen dem Steuerpflichtigen und weiteren Einziehungsbeteiligten


Tenor

1. Auf die Revision der [X.] wird das Urteil des [X.] vom 19. Mai 2022 im Ausspruch über die Einziehung dahin abgeändert, dass die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 19.046.570,61 € angeordnet wird; die darüberhinausgehende Einziehung entfällt.

2. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.

3. Die Beschwerdeführerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat gegen die [X.] die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 19.131.547,81 € angeordnet. Ihre hiergegen eingelegte Revision, mit der sie die Verletzung formellen und materiellen Rechts beanstandet, erzielt mit der Sachrüge den aus der [X.] ersichtlichen geringen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Wesentlichen ist ihr Rechtsmittel unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

2

1. Die Einziehungsentscheidung ist geringfügig abzuändern. Wegen der Umsatzsteuerhinterziehung durch Abgabe einer unrichtigen Umsatzsteuervoranmeldung für Dezember 2019 mit dem (erreichten) Ziel einer ungerechtfertigten Vorsteuervergütung (Fall 13 der Urteilsgründe) hat das [X.] die Einziehung eines Geldbetrages angeordnet, der den der [X.]n zugeflossenen Betrag übersteigt. Zwar ist, wie der [X.] zutreffend bemerkt, bei ungerechtfertigter Geltendmachung von Vorsteuer die Einziehung nicht auf einen etwaigen Vorsteuerüberhang begrenzt, sondern erstreckt sich grundsätzlich auch auf die infolge ungerechtfertigter Saldierung ersparte Steuer (vgl. etwa [X.], Beschlüsse vom 19. April 2023 – 1 StR 14/23 Rn. 15 und vom 25. März 2021 – 1 StR 28/21, [X.]R StGB § 73c Satz 1 Erlangtes 6 Rn. 10). Die [X.] war aber selbst nicht Steuerpflichtige, sondern erhielt die ihr zugeflossenen Beträge von der Steuerpflichtigen, der weiteren [X.]n A.                         Holding; sie konnte also von vornherein nur – weiterüberwiesene – Kontogutschriften erlangen, aber keine Steuerersparnisse.

3

2. Im Übrigen ist ergänzend zur Antragsschrift des [X.]s auszuführen:

4

a) Die Inbegriffsrüge (§ 261 StPO), mit der die Beschwerdeführerin beanstandet, das [X.] hätte im Urteil eine in der Hauptverhandlung abgespielte [X.] erörtern müssen, ist – ungeachtet der Frage ihrer Zulässigkeit (§ 431 Abs. 1 StPO; vgl. dazu zuletzt [X.], Beschluss vom 4. April 2023 – 1 StR 455/22 Rn. 11 f. [X.]) – jedenfalls unbegründet.

5

Allein aus dem Umstand, dass ein Beweismittel in den Urteilsgründen unerwähnt bleibt, ist nicht zu schließen, dass es im Rahmen der [X.] übergangen worden ist. Gegen die Pflicht zur erschöpfenden Würdigung der Beweise wird nur dann verstoßen, wenn sich die Erörterung des [X.] mit Rücksicht auf die sonstigen Feststellungen aufdrängen musste (vgl. nur [X.], Urteile vom 25. August 2022 – 3 [X.] Rn. 50 und vom 29. Juni 2021 – 1 StR 287/20 Rn. 12; je mwN). Hier erscheint schon zweifelhaft, ob der Gesprächsinhalt über Gewinnmargen überhaupt Folgerungen zu den Vorstellungen des Angeklagten von dem Hintergrund der verfahrensgegenständlichen Lieferungen zulässt. Jedenfalls kommt ihm in der Gesamtschau ersichtlich kein derart hoher Beweiswert zu, als dass das [X.] in den Urteilsgründen darauf hätte eingehen müssen.

6

b) In welchem Umfang der Angeklagte versuchte, die Umsatzsteuer zugunsten der [X.]n A.                        Holding für April 2020 zu hinterziehen (Fall 17 der Urteilsgründe), kann bei der Vermögensabschöpfung offenbleiben. Denn diese Tat ist bereits nicht Gegenstand der Einziehungsanordnung.

Jäger     

  

Bellay     

  

Fischer

  

Bär     

  

Leplow     

  

Meta

1 StR 472/22

16.05.2023

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend BGH, 16. Mai 2023, Az: 1 StR 472/22, Beschluss

§ 73c StGB, § 370 Abs 1 AO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16.05.2023, Az. 1 StR 472/22 (REWIS RS 2023, 4689)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 4689

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Referenzen
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Zitiert

1 StR 287/20

3 StR 359/21

1 StR 455/22

1 StR 28/21

1 StR 14/23

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