Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.07.2012, Az. VII ZB 9/12

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 4741

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB 9/12
vom
12. Juli 2012
in dem selbständigen Beweisverfahren

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja
ZPO § 70, § 78 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, § 486 Abs. 4
Die Beitrittserklärung eines Nebenintervenienten in einem beim [X.] an-hängigen selbständigen Beweisverfahren unterliegt nicht dem Anwaltszwang.
[X.], Beschluss vom 12. Juli 2012 -
VII ZB 9/12 -
[X.]

[X.]

-
2
-

Der VII. Zivilsenat des [X.] hat am 12.
Juli
2012
durch den Vor-sitzenden [X.]
Prof.
Dr.
[X.],
die [X.]in [X.], den
[X.] Dr.
Eick, den [X.] [X.] und den [X.] Prof.
Leupertz
beschlossen:
Auf die Rechtsmittel
des Streitverkündeten werden der Beschluss des 5.
Zivilsenats des [X.] vom 9.
Januar
2012 sowie der Beschluss des [X.] vom 30.
November
2011 aufgehoben.
Der Beitritt des Streitverkündeten auf Seiten der
Antragsgegnerin
ist wirksam.

Gründe:
I.
Der Antragsteller hat
zur Feststellung von Mängeln an einem Bauvorha-ben, das die Antragsgegnerin in seinem Auftrag
ausgeführt hatte, beim [X.] die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens beantragt. Nach der Erwirkung des [X.] hat er dem Rechtsbeschwerdeführer, der als Architekt mit der Planung betraut war, den Streit verkündet. Der [X.] (im Folgenden: Streitverkündeter) hat in einem
persönlich erstellten Schreiben beim [X.] den Beitritt auf Seiten der Antragsgegne-rin erklärt.
1
-
3
-

Das [X.] hat die Beitrittserklärung als unzulässig
zurückgewie-sen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des
Streitverkündeten
ist erfolglos geblieben. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbe-schwerde verfolgt er sein
Begehren, als Streithelfer der
Antragsgegnerin
zuge-lassen zu werden,
weiter.

II.
Die nach §
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
2, Abs.
3 Satz
2 ZPO statthafte und auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet.
1. Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, die ohne Heranziehung ei-nes anwaltlichen Vertreters abgegebene Beitrittserklärung sei wegen Verstoßes
gegen §
78 Abs.
1 Satz
1 ZPO unzulässig. Die Freistellung vom Anwaltszwang in §
486 Abs.
4 ZPO betreffe nur die Einleitung des selbständigen [X.], nicht aber dessen weiteren Betrieb und damit auch nicht die spätere Beteiligung Dritter. Sie sei eine Konzession an das Beweissicherungsinteresse des Antragstellers, das durch etwaige, mit der Beauftragung eines Anwalts ver-bundene Verzögerungen beeinträchtigt würde. Die gegenteilige Auffassung, nach der
§
486 Abs.
4 ZPO für bei dem [X.] anhängige selbständige Beweisverfahren auch in deren weiterem Verlauf, mithin gleichermaßen für eine [X.] gelte, habe keine tragfähige Grundlage. Vor den Landgerich-ten
sei die anwaltliche Vertretung nach dem Gesetz die Regel, Ausnahmen vom Anwaltszwang verlangten eine klare Anordnung. Daran fehle es, weshalb der Beitritt eines Nebenintervenienten vor den [X.]en aufgrund einer per-sönlichen Erklärung in einem selbständigen Beweisverfahren ebenso wenig möglich sei wie in anderen Verfahren.
2
3
4
-
4
-

2. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung in einem wesentli-chen Punkt nicht stand.
a) Im Ansatz zutreffend
ist
das Beschwerdegericht
davon ausgegangen, dass die
Vorschriften über die [X.]
und die Streitverkündung
(§§
66
ff. ZPO) im selbständigen Beweisverfahren entsprechend anzuwenden
sind
([X.], Beschluss vom 23.
Juli
2009 -
VII
ZB
3/07, [X.]Z
182, 150; [X.] vom 23.
Mai
2006
-
VI
ZB
29/05, [X.]
2006, 1500 = NZBau
2006, 648; Urteil vom 5.
Dezember
1996 -
VII
ZR
108/95, [X.]Z
134, 190)
und der Beitritt eines
Nebenintervenienten
nicht nur
gemäß §
70 Abs.
1 Satz
1 ZPO durch
Schriftsatz zu erfolgen
hat, sondern
er als Prozesshandlung zugleich in der Person des Nebenintervenienten das Vorliegen der allgemeinen Prozesshand-lungsvoraussetzungen, unter anderem
auch der Postulationsfähigkeit, erfordert ([X.], Beschluss vom 10.
Januar
2006 -
VIII
ZB
82/05, [X.]Z 165, 358, 361; [X.] ZPO/Dressler,
Stand: April 2012, §
66 Rn.
16). Letzteres ist von Amts wegen festzustellen ([X.], Beschluss vom 10.
Januar
2006 -
VIII
ZB
82/05, [X.]Z 165, 358, 361; [X.] ZPO/Dressler,
Stand: April 2012, [X.]O und §
71 Rn.
1). Liegen die allgemeinen Prozesshandlungsvoraussetzungen nicht vor,
ist
die [X.] durch
(anfechtbaren) Beschluss zurückzuweisen
([X.] ZPO/Dressler, Stand: April 2012, [X.]O, m.w.N.; Musielak/[X.],
ZPO, 9.
Aufl.,
§
66 Rn.
13).

b) Zu Unrecht hat das Beschwerdegericht
in dem persönlich erklärten Beitritt einen Verstoß gegen §
78 Abs.
1 Satz
1 ZPO gesehen
und deswegen den Beitritt wegen fehlender Postulationsfähigkeit als unzulässig zurückgewie-sen.
[X.]) Die Frage, ob die Beitrittserklärung nach §
70 Abs.
1 Satz
1 ZPO
in einem selbständigen Beweisverfahren vor dem [X.] dem Anwaltszwang
unterliegt, ist in Rechtsprechung und Schrifttum umstritten.
5
6
7
8
-
5
-

Für die Möglichkeit, einem selbständigen Beweisverfahren vor dem [X.] ohne Vertretung durch einen Rechtsanwalt beizutreten,
haben sich
unter anderem
ausgesprochen: [X.], [X.], 1073
(nur online)
und [X.] vom 15.
März
2012 -
3
W
16/12, juris; [X.], [X.], 538; [X.], NJW 2011, 1613 (kritisch hierzu: Ludgen, [X.], 446); [X.], ibr-online-Kurzkommentar Selbständiges Beweisverfahren, Stand:
19.
Januar
2012, §
486 Rn.
25; Musielak/[X.], ZPO, 9.
Aufl.,
§
486 Rn.
7; [X.]/[X.]/[X.]/[X.], ZPO, 70.
Aufl., §
78 Rn.
42 und §
486 Rn.
4; Leidig, [X.], 490
und Thierau/Leidig, [X.], 1527; [X.]/Vollkommer, ZPO, 29.
Aufl., §
70 Rn.
1 und §
78 Rn.
28.
Demgegenüber nehmen einen
Anwaltszwang unter anderem
an: [X.], [X.], 41; [X.]/[X.], [X.]O, vor §
485 Rn.
4; [X.] ZPO/[X.], Stand: April 2012, §
486 Rn.
18; [X.], Selbständiges Beweisver-fahren mit Sachverständigen, 2.
Aufl.,
Kap.
5, Rn.
220.
[X.])
Der Senat entscheidet die Rechtsfrage
dahin, dass die Beitrittserklä-rung
in einem selbständigen Beweisverfahren vor dem [X.] nicht
dem Anwaltszwang
unterliegt.
(1) Allerdings folgt dies nicht aus
§
486 Abs.
4 ZPO.
Aus dieser Vorschrift ergibt sich nicht, dass
für das selbständige Beweisverfahren insgesamt kein Anwaltszwang gilt. Sie regelt lediglich die Antragstellung
([X.] in: Das Beweissicherungsverfahren in Bausachen und dessen Neugestaltung, her-ausgegeben von
der [X.]; a.A.
[X.], [X.], 1073 (nur online); [X.], [X.], 538;
[X.], NJW 2011, 1613; [X.], ibr-online-Kurzkommentar Selbständiges Beweisverfahren, Stand:
19.
Januar
2012, §
486 Rn.
25; jeweils
mit der Einschränkung, dass nicht vor dem [X.] mündlich verhandelt wird).
9
10
11
12
-
6
-

(a) Bereits der Wortlaut der Bestimmung erscheint in dem Sinne eindeu-tig, dass ausschließlich der verfahrenseinleitende Antrag zu Protokoll der Ge-schäftsstelle erklärt werden kann.
Denn "der Antrag"
bezieht sich offenkundig auf den zuvor in §
485
ZPO bereits erwähnten und dort näher erläuterten [X.]; das ist der verfahrenseinleitende Antrag. Diese Terminologie wird in §
487
ZPO fortgeführt.
(b) Dass abweichend davon in
§
486 Abs.
4
ZPO ein weitergehendes, untechnisches Verständnis des Begriffs "Antrag"
dahin
zugrunde zu legen sei, hiermit
könnten
(unter Umständen mit Ausnahme der mündlichen Verhandlung) alle Handlungen des gesamten selbständigen Beweisverfahrens gemeint
sein, lässt sich nicht feststellen.
([X.]) Eine historische Auslegung ergibt
nur, dass es eine dem §
486 Abs.
4
ZPO entsprechende Regelung bereits vor der im Zuge des
Rechtspfle-gevereinfachungsgesetzes vom 17. Dezember 1990 erfolgten Umgestaltung des "[X.]"
zum "selbständigen Beweisverfahren"
in §
486 Abs.
1 2.
Halbsatz
ZPO a.F. gab, die sich ihrerseits bis in die Zivilpro-zessordnung aus dem [X.] zurückverfolgen
lässt; sie war dort in §
448 Abs.
1 2.
Halbsatz
ZPO a.F. enthalten ([X.], Die gesamten Materialien zu den [X.], 2.
Aufl., Band
2, Abteilung 1, [X.]). Eine nähere Begründung dieser Vorschrift enthalten die Gesetzesmaterialien nicht.

In
den Vorschriften über das [X.] mit § 920 Abs. 3 ZPO exis-tiert eine Parallelvorschrift, die ebenfalls anordnet, dass der verfahrenseinlei-tende Antrag zu Protokoll der Geschäftsstelle eingereicht werden kann. Auch §
920 Abs.
3 ZPO war bereits in der Zivilprozessordnung aus dem [X.] enthalten (§
800 Abs.
3 ZPO a.F., [X.], [X.]O, S.
96) und wurde damit [X.], dass mit Rücksicht auf die Dringlichkeit des Gesuchs dessen Form so 13
14
15
16
-
7
-

frei wie möglich gestaltet und durch die Zulässigkeit der Erklärung zu Protokoll des Gerichtsschreibers der Anwaltszwang ausgeschlossen sein sollte ([X.], [X.]O, S. 473). Sowohl das [X.] als auch das Beweissiche-rungsverfahren haben
Eilcharakter.
Beide Verfahren haben
weitere Gemein-samkeiten hinsichtlich der Verfahrensregelungen: Sie
sind bzw. waren an be-sondere Verfahrensvoraussetzungen gebunden, die jeweils in Gefährdungstat-beständen gründen, die in §§
485 a.F., 916, 935, 940 ZPO Ausdruck gefunden haben; bei beiden reicht Glaubhaftmachung,
§
487 Nr.
4,
§
920 Abs.
2 ZPO; bei beiden ist eine mündliche Verhandlung nur fakulativ; beide sind besonderen Zuständigkeitsregelungen in dringenden Fällen unterworfen, §
486 Abs.
3, §
942 ZPO. Daher
spricht einiges
dafür, dass eben diese Erwägung,
im Einzel-fall könne wegen der besonderen Eilbedürftigkeit nicht genügend [X.] zur [X.] stehen, für die Einleitung des Verfahrens anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, auch §
448 Abs.
1 2.
Halbsatz
ZPO a.F. und dessen Nachfolgere-gelungen in §
486 Abs.
1 2.
Halbsatz
ZPO a.F. bzw. nunmehr §
486 Abs.
4 ZPO zugrunde liegt. Ein solcher Gesetzgebungszweck
rechtfertigt es nicht, [X.] nicht im Allgemeinen, das gesamte selbständige Beweisverfahren bis zu einer etwaigen mündlichen Verhandlung vom Anwaltszwang freizustellen.
([X.]) Auch eine teleologische Auslegung führt
nicht
zu einem abweichen-den Ergebnis. Insbesondere lassen sich die vom Gesetzgeber im Zuge des
Rechtspflegevereinfachungsgesetzes ins Auge gefassten Ziele hierfür nicht fruchtbar machen. Allerdings
soll das "selbständige Beweisverfahren"
im [X.] zum "Beweissicherungsverfahren"
nunmehr
auch
weiteren
Zwecken die-nen, nämlich insbesondere eine
Entlastung der Gerichte und die Förderung der gütlichen Streitbeilegung erreichen (BR-Drucks.
400/88, S.
63 und BT-Drucks.
11/3621, S.
1/2 und 41). Daraus kann jedoch nicht der Wille des Gesetzgebers hergeleitet werden, das selbständige Beweisverfahren unterliege insgesamt nicht dem Anwaltszwang. Insbesondere
trifft es nicht zu,
dass
diese 17
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8
-

gesetzgeberischen Ziele
nur durch die Aussicht, tatsächliche Fragen mit gerin-gerem Kostenaufwand als im streitigen Verfahren zu klären, insbesondere durch Ersparnis von Rechtsanwaltskosten, erreicht werden
können
(so aber [X.], [X.], 1073 (nur online), ebenso [X.], [X.], 538 und [X.], NJW 2011, 1613). Eine solche Möglichkeit kann hierfür sicherlich förderlich sein. Aber auch
die Annahme eines grundsätzlichen An-waltszwangs im selbständigen Beweisverfahren ist geeignet, die Gerichte zu entlasten und die gütliche Streitbeilegung zu fördern
(vgl. [X.]/Vollkommer, ZPO, 29.
Aufl., §
78 Rn.
5).
Denn die sachgerechte Beratung der [X.]en und Förderung des Verfahrens durch Rechtsanwälte
kann zu einer,
gerade auch frühzeitigen,
Einigung der [X.]en beitragen oder sie sogar erst ermöglichen.
Wegen dieser gegenläufigen Aspekte
lässt sich deshalb aus den genannten Zwecken kein hinreichend deutliches Argument für eine weite Auslegung des §
486 Abs.
4
ZPO ableiten.
Auch sonstige Zweckmäßigkeitserwägungen ergeben nicht, dass der Regelungsgehalt des §
486 Abs.
4
ZPO dahin gehen
müsse, das selbständige Beweisverfahren weitgehend
vom Anwaltszwang zu befreien. Wenn angeführt wird, das selbständige Beweisverfahren
sei grundsätzlich nicht auf die Ent-scheidung von Rechtsfragen, sondern allein auf die Klärung tatsächlicher Fra-gen
gerichtet, weshalb Rechtskenntnisse nicht in gleicher Weise wie im streiti-gen Verfahren erforderlich seien (so beispielsweise [X.], Beschluss vom 15.
März
2012 -
3
W
16/12, Juris, ebenso [X.], NJW 2011, 1613),
so steht dem andererseits gegenüber, dass
rechtliche Fragen gleichwohl nicht [X.] eine erhebliche Rolle spielen. Beispielsweise kann es um die Unterschei-dung von zulässigen Tatsachen-
und unzulässigen Ausforschungs-/Rechtsfragen, um die Verhinderung unzulässiger Überschreitungen des [X.], um die rechtzeitige Ablehnung eines befangenen Sachver-ständigen, um eine etwaige verjährungshemmende Ausbringung gegebenen-18
-
9
-

falls erforderlicher (Unter-) [X.] und um etwaige Möglichkeiten und Konsequenzen der vorzeitigen Beendigung des Verfahrens gehen (vgl. zu alldem Ludgen, [X.], 446).
Es liegt auf der Hand, dass für die Beurteilung dieser Fragen die Unterstützung durch einen Rechtsanwalt mindestens sinnvoll ist. Auch wenn die Beteiligten, wenn es -
wie häufig
-
um die Feststellung
von Baumängeln geht, typischerweise selbst fachkundig und zu verfahrensdienli-chen Stellungnahmen in der Lage sein sollten
(so beispielsweise [X.], [X.], 1073 (nur online), ebenso [X.], [X.]O),
kann es sinnvoll sein, grundsätzlich alle vor dem [X.] zu führenden selbständigen Be-weisverfahren, die die unterschiedlichsten Gegenstände und Beteiligten betref-fen können, dem Anwaltszwang zu unterwerfen.
(cc) Zuletzt spricht
die Gesetzessystematik eher gegen die teilweise ver-tretene Auffassung,
dass
in §
486 Abs. 4 ZPO nur eine bestimmte Verfahrens-handlung erwähnt
sei, beruhe auf
einer Ungenauigkeit oder
einem Versehen des Gesetzgebers und dieser habe
das gesamte Verfahren vom grundsätzli-chen Anwaltszwang vor dem [X.] ausgenommen wissen wollen. Denn bei anderen Verfahren hat der Gesetzesgeber dort, wo er nicht nur den verfah-renseinleitenden Antrag, sondern auch weitere Verfahrenshandlungen, wie die Stellungnahme des Antragsgegners oder andere Erklärungen vom [X.] befreien wollte, dies ausdrücklich so angeordnet, vgl. §
117 Abs.
1 Satz
1, §
118 Abs.
1 Satz
1 ZPO bzw. §
569 Abs.
3, §
571 Abs.
4 ZPO. Die [X.] in §
920 Abs.
3 ZPO besagt nichts anderes.
(c)
Eine analoge Anwendung der Ausnahmevorschrift des §
486 Abs.
4 ZPO auf
das gesamte Verfahren mit Ausnahme
einer etwaigen mündlichen Verhandlung
kommt ebenfalls nicht in Betracht. Dafür fehlt es bereits an einer planwidrigen
Regelungslücke.
Aus den dargelegten Gründen
kann nicht [X.] werden, dass der Gesetzgeber übersehen hätte, dass das gesamte 19
20
-
10
-

selbstständige Beweisverfahren vor dem [X.] vom Anwaltszwang frei-gestellt werden müsste.
Ob für einzelne Verfahrenshandlungen eine analoge Anwendung des §
486 Abs.
4 ZPO möglich ist, muss der Senat an dieser Stelle nicht
entscheiden.
[X.]) Die
Beitrittserklärung des Nebenintervenienten, durch die er lediglich seine "Beteiligung"
an dem selbständigen Beweisverfahren erklärt, unterfällt aus anderen Gründen nicht dem Anwaltszwang.
(a) Die
[X.]en müssen sich in einem selbständigen Beweisverfahren vor dem [X.] grundsätzlich durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, es sei denn, §
486 Abs.
4 ZPO erlaubt in Verbindung mit §
78 Abs.
3 ZPO hier-von eine Ausnahme. Denn das
selbständige Beweisverfahren nach §§
485
ff. ZPO ist ein Prozess im Sinne der amtlichen Überschrift "[X.]"
des §
78 Abs.
1 Satz
1 ZPO; Antragsteller und Antragsgegner sind [X.]en im [X.] dieser Vorschrift. Wie der Senat bereits entschieden
hat, handelt es sich bei dem selbständigen Beweisverfahren in der Regel um ein kontradiktorisches Verfahren zwischen Antragsteller und Antragsgegner ([X.], Urteile vom 5.
Dezember
1996 -
VII
ZR
108/95, [X.]Z 134, 190
und vom 27.
Januar
2011

[X.], [X.]Z
188, 128 Rn. 38 f.), das auch durch seine Stellung in [X.], Abschnitt 1 der ZPO den Verfahren vor den [X.]en zugerechnet wird. Das selbständige Beweisverfahren kann zu einer mündlichen Verhandlung führen und mit einem Vergleich enden (§
491 Abs.
1, §
492 Abs.
3 ZPO). Es handelt sich um einen abgekoppelten, eigenständigen und vorweg-genommenen Teil eines etwa nachfolgenden [X.]. Deshalb ist auch angeordnet, dass seine Ergebnisse im nachfolgenden Hauptsachever-fahren zwingend zu verwerten sind, wenn sich eine der [X.]en auf eine Tat-sache beruft, über die Beweis erhoben wurde, §
493 Abs.
1 ZPO. Nach Been-digung des selbständigen Beweisverfahrens kann auf Antrag angeordnet wer-21
22
-
11
-

den, dass der Antragsteller Klage in der Hauptsache zu erheben hat. Kommt er dem nicht fristgerecht nach, löst das selbständige Beweisverfahren eigenstän-dige Kostentragungspflichten aus, §
494a Abs.
2 ZPO. Zudem hat das selb-ständige Beweisverfahren materielle Wirkungen, denn es hemmt die Verjährung der Ansprüche, für deren Nachweis die zum Gegenstand des Verfahrens ge-machten Tatsachen von Bedeutung sein können, §
204 Abs.
1 Nr.
7 BGB ([X.], Urteil vom 27.
Januar
2011 -
VII
ZR
186/09, [X.]O). Dass auch der Ge-setzgeber das selbständige Beweisverfahren als "[X.]"
im Sinne des §
78 Abs.
1 Satz
1 ZPO angesehen
hat, zeigt sich daran, dass er mit §
486 Abs.
4 ZPO eine Ausnahmevorschrift im Sinne des §
78 Abs.
3 ZPO in die [X.] über das selbständige Beweisverfahren aufgenommen hat. Dessen hätte es nicht bedurft, wenn der Gesetzgeber ohnehin davon
ausge-gangen wäre, dass das selbständige Beweisverfahren kein "[X.]"
im Sinne des §
78 Abs.
1 Satz
1 ZPO ist.
(b)
Ein
Nebenintervenient ist jedoch nicht uneingeschränkt wie eine "[X.]"
im Sinne des §
78 Abs.
1 Satz
1 ZPO
zu behandeln.
([X.]) [X.] wird durch einen Beitritt formell nicht zur [X.] eines
Rechtsstreits. Er ist gegenüber den [X.]en insoweit untergeordneter Beteiligter, als er Prozesshandlungen nur wirksam vornehmen kann, soweit diese nicht mit den Erklärungen
der unterstützten [X.] in Widerspruch stehen, §
67 ZPO. Ist das der Fall, folgt eben hieraus, dass sich bei [X.] eines Widerspruchs die Befugnisse des Nebenintervenienten mit denjeni-gen der unterstützten [X.] derart
überschneiden, dass es
nach Sinn und Zweck des §
78 Abs.
1 Satz
1 ZPO, der sowohl einer geordneten Rechtspflege als auch den Interessen der [X.]en dient (vgl. [X.]/Vollkommer, ZPO, 29.
Aufl., §
78 Rn.
5), nicht gerechtfertigt wäre, den Nebenintervenienten
in Be-zug auf die formalen Anforderungen an die Vornahme von solchen Prozess-23
24
-
12
-

handlungen, die denjenigen der [X.]en entsprechen,
anders zu behandeln als die [X.]en selbst. Daher unterfallen diejenigen Verfahrens-
oder Prozess-handlungen, die der Nebenintervenient für die jeweilige [X.], der er beigetre-ten ist, vornimmt oder vorzunehmen beabsichtigt, grundsätzlich dem [X.] gemäß §
78 Abs.
1 Satz
1 ZPO.
Insoweit ist der Nebenintervenient einer "[X.]"
im Sinne des §
78 Abs.
1 Satz
1 ZPO gleichzustellen.
([X.]) Die Beitrittserklärung ist indes keine Verfahrenshandlung, die der Nebenintervenient für die unterstützte [X.] vornimmt oder vorzunehmen be-absichtigt. Die Beitrittserklärung kann nur von ihm vorgenommen werden
und es ist kein sachlicher Grund dafür ersichtlich, warum im selbständigen Beweis-verfahren bereits diese Erklärung dem Anwaltszwang unterfallen sollte. Sinn und Zweck des §
78 Abs.
1 Satz
1 ZPO erfordern dies jedenfalls nicht.
Zwar hat der [X.] für die Beitrittserklärung zu einem strei-tigen Verfahren vor dem [X.] Anwaltszwang angenommen ([X.], [X.] vom 4.
Oktober
1990 -
IX
ZB
78/90, NJW 1991, 229).
Das kann aber darin seine Rechtfertigung finden, dass auch die [X.]en eines solchen Rechtsstreits sich an ihm nur mit Hilfe eines Rechtsanwalts beteiligen können. Von untypischen Verfahrenssituationen abgesehen (Versäumnisverfahren), [X.] sie zur Durchführung und zum Abschluss des Rechtsstreits zwingend einen Rechtsanwalt. Bräuchte der Nebenintervenient zu der Beitrittserklärung (noch) keinen Rechtsanwalt, so würde er anders behandelt als die [X.]en, ohne dass dies sachlich gerechtfertigt wäre.
Im Unterschied zu einem streitigen Verfahren vor dem [X.] ist das selbständige Beweisverfahren dagegen so angelegt, dass es
insgesamt typischerweise auch ohne Anwalt durchgeführt werden kann. Für den Antrag-steller
gilt
§
486 Abs.
4 ZPO.
Der Antragsgegner muss sich, ohne einen unmit-25
26
27
-
13
-

telbaren Rechtsnachteil befürchten zu müssen, nicht aktiv an dem Verfahren beteiligen. Durchführung und Beendigung
eines solchen Verfahrens bedürfen
keiner weiteren Handlungen der Beteiligten. Eine Vielzahl von selbständigen Beweisverfahren wird
in dieser Form, insbesondere auch ohne eine mündliche Verhandlung,
durchgeführt
und zum Abschluss gebracht.
Müsste sich der Streithelfer für die schlichte passive Teilnahme an dem Verfahren, an dem er ein schutzwürdiges Interesse hat, der Hilfe eines Rechtsanwalts bedienen, [X.] an ihn als untergeordneten Beteiligten
daher strengere Anforderungen ge-stellt als
an die [X.]en. Dafür gibt es keine Rechtfertigung. Deshalb bedarf
ein Nebenintervenient
für seine bloße Beteiligung
an einem selbständigen Beweis-verfahren,
die durch die Erklärung des Beitritts auf der Seite einer der [X.]en herbeigeführt wird, keines
Rechtsanwalts. Er erhält auf diese Weise ebenso wie die von ihm unterstützte [X.] die Möglichkeit, das Verfahren zu beobachten, damit er bei Bedarf reagieren kann.
c) Der vom Streitverkündeten in seinem Schreiben vom 17.
No-vember
2011
erklärte
Beitritt ist deshalb
wirksam.
Der Senat hat in der Sache selbst zu entscheiden, weil sie zur Endentscheidung reif ist, §
577 Abs. 5 ZPO. Die angefochtenen Beschlüsse sind aufzuheben. Mangels wirksamer Zurück-weisung der [X.] hat der Streitverkündete
damit die Stellung und die Befugnisse eines Nebenintervenienten (vgl. [X.], Beschluss vom 10.
Januar
2006 -
VIII
ZB
82/05, [X.]Z 165, 358).
3. Eine Kostenentscheidung
ist nicht veranlasst. Die im Zuge des Be-schwerde-
und Rechtsbeschwerdeverfahrens entstandenen Kosten sind
Kosten der [X.] und diese wiederum gehören als Kosten des selbständigen Beweisverfahrens zu den Kosten des sich eventuell anschlie-ßenden Rechtsstreits ([X.], Beschluss vom 8.
Oktober
2009 -
V
ZB
84/09, [X.]
2010, 248 = NZBau
2010, 108 = ZfBR
2010, 129; [X.], Beschluss
vom
28
29
-
14
-

18.
Dezember
2002
-
VIII [X.], NJW 2003, 1322). Ansonsten kommt eine Erstattung der Kosten nur aus materiell-rechtlichen Gesichtspunkten oder unter den Voraussetzungen des §
494a ZPO in Betracht.

[X.]
[X.]
Eick

[X.]

Leupertz

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 30.11.2011 -
9 OH 18/11 -

[X.], Entscheidung vom 09.01.2012 -
5 W 737/11 -

Meta

VII ZB 9/12

12.07.2012

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.07.2012, Az. VII ZB 9/12 (REWIS RS 2012, 4741)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 4741

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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VII ZB 9/12

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