Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.05.2014, Az. IX ZB 46/12

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 5310

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX
ZB 46/12

vom

22. Mai
2014

in dem
Rechtsstreit

-

2

-
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] [X.],
die
Richter
Prof. Dr. Gehrlein, [X.], Dr. Fischer
und Grupp

am
22. Mai
2014
beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 17. Zivilsenats des [X.] vom 19. März 2012 wird auf Kosten des Beklagten verworfen.

Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 103.153,23

Gründe:

I.

Der klagende Rechtsanwalt nimmt den Beklagten auf Zahlung von An-waltsvergütung in Höhe von 103.153,23

2003 und 2004 erbrachte Beratungsleistungen in Anspruch. Der Beklagte ist den Ansprüchen entgegengetreten und hat hierzu geltend gemacht, teilweise habe er die berechneten Leistungen nicht in Auftrag gegeben und im Übrigen stünden ihm gegen den Kläger Schadensersatzansprüche wegen fehlerhafter Beratung zu, die ein Zurückbehaltungsrecht begründeten. Die Ansprüche aus dem Jahre 2003 seien zudem verjährt.

1
-

3

-

Das [X.] hat dem Beklagten uneingeschränkt Prozesskostenhilfe gewährt, weil dessen Verteidigungsvorbringen Aussicht auf
Erfolg habe. Auf den kurz danach durchgeführten Verhandlungstermin hat das [X.], [X.] dass sich der Vortrag der Parteien zwischenzeitlich verändert gehabt hat, der Klage stattgegeben. Die Berufung des Beklagten hat das [X.] wegen unzureichender Begründung als unzulässig verworfen. Hiergegen [X.] sich der Beklagte mit der Rechtsbeschwerde.

II.

Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

Sie ist gemäß §
574 Abs.
1 Nr.
1, §
522 Abs.
1 Satz
4 ZPO statthaft, aber nicht zulässig, weil der Beklagte nicht aufzuzeigen vermag, dass eine Entschei-dung des [X.] zur Sicherung einer einheitlichen Recht-sprechung oder
zur Fortbildung des Rechts erforderlich wäre (§
574 Abs.
2 ZPO). Der angefochtene Beschluss verletzt den Beklagten weder in seinem verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch auf wirkungsvollen Rechts-schutz
(Art.
2 Abs.
1 GG iVm mit dem [X.]) noch in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art.
103 Abs.
1 GG).

1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die nach §
520 Abs.
3 Satz
2 Nr.
2 ZPO maßgeblichen Anforderungen an den Inhalt einer Berufungsbegrün-dung erfülle der Begründungsschriftsatz des Beklagten nicht. Dieser enthalte größtenteils Ausführungen dazu, dass das [X.] unter Verletzung des rechtlichen Gehörs eine Überraschungsentscheidung getroffen habe. Dies sei zwar zutreffend, ändere aber nichts daran, dass die Berufungsbegründung 2
3
4
5
-

4

-
mangels konkreter Befassung mit den Urteilsgründen nicht aufzeige, welche in dem angefochtenen Urteil getroffenen entscheidungserheblichen Feststellun-gen und Rechtsausführungen im Einzelnen aus welchen Gründen falsch sein sollen. Die allgemeinen Ausführungen, das [X.] habe die Darlegungs-
und Beweislast verkannt und Beweisangebote übergangen, ließen
nicht erken-nen, worauf sich der Vorwurf konkret beziehe. Weder die bloße Bezugnahme auf den gesamten erstinstanzlichen Sachvortrag neben [X.] noch der Hinweis auf eine zu den Akten gereichte [X.] aus ei-nem früheren Verfahren
und die hierzu gemachte Bemerkung, das insoweit in Bezug genommene Urteil habe den Sachvortrag des Beklagten zur Schlechtbe-ratung des [X.] übergangen, bringe die gebotene Klarstellung. Angesichts der umfänglichen Ausführungen in dem angefochtenen Urteil zu den von dem Beklagten vorgebrachten Gegenansprüchen wegen fehlerhafter Beratung lasse sich nicht erkennen, in welchen Punkten entscheidungserheblicher Vortrag des Beklagten übergangen worden sei.

2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung stand.

a) Nach §
520 Abs.
3 Satz
2 Nr.
2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich nach Ansicht des Berufungsklägers die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entschei-dung ergeben. Dazu gehört eine aus sich heraus verständliche Angabe, welche bestimmten Punkte des angefochtenen Urteils der Berufungskläger bekämpft und welche tatsächlichen oder rechtlichen Gründe er ihnen im Einzelnen entge-gensetzt ([X.], Beschluss vom 6. Dezember 2011 -
II
ZB 21/10, [X.], 209 Rn.
7; vom 23.
Oktober 2012 -
XI
ZB 25/11, [X.], 174 Rn.
10, jeweils mwN). Besondere formale Anforderungen bestehen nicht; für die Zulässigkeit der Berufung ist es insbesondere ohne Bedeutung, ob die Ausführungen in sich 6
7
-

5

-
schlüssig oder rechtlich haltbar sind ([X.], Beschluss vom 28.
Mai 2003 -
XII
ZB 165/02, NJW 2003, 2531, 2532; vom 23.
Oktober 2012, aaO). Jedoch muss die Berufungsbegründung auf den konkreten Streitfall zugeschnitten sein ([X.], Beschluss vom 27.
Mai 2008 -
XI
ZB 41/06, [X.], 1810 Rn.
11; vom 23.
Oktober 2012, aaO). Es reicht nicht aus, die Auffassung des Erstgerichts mit formularmäßigen Sätzen oder allgemeinen Redewendungen zu rügen oder lediglich auf das Vorbringen erster Instanz zu verweisen ([X.], Urteil vom 27.
November 2003 -
IX
ZR 250/00, [X.], 442; vom 23.
Oktober 2012, aaO). Ungenügend sind insbesondere Textbausteine und Schriftsätze
aus an-deren Verfahren ([X.], Beschluss vom 27.
Mai 2008, aaO
Rn.
12).

b) Diesen Anforderungen genügt die Berufungsbegründung
nicht.

aa) [X.], das [X.] habe die Versäumnisse in der anwaltli-chen Leistung des [X.] und die
adäquat kausal eingetretenen Vermögens-schäden nicht gewürdigt, nimmt
nur pauschal auf das Vorbringen erster Instanz Bezug. Mit den konkreten Erwägungen des [X.]s, weshalb die vorge-brachten Einwendungen nicht durchgriffen oder mangels hinreichender Sub-stantiierung oder fehlenden [X.] unbeachtlich seien, befasst sich die Berufungsbegründung nicht. Es ist nicht ersichtlich, welche konkreten [X.] oder rechtlichen Gründe der Beklagte den Ausführungen des [X.]s zu den einzelnen Mandatsverhältnissen entgegensetzen will.

[X.]) Auch die Rüge, das landgerichtliche Urteil stelle eine Überra-schungsentscheidung dar, weil im Hinblick auf die kurz zuvor gewährte Pro-zesskostenhilfe der Beklagte davon habe ausgehen können, sein [X.] sei als erfolgversprechend (§
114 ZPO) und damit als [X.] anzusehen, greift im Ergebnis nicht durch.
Die damit erhobene Gehörs-8
9
10
-

6

-
rüge wurde nicht ausgeführt. Die Berufungsbegründung hat sich darauf be-schränkt zu rügen, wegen fehlender vorausgehender Hinweise sei die landge-richtliche Beurteilung, das Verteidigungsvorbringen sei teilweise unsubstantiiert und im Übrigen ohne gebotene Beweisantritte geblieben, als Überraschungs-entscheidung zu beanstanden. Mit den
im landgerichtlichen Urteil ausgeführten inhaltlichen Gesichtspunkten, weshalb das Vorbringen unsubstantiiert oder [X.] erforderlichen Beweisantritt geblieben ist, hat sich
der Beklagte nicht ausein-andergesetzt, insbesondere nicht ausgeführt, welches Vorbringen er gegebe-nenfalls ergänzend hierzu noch vorgetragen hätte
(vgl. [X.], Beschluss vom 7.
März 2013 -
I
ZR 43/12, [X.] 2013, 461 Rn.
11). Dazu hätte im Rahmen der Berufungsbegründung nach den vorstehend angeführten Grundsätzen des §
520 Abs.
3 Nr.
2 ZPO Gelegenheit bestanden.

Der [X.] verlangt es, für jede "neue und eigenständige Verletzung"
des Art. 103
Abs.
1 GG durch eine gerichtliche Entscheidung die einmalige Möglichkeit gerichtlicher Kontrolle zu gewähren (vgl. [X.] 107, 395, 410
f). Wird im Zivilprozess die erstmalige Verletzung des Art.
103 Abs.
1 GG durch das Eingangsgericht gerügt, so ist der danach erforderliche Rechts-behelf mit der Berufung gemäß §
520 ZPO gegeben und nach den hierfür maß-geblichen Bestimmungen durchzuführen. Ein zusätzlicher Rechtsbehelf im We-ge der Rechtsbeschwerde ist danach nur erforderlich, wenn eine neue und ei-genständige Verletzung durch das Berufungsgericht gerügt werden könnte; dies ist aber im Hinblick auf die ordnungsgemäße Anwendung des §
520 Abs.
3

11
-

7

-
Satz
2 Nr.
2 ZPO durch das Berufungsgericht zu verneinen (vgl. auch [X.], Beschluss vom 6.
Mai 2010 -
IX
ZB 225/09, [X.], 1722 Rn.
8; vom 19.
April 2012 -
IX
ZB 225/10, Rn.
5
nv).

Kayser
Gehrlein
[X.]

Fischer
Grupp

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 03.03.2011 -
29 [X.]/06 -

O[X.], Entscheidung vom 19.03.2012 -
17 U 36/11 -

Meta

IX ZB 46/12

22.05.2014

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.05.2014, Az. IX ZB 46/12 (REWIS RS 2014, 5310)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 5310

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

IX ZB 46/12 (Bundesgerichtshof)

Notwendiger Inhalt der Berufungsbegründungsschrift: Anforderungen an die Rüge einer Überraschungsentscheidung


XI ZB 1/14 (Bundesgerichtshof)


IX ZB 88/15 (Bundesgerichtshof)


III ZB 24/12 (Bundesgerichtshof)


VI ZB 6/14 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.