Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.12.2015, Az. IX ZR 56/15

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 904

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[X.]:[X.]:[X.]:2015:101215UIXZR56.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL

IX ZR 56/15

Verkündet am:

10. Dezember 2015

Kluckow

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB § 675 Abs. 1, § 249 Abs. 1 He
Hat die steuerliche Beratung nach dem Inhalt des Vertrages die Interessen mehrerer verbundener Unternehmen zum Gegenstand, ist im Falle der Pflichtverletzung die Schadensberechnung unter Einbeziehung der Vermögenslage dieser Unternehmen vorzunehmen.
[X.], Urteil vom 10. Dezember 2015 -
IX ZR 56/15 -
OLG [X.]

LG [X.]

-

2

-
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat
auf die mündliche Verhandlung vom 10. Dezember
2015
durch den Richter [X.] als Vorsitzenden, den
Richter Prof. Dr. Gehrlein, die Richterin [X.], die
Richter
Grupp
und [X.]

für Recht erkannt:

Auf die
Revision
der Klägerin wird
das
Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts [X.]
vom 25. Februar 2015

aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

In den Jahren 1999 und 2000 beauftragte die Unternehmerin

[X.]
(nachfolgend: [X.]) die beklagte Steuerberatungskanzlei mit der steuerrecht-lichen Optimierung ihrer Vermögensverhältnisse. Zu diesem Zeitpunkt war [X.] Alleingesellschafterin der Klägerin, einer GmbH,
und hielt überdies Anteile an der [X.]

BV (Cu.

;
nachfolgend: [X.]

).

Auf der Grundlage des im Januar 2001 durch die Beklagte zu 1 vorgeleg-ten steuerlichen Gesamtkonzeptes gründete [X.] die (eigennützige) E.

[X.] (nachfolgend: [X.]) in [X.] und übertrug in
Vollzug der am 1
2
-

3

-
15.
Mai 2001 und 23.
Mai 2001 geschlossenen Kaufverträge ihre Anteile an der Klägerin und der [X.]

auf die [X.]. Den vereinbarten Kaufpreis stundete [X.] der [X.], indem sie ein
zinsloses Darlehen gewährte.

Das von der [X.] zu 1 erarbeitete Konzept, das [X.] beratungskon-form umsetzte, umfasste
die Rückzahlung eines
verzinsten Darlehens, welches die Klägerin am 3.
April 2000
von der [X.]

erhalten hatte. Hierfür gewährte die
[X.] der Klägerin ein Darlehen in Höhe von 23.570.000
DM. Der von der
[X.] zu 1
vorgelegte Entwurf des zwischen der Klägerin und der [X.], der schließlich am 15.
Mai 2001 [X.] wurde, sah -
wie bereits im Gesamtkonzept vom 13.
Januar 2001 an-gelegt
-
vor, dass die Darlehensforderung unverzinslich sein sollte. Die Beklagte zu 1 rechnete ihre Beratungsleistungen im Zeitraum vom 29.
März 2000 bis 27.
Januar 2001 gegenüber der Klägerin und mit Rechnung vom 6.
Juli 2001 und 14.
Januar 2003 gegenüber der [X.] ab.

Im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung für den [X.] 2004 bis 2008 beanstandete das Finanzamt, dass die Klägerin die unver-zinsliche Darlehensverbindlichkeit nicht nach §
6 Abs.
1 Nr. 3 EStG abgezinst habe. Gestützt auf eine tatsächliche Verständigung mit der Klägerin, wonach eine fiktive Laufzeit des Darlehens von
sechseinhalb Jahren
angenommen wur-de,
erließ das Finanzamt für die Jahre 2004 bis 2008 korrigierte [X.].

Die Klägerin macht die ihr
dadurch
entstandenen steuerlichen Mehrbe-lastungen und [X.] in Höhe von insgesamt 1.675.587,87

gegenüber der [X.] zu 1 und deren Partnern, den [X.] zu 2
bis 4, geltend. Hilfsweise beantragt sie die Feststellung, dass ihr Schadensersatzan-3
4
5
-

4

-
sprüche gegen die [X.] aus abgetretenem Recht der [X.] zustehen. Die gegen das klagabweisende
Urteil des [X.] gerichtete Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:

Die in vollem Umfang zulässige Revision hat Erfolg.
Sie führt zur Aufhe-bung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Ein Anspruch der Klägerin scheide mangels Darlegung eines ersatzfähigen Schadens aus. Im Rahmen einer Schadensberechnung nach der Differenzmethode sei zu berücksichtigen, dass der aufgrund der Steuernachforderung
verschlechterten Vermögenssituation der Klägerin die hypothetische Belastung mit Zinsverbindlichkeiten entgegen-zuhalten sei. Hierbei
habe das [X.] nach Beweiserhebung die Höhe des
fiktiven Zinssatzes
in nicht zu beanstandender Weise auf
Zwei
vom Hundert
festgesetzt. Gemessen an der Darlehensvaluta übersteige demnach die hypo-thetische
Zinsbelastung den tatsächlich eingetretenen Steuerschaden deutlich, so dass ein unmittelbarer Schaden der Klägerin zu verneinen sei.

Eine spiegelbildlich eintretende, fiktive Vermögensmehrung der [X.] in Höhe der hypothetischen Zinseinnahmen sei im Rahmen der Differenzme-6
7
8
-

5

-
thode nicht zu berücksichtigen, weil es sich bei der [X.] um eine von der Klägerin verschiedene Rechtsperson handele. Die Abweichung von dem sub-jektbezogenen Zuschnitt des [X.] im Rahmen der Dif-ferenzmethode komme auch nicht unter Berücksichtigung der sogenannten
konsolidierten Schadensberechnung in Betracht.
Die vorliegende Fallgestaltung unterscheide sich in grundsätzlicher Weise von den bisher höchstrichterlich an-erkannten Konstellationen einer konsolidierten Schadensberechnung, denen eine endgültige
Vermögensverschiebung zwischen familiär verbundenen natür-lichen Personen oder aber die Verschmelzung von zwei Gesellschaften zu-grunde gelegen hätten.

Mangels Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts sei auch das für die hilfsweise erhobene Feststellungsklage erforderliche Feststellungsinteresse nicht gegeben. Da der Klägerin nach der Differenzmethode kein Schaden ent-standen sei, könne auch der Wert der Beteiligung der [X.] an der Klägerin nicht als gemindert angesehen werden. Soweit der [X.]
Betriebseinnahmen in Form von Zinszahlungen der Klägerin entgangen seien, falle diese fiktive Schadensposition nicht unter den Schutzzweck des Beratungs-
und Gestal-tungsmandats der [X.].

II.

Diese Erwägungen halten der rechtlichen Nachprüfung
nicht stand. Ein der Klägerin entstandener Schaden kann mit der Begründung des [X.] nicht verneint werden.

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist nach dem revisions-rechtlich zugrunde zu legenden Sachverhalt -
eine Haftung dem Grunde nach 9
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-

6

-
unterstellt
-
für die Schadensbetrachtung nicht ausschließlich die Vermögensla-ge der Klägerin entscheidend. Vielmehr sind aufgrund der konkreten Ausgestal-tung des der [X.] zu 1 erteilten Mandats im Rahmen einer konsolidierten Schadensberechnung die der [X.] (hypothetisch) entgangenen Vorteile
in Form von Zinszahlungen durch die Klägerin
zu berücksichtigen.

1. Ausgangspunkt der Schadensberechnung ist die Differenzhypothese. Ob und inwieweit ein nach §§
249 ff BGB zu ersetzender Vermögensschaden vorliegt, beurteilt sich regelmäßig nach einem Vergleich der infolge des [X.] eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die ohne jenes Ereignis eingetreten wäre ([X.], Urteil vom 14.
Juni 2012
-
IX
ZR 145/11, [X.]Z 193, 297 Rn.
42; vom 6.
Juni 2013 -
IX
ZR 204/12, [X.], 1323 Rn.
20; vom 5.
Februar 2015 -
IX
ZR 167/13, [X.], 790 Rn.
7). Erforderlich ist ein Gesamtvermögensvergleich, der alle von dem haftungsbe-gründenden Ereignis betroffenen finanziellen Positionen umfasst (vgl. [X.], Urteil vom 20.
November 1997 -
IX
ZR 286/96, [X.], 142 f; vom 20.
Januar 2005 -
IX
ZR 416/00, [X.], 999, 1000; vom 7.
Februar 2008 -
IX
ZR 149/04, [X.], 946 Rn.
24; vom 5.
Februar 2015, aaO). Dieser erfordert hierbei nicht lediglich eine Berücksichtigung von Einzelpositionen, sondern eine Gegenüberstellung der hypothetischen und der tatsächlichen Vermögenslage (vgl. [X.], Urteil vom 7.
Februar 2008, aaO; vom 5.
Februar 2015, aaO).

2. Grundsätzlich ist Bezugspunkt des [X.] das Vermögen des Geschädigten, nicht aber dasjenige Dritter (vgl. [X.], Urteil vom 5.
Februar 2015, aaO Rn.
8). Daher kann auf Grund eines Vertrages nur derje-nige Schadensersatz verlangen, bei dem der Schaden tatsächlich eingetreten ist und dem er rechtlich zur Last fällt (vgl. [X.], Urteil vom 26.
November 1968 -
VI
ZR 212/66, [X.]Z 51, 91, 93). Dies führt im Rahmen der Beraterhaftung 12
13
-

7

-
dazu, dass der haftpflichtige Steuerberater grundsätzlich nur für den Schaden seines Mandanten einzustehen hat; eine Ausnahme bilden die [X.] und der Vertrag zugunsten Dritter sowie mit Schutzwirkung für Dritte (vgl. G.
Fischer in G.
Fischer/[X.]/D.
Fischer/[X.]/[X.], Handbuch der [X.], 4.
Aufl., §
5 Rn. 138).

3. Die hiernach grundsätzlich gebotene formale Betrachtungsweise führt dazu, dass streng zwischen den Vermögensmassen unterschiedlicher Beteilig-ter zu unterscheiden ist. Ist der Steuerberater -
wie hier
-
von einem Gesell-schafter mandatiert worden, ist daher zunächst festzustellen, in wessen Person ein Schaden eingetreten ist (vgl. G.
Fischer, aaO). [X.] sind hierbei regelmäßig als im Rahmen der schadensrechtlichen Beur-teilung selbständige Zuordnungssubjekte zu behandeln (vgl. [X.], Urteil vom 13.
November 1973 -
VI
ZR 53/72, [X.]Z 61, 380, 383; vom 7.
November 1991 -
IX
ZR 3/91, [X.], 308, 310; G.
Fischer, aaO). Weder führt die Annahme eines den Gesellschaftern entstandenen Schadens ohne das Hinzutreten weite-rer Umstände zu einem vermögensrechtlichen
Nachteil der Gesellschaft ([X.], Urteil vom 14.
Juni 2012 -
IX
ZR 145/11, [X.]Z 193, 297 Rn.
12
ff; G.
Fischer, aaO), noch kann ein Steuernachteil der Gesellschaft mit einem Anrechnungs-vorteil des Gesellschafters saldiert werden ([X.], Urteil vom 18.
Dezember 1997 -
IX
ZR 153/96, [X.], 1486, 1487; G.
Fischer, aaO).

4. Abweichend von diesen Grundsätzen kann aber bei der Bestimmung des jeweils eigenen Schadens die Einbeziehung der Vermögensinteressen ei-nes [X.] nach dem Inhalt des [X.] geschuldet sein mit der Fol-ge, dass eine konsolidierte Schadensbetrachtung geboten ist (vgl. [X.], Urteil vom 5.
Februar 2015 -
IX
ZR 167/13, [X.], 790 Rn. 10). Entscheidend ist hierbei der konkrete Auftrag, den der Mandant dem Berater ausdrücklich oder 14
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den Umständen nach erteilt hat: Wenn der Mandant im Rahmen einer Gestal-tungsberatung die Berücksichtigung der Interessen eines [X.] zum Gegen-stand der Beratungsleistung gemacht hat, ist die Schadensberechnung auch unter Einbeziehung dieser Drittinteressen vorzunehmen (vgl. [X.], Urteil vom 5.
Februar 2015, aaO Rn. 11
f).

a) In ständiger Rechtsprechung ist daher anerkannt, dass in
einer -

etwa im Interesse der Steuerersparnis -
gewollten und gewünschten [X.] zugunsten von Familienangehörigen ohne gleichwertige Gegen-leistung kein Schaden im Rechtssinn und in ihrem Unterbleiben kein mit dem Steuerschaden verrechenbarer Vermögensvorteil gesehen werden kann (vgl. [X.], Urteil vom 20.
März 2008 -
IX ZR 104/05, [X.], 1042 Rn.
15, 18 mwN; vom 5.
Februar 2015, aaO Rn.
10). Auch im Fall der Verschmelzung von zwei Gesellschaften, ist -
sofern es sich wirtschaftlich um dieselbe [X.] handelt, deren Bestand durch zutreffende Gestaltung der Verschmel-zung gerade gesichert werden sollte
-
eine einheitliche Schadensbetrachtung vorzunehmen, unbeschadet der Tatsache, dass es sich um zwei voneinander zu unterscheidende Rechtsträger handelt (vgl. [X.], Urteil vom 5.
Dezember 1996 -
IX
ZR 61/96, [X.], 333).

b) Die Grundsätze der konsolidierten Schadensbetrachtung sind auch auf die vorliegende Fallgestaltung anzuwenden. Für die Feststellung, ob die tatsächliche von der bei pflichtgemäßer Beratung eingetretenen hypothetischen Vermögenslage nachteilig abweicht und somit ein Schaden der
in den [X.] einbezogenen Klägerin vorliegt, sind
nach dem im Gesamtsteuerkonzept zum Ausdruck kommenden Willen der [X.] als Man-dantin auch die Vermögensmassen
der Klägerin und der [X.] in die [X.] einzubeziehen.
16
17
-

9

-

aa) Neben den Vermögensinteressen der [X.] als wirtschaftlicher
Initiato-rin des Konzepts waren auch diejenigen der Klägerin und der [X.] nach dem Beratungsvertrag zu beachten. Die Gründung der [X.] und die Ausreichung
des Darlehens
von der [X.] an die Klägerin
waren wesentliche Bestandteile des von der [X.] zu 1 erstellten Steuerkonzeptes; das Ergebnis der Bera-tung hatte folglich
auch
unmittelbaren Einfluss auf den Vermögensstand der [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 10.
Oktober 1985
-
IX ZR 153/84, NJW 1986, 581, 582) und mithin auch auf das Vermögen der Mandantin [X.]
als Stifterin. Diese Tatsache war für die Beklagte zu 1, die ihre Beratungsleistungen gegen-über der Klägerin und der [X.] abrechnete, offensichtlich.

bb)
Schon die geschuldete Einbeziehung der Vermögensinteressen so-wohl der Klägerin als auch der [X.] zeigen den nach außen getretenen Wil-len der Unternehmerin [X.] als Mandantin, dass die von ihr zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses beherrschten Gesellschaften und deren Vermögensmassen als wirtschaftliche Einheit betrachtet werden sollten.
Diese Tatsache, die eine Gesamtbetrachtung der Vermögensverhältnisse über die Grenzen der beteilig-ten juristischen Personen als grundsätzlich schadensrechtlich selbständige [X.] hinaus erfordert, zeigt sich
auch in der festgestellten
Bereit-schaft der [X.],
Zinszahlungen an die von ihr kontrollierte
[X.] durch die Klä-gerin zu veranlassen.
Folglich sind den hypothetischen Zinszahlungen der Klä-gerin, die diese erspart hat, die entsprechenden fehlenden Zahlungseingänge bei der [X.] gegenzurechnen, soweit ihr diese verblieben wären.

18
19
-

10

-
III.

Das Urteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§
561 ZPO). Insbesondere ist nach dem revisionsrechtlich
zugrunde zu legenden Sachverhalt der klägerische Anspruch nicht als verjährt anzusehen.

1. Der Beklagte zu 2, der den verfahrensgegenständlichen Darlehensver-trag erstellte und der Klägerin übersandte, war nicht ausschließlich rechtsbera-tend tätig. Bereits das im Januar 2001 von der [X.] zu 1 erarbeitete
steu-erliche Gesamtkonzept sah die Auskehrung eines zinslosen Darlehens durch die [X.] an die Klägerin vor. Mithin unterfiel
die Erstellung des [X.] nicht als rechtsberatende Tätigkeit der Verjährungsregel des §
51b BR[X.] aF. Vielmehr liegt eine einheitlich zu betrachtende, steuerberatende Tä-tigkeit der [X.] zu 1 vor.

2. Das steuerrechtliche
Beratungsmandat
wurde
in den Jahren 1999 und 2000
erteilt. Nach Art.
229 §
12 Abs.
1 Satz
1 Nr.
13 EGBGB ist auf die durch das
Gesetz zur
Anpassung von Verjährungsvorschriften an das Gesetz zur
Mo-dernisierung des Schuldrechts vom 9.
Dezember 2004 ([X.]) geän-derten Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes Art.
229 §
6 EGBGB entspre-chend anzuwenden. Demnach richtet sich der Beginn der
Verjährung für den Zeitraum vor dem 15.
Dezember 2004 nach §
68 StBerG aF.
Da
die den [X.] auslösende Schadensentstehung regelmäßig die Bekanntgabe des belastenden Steuerbescheides gemäß §
122 Abs.
1, §
155 Abs.
1 Satz 2 [X.] voraussetzte
([X.], Urteil vom 2.
Juli 1992 -
IX
ZR 268/91, [X.]Z 119, 69, 70
ff; vom 12.
November 2009 -
IX
ZR 218/08, [X.], 138 Rn.
10)
und eine
anderweitige Verschlechterung der Vermögenslage des Mandanten
vor Be-kanntgabe
der Steuerbescheide im Dezember 2011 nicht eingetreten war
(vgl.
20
21
22
-

11

-
für diesen Fall [X.], Urteil vom 23.
April 2015 -
IX
ZR
176/12, NJW 2015, 2190, Rn.
14; [X.], aaO §
7 Rn.
97),
ist der Schaden erst nach dem 14.
Dezember 2004 entstanden. Für den Verjährungsbeginn ist folglich das neue Recht maß-gebend. Danach ist entscheidend, wann der Schaden entstanden ist und die Klägerin von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des
Schuldners
Kenntnis erhielt oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen (§
199 Abs.
1 BGB). Dies gilt auch für denjenigen, der seine Ansprüche als Begünstigter aus einem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter ableitet ([X.], Urteil vom 13.
Oktober 2011 -
IX
ZR 193/10, [X.], 2334 Rn.
23). Für die Frage des Zeitpunkts der Entstehung des Schadens ist auch nach [X.] Recht die zuvor entwickelte [X.] maßgebend ([X.], aaO §
7 Rn.
200). Danach ist auch jetzt ein Steuerschaden noch nicht entstan-den, solange es an der Bekanntgabe
des belastenden Steuerbescheides fehlt ([X.], Urteil vom 23.
April 2015, aaO Rn.
11), es sei denn, zuvor wäre ein an-derer Schaden als der Steuerschaden bereits eingetreten ([X.], aaO
Rn.
14). Da letzteres nicht der Fall war und die Steuerbescheide der Klägerin erst im Dezember 2011 zugegangen sind, ist der bereits im März 2013 gerichtlich gel-tend gemachte [X.] nicht verjährt.

IV.

Das angefochtene Urteil kann folglich keinen Bestand haben. Es ist auf-zuheben (§
562 Abs.
1 ZPO). Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Ent-scheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungs-gericht zurückzuverweisen (§
563 Abs.
1 ZPO).

Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
23
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-

12

-

1. Grundlage des von der Klägerin geltend gemachten [X.] ist
eine schuldhafte Verletzung der Pflichten aus dem Steuerbera-tungsvertrag durch die Beklagte zu 1. Sofern dieser Beratungsvertrag
nicht auch mit der Klägerin zustande gekommen ist -
wofür sprechen könnte, dass diese die ihr diesbezüglich von der [X.] gestellten Rechnungen bezahlt hat
-
oder einen echten Vertrag zugunsten der Klägerin gemäß §
328 BGB dar-stellte, war die Klägerin zumindest in den Schutzbereich des [X.] zwischen [X.] und der [X.] zu
1 einbezogen. Deshalb kann sie den
ihr durch eine etwaige Pflichtverletzung der [X.] zu
1 entstandenen Schaden ersetzt verlangen.

a) Soweit der
zwischen Steuerberater und Mandant geschlossene [X.] keine ausdrücklichen Regelungen über eine mögliche Einbeziehung Dritter enthält, bedarf es der maßgeblich durch das Prinzip von Treu und Glauben ge-prägten ergänzenden Auslegung des [X.], um eine Schutzwirkung zugunsten eines nicht am Vertragsschluss Beteiligten feststellen zu können (vgl. [X.], Urteil vom
14.
Juni 2012 -
IX
ZR 145/11, [X.]Z 193, 297 Rn. 14; D.
Fischer, aaO §
10 Rn. 16). Lässt sich aus dem Willen der Vertragspartner eine Einbeziehung des [X.] in den Schutzbereich der Vertragsleistung des Beraters ableiten, kann der einbezogene Dritte im Fall der Schädigung einen eigenen Ersatzanspruch als sekundären vertraglichen Anspruch gegen den [X.] geltend machen (vgl. [X.], Urteil vom 20.
April 2004 -
X [X.], [X.]Z
159, 1, 4;
vom 14.
Juni 2012, aaO). Um die Haftung des Beraters nicht unbe-grenzt
auszudehnen, ist jedoch erforderlich, dass der Dritte mit der Hauptleis-tung des Steuerberaters als Schutzpflichtiger
bestimmungsgemäß in Berührung kommt (vgl. [X.], Urteil vom 13.
Oktober 2011 -
IX
ZR 193/10, [X.], 2334 Rn.
6). Zu dieser Voraussetzung der [X.] muss ein schutzwürdiges 25
26
-

13

-
Interesse des Gläubigers an der Einbeziehung des [X.] in den vertraglichen Schutzbereich hinzutreten (vgl. [X.], Urteil vom 7.
Mai 2009 -
III
ZR 277/08, [X.]Z 181, 12 Rn.
19
ff; vom 24.
April 2014 -
III
ZR 156/13, [X.], 935 Rn.
11). Des Weiteren muss, um das Haftungsrisiko berechenbar halten zu können, die Einbeziehung Dritter dem schutzpflichtigen Steuerberater bekannt oder für ihn zumindest erkennbar sein (vgl. [X.], Urteil vom 13.
Oktober 2011, aaO; vom 7.
März
2013 -
IX
ZR 64/12, [X.], 802 Rn.
25). Ausgeschlossen ist ein zusätzlicher Drittschutz regelmäßig dann, wenn der Dritte wegen des verfahrensgegenständlichen Sachverhalts bereits über einen inhaltsgleichen vertraglichen Anspruch verfügt (vgl. [X.], Urteil vom 13.
Oktober 2011, aaO Rn.
6;
vom 7.
März 2013, aaO Rn.
25;
[X.] in [X.]/[X.], [X.], 5.
Aufl. Rn.
437).

b) Nach dem revisionsrechtlich
zugrunde zu legenden Sachverhalt ist die Klägerin in den Schutzbereich des Mandatsverhältnisses zwischen der [X.] zu 1 und [X.] einbezogen.
Das von der [X.] zu 1 erarbeitete und am 13.
Januar 2001 vorgelegte Konzept verfolgte die steuerrechtliche Optimierung der (gesamten) Vermögensverhältnisse der Unternehmerin [X.]. Durch die Bera-tung und die hierauf aufbauende Vertragsgestaltung sollte bewirkt werden, dass auf [X.] eine möglichst geringe Steuerlast, unabhängig von dem von ihr gewähl-ten Wohnort,
entfällt. Um dieses Ziel erreichen zu können, musste das von der [X.] zu 1 erarbeitete Konzept notwendigerweise nicht nur das Privatver-mögen der [X.], sondern auch die von ihr zum Zeitpunkt der Mandatierung kon-trollierten Gesellschaften, namentlich die Klägerin, einbeziehen. [X.] enthielt der von der [X.] zu
1 erarbeitete Gestaltungsvorschlag die Übertragung der von der [X.] gehaltenen Anteile an der Klägerin auf die neu zu gründende [X.] sowie die Rückzahlung der gegenüber der [X.]

beste-henden Darlehensverbindlichkeit mit aus dem Abschluss eines [X.]
-

14

-
trages mit der [X.] zu gewinnenden Geldmitteln. Mithin war bereits mit der Erstellung des Gesamtkonzeptes vorgezeichnet, dass nicht nur die [X.], sondern auch die Klägerin
und die neu zu gründende [X.]
bestimmungsgemäß mit der Beratungsleistung in Berührung kommen würden. Hierbei bestand ein be-sonderes Interesse der [X.], auch die wirtschaftlichen Belange der -
zunächst von ihr selbst und sodann von der [X.] kontrollierten
-
Klägerin, deren Ge-schäftsführerin sie zudem selbst weiterhin ist,
im Rahmen der Neustrukturie-rung ihrer Vermögensverhältnisse gewahrt zu wissen, um mögliche Schäden von sich selbst
und damit auch
der [X.] abzuwenden. Diese Drittbezogen-heit ihrer Leistung war für die Beklagte zu 1 bei Abschluss des Beratungsver-trages
und während seiner
Durchführung offensichtlich.
Durch die Übersendung des vorbereiteten Darlehensvertrages unmittelbar an die Klägerin, die Befas-sung mit der Neugründung der [X.] und die Abrechnung sowohl gegenüber der Klägerin als auch der [X.] selbst, zeigt sich, dass der [X.] zu 1 eine Verwendung ihrer Beratungsleistung gegenüber der Klägerin und der [X.] nicht nur bewusst war, sondern dass sie diese selbst
steuerte. [X.] vertragliche Ansprüche stehen der Klägerin nach dem revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Sachverhalt nicht zu. Soweit ein vertraglicher Anspruch der Klägerin gegen die mit der Erstellung der Buchhaltung beauftragte [X.] in Betracht kommen könnte, fehlt es an
diesbezüglichen Feststellungen.

-

15

-

2. Das Berufungsgericht hat bisher offen gelassen, ob eine Pflichtverlet-zung der [X.] zu
1 vorliegt. Die entsprechenden Feststellungen werden nachzuholen sein.

[X.]
Gehrlein
[X.]

Grupp
Schoppmeyer

Vorinstanzen:
LG [X.], Entscheidung vom 13.02.2014 -
2 O 99/13 -

OLG [X.], Entscheidung vom 25.02.2015 -
16 U 50/14 -

28

Meta

IX ZR 56/15

10.12.2015

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.12.2015, Az. IX ZR 56/15 (REWIS RS 2015, 904)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 904

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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