Bundespatentgericht, Beschluss vom 25.02.2010, Az. 29 W (pat) 25/09

29. Senat | REWIS RS 2010, 8952

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Turkey Today" – Freihaltungsbedürfnis –Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 307 46 145.9

hat der 29. Senat ([X.]) des [X.] in der Sitzung vom 25. Februar 2010 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.], des Richters Dr. [X.] und der Richterin Kortge

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Beim [X.] ist am 13. Juli 2007 das Wortzeichen

2

[X.]

3

für nachfolgende Waren und Dienstleistungen angemeldet worden:

4

[X.]: Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in [X.] enthalten; Druckereierzeugnisse; Buchbinderartikel; Photographien; Schreibwaren; Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; [X.]; Pinsel; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit in [X.] enthalten;

5

Klasse 38: Sammeln und Liefern von Nachrichten;

6

Klasse 41: Vermietung von Zeitschriften; Veröffentlichung und Herausgabe von Büchern, Zeitungen und Zeitschriften.

7

Nach Beanstandung der Anmeldung hat der Anmelder folgende Erklärung abgegeben:

8

"Das [X.] wird eingeschränkt auf "Zeitungen und Zeitschriften". Alle anderen angemeldeten Waren werden gestrichen."

9

Durch Beschluss vom 24. März 2009 hat die Markenstelle für [X.] unter Zugrundelegung des [X.]ses "Zeitungen und Zeitschriften" die Anmeldung gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] wegen Fehlens der Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Sie hat ihre Entscheidung damit begründet, dass die Wortzusammensetzung "[X.]" als Hinweis auf das Thema der beanspruchten Waren verstanden werde. In Zeitungen und Zeitschriften könne über die aktuelle Situation in der [X.] heute berichtet werden. Die angesprochenen breiten Verkehrskreise verstünden das angemeldete Zeichen ohne weiteres, da der Bestandteil "[X.]" dem entsprechenden [X.] Begriff "[X.]" sehr ähnlich sei und das Element "[X.]" im Sinne von "heute" zum Grundwortschatz der [X.] gehöre. Hierbei komme es nicht auf die lexikalische Nachweisbarkeit, sondern auf das Gesamtverständnis an, das sich durch den großen Anfangsbuchstaben des Bestandteils "[X.]" nicht verändere. Die Begriffskombination "[X.]" werde bereits zahlreich u. a. als Buchtitel sowie in Zeitschriften und in Internetbeiträgen von Dritten verwendet. Die von dem Anmelder angeführten Voreintragungen würden zu keiner Selbstbindung führen. Im Übrigen seien bereits vergleichbare Bezeichnungen als nicht schutzfähig angesehen worden.

Gegen den Beschluss vom 24. März 2009 hat der Anmelder Beschwerde eingelegt, die keinen Antrag enthält und trotz Ankündigung nicht begründet worden ist. Vor dem [X.] hat der Beschwerdeführer ausgeführt, dass an die Unterscheidungskraft des angemeldeten Zeichens geringere Anforderungen zu stellen seien, da das Publikum an relativ einfach gebildete Zeitschriftentitel gewöhnt sei. Zur Schutzfähigkeit trage auch die unübliche Großschreibung des Bestandteils "[X.]" bei. Des Weiteren seien für den Beschwerdeführer bereits andere Zeichen eingetragen worden. Schließlich bestehe mangels konkreter Nachweise kein Freihaltebedürfnis an der beanspruchten Wortfol-ge.

Dem Beschwerdeführer sind die vom Senat ermittelten Belege vorab zur Stellungnahme zugeleitet worden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

[X.] ist zulässig, aber nicht begründet.

1. Bei dem angemeldeten Zeichen handelt es sich um eine nicht unterscheidungskräftige Angabe, so dass der begehrten Eintragung das Schutzhindernis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] entgegensteht.

Unterscheidungskraft im Sinne dieser Bestimmung ist die einer Marke innewohnende Eignung, die Waren oder Dienstleistungen, für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren oder Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. u. a. [X.] [X.], 428, 431, Rdnr. 48 - [X.]; [X.], 1027, 1029, Rdnr. 33 und 42 - DAS [X.] DER BEQUEMLICHKEIT ). Bei Wortmarken ist nach der Rechtsprechung des [X.] von fehlender Unterscheidungskraft auszugehen, wenn der Marke ein für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Sinngehalt zugeordnet werden kann oder wenn es sich um ein gebräuchliches Wort der [X.] Sprache oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr, etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung, stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (vgl. [X.], 850, 854, Rdnr. 19 - [X.]).

a) Der Bestandteil "[X.]" bedeutet zum einen soviel wie Truthahn (vgl. [X.] - [X.], 1. Auflage 2002). Zum anderen kann darunter die eingedeutschte Bezeichnung für den mit qualvollen Entzugserscheinungen einhergehenden Zustand verstanden werden, in den ein Süchtiger gerät, wenn er seine Droge nicht bekommt (vgl. [X.] - [X.]es Universalwörterbuch, 6. Auflage [X.] 2006, CD-ROM). Schließlich handelt es sich um das [X.] Wort für die [X.] (vgl. [X.]-Oxford - Großwörterbuch [X.], 3. Auflage [X.] 2005, CD-ROM). Das ebenfalls aus dem [X.]en stammende Element "[X.]" ist ein Adverb mit der Bedeutung "heute" (vgl. [X.]-Oxford, a. a. [X.]). Zwar kann das angemeldete Zeichen in seiner Gesamtheit damit den - nur bedingt verständlichen - Sinngehalt "Truthahn heute" oder "Entzugszustand heute" vermitteln. Jedoch ist davon auszugehen, dass der Großteil der angesprochenen allgemeinen inländischen Verkehrskreise die Kombination "[X.]" im Sinne von "[X.] heute" interpretieren wird. Hierfür spricht, dass sie sich aus Begriffen des [X.]n Grundwortschatzes zusammensetzt, die auf Internetseiten aus [X.]land vielfältig im Sinne von "[X.]" bzw. "heute" verwendet werden (vgl. [X.], Suchbegriffe "[X.]" und "[X.]"). Auch die Wortfolge selbst taucht im inländischen Verkehr meist in der Bedeutung "[X.] heute" auf (vgl. [X.], Suchbegriff "[X.]"), die zudem durch die beschwerde-gegenständlichen Waren nahegelegt wird.

b) Bei diesen handelt es sich um "Zeitungen und Zeitschriften". Die oben wiedergegebene Erklärung des Beschwerdeführers spricht zwar lediglich von "[X.]" und davon, dass "alle anderen angemeldeten Waren … gestrichen" werden. Daraus könnte der Schluss gezogen werden, dass lediglich die Waren der [X.] auf "Zeitungen und Zeitschriften" beschränkt und die Dienstleistungen der Klassen 38 und 41 weiterhin beansprucht werden. Dagegen spricht allerdings, dass der Beschwerdeführer nach der Erklärung seine Ausführungen zur Schutzfähigkeit des angemeldeten Zeichens auf Zeitungen und Zeitschriften beschränkt hat. Auch ist davon auszugehen, dass lediglich aus Vereinfachungsgründen der Begriff "[X.]" und die Formulierung "Alle anderen angemeldeten Waren werden gestrichen." verwendet wurden, jedoch das gesamte Waren- und Dienstleistungsverzeichnis gemeint war.

c) Für Zeitungen und Zeitschriften weist das beanspruchte Zeichen nicht die erforderliche Unterscheidungskraft auf. Auch wenn das Publikum an einfach gebildete Zeitungs- und Zeitschriftentitel gewöhnt ist, so lässt sich damit eine Herabsetzung der Anforderungen an die Unterscheidungskraft nicht begründen. Allerdings kann in Zeitungen und Zeitschriften eine unbegrenzte Anzahl von Themen behandelt werden, so dass die Unterscheidungskraft nur dann zu verneinen ist, wenn zu ihnen ein unmittelbarer und konkreter Sachbezug mit der beanspruchten Wortfolge "[X.]" hergestellt werden kann. Dies setzt voraus, dass sich die Behandlung des Themas in der fraglichen Form und unter Verwendung des betreffenden Titels als naheliegend und branchenüblich darstellt (vgl. [X.]. 2006, 1021, 1023, Rdnr. 49, 50 - map&guide ; [X.]/Hacker, [X.], 9. Auflage, § 8, Rdnr. 61). Dies ist vorliegend der Fall.

Mit dem angemeldeten Zeichen wird nicht nur in Zeitungen und Zeitschriften zum Ausdruck gebracht, dass in einem damit überschriebenen Text über die Situation in der heutigen [X.] berichtet wird. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang beispielsweise folgende Fundstellen:

- "Modern and mythless : [X.] today" (vgl. "[X.]" unter "[X.]"),

- "[X.]: [X.]?" (vgl. "[X.]" unter "http://www.[X.]/shop/engl-buecher/turkey-today-a-european-country/roy-olivie…") oder

- "[X.] in [X.]: [X.]" (vgl. "[X.]" unter "[X.]").

Kommt das angemeldete Zeichen im Text selbst vor, so vermittelt es ebenfalls nur den Sinngehalt "Heutige [X.]":

- "[X.] in [X.] today is truly thriving … " (vgl. "[X.]" unter "[X.]"),

- "[X.] today combines a highly centralized state with a mixed economy." (vgl. "Scientific Research and Science Policy in [X.]" unter "[X.]") oder

- "[X.], many in [X.] today are ready to move forward." (vgl. "Global Post" unter "http://www.globalpost.com/dispatch/turk ey/090814/kurds-turkey").

Hierbei kommt es nicht darauf an, ob die Überschrift oder der Text in elektronischer oder gedruckter Form erscheint, so dass eine Differenzierung nach Zeitungen und Zeitschriften nicht erforderlich ist. In allen Fällen vermittelt das beanspruchte Zeichen nur einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Sinngehalt.

d) Des Weiteren handelt es sich bei der Kombination eines Ländernamens mit dem nachgestellten Adverb "[X.]" um eine gebräuchliche Wortverbindung. So finden sich beispielsweise die Zusammensetzungen "[X.]A [X.]", "Italy [X.]" oder "[X.]", denen allesamt die Aussage entnommen werden kann, dass über die gegenwärtige Situation in dem jeweiligen Land berichtet wird (vgl. "Aktuelle Nachrichten: [X.]A [X.] ([X.])" unter "[X.]", "Italy [X.] - [X.]" unter "http://www.buchhandel.de/detailansicht.aspx?isbn=978-0-8204-4041-5", "[X.]" unter "[X.]").

e) Dem angemeldeten Zeichen kommt schließlich nicht auf Grund der Großschreibung des Anfangsbuchstabens des Bestandteils "[X.]" die notwendige Unterscheidungskraft zu. Mit ihr wird lediglich die Schreibweise des Adverbs an das vorangestellte Substantiv angepasst. Eine besondere Eigenart ist damit jedoch nicht verbunden, zumal der Verkehr an die willkürliche und nicht den grammatikalischen Regeln folgende Groß- und Kleinschreibung von Wörtern in der Werbung gewöhnt ist.

2. Aus den eben genannten Gründen unterliegt das beanspruchte Zeichen als unmittelbar beschreibende freihaltungsbedürftige Angabe auch dem Schutzhindernis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.].

Nach dieser Vorschrift sind von der Eintragung solche Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr u. a. zur Bezeichnung der Beschaffenheit, der Bestimmung oder der Bezeichnung sonstiger Merkmale der in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen dienen können (vgl. [X.], 882 - Bücher für eine bessere Welt; [X.] [X.], 146 - [X.]). Solche Zeichen oder Angaben müssen im [X.] allen Unternehmen zur freien Verfügung belassen werden (vgl. [X.] [X.], 680 - [X.]).

[X.]) genannten Belege sprechen dafür, dass es sich bei der Wortfolge "[X.]" um eine naheliegende und branchenübliche Angabe des Themas einer Zeitung oder Zeitschrift handelt. Zudem lassen sie auf das Bedürfnis der Mitbewerber zur freien Verwendung als Titel schließen.

3. Schließlich vermögen die von dem Beschwerdeführer geltend gemachten Voreintragungen nicht die Schutzfähigkeit der Wortfolge "[X.]" zu begründen. Unabhängig von der Frage ihrer Bindungswirkung ist festzustellen, dass die Marken 305 74 739 - [X.], 306 37 777 - [X.], 306 65 272 - [X.], 307 35 379 - [X.], 307 35 381 - [X.], 307 46 107 - [X.] und 307 46 108 - [X.] mit dem vorliegenden Zeichen nicht vergleichbar sind. Es enthält den Bestandteil "[X.]" nicht, so dass aus dessen etwaiger Schutzfähigkeit nicht auf die der Kombination "[X.]" geschlossen werden kann.

Zudem gibt es - wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat - so wie das angemeldete Zeichen gebildete Wortfolgen, die von der Eintragung ausge-schlossen worden sind (vgl. u. a. die Anmeldungen 305 59 541.5 - [X.] TODAY und 302 33 734.2 - MALLORCA TODAY ).

[X.] war demzufolge zurückzuweisen.

Meta

29 W (pat) 25/09

25.02.2010

Bundespatentgericht 29. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 25.02.2010, Az. 29 W (pat) 25/09 (REWIS RS 2010, 8952)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 8952

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