Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.12.2012, Az. XII ZB 652/11

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 715

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen



BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 652/11

vom

5. Dezember 2012

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
FamFG §
266 Abs.
1 Nr.
3; [X.] §
17
a
a)
Bei der Prüfung, ob eine sonstige Familiensache im Sinne des §
266 Abs.
1 Nr.
3 FamFG vorliegt, ist das Tatbestandsmerkmal "im Zusammenhang mit Trennung oder Scheidung" weit auszulegen.
b)
Streitigkeiten aus Mietverträgen (einschließlich gewerblicher Mietverträge), die die Eheleute untereinander geschlossen haben, können sonstige Familiensachen i.S.d. §
266 Abs.
1 Nr.
3 FamFG sein.
[X.], Beschluss vom 5. Dezember 2012 -
XII ZB 652/11 -
OLG Düsseldorf

[X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am 5.
Dezember 2012
durch den
Vorsitzenden Richter Dose
und die Richter
Schilling, Dr.
Günter, Dr.
Nedden-Boeger und Dr.
Botur
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des [X.] wird der Beschluss des 10.
Zivilsenats des [X.] vom 1.
Dezem-ber 2011 aufgehoben.
Die sofortige Beschwerde der Klägerin wird mit der Maßgabe zu-rückgewiesen, dass der Rechtsweg zu den allgemeinen Zivilge-richten für unzulässig erklärt und das Verfahren an das Amtsge-richt -
[X.]
-
Krefeld verwiesen wird.
Die Kosten der Rechtsmittelverfahren werden der Klägerin aufer-legt.
Verfahrenswert: bis 7.000

Gründe:
I.
Die Parteien streiten über die Zuständigkeit der angerufenen Zivilkam-mer.
Die Klägerin begehrt von dem [X.] Mietzins und Nebenkosten für die [X.] von September 2009 bis Juli 2011. Die Parteien sind seit April 2011 rechtskräftig geschiedene Eheleute; sie trennten sich im Jahr 2009. Das Zuge-1
2
-
3
-
winnausgleichsverfahren ist beim [X.] noch anhängig. Vor der Scheidung bewohnten die Parteien mit ihrem [X.] das im Eigentum der [X.] stehende Haus, in dem sich auch die streitbefangene,
ca. 83

große Ein-liegerwohnung befindet, die der Beklagte von der Klägerin im Januar 1998 zum Betrieb eines Ingenieurbüros mietete.
Der Beklagte wendet gegen den Mietzinsanspruch ein, im Zuge der Trennung habe man sich darauf geeinigt, dass der [X.] der Parteien einen Großteil (ca. 65
m²) der von ihm zuvor gewerblich genutzten Einliegerwohnung nutze. Gleichzeitig habe er, der Beklagte, Darlehen, die das Haus beträfen, [X.]. Zudem habe die Klägerin nicht mehr zum Familienunterhalt und dem [X.] beigetragen. Hierdurch und insbesondere durch die Neuver-teilung der Räumlichkeiten in dem Haus sei das gewerbliche Mietverhältnis still-schweigend aufgehoben worden.
Das von der Klägerin angerufene Landgericht hat den
Rechtsweg dorthin für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Amtsgericht

Familienge-richt
-
Krefeld verwiesen.
Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin hat das [X.] den Rechtsweg zu den Gerichten der streitigen Zivilgerichtsbarkeit für zulässig erklärt. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit der vom [X.] zu-gelassenen Rechtsbeschwerde.

II.
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.

3
4
5
6
-
4
-
1. Sie ist gemäß §
17
a Abs.
4 und Abs.
6 [X.] iVm §
574 Abs.
1 Nr.
2 ZPO statthaft (vgl. [X.]/[X.] ZPO 29.
Aufl. §
17
a [X.] Rn.
16
a) und auch im Übrigen zulässig.
2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet.
a) Das Beschwerdegericht, dessen Entscheidung in [X.], 475 veröffentlicht ist, vertritt die Auffassung, der Rechtsstreit falle nicht in die [X.].
Rechtsstreitigkeiten zwischen Ehegatten aus gewerblichen Miet-
oder Pachtverhältnissen fielen nicht in die Zuständigkeit der [X.]e; auf das Verteidigungsvorbringen des [X.] oder den Rechtscharakter der von ihm geltend gemachten Gegenrechte komme es nicht an.
Die Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts lasse sich nicht schon [X.] herleiten, dass das gewerbliche Mietverhältnis
der Parteien nach dem (streitigen) Vortrag des [X.] "anlässlich der Trennung der Parteien entwe-der aufgehoben oder gekündigt oder jedenfalls beeinträchtigt"
worden sei; erst recht komme es nicht darauf an, dass der Beklagte "hilfsweise mit [X.] aufrechnet, die in trennungsbedingten finanziellen Folgen wurzeln".
Für die Zulässigkeit des Rechtswegs sei der jeweilige Streitgegenstand maßgebend; dieser werde allein vom Kläger bestimmt. Inhalt und Rechtsnatur der vom [X.] erhobenen Einwendungen seien dagegen für die Frage der Zuständigkeit belanglos.
Die demnach allein maßgeblichen Forderungen der Klägerin aus dem [X.] fielen nicht in die Prüfungskompetenz der Familien-gerichte. Es
handele sich nicht um "Ansprüche im Zusammenhang mit Tren-nung oder Scheidung"
im Sinne von §
266 Abs.
1 Nr.
3 FamFG, die eine Zu-7
8
9
10
11
12
13
-
5
-
ständigkeit der [X.]e
in "sonstigen Familiensachen"
eröffneten. Der Mietvertrag vom Januar 1998 sei weit vor Trennung und Scheidung ab[X.] worden und stehe mit dem Fortbestand der ehelichen Lebensge-meinschaft
in keinerlei Zusammenhang. Er erstrecke sich auf abgegrenzte Räumlichkeiten im "Erdgeschoss links"
und werde von der früheren oder ge-genwärtigen Nutzung der übrigen Teile des Gebäudes in keiner Weise berührt. Die streitbefangenen Mietzinsforderungen beruhten nach dem [X.] darauf, dass das Mietverhältnis der Parteien auch über die Rechtskraft der Scheidung hinaus unverändert fortbestehe.
Schließlich komme es auch nicht darauf an, dass die mit der Klage gel-tend gemachten Forderungen ganz oder teilweise auch für etwaige Zugewinn-ausgleichsansprüche Bedeutung haben könnten und das Verfahren hierüber noch nicht abgeschlossen sei. Zum Stichtag bestehende wechselseitige [X.] zwischen Ehegatten seien zwar nach §
1375 Abs.
1 Satz
1 BGB im Endvermögen des Anspruchsinhabers als Aktivposten und in demjenigen des Schuldners als Verbindlichkeit zu berücksichtigen. Insoweit handle es sich aber lediglich um bloße Rechnungsposten im [X.]en der [X.], die auf Bestand und Rechtsnatur der eingestellten Forderung keinerlei Einfluss hätten. Die Feststellung jener Forderung sei gegenüber den [X.] des Zugewinnausgleichs nicht nachrangig; das Ergebnis des rechtskräftig abgeschlossenen Rechtsstreits über die schuldrechtlichen [X.] sei vielmehr umgekehrt in den [X.] einzustellen, so-weit es am Stichtag bereits fällige Forderungen beträfe.
§
266 Abs.
1 Nr.
3 FamFG
erfasse nur solche Ansprüche zwischen Ehe-gatten, die in einem Zusammenhang mit Trennung, Scheidung oder Eheaufhe-bung stünden. Der Begriff des Zusammenhangs habe dabei sowohl eine inhalt-liche wie eine zeitliche Komponente; ein inhaltlicher Zusammenhang sei etwa 14
15
-
6
-
dann gegeben, wenn das Verfahren die wirtschaftliche Entflechtung der (vorma-ligen) Partner
betreffe.
All dies gelte für gewerbliche Mietverhältnisse zwischen Ehegatten nicht, weil diese durch Trennung oder Scheidung nicht berührt würden. An[X.] als in den im Gesetzgebungsverfahren ins Auge gefassten Beispielsfällen wie etwa [X.], Auseinan[X.]etzung einer Ehegatteninnengesell-schaft oder Rückgewähr [X.] Zuwendung gehe es nicht um eine durch das Scheitern veranlasste (Rück-)Abwicklung von Rechtsbeziehungen, sondern um Forderungen aus einem fortbestehenden Dauerschuldverhältnis, das von den Vertragsparteien auf eine von ihren familienrechtlichen Beziehungen unab-hängige schuldrechtliche Ebene gestellt worden und nach Bestand und Inhalt vom Fortbestand der ehelichen Lebensgemeinschaft losgelöst sei.
Zwar sei die Zuständigkeitserweiterung Bestandteil einer Konzentration aller familienrechtlichen Verfahren beim sogenannten "Großen [X.]", die der Gesetzgeber als eines
der wichtigsten Reformziele des FamFG ange-sehen habe. Hiervon sollten
aber nur solche allgemeine
Zivilrechtsstreitigkeiten erfasst werden, die eine besondere Nähe zu familienrechtlich geregelten Rechtsverhältnissen (Verlöbnis, Ehe) aufwiesen oder die in engem Zusammen-hang mit der Auflösung eines solchen Rechtsverhältnisses stünden. Dem Fami-liengericht solle es möglich sein, alle durch den [X.] Verband von Ehe und Familie sachlich verbundenen Rechtsstreitigkeiten zu entscheiden. Auf diese Weise sollten ineffektive und zudem alle Beteiligten belastende [X.], Aussetzung und Mehrfachbefassung von Gerichten vermieden werden. Dauerschuldverhältnisse

wie das im Streit stehende gewerbliche Mietverhältnis
-
stünden gerade nicht in einer Nähe zu familienrechtlich [X.] Rechtsverhältnissen oder ihrer Auflösung, sondern seien von den
Vertrags-16
17
-
7
-
parteien bewusst hiervon abgekoppelt und aus jedem "[X.] Verband von Ehe und Familie"
herausgelöst worden.
b) Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts
ist die hier zu beurtei-lende Streitigkeit als sonstige Familiensache im Sinne des
§
266 Abs.
1 Nr.
3 FamFG zu qualifizieren.
Dabei kommt es für die Prüfung, ob der zur Entschei-dung anstehende Verfahrensgegenstand eine [X.] Streitigkeit oder eine Familiensache im Sinne des §
17
a Abs.
6 [X.] darstellt, nicht allein auf den Vortrag der [X.]eite, sondern ebenfalls auf das Verteidigungsvor-bringen der Gegenseite an.
aa) Allerdings wird auch die Auffassung vertreten, dass es für die Frage der Zuständigkeit ausschließlich auf den Vortrag des [X.] bzw. [X.]s
ankommen soll ([X.] Beschluss vom 10.
Januar 2011

13
W
69/10
-
juris Rn.
1; [X.]/[X.] ZPO 29.
Aufl. §
266 FamFG Rn.
7; [X.]/[X.]/[X.] FamFG 2.
Aufl. §
266 Rn.
17).
Es
darf jedoch nicht unberücksichtigt bleiben, dass es mit dem Grund-satz der Gleichwertigkeit ("Waffengleichheit") der Parteien und dem Anspruch auf [X.] gemäß Art.
101 Abs.
1 Satz
2 GG regelmäßig nicht vereinbar
wäre, wenn das Gericht
im [X.]en der Prüfung der [X.] des Rechtsweges den Sachvortrag des [X.] nicht zur Kenntnis näh-me und seine Zuständigkeit allein auf der Grundlage eines schlüssigen, aber bestrittenen und nicht bewiesenen Klägervortrags bejahte (vgl. [X.]Z 183,
49 =
NJW 2010, 873 Rn.
18
f.).
Hinzu kommt, dass sich gemäß §
266 Abs.
1 Nr.
3 FamFG die Zustän-digkeit des angerufenen Gerichts nicht allein aus dem geltend gemachten An-18
19
20
21
22
-
8
-
spruch
ergibt, sondern erst aus dem Zusammenhang mit Trennung oder Schei-dung oder Aufhebung der Ehe, also letztlich aus einer Gesamtbetrachtung. [X.] folgt, dass die Darlegung der Tatbestandsmerkmale der [X.] Norm nicht zwingend Auskunft über die mögliche Zuordnung als sonstige Familiensache im Sinne des §
266 Abs.
1 Nr.
3 FamFG gibt. Wollte man allein auf den Vortrag des [X.] abstellen, so hätte es dieser in der Hand, durch Vorenthalten entsprechenden
Vortrages zum Zusammenhang im Sinne des §
266 Abs.
1 Nr.
3 FamFG den Rechtsweg zu den Zivilgerichten vor-zugeben, ohne dass die Gegenseite die Möglichkeit hätte, darauf Einfluss zu nehmen.
Sofern die Gegenseite -
wie hier
der Beklagte
-
einwendet, die [X.] stünden
in einem solchen
Zusammenhang, hat der Kläger bzw. [X.] diesen Vortrag zu widerlegen. Bleiben
die
für die zur Begründung der Rechtswegzuständigkeit maßgeblichen
Tatsachen streitig, hat der Kläger diese zu beweisen (vgl. [X.]Z 183, 49 =
NJW 2010, 873 Rn.
18).
bb) Gemäß §
266 Abs.
1 Nr.
3 FamFG sind sonstige Familiensachen Verfahren, die Ansprüche zwischen miteinander verheirateten oder ehemals miteinander verheirateten Personen
oder zwischen einer solchen und einem Elternteil im Zusammenhang mit Trennung oder Scheidung oder Aufhebung der Ehe betreffen, sofern nicht die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte gegeben ist oder das Verfahren eines der in §
348 Abs.
1 Satz
2 Nr.
2 Buchst.
a bis
k ZPO genannten Sachgebiete, das Wohnungseigentumsrecht oder das Erbrecht be-trifft und sofern es sich nicht bereits nach anderen Vorschriften um eine Famili-ensache
handelt. Mietsachen werden von diesem -
abschließenden
-
Ausnah-mekatalog nicht umfasst.

23
24
-
9
-
Mit §
266 FamFG hat der Gesetzgeber den Zuständigkeitsbereich der [X.]e deutlich erweitert ("Großes [X.]"). Damit sollen [X.], die eine besondere Nähe zu familienrechtlich geregelten Rechtsverhältnissen aufweisen oder die in engem Zusammenhang mit der Auflösung eines solchen Rechtsverhältnisses stehen, ebenfalls Famili-ensachen werden. [X.] dabei ist nach der Gesetzesbegründung allein die Sachnähe des [X.]s zum Verfahrensgegenstand. Im [X.] aller Beteiligten soll es dem [X.] möglich sein, alle durch den [X.] Verband von Ehe und Familie sachlich verbundenen Rechtsstreitigkei-ten zu entscheiden (Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 7.
September 2007 BT-Drucks.
16/6308 S.
168
f.).
In den Fällen des §
266 Abs.
1 Nr.
3 FamFG muss
ein Zusammenhang mit Trennung, Scheidung oder Aufhebung der Ehe bestehen. Auf diese Weise soll insbesondere die vermögensrechtliche Auseinan[X.]etzung zwischen den Ehegatten außerhalb des Güterrechts (sogenanntes Nebengüterrecht) den [X.] zugewiesen werden (BT-Drucks. 16/6308
S.
169, 263). Dabei hat der Begriff des Zusammenhangs nach der Gesetzesbegründung eine inhalt-liche wie eine zeitliche Komponente (BT-Drucks. 16/6308 S.
262).
Mit der in §
266 Abs.
1 Nr.
3 FamFG vorgenommenen Formulierung "im Zusammenhang mit Trennung oder Scheidung"
gehen allerdings nicht leicht zu beantwortende [X.] einher, die von der Rechtsprechung und Literatur nicht einheitlich beantwortet werden
(dazu
näher [X.] FF 2012, 427, 431
ff.).
(1) Ein inhaltlicher Zusammenhang liegt vor, wenn das Verfahren vor [X.] die wirtschaftliche Entflechtung der (vormaligen) Ehegatten betrifft ([X.]
[X.], 1420; [X.] [X.], 1410, 1411).
25
26
27
28
-
10
-
(a) Im Hinblick auf die gewünschte möglichst umfassende Zuständigkeit der [X.]e ist der Begriff des Zusammenhangs mit der Beendigung der ehelichen [X.] großzügig zu beurteilen
([X.] FF 2012, 427, 432; [X.]. [X.], 413; s. auch [X.]/[X.]/Boden/[X.] FamFG 2.
Aufl. §
266 Rn.
13 "im Zweifel für das [X.]").
§
266 Abs.
1 FamFG ist anwendbar, wenn der Rechtsstreit durch die bezeichneten familienrechtli-chen Verhältnisse nicht unwesentlich mitgeprägt ist. [X.] sind die Fälle, in denen der familienrechtliche Bezug völlig untergeordnet ist, so dass eine Entscheidung durch das [X.] sachfremd erscheint ([X.]
[X.], 1420). Ein inhaltlicher Zusammenhang ist vor allem bei naheliegenden und häufig vorkommenden Folgen oder Begleiterscheinungen der Beendigung einer Ehe gegeben ([X.] FamRZ
2011, 1421, 1422; [X.]/[X.]/[X.] FamFG 2.
Aufl. §
266 Rn.
48).
Der erforderliche inhaltli-che Zusammenhang kann rechtlicher oder wirtschaftlicher Art sein. Trennung, Scheidung oder Aufhebung der Ehe müssen jedenfalls in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht für die geltend gemachte Rechtsfolge
ursächlich sein. Dass die Ansprüche ihren Grund unmittelbar in der Ehe haben oder aus diesem Rechtsverhältnis herrühren, ist für eine Zuständigkeit nach §
266 Abs.
1 Nr.
3 FamFG nicht erforderlich.
(b) Inwieweit zwischen den
(geschiedenen) Ehegatten bestehende Miet-streitigkeiten sonstige Familiensachen sein können, ist streitig (dafür [X.]/[X.]/[X.] FamFG 2.
Aufl. §
266 Rn.
54; [X.] MDR 2009, 1026, 1027
f.; [X.]. -
auch für gewerbliche Mietverhältnisse
-
in [X.]/Künkel Hand-buch Familien-
und Familienverfahrensrecht [Stand: Oktober 2012] I
5
B Rn.
37, 39 und 40; [X.]. [X.] 2012, 81,
82; [X.] FamRZ 2010, 237; [X.]. Vermö-gensauseinan[X.]etzung der Ehegatten außerhalb des Güterrechts 5.
Aufl. Rn.
26
a; [X.]. -
nunmehr differenzierend
-
FF 2012, 427, 433; aA [bezüglich 29
30
-
11
-
gewerblicher Mietverhältnisse]
[X.]/[X.]/Schlünder BeckOK FamFG
§
266 Rn.
15 [Stand: 1.
September 2012]; [X.] IMR
2012, 127).
Der Senat folgt der wohl überwiegenden Meinung. Da (gewerbliche)
Mietverhältnisse nicht unter eine der in §
266 Abs.
1 FamFG genannten Spezi-alzuständigkeiten fallen, können auch diese Rechtsverhältnisse als sonstige Familiensachen zu qualifizieren sein, wenn der erforderliche Zusammenhang
im Sinne des
§
266 Abs.
1 Nr.
3 FamFG gegeben ist. Deshalb scheidet eine pau-schale Zuordnung dieser Rechtsverhältnisse zu
den allgemeinen Zivilgerichten
aus.
(2) Im vorliegenden Fall besteht zwischen den von der Klägerin geltend gemachten Mietzinsansprüchen und der Trennung bzw. Scheidung der Parteien ein inhaltlicher Zusammenhang im Sinne des §
266 Abs.
1 Nr.
3 FamFG.
Für die Prüfung der Zuständigkeit ist entgegen der Auffassung des [X.] nicht allein auf den Vortrag der Klägerin abzustellen, der sich auf die Darlegung der Voraussetzungen für einen Anspruch auf gewerblichen Mietzins beschränkt. Weil die Zuständigkeit begründenden Tatsachen hier nicht gleichzeitig notwendige Tatbestandsmerkmale des Anspruches sind (sogenann-te
doppelrelevante Tatsachen), bedarf es auch der Würdigung des Verteidi-gungsvorbringens des [X.], um feststellen zu können, ob ein Zusammen-hang im vorgenannten Sinne besteht.
Einer Beweiserhebung bedarf es im vor-liegenden Fall jedoch nicht, weil bereits nach dem unstreitigen Vortrag der [X.] die Zuständigkeit der [X.]e gegeben ist.
Danach haben die Parteien das Mietverhältnis während ihrer Ehe [X.].
Das Mietobjekt befindet sich in dem Haus, das den Parteien auch als Ehewohnung gedient
hat. Unbeschadet der von der Klägerin bestrittenen Behauptung des [X.], dass der [X.] der Parteien in die streitgegenständ-31
32
33
34
-
12
-
liche Einliegerwohnung eingezogen
sei, hat dieser nach dem Vortrag der [X.] jedenfalls die Möglichkeit
(gehabt),
das von dem [X.] gemietete Büro "stundenweise"
zu benutzen
-
und zwar sowohl vor als auch nach der Trennung der Parteien. Die Klägerin macht Mietzahlungen
für die [X.]
ab
September 2009 geltend, also dem Jahr, in dem sich die Parteien getrennt haben.
Schließlich ist das [X.] noch nicht abgeschlossen.
Aus alledem ergibt sich ein sachlicher Zusammenhang zwischen Miet-zinsforderung und Trennung bzw. Scheidung der Ehe. Die Geltendmachung der Miete fällt mit der Trennung der Parteien zusammen (s. dazu auch [X.] [X.] 2012, 81, 82; [X.]/Künkel/[X.] Handbuch Familien-
und Fami-lienverfahrensrecht [Stand: Oktober 2012] I
5
B
Rn.
37, wonach es ein deutli-cheres Indiz kaum geben dürfte). Bis zur Rechtshängigkeit des [X.] sind die Mietzinsforderungen bzw. die entsprechenden Zahlungsverpflich-tungen im Zugewinnausgleich der Beteiligten zu berücksichtigen, was zwar nicht für sich genommen, aber in der Zusammenschau mit den anderen Um-ständen für einen inhaltlichen Zusammenhang spricht. Zudem kann bei einer etwaigen Zuweisung der Ehewohnung die Nutzung der Einliegerwohnung

auch durch das gemeinsame Kind
-
von Bedeutung sein. Ferner lässt sich nicht ausschließen, dass trennungs-
bzw. [X.] Konflikte den vertragsgemäßen Gebrauch der -
im Haus der Klägerin befindlichen
-
Mietsa-che als unzumutbar erscheinen lassen.
Da bereits nach dem unstreitigen Vortrag der Parteien von einem sachli-chen Zusammenhang im Sinne des §
266 FamFG auszugehen ist, kommt es auf den Einwand des [X.], wonach er auf die im Eigentum der Klägerin stehende Immobilie, die sowohl als Ehewohnung als auch als Mietobjekt diente, Kreditzahlungen geleistet habe, nicht an.
Aufgrund seiner Zuständigkeit wird 35
36
-
13
-
sich das [X.]
aber auch diesen Fragen mit entsprechender Sach-kompetenz annehmen können.
(3) Zwischen den geltend gemachten Mietzinsforderungen und der Tren-nung bzw. Scheidung besteht schließlich ersichtlich auch ein zeitlicher Zusam-menhang, weshalb die Streitfrage, ob ein Zusammenhang im Sinne von §
266 Abs.
1 Nr.
3 FamFG auch in zeitlicher Hinsicht gegeben sein muss
(zum Streit-stand [X.] FF 2012, 427, 432 mwN), hier keiner Beantwortung
bedarf.
3. Der Senat kann in der Sache abschließend entscheiden, weil sie zur Endentscheidung reif ist, §
74 Abs.
6 Satz
1 FamFG. Demgemäß ist der ange-fochtene Beschluss gemäß §
74 Abs.
5 FamFG aufzuheben und die [X.] zurückzuweisen.

Dose

Schilling

Günter

Nedden-Boeger

Botur
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 21.10.2011 -
2 O 226/11 -

OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 01.12.2011 -
I-10 [X.] -

37
38

Meta

XII ZB 652/11

05.12.2012

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.12.2012, Az. XII ZB 652/11 (REWIS RS 2012, 715)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 715

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

XII ZB 652/11 (Bundesgerichtshof)

Sonstige Familiensache: Streitigkeiten aus unter den Eheleuten geschlossenen Mietverträgen


XII ZB 340/14 (Bundesgerichtshof)

Zuständigkeitsabgrenzung zwischen Familiengericht und Wohnungseigentumsgericht: Streit geschiedener Ehegatten um Zahlungsansprüche im Zusammenhang mit einem Miteigentumsanteil …


XII ZB 340/14 (Bundesgerichtshof)


XII ZB 40/17 (Bundesgerichtshof)

Vorliegen einer sonstigen Familiensache: Streitigkeiten aus Wohnraummietverträgen zwischen Schwiegereltern und Schwiegerkind anlässlich der Trennung ihres …


XII ZB 40/17 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

XII ZB 652/11

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.