Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.07.2011, Az. 2 StR 181/11

2. Strafsenat | REWIS RS 2011, 4868

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2
StR 181/11

vom
13. Juli 2011
in der Strafsache
gegen

wegen Vergewaltigung u.a.

-
2
-
Der 2. Strafsenat des [X.] hat
nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers
am 13. Juli
2011
gemäß § 349 Abs.
2 und 4 StPO
beschlossen:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landge-richts Limburg a.d. Lahn vom 3. Dezember 2010
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte [X.] ist der Vergewaltigung und der vorsätzlichen Körperverlet-zung in zwei Fällen;
b) im Strafausspruch zu [X.] 1 der Urteilsgründe und im [X.] mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die
Kosten des Rechtsmittels, an eine andere [X.] des [X.]s zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in Tatein-heit mit vorsätzlicher Körperverletzung und wegen gefährlicher Körperverlet-zung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und acht Monaten verur-teilt. Seine auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg;
im Übrigen ist
sie unbegründet im Sinne des §
349 Abs.
2 StPO.
1
-
3
-
I.
1. Nach den Feststellungen des [X.]s zu [X.] 1 der Urteils-gründe vollzog der Angeklagte mit der Nebenklägerin, seiner Ehefrau, gegen deren Willen unter Beschimpfungen gewaltsam
ungeschützten Vaginalverkehr bis zum Samenerguss. Anschließend flüchtete die Nebenklägerin bekleidet mit Jogginghose und T-Shirt aus der Wohnung, wurde aber von dem Angeklagten im Treppenhaus eingeholt und zurück in die Wohnung gezerrt. Dort zerstörte er ihr Mobiltelefon und holte die gemeinsame 4-jährige Tochter aus dem Schlaf-zimmer. Dieser erklärte er nun, ihr zeigen zu wollen "was sie für eine 'Raben-mutter' und '[X.]' habe. Er drückte die Nebenklägerin im [X.] im Bereich der Eingangstür zum Flur hin auf den Boden, kniete sich mit einem Bein auf den Brustkorb der Nebenklägerin und hielt die Tochter dabei so auf dem Arm, dass sie nach vorne ihrer Mutter ins Gesicht blickte. In dieser Stellung schlug der Angeklagte mehrmals auf die Nebenklägerin ein, wobei er sie einmal im Gesicht und mehrfach im Bereich der Hände traf. Die Nebenklä-gerin schaute währenddessen in die Angst erstarrten Augen ihrer Tochter M.

, welche weder schrie noch weinte. Die Nebenklägerin, die den Angeklag-ten zunächst angeschrien hatte, mit den Schlägen aufzuhören, ging dazu über, auf ihn einzureden. Der Angeklagte beruhigte sich nach und nach, ließ von der Nebenklägerin ab und verfiel in einen weinerlichen Gemütszustand. Er brachte die Tochter M.

wieder ins Schlafzimmer, strich der Tochter über den Kopf und sagte ihr, dass sie doch einschlafen solle, es werde alles gut. Der Ange-klagte und die Nebenklägerin legten sich dann ebenfalls wieder schlafen."
2. Das [X.] hat angenommen, die Vergewaltigung und die
im Nachgang erfolgte
Körperverletzung stünden im Verhältnis der Tateinheit und hat insoweit die [X.] von drei Jahren und sieben Monaten verhängt. Bei der vorangegangenen Prüfung, ob die Regelwirkung des §
177 Abs.
2
2
3
-
4
-
StGB entfällt und deshalb der
Normalstrafrahmen des Abs. 1 Anwendung [X.], hat die [X.] entscheidend auf die im [X.] an die Vergewalti-gung begangene Körperverletzung abgestellt: "Über die mit einer Vergewalti-gung allgemein verbundene erniedrigende Behandlung hinaus demütigte der Angeklagte die Nebenklägerin in besonderer Weise und fügte ihr durch sein Verhalten nach dem erzwungenen Geschlechtsverkehr eine
noch heute [X.] psychische Belastung zu. Er demütigte sie, indem er auf sie ein-schlug,
während er ihr Kind M.

in Händen hatte. Zugleich beschimpfte er sie als 'Rabenmutter' und '[X.]'. Mit der Einbeziehung der Tochter, die er zwang, die Schläge unmittelbar mit anzusehen, machte er darüber hin
aus auch die Tochter M.

zu einem Opfer seiner Handlungen, auch wenn eingetretene Verhaltensauffälligkeiten von M.

nicht auf diese Tat allein zu-rückgeführt werden können" ([X.] 38).
II.
Die Beurteilung des [X.] durch das [X.] im [X.] 1 der Urteilsgründe ist rechtsfehlerhaft.
Die Vergewaltigung und die nach einer Zäsur -
der Flucht aus der [X.], dem Zurückholen der Nebenklägerin und dem Wecken der gemeinsamen Tochter -
aufgrund eines neuen Tatentschlusses begangene
Körperverletzung stehen
im Verhältnis der Tatmehrheit. Der Senat hat den Schuldspruch ent-sprechend berichtigt. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, zumal auch die Anklage zutreffend von zwei selbständigen Taten im
materiell-rechtlichen
Sinne ausgegangen ist.
Durch die fehlerhafte Annahme von Tateinheit statt
Tatmehrheit ist der Angeklagte
nicht ausschließbar beschwert.
4
5
6
-
5
-
Sowohl für die Vergewaltigung wie auch für die im Nachgang verübte Körperverletzung sind unter Beachtung des Verschlechterungsverbots jeweils Einzelstrafen zu verhängen. Das kann für den Angeklagten zu einem günstige-ren Ergebnis führen, weil der neue Tatrichter bei der Prüfung des Absehens
von der Regelwirkung des §
177 Abs.
2 StGB -
anders als im angefochtenen Urteil
-
jedenfalls nicht entscheidend auf die besonderen Umstände der gesondert zu
ahndenden Körperverletzung wird abstellen können.
Was die strafschärfende Berücksichtigung der Vornahme solcher Sexualpraktiken -
hier ungeschützter Geschlechtsverkehr bis zum Samenerguss
-
anbelangt, die zuvor während der Ehe einvernehmlich praktiziert worden sind, wird der neue Tatrichter die dazu ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung zu berücksichtigen haben (vgl. [X.], 505; BGHR StGB §
177 Abs.
1 Strafzumessung 10).
Die Aufhebung der für den [X.] 1 verhängten [X.] führt auch zur Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs.

Appl

Schmitt

Berger

Krehl

Eschelbach

7
8

Meta

2 StR 181/11

13.07.2011

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.07.2011, Az. 2 StR 181/11 (REWIS RS 2011, 4868)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 4868

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

5 StR 28/12 (Bundesgerichtshof)


5 StR 37/16 (Bundesgerichtshof)

Strafverfahren wegen Vergewaltigung der Ehefrau: Strafrahmenwahl und Strafzumessung bei Verwirklichung eines Regelbeispiels; strafmildernde Berücksichtigung trotz …


5 StR 28/12 (Bundesgerichtshof)

Strafverfahren wegen besonders schwerer Vergewaltigung: Tatrichterliche Beweiswürdigung der Angaben der einzigen Belastungszeugin bei möglicherweise vorliegendem …


5 StR 403/10 (Bundesgerichtshof)

Strafrahmenwahl bei Vergewaltigung mit Zusammentreffen von Regelbeispiel und Qualifikationstatbestand im minder schweren Fall


5 StR 403/10 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.