Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.01.2011, Az. 5 StR 403/10

5. Strafsenat | REWIS RS 2011, 10535

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5 [X.] [X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL vom 12. Januar 2011 in der Strafsache gegen wegen besonders schwerer Vergewaltigung u.a.
- 2 -Der 5. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 12. Januar 2011, an der teilgenommen haben: [X.] als Vorsitzender, [X.]in [X.], [X.]in Dr. [X.], [X.] Prof. Dr. König, [X.] [X.]als beisitzende [X.], Staatsanwältin , Staatsanwältin beim [X.]

als Vertreterinnen der [X.], Rechtsanwalt als Verteidiger, Rechtsanwalt als Vertreter der Nebenklägerin, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
- 3 -für Recht erkannt:
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 26. Ap-ril 2010 werden verworfen. Die Staatskasse hat die Kosten der Revision der Staatsanwalt-schaft und die dem Angeklagten hierdurch entstandenen not-wendigen Auslagen zu tragen. Der Angeklagte trägt die Kosten seiner Revision und die der Nebenklägerin hierdurch erwach-senen notwendigen Auslagen. [X.] Von Rechts wegen [X.] n d e Das [X.] hat den Angeklagten [X.] unter Freisprechung im Übri-gen [X.] wegen besonders schwerer Vergewaltigung in Tateinheit mit gefährli-cher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs [X.] verurteilt. Mit ihrer auf den Strafausspruch beschränkten Revision, die vom [X.] vertreten wird, rügt die Staatsanwaltschaft die [X.] materiellen Rechts. Sie macht insbesondere geltend, das [X.] habe rechtsfehlerhaft einen minder schweren Fall der besonders schweren Vergewaltigung gemäß § 177 Abs. 5 Halbsatz 2 StGB angenommen und zu-dem die Untergrenze des § 177 Abs. 2 StGB bei der Strafrahmenbestimmung als nicht beachtlich angesehen. Der Angeklagte beanstandet mit seiner auf eine Verfahrensrüge und die Sachrüge gestützten Revision die Nichtannahme einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB. Beide Revisionen bleiben ohne Erfolg. 1 - 4 - 1. Das [X.] hat folgende Feststellungen und Wertungen getrof-fen: 2 Die Nebenklägerin bat den mit maximal 2 › alkoholisierten Angeklag-ten, den sie als Nachbarn vom Sehen her kannte, am Morgen des [X.] in ihre Wohnung. Nach einer zunächst freundlichen Unterhaltung wollte der Angeklagte von der Nebenklägerin Geld. Die Nebenklägerin erklär-te, dass sie kein Geld habe. Daraufhin schlug ihr der Angeklagte mit einem Schlagring ein- bis zweimal ins Gesicht, —um seinen Frust über sein trostloses Leben abzureagierenfi. Als er die Nebenklägerin dann ängstlich und hilflos sah, wollte er mit ihr geschlechtlich verkehren. Er verlangte von ihr, an ihm den Oralverkehr auszuüben. Unter dem Eindruck der Gewalthandlungen kam sie der Aufforderung nach, wobei ihr der Oralverkehr so starke Übelkeit verur-sachte, dass sie sich auf der Toilette übergeben musste. Nach ihrer Rückkehr verlangte der Angeklagte vaginalen Geschlechtsverkehr. Als sie sich weigerte, schlug er ihr mit seinem Schlagring erneut mehrfach ins Gesicht und gegen den Kopf. Es gelang ihm jedoch nicht, mit seinem erigierten Penis in die Scheide der sich vehement wehrenden Nebenklägerin einzudringen. Die [X.] konnte den Angeklagten trotz ihrer Verletzungen, unter anderem einer stark blutenden Kopfplatzwunde, mit den Füßen wegstoßen und [X.] um Hilfe schreiend [X.] ins Treppenhaus fliehen. Der Angeklagte flüchtete aus dem Fenster. Als er bemerkte, dass er seinen Ausweis am Tatort vergessen hatte, stellte er sich selbst bei der Polizei. 3 Das [X.] hat einen minder schweren Fall der besonders schwe-ren Vergewaltigung gemäß § 177 Abs. 5 Halbsatz 2 StGB angenommen. Im Rahmen der Gesamtwürdigung hat es maßgebend strafmildernd berücksich-tigt das umfängliche von Reue getragene Geständnis des zur Tatzeit 24-jährigen, nicht vorbestraften Angeklagten, das der Nebenklägerin eine Aussa-ge in der Hauptverhandlung erspart habe, seine Entschuldigung, verbunden mit einem Schmerzensgeldangebot von 1.000 •, seine alkoholbedingte [X.], seine Strafempfindlichkeit als Erstverbüßer und seine Selbststel-lung bei den Ermittlungsbehörden. [X.] hat es ausdrücklich die [X.] - 5 -chischen Auswirkungen der Tat und die gegenüber der Nebenklägerin aufge-wendete Tatintensität gewertet, deren Vertrauen und Gastfreundschaft der Angeklagte überdies missbraucht habe. Das [X.] hat die Auffassung vertreten, dass bei dem zugrunde zu legenden minder schweren Fall des § 177 Abs. 5 Halbsatz 2 StGB die Untergrenze des § 177 Abs. 2 StGB —nicht zu beachtenfi sei, da die zuvor genannten Umstände in ihrer Gesamtheit auch die Regelwirkung dieser Vorschrift entfallen ließen.
2. Die Revision der Staatsanwaltschaft deckt letztlich keinen durchgrei-fenden Rechtsfehler bei der [X.] und der Strafzumessung auf. 5 Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatgerichts. Es ist seine Aufgabe, auf Grund der Hauptverhandlung die wesentlichen be- und entlastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und gegeneinander abzuwägen. Das Revisionsgericht kann nach ständiger Rechtsprechung nur eingreifen, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstoßen wird oder sich die verhängte [X.] von ihrer Bestimmung eines gerechten Schuldausgleichs so weit löst, dass sie nicht mehr innerhalb des dem Tatgericht eingeräumten Spielraums liegt (vgl. [X.], Beschluss vom 10. April 1987 [X.] [X.], [X.]St 34, 345, 349 mwN). 6 a) Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Entscheidung des Landge-richts revisionsrechtlich hinzunehmen. Entgegen den Ausführungen der Be-schwerdeführerin ist die tatrichterliche Gesamtwürdigung bei der Bestimmung des Strafrahmens nicht lückenhaft. Nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe hat das [X.] die von der Revision vermisste Erörterung der Verletzung mehrerer Strafgesetze (neben der Vergewaltigung zugleich gefährliche Körperverletzung und Verstoß gegen das Waffengesetz) nicht au-ßer Acht gelassen. Im Rahmen der rechtlichen Würdigung führt die [X.] die Verwendung des Schlagrings [X.] eine Verurteilung erfolgte nicht, weil die Staatsanwaltschaft das Verfahren insoweit gemäß § 154 Abs. 1 StPO 7 - 6 -eingestellt hatte [X.] und dessen besondere Gefährlichkeit an. Der Senat schließt aus, dass ihr diese Umstände bei der Strafzumessung aus dem Blick geraten sein könnten. Gleiches gilt hinsichtlich der physischen Verletzungsfol-gen, die das [X.] im Einzelnen festgestellt und auch im Lichte mögli-cher Spätfolgen erörtert hat. b) Ebenso liegt eine von der Revision beanstandete fehlerhafte Ge-wichtung der Strafzumessungserwägungen bei der [X.] nicht vor. Die Beschwerdeführerin nimmt lediglich eine eigene stärkere Gewichtung der hohen Gewaltkomponente und der besonderen Intensität der erzwungenen sexuellen Handlungen vor; Rechtsfehler bei der Annahme eines minder schweren Falls zeigt sie indes nicht auf. 8 9 c) Nicht zu Unrecht rügt die Beschwerdeführerin allerdings, dass das [X.] die Untergrenze des § 177 Abs. 2 StGB ohne nähere Begründung als unbeachtlich angesehen hat. Für den Wegfall der Regelwirkung dieser Vorschrift genügt nicht die bloße Bezugnahme auf die Erwägungen, die zur Annahme eines minder schweren Falls nach § 177 Abs. 5 Halbsatz 2 StGB geführt haben. Das Tatgericht muss sich vielmehr mit dem systematischen Zusammenhang zwischen dem Qualifikationstatbestand des § 177 Abs. 4 StGB, der eine Vergewaltigung im Sinne des § 177 Abs. 2 Satz 1, 2 Nr. 1 StGB nicht erfordert, und dem Regelbeispiel des § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB auseinandersetzen. Eine Entkräftung der Regelwirkung des § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB kommt nur bei ganz außergewöhnlichen [X.] hier nicht gegebenen [X.] Milderungsgesichtspunkten in Betracht (vgl. [X.], Urteil vom 5. Juni 2003 [X.] 3 StR 60/03, [X.], 32 f.; Urteil vom 7. März 2000 [X.] 5 StR 30/00, [X.], 419). Insoweit in Übereinstimmung mit der Auffassung des [X.] schließt der Senat jedoch angesichts der verhängten Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten aus, dass sich der Rechtsfehler auf die konkrete Straffindung ausgewirkt hat. Die Strafe orientiert sich weder an einer 10 - 7 -Ober- noch an einer Untergrenze des Strafrahmens, so dass die fehlerhafte Annahme der Strafrahmenuntergrenze des § 177 Abs. 5 Halbsatz 2 StGB (ein Jahr Freiheitsstrafe) im Vergleich zu der richtigerweise anzuwendenden Un-tergrenze des § 177 Abs. 2 Satz 1 StGB (zwei Jahre Freiheitsstrafe) ohne [X.] ist. 3. Die Revision des Angeklagten ist gleichfalls unbegründet. Seine Ver-fahrensrüge dringt aus den vom [X.] genannten Gründen ebenso wenig durch wie die Sachrüge. Das [X.] hat namentlich auf-grund der motorischen Fähigkeiten des Angeklagten sowie seines aufrecht erhaltenen Orientierungs- und Erinnerungsvermögens bei einer errechneten Blutalkoholkonzentration von maximal 2 › zur Tatzeit rechtsfehlerfrei die Vor-aussetzungen einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit gemäß § 21 StGB verneint. 11 [X.][X.]

[X.] König [X.]

Meta

5 StR 403/10

12.01.2011

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.01.2011, Az. 5 StR 403/10 (REWIS RS 2011, 10535)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 10535

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