Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 25.08.2022, Az. 2 AZN 234/22

2. Senat | REWIS RS 2022, 4565

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Gegenstand

Nichtzulassungsbeschwerde - Einreichung von Beschwerde- und Beschwerdebegründungsschrift als elektronisches Dokument auf einem sicheren Übermittlungsweg - Anforderungen an eine ausreichende einfache Signatur


Tenor

1. Auf die Beschwerde der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 18. Januar 2022 - 4 [X.]/21 - aufgehoben, soweit darin zu ihrem Nachteil erkannt worden ist.

2. Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

3. Der Wert des [X.] wird auf [X.] Euro festgesetzt.

Gründe

1

Die auf den Zulassungsgrund des § 72 Abs. 2 Nr. 3 Alt. 2 ArbGG gestützte [X.]eschwerde hat Erfolg.

2

I. Die [X.]eschwerde ist zulässig. Die [X.]eschwerdeeinlegung und -begründung genügen entgegen der Auffassung des [X.] den sich aus § 72 Abs. 6, § 46c Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 ArbGG ergebenden Anforderungen an die Einreichung von elektronischen Dokumenten beim [X.]. Nach den Angaben im Transfervermerk sind beide Schriftsätze als elektronisches Dokument aus dem besonderen Anwaltspostfach von Rechtsanwalt W und damit auf einem sicheren Übermittlungsweg (§ 46c Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 ArbGG) übermittelt worden. Sie weisen auch eine ausreichende einfache Signatur auf. [X.]ei einem nach dem [X.]riefkopf als solcher ausgewiesenen Einzelanwalt ist zu dessen Identifizierung regelmäßig der maschinenschriftliche Abschluss des Schriftsatzes mit „Rechtsanwalt“ ausreichend. Hierdurch wird ohne Weiteres erkennbar, dass der [X.] - vorliegend Rechtsanwalt W - Urheber der schriftlichen Prozesshandlung ist und die inhaltliche Verantwortung für das betreffende Dokument übernimmt. Weitere Rechtsanwälte sind im [X.]riefkopf der Schriftsätze nicht aufgeführt. Insofern unterscheidet sich der Streitfall maßgeblich von dem Sachverhalt, der der von dem Kläger herangezogenen Entscheidung des [X.] vom 16. Februar 2022 (- [X.] 5 [X.]/21 [X.] - Rn. 9) zugrunde lag. Deshalb kommt es nicht mehr darauf an, ob die darüber geleistete - mit den Schriftsätzen eingescannte - Unterschrift entzifferbar ist.

3

II. Die [X.]eschwerde ist auch begründet. Das [X.] hat bei seiner Entscheidung über den Kündigungsschutzantrag betreffend die außerordentliche fristlose Kündigung vom 15. Oktober 2020 den Anspruch der [X.]eklagten auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG verletzt (§ 72 Abs. 2 Nr. 3 Alt. 2 ArbGG). Das führt in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zur Aufhebung seines Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das [X.]erufungsgericht (§ 72a Abs. 7 ArbGG), ohne dass es auf die Zulässigkeit und [X.]egründetheit der weiteren von der [X.]eklagten erhobenen Rügen ankäme.

4

1. Das [X.] hat zwar wiedergegeben und damit zur Kenntnis genommen, dass die [X.]eklagte die außerordentliche fristlose Kündigung vom 15. Oktober 2020 auch auf den Verdacht pflichtwidrigen Verhaltens des [X.] stützt (vgl. Seite 13, erster Absatz des [X.]erufungsurteils). Es hat dieses Vorbringen jedoch bei der Urteilsfindung wieder aus den Augen verloren und deshalb nicht in Erwägung gezogen (vgl. [X.]VerfG 27. Mai 1970 - 2 [X.]vR 578/69 - zu III der Gründe, [X.]VerfGE 28, 378). Die Entscheidungsgründe des Urteils beschäftigen sich an keiner Stelle mit einer „Verdachtskündigung“ und ihren Voraussetzungen.

5

2. Der darin liegende Gehörsverstoß ist für die Entscheidung über den Kündigungsschutzantrag betreffend die außerordentliche fristlose Kündigung vom 15. Oktober 2020 erheblich. Hierfür genügt es, dass das [X.] bei Prüfung der Voraussetzungen einer Verdachtskündigung möglicherweise zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre. Das kann nicht ausgeschlossen werden.

6

3. Die Zurückverweisung umfasst die weiteren Kündigungsschutzanträge gegen die außerordentliche Kündigung vom 26. Oktober 2020 sowie die ordentlichen Kündigungen vom 17. September 2020, 15. Oktober 2020 und 26. Oktober 2020 sowie den Antrag des [X.] auf vorläufige Weiterbeschäftigung.

7

4. Demgegenüber verbleibt es bei der Abweisung seines [X.]s auf der [X.]asis der bis zum ersten [X.]erufungsurteil vermeintlich eingetretenen [X.]. Allerdings ist die Entscheidung des [X.]s insoweit - wie der als unechter Hilfsantrag angebrachte [X.] selbst - auflösend bedingt durch die Abweisung eines der Kündigungsschutzanträge im fortgesetzten [X.]erufungsverfahren. Überdies könnte der Kläger einen neu angebrachten [X.] nach der Zurückverweisung (nur) auf Gründe stützen, die erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung im ersten [X.]erufungsverfahren entstanden sind.

8

5. Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass dem [X.] die Schriftsätze aus dem [X.] nicht vorliegen.

9

III. Von einer weiteren [X.]egründung wird nach § 72a Abs. 5 Satz 5 ArbGG abgesehen.

        

    Koch    

        

    Schlünder    

        

    Niemann    

        

        

        

    Alex    

        

    Klein    

                 

Meta

2 AZN 234/22

25.08.2022

Bundesarbeitsgericht 2. Senat

Beschluss

Sachgebiet: AZN

vorgehend ArbG Bonn, 2. Februar 2021, Az: 6 Ca 1996/20, Urteil

§ 46c Abs 3 S 1 Alt 2 ArbGG, § 46c Abs 4 S 1 Nr 2 ArbGG, § 72 Abs 2 Nr 3 Alt 2 ArbGG, § 72 Abs 6 ArbGG, § 72a Abs 7 ArbGG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 25.08.2022, Az. 2 AZN 234/22 (REWIS RS 2022, 4565)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 4565 NJW 2022, 3028 REWIS RS 2022, 4565 MDR 2023, 111 REWIS RS 2022, 4565

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