Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 05.06.2020, Az. 10 AZN 53/20

10. Senat | REWIS RS 2020, 368

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Gegenstand

Elektronischer Rechtsverkehr - sicherer Übermittlungsweg


Leitsatz

Ein elektronisches Dokument, das aus einem besonderen elektronischen Anwaltspostfach versandt wird und nicht mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist, ist nur dann auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht, wenn die das Dokument signierende und damit verantwortende Person mit der des tatsächlichen Versenders übereinstimmt.

Tenor

1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des [X.] vom 6. Dezember 2019 - 4 [X.]/19 - wird als unzulässig verworfen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Beschwerde zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf 13.549,11 Euro festgesetzt.

Gründe

1

A. [X.]ie [X.]en streiten über eine Versetzung und darüber, ob der Kläger auf seinem bisherigen oder einem gleichwertigen Arbeitsplatz zu beschäftigen ist. [X.]as [X.] hat das teilweise stattgebende Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.

2

[X.]as [X.]erufungsurteil ist der Prozessbevollmächtigten des [X.] am 2. Januar 2020 zugestellt worden.

3

Mit Schriftsatz vom 21. Januar 2020, der als elektronisches [X.]okument am 22. Januar 2020 beim [X.] eingegangen ist, hat die Prozessbevollmächtigte des [X.] Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. [X.]er Schriftsatz ist nicht mit einer qualifizierten elektronischen Signatur ([X.]) versehen gewesen. Nach dem Transfervermerk ist der Schriftsatz aus einem besonderen elektronischen Anwaltspostfach nach § 31a [X.] [X.]) eingereicht worden. Ein vertrauenswürdiger Herkunftsnachweis ([X.]) ist nicht festzustellen gewesen. [X.]ie als Anlage übersandte Abschrift des anzufechtenden Urteils hat nicht den Anforderungen des § 130a Abs. 2 ZPO iVm. § 2 der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische [X.]ehördenpostfach vom 24. November 2017 genügt ([X.] - [X.], [X.]. I S. 3803, idF der Verordnung zur Änderung der [X.] vom 9. Februar 2018, [X.]. I S. 200).

4

[X.]ie Klägervertreterin ist deshalb mit Schreiben des [X.]s vom 29. Januar 2020 darauf hingewiesen worden, dass das eingereichte elektronische [X.]okument die Formvoraussetzungen nicht erfülle. Am Montag, 3. Februar 2020, ist der [X.] mit formgerechter Anlage erneut aus [X.] ohne [X.] eingereicht worden.

5

Mit Schriftsatz vom 2. März 2020 hat die Klägervertreterin die Nichtzulassungsbeschwerde begründet. [X.]er Schriftsatz, der nicht mit einer [X.] versehen worden ist, ist am 2. März 2020 zunächst als elektronisches [X.]okument aus [X.] ohne [X.] beim [X.] eingereicht worden. Am selben Tag ist die vollständige, von der Klägervertreterin eigenhändig unterschriebene [X.]eschwerdebegründung erneut - nun mit Telefax - beim [X.] eingereicht worden. [X.]ie Klägervertreterin hat in einem am 5. März 2020 eingegangenen Schriftsatz vom selben Tag erklärt, dass die am 2. März 2020 um 15:21 Uhr per [X.] eingegangene [X.]eschwerdebegründung mit Anlagen maßgeblich sei. [X.]ie weiteren Versionen seien nur vorsorglich eingereicht worden und könnten als gegenstandslos betrachtet werden. [X.]ieser Schriftsatz ist erneut nicht mit einer [X.] versehen und aus [X.] ohne [X.] eingereicht worden.

6

Mit der auf die Zulassungsgründe einer Rechtsfrage von grundsätzlicher [X.]edeutung, der [X.]ivergenz und der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör gestützten [X.]eschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision durch das [X.].

7

[X.]. [X.]ie [X.]eschwerde ist unzulässig. Sie ist nicht ordnungsgemäß begründet (§ 72a Abs. 3 ArbGG).

8

I. [X.]er Zulässigkeit steht nicht entgegen, dass die [X.]eschwerdeschrift nicht den [X.] genügt, die ein als elektronisches [X.]okument eingereichter bestimmender Schriftsatz einzuhalten hat. [X.]em Kläger kann von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden. Mit der [X.] eingereichten [X.]eschwerdebegründung ist gleichzeitig die frühere Prozesshandlung der einzulegenden [X.]eschwerde [X.] nachgeholt worden.

9

1. [X.]ie Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb der [X.]eschwerdefrist nicht in der vorgeschriebenen Form eingelegt worden.

a) Nach § 72a Abs. 2 Satz 1 ArbGG ist die [X.]eschwerde bei dem [X.] innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils schriftlich einzulegen. Sie kann nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 555 Abs. 1 Satz 1, § 130a Abs. 1 ZPO auch als elektronisches [X.]okument bei Gericht eingereicht werden, wenn es für die [X.]earbeitung durch das Gericht geeignet ist (§ 130a Abs. 2 Satz 1 ZPO). [X.]er [X.] kann nicht auf die wortgleiche Regelung des § [X.] ArbGG zurückgreifen, weil sie nur für das erstinstanzliche arbeitsgerichtliche Verfahren gilt. Für das Revisionsverfahren fehlt eine entsprechende Verweisung in § 72 Abs. 6 ArbGG ([X.] 24. Oktober 2019 - 8 [X.] 589/19 - Rn. 5; [X.]/[X.] Stand September 2019 § [X.] Rn. 30; wohl [X.]/[X.] 9. Aufl. § [X.] Rn. 1). [X.]ie Anforderungen an die Signatur und den Übermittlungsweg ergeben sich aus § 130a Abs. 3 und Abs. 4 ZPO. In der auf der Grundlage des § 130a Abs. 2 Satz 2 ZPO ergangenen und zum 1. Januar 2018 in [X.] getretenen [X.] sind die für die Übermittlung und [X.]earbeitung geeigneten technischen Rahmenbedingungen geregelt. [X.]as elektronische [X.]okument muss mit einer [X.] der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person (einfach) signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden (§ 130a Abs. 3 und Abs. 4 ZPO; vgl. zu § 55a VwGO [X.]VerwG 4. Mai 2020 - 1 [X.] 16.20 ua. - Rn. 5).

aa) Ein elektronisches [X.]okument, das mit einer [X.] der verantwortenden Person versehen ist, darf nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 [X.] nur auf einem sicheren Übermittlungsweg oder nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 [X.] an das für den Empfang elektronischer [X.]okumente eingerichtete EGVP übermittelt werden ([X.] 15. August 2018 - 2 [X.] 269/18 - Rn. 4, [X.]E 163, 234).

[X.]) Auf die [X.] kann verzichtet werden, wenn ein sicherer Übermittlungsweg gewählt wird. [X.]ie sicheren Übermittlungswege sind in § 130a Abs. 4 ZPO definiert. [X.]azu zählt nach § 130a Abs. 4 Nr. 2 ZPO der Übermittlungsweg zwischen dem [X.] oder einem entsprechenden, auf gesetzlicher Grundlage errichteten elektronischen Postfach und der elektronischen Poststelle des Gerichts.

(1) Noch nicht geklärt ist, ob es für ein einzureichendes elektronisches [X.]okument ohne [X.] darauf ankommt, dass derjenige, der das elektronische [X.]okument signiert hat, mit dem tatsächlichen Versender aus dem [X.] übereinstimmt (offengelassen für die Frage der Identität von signierender Person und Inhaber des [X.] [X.] 24. Oktober 2019 - 8 [X.] 589/19 - Rn. 7 mwN; für eine Personenidentität [X.] 8. April 2019 - 11 [X.] - zu II 1 a der Gründe; [X.] Verfügung vom 19. Juni 2019 - 6 [X.]a 679/19 - zu II 1 a; [X.]/[X.] ZPO 33. Aufl. § 130a Rn. 11; Musielak/[X.]/[X.] ZPO 17. Aufl. § 130a Rn. 6; [X.] NJW 2015, 2753, 2754; [X.] NJW 2019, 2739, 2741 f.; Müller FA 2019, 170, 171; derselbe [X.] 2019, 1682, 1683; derselbe [X.] 2018, 207, 209; [X.] 2018, 1193 f.; [X.]/von [X.] [X.] 2019, 1097, 1098; [X.]/[X.] NJW 2019, 113, 114; [X.] [X.] 2015, 1163, 1164; wohl auch [X.] 2019, 272, 276; differenzierend nach Voraussetzungen und Auswirkungen [X.] [X.] 129 [2016] 421, 428; dagegen [X.]/[X.] NJW 2018, 1640 ff.; [X.] jurisPR-ITR 17/2019 [X.]. 3 zu [X.] und [X.]; offengelassen von [X.]/[X.] in [X.] jurisPK-Internetrecht 6. Aufl. [X.]. 6 Rn. 280.1).

(2) Aus der Systematik sowie dem Sinn und Zweck ergibt sich, dass § 130a Abs. 3 Satz 1 Alt. 2, Abs. 4 Nr. 2 ZPO einschränkend auszulegen ist. Ein elektronisches [X.]okument, das aus [X.] versandt wird und nicht mit einer [X.] versehen ist, ist nur dann auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht, wenn die das [X.]okument signierende und damit verantwortende Person mit der des tatsächlichen Versenders übereinstimmt.

(a) Maßgebend für die Gesetzesauslegung ist der in der Norm zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers. Zu dessen Ermittlung sind der Wortlaut der Norm, die Systematik, der Sinn und Zweck sowie die Gesetzesmaterialien und die Entstehungsgeschichte heranzuziehen. Unter diesen anerkannten Methoden hat keine unbedingten Vorrang. Welche Regelungskonzeption der Gesetzgeber mit dem von ihm gefundenen Wortlaut tatsächlich verfolgt, ergibt sich uU erst aus den anderen Auslegungsgesichtspunkten. Wird daraus der Wille des Gesetzgebers klar erkennbar, ist er zu beachten (vgl. [X.] 6. Juni 2018 - 1 [X.] ua. - Rn. 74 f., [X.]E 149, 126; [X.] 11. [X.]ezember 2019 - 4 [X.] - Rn. 22; 16. Oktober 2019 - 5 [X.] - Rn. 15 mwN).

(b) [X.]em Wortlaut des § 130a Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 ZPO lässt sich nicht eindeutig entnehmen, wer das elektronische [X.]okument auf dem sicheren Übermittlungsweg versandt haben muss. Soweit das [X.] das Wort „und“ hervorhebt und daraus ableitet, dass die verantwortende Person eine zweiaktige Handlung vornehmen muss, die aus Signatur und Einreichung besteht, folgt dieser Schluss nicht zwingend aus dem [X.] ([X.] 8. April 2019 - 11 [X.] - zu II 1 a der Gründe). [X.]ie Wendung „von der verantwortenden Person“ kann sich nur auf das ihr folgende „signiert“ beziehen, in gleicher Weise aber auch auf die im letzten Satzteil enthaltene Formulierung „auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden“. Ebenso wenig ergibt sich aus § 130a Abs. 4 Nr. 2 ZPO, wer ein elektronisches [X.]okument versenden muss.

(c) Eine einschränkende Auslegung dahin, dass ein sicherer Übermittlungsweg nach § 130a Abs. 4 Nr. 2 ZPO nur gegeben ist, wenn die verantwortende Person den Schriftsatz selbst versendet, ist jedoch mit [X.]lick auf die Systematik sowie auf den Sinn und Zweck der Vorschrift geboten.

(aa) In systematischer Hinsicht steht der sichere Übermittlungsweg bei einer Signatur durch die verantwortende Person gleichrangig neben der [X.] [X.] 2019, 1682, 1683). [X.]ie qualifizierte elektronische Signatur tritt ihrerseits an die Stelle der eigenhändigen Unterschrift iSd. § 130 Nr. 6 ZPO. Neben den sonstigen Funktionen der Unterschrift soll sie auch gewährleisten, dass das elektronische [X.]okument nicht spurenlos manipuliert werden kann (Perpetuierungs- oder Integritätsfunktion, vgl. [X.]T-[X.]rs. 14/4987 S. 24; [X.] 14. Mai 2013 - VI Z[X.] 7/13 - Rn. 9 mwN, [X.]Z 197, 209). [X.]iese Funktionen sollen auch bei einer einfachen Signatur und einem sicheren Übermittlungsweg garantiert werden. Zum Ausdruck kommt dieser Aspekt in den sonstigen bundeseinheitlichen Übermittlungswegen nach § 130a Abs. 4 Nr. 4 ZPO. Sie sind nur dann als sichere Übermittlungswege anzusehen, wenn die Authentizität und Integrität der [X.]aten gewährleistet sind. [X.]er [X.] von [X.] und sicherem Übermittlungsweg bei einfacher Signatur ergibt sich auch aus der Entwurfsbegründung. Auf S. 25 heißt es dort, dass die das [X.]okument verantwortende Person das elektronische [X.]okument mit einer [X.] nach dem Signaturgesetz versehen oder einen sicheren Übermittlungsweg nutzen muss ([X.]T-[X.]rs. 17/12634 S. 25). [X.]eide Pflichten richten sich an die verantwortende Person.

([X.]) [X.]iese systematischen Erwägungen werden von Sinn und Zweck gestützt, die mit der Neuregelung verfolgt werden. Sinn und Zweck ergeben sich aus den Gesetzesmaterialien. [X.]er im Schrifttum geäußerten Auffassung, die [X.]egründung eines Gesetzentwurfs sei im Unterschied zu den Erwägungsgründen in Verordnungen und Richtlinien der [X.] nicht vom Gesetzgeber verabschiedet und könne daher nicht zur Auslegung herangezogen werden, stimmt der [X.] nicht zu (vgl. [X.] jurisPR-ITR 17/2019 [X.]. 3 zu [X.]). Nach der Rechtsprechung des [X.] kommt den Gesetzesmaterialien eine nicht unerhebliche Indizwirkung zu ([X.] 6. Juni 2018 - 1 [X.] ua. - Rn. 74 mwN, [X.]E 149, 126).

([X.]) Mit der Änderung des § 130a ZPO wollte der Gesetzgeber keine Abkehr vom bisher geltenden Recht vornehmen, sondern es ergänzen. Nach der Entwurfsbegründung sollte mit dem Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten auf die hinter den Erwartungen zurückgebliebene Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs reagiert werden. Als Grund für das fehlende Nutzervertrauen wurde die mangelnde Akzeptanz der [X.] ausgemacht. Abhilfe sollte eine anwenderfreundliche Kommunikation schaffen, die Zugangshürden für die elektronische Kommunikation mit der Justiz bedeutend senkt und das Nutzervertrauen stärkt ([X.]T-[X.]rs. 17/12634 S. 1, 20). [X.]ie Nutzung der [X.] sollte weiterhin möglich sein, um der Form zu genügen. Sie sollte aber nicht mehr zwingend erforderlich sein, wenn das elektronische [X.]okument stattdessen einfach signiert und auf einem sicheren Kommunikationsweg an die Justiz übermittelt wird. [X.]em Gesetzgeber ging es insbesondere darum, auch mit der Einführung zusätzlicher Kommunikationsmöglichkeiten weiterhin die Authentizität des übermittelten [X.]okuments zu gewährleisten. [X.]as findet sich in der Entwurfsbegründung wieder, wenn auf S. 20 angeführt ist, dass eine Kommunikation per EGVP bei Versendung aus einem besonderen elektronischen Anwaltspostfach oder einem Postfach mit vergleichbarem Authentizitätsgrad als sicher angesehen werden kann ([X.]T-[X.]rs. 17/12634 S. 20). [X.]aran wird deutlich, dass ein abschließender Akt, mit dem die Verantwortung übernommen wird, auch dann erforderlich ist, wenn ein lediglich einfach signiertes elektronisches [X.]okument übermittelt wird. Gestützt wird dieses Ergebnis durch die Stellungnahme des [X.], der hervorhob, dass [X.] zwischen Papierverfahren und elektronischem Verfahren zu vermeiden seien (Anlage 3 zu [X.]T-[X.]rs. 17/12634 S. 45 [X.]). [X.]ieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn die leicht von [X.]ritten anzubringende einfache Signatur durch ein Verfahren ergänzt wird, das die Authentizität, aber auch die Integrität des [X.]okuments sicherstellt. [X.]aran wird die vom [X.] schon am Wortlaut festgemachte zweiaktige Handlung deutlich, die die verantwortende Person vornehmen muss ([X.] 8. April 2019 - 11 [X.] - zu II 1 a der Gründe).

([X.]b) [X.]ei [X.] nach § 31a [X.] ist die Identität des Absenders technisch abgesichert. [X.]ie [X.] richtet für jedes im Gesamtverzeichnis eingetragene Mitglied einer Rechtsanwaltskammer ein [X.] empfangsbereit ein. [X.] nehmen die Rechtsanwaltskammern nach § 31 Abs. 1 Satz 5 [X.] nur vor, nachdem ein Identifizierungsverfahren durchgeführt worden ist [X.] FA 2019, 170, 171). Allerdings ist zu berücksichtigen, dass weitere Zugangsberechtigungen zum Postfach möglich sind (§ 31a Abs. 3 Satz 3 [X.], § 23 der Verordnung über die Rechtsanwaltsverzeichnisse und die besonderen elektronischen [X.] vom 23. September 2016 - [X.] und -postfachverordnung - [X.], [X.]. I S. 2167, idF des [X.] vom 10. [X.]ezember 2019, [X.]. I S. 2128). Nach § 23 Abs. 3 Satz 5 [X.] kann das Recht, [X.] elektronisch signierte [X.]okumente auf einem sicheren Übermittlungsweg zu versenden, zwar nicht auf andere Personen übertragen werden. [X.]ie Versendung durch andere Personen ist jedoch technisch möglich. Echtheit und Integrität des [X.]okuments können deshalb nur gewährleistet werden, wenn es entweder mit einer [X.] versehen ist oder von der verantwortenden Person selbst auf einem sicheren Übermittlungsweg bei der Justiz eingereicht worden ist.

([X.]) [X.]iesen Erwägungen zu Zusammenhang und Zweck steht nicht entgegen, dass die Gesetzesmaterialien an anderen Stellen weniger aussagekräftig sind. Auf S. 25 der Entwurfsbegründung heißt es, eine (einfache) Signatur sei erforderlich, um zu dokumentieren, dass die vom sicheren Übermittlungsweg als Absender ausgewiesene Person mit der das elektronische [X.]okument verantwortenden Person identisch ist ([X.]T-[X.]rs. 17/12634 S. 25). [X.]er [X.] schließt sich im Ausgangspunkt der in der Literatur geäußerten Meinung an, eine einschränkende Auslegung komme nur dann in [X.]etracht, wenn mit dem Absender der tatsächliche Versender und nicht der [X.] gemeint sei (vgl. [X.]/[X.] NJW 2018, 1640, 1642). Sie steht dem gefundenen Auslegungsergebnis jedoch nicht entgegen. Mit [X.]lick auf die bereits angeführten Überlegungen zu Systematik sowie Sinn und Zweck der Regelung gibt es hinreichende Anhaltspunkte für die hier zugrunde gelegte einschränkende Auslegung von § 130a Abs. 4 Nr. 2 ZPO.

(d) Ein anderes Ergebnis lässt sich nicht daraus herleiten, dass der [X.] bei eigenhändigen Unterschriften iSv. § 126 [X.]G[X.] die Mitwirkung einer Schreibhilfe zugelassen hat (so die Auffassung von [X.] jurisPR-ITR 17/2019 [X.]. 3 unter [X.]erufung auf [X.] 12. März 1981 - [X.] - zu I [X.] 1 der Gründe). [X.]ie Sachverhalte sind nicht vergleichbar. [X.]ei der Unterstützung durch eine Schreibhilfe soll letztlich nur körperliches Unvermögen, eine Unterschrift trotz eines entsprechenden Willens allein zu leisten, ausgeglichen werden. [X.]ei der Übermittlung eines elektronischen [X.]okuments durch eine andere Person als den Inhaber des [X.] geht es im Unterschied dazu nicht um den Ausgleich einer körperlichen Schwäche, sondern darum, dass Arbeiten delegiert werden.

(3) [X.]amit ist für einen sicheren Übermittlungsweg iSv. § 130a Abs. 4 Nr. 2 ZPO erforderlich, dass die verantwortende Person das elektronische [X.]okument selbst versendet. Wird das [X.] durch eine andere Person als den [X.] - z[X.] das Sekretariat eines Rechtsanwalts - verwendet, liegt kein sicherer Übermittlungsweg vor, sodass die [X.] unverzichtbar ist.

(4) [X.]ie von den Gerichten von Amts wegen vorzunehmende Prüfung, ob ein Rechtsmittel formgerecht eingereicht wurde, kann bei einem elektronisch übermittelten [X.]okument, das nicht mit einer [X.] versehen ist, nur anhand des [X.] vorgenommen werden.

(a) [X.]ie Postfächer des [X.] besitzen eine eindeutige SAFE-I[X.], die stets mit [X.]E.[X.]RAK beginnt. [X.]ie [X.]E.[X.]RAK - SAFE-I[X.] allein genügt jedoch nicht als [X.]eleg dafür, dass das [X.] auch als sicherer Übermittlungsweg iSd. § 130a Abs. 4 Nr. 2 ZPO verwendet wurde. Unabhängig davon, ob der Rechtsanwalt selbst oder ein Mitarbeiter gesendet hat, wird immer die SAFE-I[X.] des Anwalts im Transfervermerk und im Prüfprotokoll der eingehenden Nachricht angezeigt. [X.]ie aufgrund des [X.] in der [X.]-Verwaltung sichtbare SAFE-I[X.] des Mitarbeiters tritt nach außen dagegen nicht in Erscheinung [X.] FA 2019, 170, 171).

(b) Ob die Übermittlung auf einem sicheren Übermittlungsweg erfolgt ist, kann nur anhand eines [X.] geprüft werden [X.] [X.] 2018, 207, 209). [X.]eim [X.] handelt es sich technisch um einen speziellen OS[X.]I-Header und eine bestimmte fortgeschrittene, prüfbare Signatur am äußeren Umschlag der EGVP-Nachricht. Sichtbar ist der [X.] im [X.] und im [X.]. [X.]ort wird der [X.] - wenn ein solcher vorhanden ist - in der Zeile „Informationen zum Übermittlungsweg“ dargestellt. [X.]er [X.] dient dem Nachweis, dass eine Nachricht aus einem bestimmten Postfach ([X.], [X.], [X.], [X.] einer Justizbehörde) versandt wurde. [X.]ieser Nachweis wird nur an einer Nachricht angebracht, wenn zwei Voraussetzungen erfüllt sind. [X.]as [X.] muss nach Authentifizierung und Identifizierung des [X.]s in einem bestimmten sicheren Verzeichnisdienst geführt werden. [X.]er [X.] muss zu dem Zeitpunkt, in dem die Nachricht erstellt wird, sicher an dem Postfach angemeldet sein. [X.]ie Unterscheidung wird an zwei Transfervermerken deutlich [X.] Eine [X.]E.[X.]RAK - SAFE-I[X.] macht noch keinen sicheren Übermittlungsweg http://ervjustiz.de/eine-de-brak-safe-id-macht-noch-keinen-sicheren-uebermittlungsweg, abgerufen am 2. Juni 2020).

(aa) Übermittelt der Inhaber des [X.] selbst, wird in der ersten Zeile des ersten Schriftfelds unter „Informationen zum Übermittlungsweg“ der Hinweis „sicherer Übermittlungsweg aus einem besonderen Anwaltspostfach“ angebracht.

A[X.]ildung

([X.]) Übermittelt eine dritte Person, die nicht Inhaber des [X.] ist, fehlt in dem ersten Schriftfeld über der Zeile „Eingang auf dem Server“ die Zeile zu den „Informationen zum Übermittlungsweg“.

A[X.]ildung

(c) [X.]as gegen die Nutzung des [X.] geltend gemachte Argument, eine gesetzliche Grundlage fehle, überzeugt den [X.] nicht (so [X.] jurisPR-ITR 17/2019 [X.]. 3).

(aa) [X.]ei der von Amts wegen vorzunehmenden Prüfung, ob eine Prozesshandlung rechtzeitig ist, sind die Regeln des Freibeweises anwendbar ([X.] 18. Januar 2012 - 7 [X.] - Rn. 16; [X.] 28. Januar 2020 - VI Z[X.] 38/17 - Rn. 7). Hierzu muss das Gericht auf den Transfervermerk und ggf. ergänzend auf das Prüfprotokoll und den Prüfvermerk zurückgreifen. [X.]abei handelt es sich um [X.]estandteile der Akte nach § 298 Abs. 2 ZPO. [X.]as empfangende Gericht macht auf diese Weise aktenkundig, dass ein elektronisches [X.]okument auf einem sicheren Übermittlungsweg übermittelt wurde.

([X.]) Mit [X.]lick darauf, dass das [X.] nach § 31a Abs. 3 Satz 3 [X.], § 23 [X.] weitere Zugangsberechtigungen zum Postfach ermöglicht, muss das empfangende Gericht mithilfe der technischen Möglichkeiten prüfen, ob der Inhaber des Postfachs selbst oder eine dritte Person das elektronische [X.]okument übermittelt hat. Nach § 20 Abs. 3 [X.] hat die [X.] bestimmte Umstände zu gewährleisten. Für den Empfänger muss feststellbar sein, dass die Nachricht von dem Rechtsanwalt selbst versandt wurde, wenn [X.] signierte elektronische [X.]okumente durch einen Rechtsanwalt auf einem sicheren Übermittlungsweg übermittelt werden. [X.]azu dient der im System angelegte [X.].

b) [X.]er Kläger hat deshalb innerhalb der einmonatigen [X.]eschwerdefrist keine [X.]e Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. [X.]ie Frist zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde wurde nach § 72a Abs. 2 Satz 1 ArbGG mit der Zustellung des vollständig abgefassten Urteils des [X.]s am 2. Januar 2020 ausgelöst. Weder die am 22. Januar 2020 noch die am Montag, 3. Februar 2020, jeweils als elektronisches [X.]okument eingereichte [X.]eschwerdeschrift genügen den Anforderungen des § 130a Abs. 3, Abs. 4 Nr. 2 ZPO. [X.]ie Schriftsätze sind jeweils mit einer einfachen Signatur versehen. Um [X.] eingereicht zu werden, mussten sie auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden. [X.]as geschah hier nicht. Nach den Transfervermerken wurden die Schriftsätze zwar aus [X.] übermittelt. [X.]er [X.] fehlt jedoch.

A[X.]ildung

A[X.]ildung

Es liegt daher nahe, dass der Schriftsatz nicht von der Prozessbevollmächtigten des [X.] als Inhaberin des [X.] und verantwortender Person, sondern von einer dritten Person übermittelt wurde. [X.]ie nach Auffassung der Literatur in diesem Fall gebotene Überprüfung durch die Gerichte, ob der [X.] die Nachricht selbst versandt hat, kann unterbleiben ([X.] in [X.]/Wolf/Göcken [X.] [X.]erufsrecht 3. Aufl. § 31a [X.] Rn. 79). [X.]em Kläger ist Wiedereinsetzung in die [X.]eschwerdefrist zu gewähren.

2. [X.]er Kläger ist von Amts wegen nach § 236 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 ZPO in die [X.]eschwerdefrist wiedereinzusetzen. Er hat die Frist für die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde zwar versäumt. Ob ihn ein Schuldvorwurf trifft, braucht jedoch nicht entschieden zu werden. Ein etwaiges Verschulden war aufgrund der gerichtlichen Fürsorgepflicht nicht ursächlich dafür, dass der Kläger die Frist nicht gewahrt hat. Mit der [X.] eingereichten [X.]eschwerdebegründung hat er die versäumte Handlung bereits nachgeholt.

a) Nach § 233 Satz 1 ZPO ist einer [X.] auf ihren Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn sie ohne ihr Verschulden verhindert war, eine Notfrist einzuhalten. [X.]abei steht das Verschulden des Prozessbevollmächtigten nach § 85 Abs. 2 ZPO dem Verschulden der [X.] gleich. Es kann offenbleiben, ob der Prozessbevollmächtigten des [X.] ein Schuldvorwurf zu machen ist. Ein etwaiges Verschulden war jedenfalls nicht ursächlich dafür, dass der Kläger die Frist des § 72a Abs. 2 Satz 1 ArbGG nicht gewahrt hat.

aa) [X.]er Rechtsirrtum eines Rechtsanwalts ist regelmäßig nicht unverschuldet. Ein Rechtsanwalt muss die Gesetze kennen, die in einer Anwaltspraxis gewöhnlich anzuwenden sind. Eine irrige Auslegung des Verfahrensrechts kann als [X.] nur dann in [X.]etracht kommen, wenn der Prozessbevollmächtigte die volle, von einem Rechtsanwalt zu fordernde Sorgfalt aufgewendet hat, um zu einer richtigen Rechtsauffassung zu gelangen. Hierbei ist ein strenger Maßstab anzulegen. [X.]ie [X.], die dem Anwalt die Verfahrensführung überträgt, darf darauf vertrauen, dass er ihr als Fachmann gewachsen ist. Wenn die Rechtslage zweifelhaft ist, muss der bevollmächtigte Anwalt den sicheren Weg wählen. Von einem Rechtsanwalt ist zu verlangen, dass er sich anhand einschlägiger Fachliteratur über den aktuellen Stand der Rechtsprechung informiert. [X.]azu besteht umso mehr Veranlassung, wenn es sich um eine vor Kurzem geänderte Gesetzeslage handelt, die ein erhöhtes Maß an Aufmerksamkeit verlangt, oder die Rechtslage offen ist, weil sie noch nicht höchstrichterlich geklärt ist. Ein Rechtsirrtum ist jedoch ausnahmsweise als entschuldigt anzusehen, wenn er auch unter Anwendung der erforderlichen Sorgfaltsanforderungen nicht vermeidbar war (vgl. [X.] 15. Mai 2019 - XII Z[X.] 573/18 - Rn. 25 mwN, [X.]Z 222, 105).

[X.]) Hier spricht einiges dafür, dass die Übermittlung eines nicht qualifiziert signierten Schriftsatzes durch eine dritte Person aus dem [X.] angesichts der umstrittenen und höchstrichterlich noch nicht geklärten Rechtslage nicht die Anwendung der erforderlichen Sorgfalt und die Nutzung des sicheren Wegs darstellt. [X.]ennoch kann auf sich beruhen, ob die Prozessbevollmächtigte des [X.] ein Schuldvorwurf trifft. [X.]ie Wiedereinsetzung ist unabhängig vom Verschulden der [X.] wegen Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 20 Abs. 3 GG zu gewähren, wenn sie geboten ist, weil das Gericht seine prozessuale Fürsorgepflicht verletzt hat. In solchen Fällen tritt ein in der eigenen Sphäre der [X.] liegendes Verschulden hinter das staatliche Verschulden zurück. Ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, ist eine [X.] dann, wenn ihr zwar ein Schuldvorwurf zu machen ist, dieses Verschulden aber für die Fristversäumnis nicht ursächlich gewesen ist oder der [X.] nicht zugerechnet werden kann, weil die Frist im Fall pflichtgemäßen Verhaltens einer anderen Stelle gewahrt worden wäre ([X.]SG 9. Mai 2018 - [X.] 26/18 [X.] - Rn. 10; vgl. auch [X.] 29. August 2017 - VI Z[X.] 49/16 - Rn. 13).

cc) Aufgrund der gerichtlichen Fürsorgepflicht kann ein gerichtlicher Hinweis geboten sein, wenn eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht in der vorgesehenen Form übermittelt worden ist. Eine [X.] kann erwarten, dass dieser Vorgang in angemessener Zeit bemerkt wird und innerhalb eines ordnungsgemäßen Geschäftsgangs die notwendigen Maßnahmen getroffen werden, um eine drohende Fristversäumnis zu vermeiden. Unterbleibt ein gebotener Hinweis, ist der [X.] Wiedereinsetzung zu bewilligen, wenn er bei ordnungsgemäßem Geschäftsgang so rechtzeitig hätte erfolgen müssen, dass es der [X.] noch möglich gewesen wäre, die Frist zu wahren. Kann der Hinweis im Rahmen ordnungsgemäßen Geschäftsgangs nicht mehr so rechtzeitig erteilt werden, dass die Frist durch die erneute Übermittlung des fristgebundenen Schriftsatzes noch gewahrt werden kann, oder geht trotz rechtzeitig erteilten Hinweises der formwahrende Schriftsatz erst nach Fristablauf ein, scheidet eine Wiedereinsetzung allein aus diesem Grund dagegen aus. Aus der verfassungsrechtlichen Fürsorgepflicht der staatlichen Gerichte folgt keine generelle Verpflichtung dazu, die Formalien eines als elektronisches [X.]okument eingereichten Schriftsatzes sofort zu prüfen. [X.]ies nähme den Verfahrensbeteiligten und ihren [X.]evollmächtigten ihre eigene Verantwortung dafür, die Formalien einzuhalten. Eine solche Pflicht überspannte die Anforderungen an die Grundsätze des fairen Verfahrens (vgl. [X.] 17. Januar 2006 - 1 [X.]vR 2558/05 - Rn. 10; 3. Januar 2001 - 1 [X.]vR 2147/00 - zu II 2 der Gründe; [X.] 15. August 2018 - 2 [X.] 269/18 - Rn. 11, [X.]E 163, 234; 22. August 2017 - 10 AZ[X.] 46/17 - Rn. 16; [X.] 18. Oktober 2017 - LwZ[X.] 1/17 - Rn. 11). [X.]ie Abgrenzung dessen, was im Rahmen einer fairen Verfahrensgestaltung an richterlicher Fürsorge aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten ist, kann sich nicht nur am Interesse der Rechtsuchenden an einer möglichst weitgehenden Verfahrenserleichterung orientieren, sondern hat auch zu berücksichtigen, dass die Justiz im Interesse ihrer Funktionsfähigkeit vor zusätzlicher [X.]elastung geschützt werden muss ([X.] 20. April 2011 - VII Z[X.] 78/09 - Rn. 12).

dd) Nach diesen Maßstäben ist hier davon auszugehen, dass bei ordnungsgemäßem Geschäftsgang ein Hinweis so rechtzeitig hätte erteilt werden können, dass der Kläger die [X.]eschwerde formgerecht hätte übermitteln und einlegen können. [X.]ei Eingang der [X.]eschwerdeschrift am Vormittag des 22. Januar 2020 standen noch volle zwölf Kalendertage oder acht Arbeitstage bis zum Fristablauf am Montag, 3. Februar 2020, offen. Mit [X.]lick auf den Transfervermerk einschließlich des darin ggf. enthaltenen [X.] besteht eine einfache und wenig Zeitaufwand erfordernde Möglichkeit zu prüfen, ob ein aus [X.] versandter Schriftsatz mit einer [X.] versehen ist oder auf einem sicheren Übermittlungsweg bei Gericht eingereicht wurde. Es stellt keine nennenswerte [X.]elastung für die Funktionsfähigkeit des angerufenen Gerichts dar, zeitnah nach Eingang eines elektronischen [X.]okuments zu prüfen, ob die Voraussetzungen einer ordnungsgemäßen Übermittlung erfüllt sind. [X.]as gilt insbesondere deswegen, weil ein Prüfvorgang ohnehin zeitnah nach Eingang des Schriftsatzes durchzuführen ist. [X.]as Gericht muss auf Mängel des Formats iSv. 130a Abs. 2 ZPO nach § 130a Abs. 6 Satz 1 ZPO unverzüglich hinweisen. [X.]as setzt eine entsprechende Prüfung des elektronischen [X.]okuments voraus. Solange die Akte dem [X.] im ordnungsgemäßen Geschäftsgang nicht vorgelegen hat, kommt es für die leichte Erkennbarkeit des Mangels auf den Wissensstand des zuständigen Geschäftsstellenbeamten an ([X.] 11. [X.]ezember 2015 - V Z[X.] 103/14 - Rn. 10). Hinzu kommt, dass es sich bei der Übermittlung eines elektronischen [X.]okuments auf einem sicheren Übermittlungsweg iSv. § 130a Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 ZPO um eine noch verhältnismäßig neue Kommunikationsmöglichkeit handelt, die regelmäßig mit Unklarheiten und Unsicherheiten verbunden ist. [X.]er Gesetzeszweck, eine anwenderfreundliche Kommunikation einzurichten, die Zugangshürden für die elektronische Kommunikation mit der Justiz bedeutend zu senken und das Nutzervertrauen zu stärken ([X.]T-[X.]rs. 17/12634 S. 1, 20), kann nur erreicht werden, wenn die Gerichte im Umgang mit den Rechtsuchenden und ihren [X.]evollmächtigten entsprechend handeln und ihre [X.] darauf ausrichten. Auch wenn Rechtsuchende deswegen nicht erwarten dürfen, dass die Gerichte die Formalien eines elektronischen [X.]okuments sofort prüfen, genügt ein Zeitraum von acht Arbeitstagen oder zwölf Kalendertagen, um eine solche Prüfung vorzunehmen. [X.]er [X.] hat einen Zeitraum von zehn vollen Kalendertagen als ausreichend angesehen, um einen Hinweis über die örtliche Unzuständigkeit des angerufenen [X.]erufungsgerichts zu erteilen ([X.] 20. April 2011 - VII Z[X.] 78/09 - Rn. 14).

ee) [X.]er hier gebotene Hinweis auf die nicht ordnungsgemäße Form wurde nicht erteilt. Erteilt wurde lediglich ein Hinweis nach § 130a Abs. 6 Satz 1 ZPO an den Kläger, dass der Schriftsatz bzw. die eingereichten Anlagen nicht den technischen Anforderungen an das zulässige [X.]ateiformat entsprechen. [X.]ieser Hinweis war auf einen Formatfehler gerichtet. Er war etwas anderes als der gebotene Hinweis auf die nach § 72a Abs. 2 Satz 1 ArbGG nicht gewahrte Schriftform. Entsprechend geht das [X.] davon aus, dass die in § 130a Abs. 6 Satz 2 ZPO enthaltene [X.] nur auf Formatfehler anzuwenden ist, jedoch nicht auf die Wahrung der prozessualen Form ([X.] 15. August 2018 - 2 [X.] 269/18 - Rn. 10, [X.]E 163, 234).

ff) [X.]er gebotene Hinweis unterblieb. Ein mögliches Verschulden der Prozessbevollmächtigten des [X.] war daher nicht mehr ursächlich dafür, dass er die Frist des § 72a Abs. 2 Satz 1 ArbGG nicht einhielt.

b) [X.]er Kläger kann nach §§ 233, 236 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 ZPO in die [X.]eschwerdefrist wiedereingesetzt werden.

aa) Wiedereinsetzung kann nach § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO auch ohne Antrag von Amts wegen gewährt werden. [X.]ass der Kläger die versäumte Prozesshandlung der [X.]eschwerdeeinlegung nicht ausdrücklich nachgeholt hat, ist unschädlich. Er hat sie bereits vorgenommen, indem er eine [X.]e [X.]eschwerdebegründung per Telefax eingereicht hat. In der [X.] eingereichten [X.]eschwerdebegründung vom 2. März 2020 ist zugleich die Prozesshandlung der [X.]eschwerdeeinlegung enthalten (für die [X.]erufungseinlegung [X.] 3. Juli 2019 - 10 [X.] - Rn. 14 mwN).

[X.]) [X.]em steht nicht entgegen, dass der Kläger mit Schriftsatz vom 5. März 2020 mitgeteilt hat, der per Telefax eingegangene Schriftsatz sei nur vorsorglich eingereicht worden und könne als gegenstandslos betrachtet werden.

(1) Wegen ihrer prozessgestaltenden Wirkung sind Prozesshandlungen grundsätzlich unwiderruflich, wenn sie die Prozesslage als sog. [X.]ewirkungshandlungen unmittelbar verändern. Ein Widerrufsrecht kann sich allerdings ausnahmsweise aus teleologischen oder systematischen Erwägungen ergeben ([X.] 23. Oktober 2015 - V ZR 76/14 - Rn. 18). Prozesshandlungen, deren bezweckter Erfolg erst aufgrund eines Tätigwerdens des Gerichts eintritt (sog. Erwirkungshandlungen), sind dagegen widerruflich, solange durch sie keine geschützte Position der Gegenseite entstanden ist ([X.] 27. Februar 2015 - [X.] - Rn. 28).

(2) [X.]a die ordnungsgemäße [X.]eschwerdebegründung zu der Zulässigkeit des Rechtsbehelfs führt, ohne dass das Gericht tätig werden muss, ist von einer [X.]ewirkungshandlung auszugehen. Nachdem sie bei Gericht eingegangen ist, ist sie nicht mehr widerruflich. [X.]ie Voraussetzungen für ein Widerrufsrecht im Ausnahmefall sind nicht erfüllt. Im Übrigen ging auch der Schriftsatz vom 5. März 2020 nicht [X.] ein. Er wurde als elektronisches [X.]okument ohne [X.] und ohne [X.] eingereicht.

II. [X.]ie auf die Zulassungsgründe nach § 72 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 3 Alt. 2 ArbGG gestützte [X.]eschwerde ist unzulässig, weil ihre [X.]egründung nicht den in § 72a Abs. 3 Satz 2 ArbGG bestimmten Anforderungen genügt.

1. [X.]ie von der [X.]eschwerde aufgeworfene Rechtsfrage ist nicht so präzise und konkret formuliert, dass sie mit „Ja“ oder „Nein“ beantwortet werden kann (vgl. [X.] 31. Juli 2018 - 3 [X.] 320/18 - Rn. 27 mwN, [X.]E 163, 183).

2. [X.]ei den aus fallbezogenen Äußerungen abgeleiteten abstrakten Rechtssätzen legt die [X.]eschwerde nicht hinreichend dar, dass das [X.] zwingend von diesen Rechtssätzen ausgegangen sein muss (vgl. [X.] 11. April 2019 - 3 [X.] 720/18 - Rn. 8).

3. [X.]ie [X.]eschwerde zeigt keine besonderen Umstände auf, aus denen sich ergibt, dass das [X.] entscheidungserhebliches Vorbringen nicht oder nicht hinreichend berücksichtigt hat (vgl. [X.] 11. April 2019 - 3 [X.] 720/18 - Rn. 17 f.). Soweit sie rügt, das [X.] habe [X.]eweisangebote übergangen, legt sie nicht dar, welches Ergebnis die [X.]eweisaufnahme voraussichtlich gehabt hätte und weshalb das anzufechtende [X.]erufungsurteil auf dem Verfahrensfehler beruhen kann (vgl. [X.] 27. März 2019 - 10 [X.] - Rn. 43 mwN). Ob die geltend gemachte Verletzung der Hinweispflicht ursächlich für die anzugreifende Entscheidung war, kann der [X.] nicht prüfen. [X.]ie [X.]eschwerde legt nicht dar, welchen konkreten Vortrag der Kläger auf den Hinweis hin gehalten hätte (vgl. [X.] 29. August 2018 - 7 [X.]/17 - Rn. 46).

4. Von einer zusätzlichen [X.]egründung wird abgesehen (§ 72a Abs. 5 Satz 5 Alt. 1 ArbGG). Weitere Ausführungen sind weder aus verfassungsrechtlichen noch aus konventionsrechtlichen Gründen geboten (vgl. [X.] 21. November 2018 - 1 [X.]vR 1653/18 ua. - Rn. 6; 30. Juni 2014 - 2 [X.]vR 792/11 - Rn. 19, 25; 8. [X.]ezember 2010 - 1 [X.]vR 1382/10 - Rn. 12 ff.).

III. [X.]ie Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. [X.]ie Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 GKG.

        

    Gallner    

        

    [X.]rune    

        

    Pessinger    

        

        

        

         

        

         

                 

Meta

10 AZN 53/20

05.06.2020

Bundesarbeitsgericht 10. Senat

Beschluss

Sachgebiet: AZN

vorgehend ArbG Siegburg, 25. April 2019, Az: 5 Ca 2089/18, Urteil

§ 31a BRAO, § 130a Abs 1 ZPO, § 130a Abs 2 S 1 ZPO, § 130a Abs 3 S 1 Alt 2 ZPO, § 130a Abs 4 Nr 2 ZPO, § 130a Abs 6 S 1 ZPO, § 2 ERVV, § 4 Abs 1 Nr 1 ERVV, § 4 Abs 1 Nr 2 ERVV, Art 2 Abs 1 GG, Art 20 Abs 3 GG, § 298 Abs 2 ZPO, § 236 Abs 2 S 2 Halbs 2 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 05.06.2020, Az. 10 AZN 53/20 (REWIS RS 2020, 368)

Papier­fundstellen: MDR 2020, 1086-1087 REWIS RS 2020, 368


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 4 Sa 327/19

Landesarbeitsgericht Köln, 4 Sa 327/19, 06.12.2019.


Az. 10 AZN 53/20

Bundesarbeitsgericht, 10 AZN 53/20, 05.06.2020.


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