Bundesfinanzhof, Urteil vom 18.04.2012, Az. II R 51/11

2. Senat | REWIS RS 2012, 7183

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Gegenstand

(Anwendung des § 16 Abs. 2 GrEStG bei Erwerbsvorgängen i.S. des § 1 Abs. 2a GrEStG - Änderung des Gesellschafterbestands - Teilweise Rückübertragung - Anzeige eines Erwerbsvorgangs nach § 1 Abs. 2a GrEStG)


Leitsatz

1. § 16 Abs. 2 GrEStG ist auf einen Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 2a GrEStG anzuwenden, wenn Anteile am Gesellschaftsvermögen vom neuen Gesellschafter auf den alten Gesellschafter ganz oder teilweise zurückübertragen werden und infolgedessen ein Übergang von mindestens 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen im Ergebnis nicht mehr gegeben ist .

2. Die Anzeige eines Erwerbsvorgangs nach § 1 Abs. 2a GrEStG ist nur dann ordnungsgemäß i.S. des § 16 Abs. 5 GrEStG, wenn ihr u.a. diejenigen Rechtsvorgänge eindeutig und vollständig entnommen werden können, die den Tatbestand nach § 1 Abs. 2a GrEStG ausgelöst oder zur Tatbestandsverwirklichung beigetragen haben. Grundstücksbezogene Angaben sind nicht erforderlich (Änderung der Rechtsprechung) .

3. Enthält die Anzeige keine oder nur unvollständige Angaben über die für § 1 Abs. 2a GrEStG maßgeblichen Rechtsvorgänge, erlangt aber das FA innerhalb der Anzeigefrist durch eigene Ermittlungen oder von dritter Seite vollständige Kenntnis von diesen Vorgängen, steht § 16 Abs. 5 GrEStG der Anwendung des Abs. 2 des § 16 GrEStG nicht entgegen .

Tatbestand

1

I. Im Jahr 2004 war [X.] persönlich haftender Gesellschafter der seinerzeit noch als [X.]-KG firmierenden Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin); Kommanditistinnen waren [X.] und [X.], der Sohn des [X.], erwarb im Jahr 2008 die Kommanditanteile der [X.] und [X.] In den Jahren 2008 und 2009 erwarb [X.] ferner alle Geschäftsanteile an der [X.], die zuvor als weitere persönlich haftende Gesellschafterin in die Klägerin eingetreten war. Im April 2009 schied [X.] als Komplementär aus der Klägerin aus und trat als Kommanditist in die Klägerin ein. Zu diesem Zeitpunkt waren die [X.] als nicht am Vermögen der Klägerin beteiligte Komplementärin und [X.] als weiterer Kommanditist an der Klägerin beteiligt.

2

[X.]it notariell beurkundetem Vertrag vom 15. [X.]ai 2009 übertrug [X.] seinen gesamten Kommanditanteil an der Klägerin im Wege der vorweggenommenen Erbfolge gegen Versorgungsleistungen auf [X.] und schied aus der Klägerin aus. [X.]ie Abtretung des Kommanditanteils erfolgte dinglich aufschiebend bedingt mit Wirkung zum Tag der Eintragung der Übertragung der Kommanditeinlage im Handelsregister, die am 28. [X.]ai 2009 erfolgte. [X.]er beurkundende Notar übersandte die Vertragsurkunde vom 15. [X.]ai 2009 der Grunderwerbsteuerstelle des Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --[X.]--) mit einem bei diesem am 27. [X.]ai 2009 eingegangenen [X.]. [X.]it Schreiben vom 28. [X.]ai 2009 wies das [X.] die Klägerin auf den durch den [X.] vom 15. [X.]ai 2009 verwirklichten Steuertatbestand des § 1 Abs. 2a des Grunderwerbsteuergesetzes ([X.]) hin und forderte eine Aufstellung ihres Grundbesitzes an. [X.]ieser Aufforderung kam die Klägerin nicht nach.

3

[X.]as [X.] setzte für den durch Vertrag vom 15. [X.]ai 2009 bewirkten vollständigen Gesellschafterwechsel gemäß § 1 Abs. 2a [X.] gegen die Klägerin durch Bescheid vom 18. August 2010 Grunderwerbsteuer in Höhe von 33.200 € fest. Nachdem die Klägerin gegen diesen Bescheid Einspruch eingelegt hatte, hoben [X.] und [X.] durch notariell beurkundeten [X.] über die "Teilrückabwicklung einer Kommanditanteilsübertragung" die gemäß Vertrag vom 15. [X.]ai 2009 erfolgte Übertragung des Kommanditanteils auf [X.] rückwirkend bezüglich eines Kommanditanteils von 6 % auf, so dass [X.] nunmehr mit 6 % und [X.] mit 94 % an der Klägerin beteiligt waren. An den im Vertrag vom 15. [X.]ai 2009 vereinbarten Gegenleistungen des [X.] für den ihm übertragenen Kommanditanteil sollte sich nichts ändern. Einspruch und Klage, mit denen die Klägerin die Aufhebung der Steuerfestsetzung gemäß § 16 Abs. 2 [X.] begehrte, blieben ohne Erfolg.

4

[X.]as Finanzgericht (FG) führte zur Begründung aus, die Teilrückabwicklung der Kommanditanteilsübertragung auf [X.] gemäß [X.] genüge nicht der von § 16 Abs. 2 Nr. 1 [X.] geforderten vollständigen Rückgängigmachung desjenigen Rechtsvorgangs, der die Tatbestandsverwirklichung des § 1 Abs. 2a [X.] herbeigeführt habe. Zudem habe [X.] aufgrund dieses Vertrags nicht seine Stellung als Altgesellschafter zurückerlangt. [X.]er Anwendung des § 16 Abs. 2 [X.] stehe auch § 16 Abs. 5 [X.] entgegen, weil die Übertragung des Kommanditanteils von [X.] auf [X.] gemäß Vertrag vom 15. [X.]ai 2009 nicht ordnungsgemäß angezeigt worden sei.

5

[X.]it der Revision rügt die Klägerin die fehlerhafte Anwendung des § 16 Abs. 2 und Abs. 5 [X.]. Weder der Wortlaut noch der Sinn und Zweck des § 16 Abs. 2 [X.] verlangten, dass ein zur Erfüllung des Tatbestands des § 1 Abs. 2a [X.] beitragender [X.] in vollem Umfang rückgängig zu machen sei. [X.]ie dem [X.] vom beurkundenden Notar mit [X.] übermittelte Abschrift der notariellen Urkunde vom 15. [X.]ai 2009 habe den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Anzeige genügt.

6

[X.]ie Klägerin beantragt, die Vorentscheidung und den Grunderwerbsteuerbescheid vom 18. August 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15. November 2010 aufzuheben.

7

[X.]as [X.] beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

II. [X.]ie Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und des angefochtenen Grunderwerbsteuerbescheids in Gestalt der Einspruchsentscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). [X.]as [X.] hat zu Unrecht angenommen, die "Teilrückabwicklung" der Übertragung des [X.] gemäß [X.] erfülle nicht die Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 [X.].

9

1. Aufgrund der Übertragung der Kommanditbeteiligung des [X.] auf [X.] gemäß Vertrag vom 15. [X.]ai 2009 war der Tatbestand des § 1 Abs. 2a Satz 1 [X.] erfüllt.

Gehört zum Vermögen einer Personengesellschaft ein inländisches Grundstück und ändert sich innerhalb von fünf Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt, dass mindestens 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen, gilt dies nach § 1 Abs. 2a Satz 1 [X.] als ein auf die Übereignung eines Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft. Im Streitfall sind diese Voraussetzungen erfüllt. Auf [X.] sind aufgrund der in den Jahren 2008 und 2009 vorgenommenen [X.]en sämtliche Anteile am Gesellschaftsvermögen der Klägerin übergegangen. [X.]ie Änderung des [X.] nach § 1 Abs. 2a Satz 1 [X.] kann --wie im [X.] auch in Teilakten über einen Zeitraum von längstens fünf Jahren erfolgen (vgl. z.B. Urteil des [X.] --BFH-- vom 27. April 2005 [X.], [X.], 56, [X.] 2005, 649).

2. [X.]ie Steuerfestsetzung für diesen Erwerbsvorgang ist jedoch gemäß § 16 Abs. 2 Nr. 1 [X.] aufzuheben. [X.]urch den [X.] wurde bewirkt, dass [X.] nur noch mit 94 % am Gesellschaftsvermögen der Klägerin beteiligt war. [X.]arin liegt ein Rückerwerb der [X.] durch die "Altgesellschaft" i.S. des § 16 Abs. 2 Nr. 1 [X.], so dass die Steuerfestsetzung für den zuvor verwirklichten Steuertatbestand des § 1 Abs. 2a [X.] aufzuheben war.

a) Gemäß § 16 Abs. 2 [X.] wird unter bestimmten Voraussetzungen auf Antrag sowohl für den Rückerwerb als auch für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang die Steuer nicht festgesetzt oder die Steuerfestsetzung aufgehoben, wenn der Veräußerer das Eigentum an dem veräußerten Grundstück zurückerwirbt. [X.]iese Vorschrift betrifft über ihren Wortlaut hinaus auch Erwerbsvorgänge nach § 1 Abs. 2a [X.]. [X.]ies folgt aus § 16 Abs. 5 [X.], wonach § 16 Abs. 1 bis 4 [X.] nicht gelten, wenn u.a. ein nach § 1 Abs. 2a [X.] grunderwerbsteuerbarer Erwerbsvorgang rückgängig gemacht wird, der nicht ordnungsgemäß angezeigt worden war. [X.]iese Regelung setzt die grundsätzliche Anwendbarkeit der Begünstigungsvorschrift des § 16 [X.] auch auf den Steuertatbestand des § 1 Abs. 2a [X.] voraus ([X.] vom 2. [X.]ärz 2011 [X.]/08, [X.], 1009, unter [X.], m.w.N.).

b) Im Streitfall erfüllt der erneute Erwerb einer Beteiligung des [X.] am Gesellschaftsvermögen der Klägerin gemäß [X.] die an einen Rückerwerb i.S. des § 16 Abs. 2 Nr. 1 [X.] zu stellenden Anforderungen.

[X.]ie Kommanditbeteiligung des [X.] hat sich aufgrund des [X.] um 6 % auf 94 % vermindert. [X.]arin liegt ein nach § 16 Abs. 2 Nr. 1 [X.] begünstigter Rückerwerb, weil innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer aus § 1 Abs. 2a [X.] die Änderung des [X.] der Klägerin auf die gemäß § 1 Abs. 2a [X.] nicht tatbestandsmäßige Größe von 94 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen beschränkt wurde.

aa) [X.]er Anwendung des § 16 Abs. 2 Nr. 1 [X.] steht nicht entgegen, dass gemäß [X.] der [X.] übertragene [X.] nur zum Teil auf [X.] zurückübertragen wurde.

§ 16 Abs. 2 Nr. 1 [X.] setzt im Hinblick auf [X.] des § 1 Abs. 2a [X.] nicht den Rückerwerb sämtlicher Anteile voraus, deren Übergang zur Verwirklichung des Steuertatbestands des § 1 Abs. 2a [X.] beigetragen hat. Es reicht vielmehr aus, einen Gesellschafterwechsel, der zur Tatbestandsverwirklichung des § 1 Abs. 2a [X.] beigetragen hat, insoweit rückgängig zu machen, als dadurch im Ergebnis ein Übergang von weniger als 95 % erfolgt ([X.], [X.], Kommentar, 9. Aufl., § 16 Rz 65; Loose in [X.], [X.], 17. Aufl., § 16 Rz 273; [X.]/[X.], [X.], Kommentar, 4. Aufl., § 16 Rz 73; [X.], [X.]eutsches Steuerrecht --[X.]StR-- 2009, 1611; a.A. gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 25. Februar 2010, [X.], 245 Rz 9) und damit die Voraussetzungen für den fiktiven Übergang der [X.] "auf eine neue Gesellschaft" wieder entfallen sind. [X.]ies folgt aus dem systematischen Zusammenhang zwischen § 16 [X.] und den Steuertatbeständen des § 1 [X.]. § 16 [X.] ist eine am [X.] orientierte gegenläufige Korrekturvorschrift zu § 1 [X.] (BFH-Urteile vom 19. [X.]ärz 2003 [X.], [X.], 383, [X.] 2003, 770; vom 25. April 2007 [X.], [X.], 276, [X.] 2007, 726). [X.]er Steuertatbestand des § 1 Abs. 2a [X.] ist ausschließlich dann erfüllt, wenn --unter näher bestimmten [X.] % der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen. Wird daher eine nach § 1 Abs. 2a [X.] steuerbare Änderung des [X.] in der Weise beseitigt, dass das von dieser Vorschrift vorausgesetzte Quantum von 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen unterschritten wird, ist der Steuertatbestand des § 1 Abs. 2a [X.] nicht (mehr) erfüllt. [X.]emgemäß setzt ein Rückerwerb i.S. des § 16 Abs. 2 Nr. 1 [X.] in Bezug auf § 1 Abs. 2a [X.] auch nicht voraus, dass --wie vom [X.] angenommen-- die zur Tatbestandsverwirklichung führende (letzte) [X.] insgesamt rückgängig gemacht wird.

[X.]ie teilweise Beseitigung der Steuer auslösenden Änderung des [X.] erfordert lediglich, dass der frühere Gesellschafter einen Anteil am Gesellschaftsvermögen erwirbt. Bezüglich des neu erworbenen Anteils darf die Verfügungsbefugnis auch nicht teilweise beim zwischenzeitlichen Gesellschafter verbleiben (Loose, a.a.[X.], Rz 273; [X.], [X.]StR 2009, 1611, 1615). Nicht erforderlich ist demgegenüber, dass der frühere Gesellschafter seine ursprüngliche Gesellschafterstellung ganz oder zum Teil rückwirkend zurückerlangt oder schuldrechtlich so gestellt wird, als ob er Gesellschafter geblieben wäre. Es genügt vielmehr, wenn er innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer für den Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 2a [X.] einen Anteil am Gesellschaftsvermögen mit Wirkung für die Zukunft erwirbt und der Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 2a [X.] nicht verwirklicht worden wäre, wenn er mit diesem Anteil durchgehend Gesellschafter geblieben wäre.

[X.]ies ergibt sich aus einem Vergleich mit dem unmittelbaren Anwendungsbereich des § 16 Abs. 2 Nr. 1 [X.]. Es reicht dabei für die Nichtfestsetzung der Steuer oder die Aufhebung der Steuerfestsetzung für den ursprünglichen Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 [X.] aus, wenn der Veräußerer das Eigentum an dem veräußerten Grundstück innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer für diesen Erwerbsvorgang zurückerwirbt oder die in § 16 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 [X.] bestimmten Voraussetzungen erfüllt sind. Rückwirkende Vereinbarungen sind dabei nicht erforderlich. § 16 Abs. 2 Nr. 1 [X.] setzt nicht voraus, dass der vorangegangene Erwerbsvorgang aufgehoben wird und deshalb ein Rückerwerb erfolgt; die Vorschrift betrifft in gleicher Weise den schlichten Rückkauf (BFH-Urteil vom 25. Oktober 1979 [X.]/75, [X.], 203, [X.] 1980, 129; [X.], a.a.[X.], § 16 Rz 42; Loose, a.a.[X.], § 16 Rz 146, 182; [X.]/[X.], a.a.[X.], § 16 Rz 50).

bb) [X.]iese Voraussetzungen für die auf § 16 Abs. 2 Nr. 1 [X.] beruhende Aufhebung der Steuerfestsetzung für den Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 2a [X.] sind im Streitfall erfüllt. [X.] hat innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer für diesen Erwerbsvorgang erneut eine Beteiligung am Gesellschaftsvermögen der Klägerin erworben, und zwar in Höhe von 6 %. Im Ergebnis ist somit die in § 1 Abs. 2a [X.] bestimmte Grenze von 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen, die innerhalb von fünf Jahren unmittelbar oder mittelbar auf neue Gesellschafter übergehen müssen, nicht mehr erreicht.

Allein dies ist für die Erfüllung der Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 Nr. 1 [X.] entscheidend. Unerheblich ist demgegenüber, dass die von [X.] aufgrund des Vertrags vom 15. [X.]ai 2009 zu erbringende Gegenleistung für den Anteilserwerb nicht deshalb herabgesetzt wurde, weil [X.] eine Beteiligung am Gesellschaftsvermögen der Klägerin in Höhe von 6 % erworben hat. [X.]ie Gegenleistung für einen Anteilserwerb spielt im Rahmen des Tatbestands des § 1 Abs. 2a [X.] und somit auch im Zusammenhang mit der Nichtfestsetzung der Steuer oder der Aufhebung der Steuerfestsetzung für einen dieser Vorschrift unterfallenden Erwerbsvorgang gemäß § 16 Abs. 2 Nr. 1 [X.] keine Rolle.

cc) Wird aufgrund einer [X.], durch die ein Altgesellschafter aus der Personengesellschaft ausscheidet, der Tatbestand des § 1 Abs. 2a [X.] verwirklicht und erfüllt der [X.] durch diesen Altgesellschafter wiederum diesen Steuertatbestand, ist gemäß § 16 Abs. 2 [X.] für beide Erwerbsvorgänge die Steuer nicht festzusetzen bzw. die Steuerfestsetzung aufzuheben. [X.]iese Rechtsfolge muss erst recht dann eintreten, wenn --wie im [X.] der Rückerwerb lediglich einen Anteil von 6 % am Gesellschaftsvermögen betrifft und daher für sich nicht die Besteuerungsvoraussetzungen des § 1 Abs. 2a [X.] erfüllt.

Entgegen der Auffassung des [X.] ist es deshalb ohne Bedeutung, ob [X.] aufgrund des Vertrags vom 15. [X.]ai 2009 seine Eigenschaft als Altgesellschafter der Klägerin i.S. des § 1 Abs. 2a [X.] endgültig verloren hatte und aufgrund des Rückerwerbs eines [X.] in Höhe von 6 % Neugesellschafter der Klägerin i.S. des § 1 Abs. 2a [X.] geworden ist.

c) [X.]er Anwendung des § 16 Abs. 2 [X.] steht § 16 Abs. 5 [X.] nicht entgegen.

aa) Nach § 16 Abs. 5 [X.] gelten die Vorschriften der Abs. 1 bis 4 des § 16 [X.] nicht, wenn u.a. ein Erwerbsvorgang i.S. des § 1 Abs. 2a [X.] rückgängig gemacht wird, der nicht ordnungsgemäß angezeigt war (§§ 18, 19 [X.]). § 16 Abs. 5 [X.] dient der Sicherung der Anzeigepflichten aus §§ 18 und 19 [X.] und wirkt dem Anreiz entgegen, durch Nichtanzeige einer Besteuerung der in dieser Vorschrift genannten Erwerbsvorgänge zu entgehen. Insbesondere soll die Vorschrift den Beteiligten die [X.]öglichkeit nehmen, einen dieser Erwerbsvorgänge ohne weitere steuerliche Folgen wieder aufheben zu können, sobald den Finanzbehörden ein solches Geschäft bekannt wird ([X.] in [X.], 1009, m.w.N.). Soweit eine Anzeigepflicht sowohl nach § 18 [X.] als auch nach § 19 [X.] besteht, ist den Zwecken des § 16 Abs. 5 [X.] schon dann genügt, wenn nur einer der [X.] seiner Anzeigepflicht ordnungsgemäß nachkommt.

bb) Unter Berücksichtigung dieses Normzwecks ist nach der BFH-Rechtsprechung (z.B. Beschlüsse vom 20. Januar 2005 [X.], [X.], 456, [X.] 2005, 492, und in [X.], 1009, jeweils m.w.N.) eine Anzeige schon dann i.S. des § 16 Abs. 5 [X.] ordnungsgemäß, wenn der Vorgang innerhalb der [X.] der §§ 18 Abs. 3 und 19 Abs. 3 [X.] dem Finanzamt in einer Weise bekannt wird, dass es die Verwirklichung eines Tatbestands nach § 1 Abs. 2, 2a und 3 [X.] prüfen kann. [X.]azu muss die Anzeige die einwandfreie Identifizierung von Veräußerer, Erwerber und [X.] (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 6 [X.]) und ggf. der Gesellschaft (§ 20 Abs. 2 [X.]) ermöglichen; ferner müssen der Anzeige in der Regel die in § 18 Abs. 1 Satz 2 bzw. § 19 Abs. 4 Satz 2 [X.] genannten Abschriften beigefügt werden.

Um dem Finanzamt die erforderliche Prüfung zu ermöglichen, ist es für eine ordnungsgemäße Anzeige eines nach § 1 Abs. 2a [X.] steuerbaren Vorgangs erforderlich, dass ihr diejenigen Rechtsvorgänge eindeutig und vollständig entnommen werden können, die den Tatbestand nach § 1 Abs. 2a [X.] ausgelöst oder zur Tatbestandsverwirklichung beigetragen haben. Gegebenenfalls sind in die Anzeige --unter Beifügung der in § 18 Abs. 1 Satz 2 bzw. § 19 Abs. 4 Satz 2 [X.] genannten [X.] auch die vorangegangenen und dem Finanzamt bislang nicht angezeigten Änderungen des [X.] einzubeziehen, die innerhalb von fünf Jahren zum Übergang von mindestens 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter beigetragen haben. Ist der Erwerbsvorgang auf diese Weise eindeutig identifiziert, so kann sich der Steuerpflichtige der Besteuerung nicht mehr entziehen und den Erwerbsvorgang auch nicht mehr, bevor er den Finanzbehörden bekannt wird, ohne steuerliche Folgen wieder aufheben.

cc) Aufgrund der dem Finanzamt durch eine solche Anzeige eröffneten Ermittlungsmöglichkeiten setzt eine ordnungsgemäße Anzeige i.S. des § 16 Abs. 5 [X.] unter Berücksichtigung des Übermaßverbots nicht zusätzlich voraus, dass die Anzeige auch die der betreffenden Gesellschaft gehörenden Grundstücke bezeichnet. [X.]as Finanzamt ist auch bei insoweit fehlenden Angaben in der Lage, sich aufgrund des übrigen Anzeigeinhalts die entsprechenden Informationen aufgrund eigener Ermittlungsmaßnahmen zu verschaffen. An der davon abweichenden bisherigen Rechtsprechung, wonach eine ordnungsgemäße Anzeige i.S. des § 16 Abs. 5 [X.] darüber hinaus auch grundstücksbezogener Angaben bedarf ([X.] in [X.], 456, [X.] 2005, 492), hält der Senat nicht mehr fest.

dd) Enthält die Anzeige zwar keine oder nur unvollständige Angaben über die für § 1 Abs. 2a [X.] maßgeblichen Rechtsvorgänge, erlangt aber das Finanzamt innerhalb der [X.] durch eigene Ermittlungen oder von dritter Seite vollständige Kenntnis von diesen Vorgängen, steht § 16 Abs. 5 [X.] der Anwendung des Abs. 2 des § 16 [X.] nicht entgegen. [X.]ies folgt aus dem Sinn und dem (Sicherungs-)Zweck der Vorschrift, dem Finanzamt zeitnah die für die Besteuerung erforderlichen Kenntnisse zu verschaffen und dem Steuerpflichtigen, der es auf eine spätere Aufdeckung des Sachverhalts durch das Finanzamt ankommen lässt, eine nachträgliche Gestaltung mit § 16 [X.] zu verwehren. [X.]iesem [X.] ist bereits durch die rechtzeitige positive Kenntnis des Finanzamts Genüge getan.

ee) Im Streitfall genügt zwar die von dem beurkundenden Notar an die Grunderwerbsteuerstelle des [X.] gerichtete und bei dieser am 27. [X.]ai 2009 eingegangene [X.] nicht den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Anzeige i.S. des § 16 Abs. 5 [X.]. [X.]it dieser [X.] wurde lediglich eine Abschrift der notariellen Urkunde vom 15. [X.]ai 2009 übersandt. Weder aus dem Text der [X.] noch aus dem Inhalt der notariellen Urkunde vom 15. [X.]ai 2009 war jedoch ersichtlich, dass aufgrund der Übertragung des [X.] des [X.] auf [X.] unter Berücksichtigung der vorangegangenen Anteilserwerbe des [X.] innerhalb von fünf Jahren sämtliche Anteile am Gesellschaftsvermögen der Klägerin auf diesen übergegangen waren.

[X.]as [X.] hat aber innerhalb der [X.] vollständige Kenntnis aller maßgeblichen Umstände erlangt. Nach Eingang der Anzeige hat das [X.] aufgrund des Inhalts des ihm übersandten Vertrags vom 15. [X.]ai 2009 und eigener Ermittlungen umgehend erkannt, dass und durch welche Rechtsvorgänge der Tatbestand des § 1 Abs. 2a [X.] verwirklicht wurde. Es hat nämlich die Klägerin bereits einen Tag nach Eingang der [X.] des beurkundenden Notars durch Schreiben vom 28. [X.]ai 2009 --und damit noch innerhalb der zweiwöchigen [X.] (§ 18 Abs. 3 Satz 1 [X.])-- auf den durch Vertrag vom 15. [X.]ai 2009 verwirklichten Steuertatbestand des § 1 Abs. 2a [X.] hingewiesen und bei der Klägerin eine Aufstellung ihres Grundbesitzes angefordert.

Aus diesem Geschehensablauf ist ersichtlich, dass das [X.] aufgrund der [X.] des beurkundenden Notars das Vorliegen eines Erwerbsvorgangs i.S. des § 1 Abs. 2a [X.] erkannt hat. [X.]ie Klägerin konnte sich aufgrund positiver Kenntnis des [X.] hinsichtlich aller maßgebenden Umstände nicht mehr der Besteuerung entziehen. [X.] und [X.] konnten den Erwerbsvorgang auch nicht mehr, bevor er dem [X.] bekannt wurde, ohne steuerliche Folgen wieder aufheben. In einem solchen Fall ist, da im Ergebnis der Normzweck des § 16 Abs. 5 [X.] erreicht wurde, für eine Nichtanwendung des § 16 Abs. 2 [X.] kein Raum.

[X.]ie auf anderen rechtlichen Erwägungen beruhende Vorentscheidung war daher aufzuheben.

3. [X.]ie Sache ist spruchreif. [X.]a die Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 [X.] erfüllt sind, waren der Grunderwerbsteuerbescheid des [X.] vom 18. August 2010 sowie die Einspruchsentscheidung des [X.] vom 15. November 2010 ebenfalls aufzuheben.

Meta

II R 51/11

18.04.2012

Bundesfinanzhof 2. Senat

Urteil

vorgehend FG Nürnberg, 18. August 2011, Az: 4 K 1837/10, Urteil

§ 1 Abs 2a GrEStG 1997 vom 20.12.2001, § 16 Abs 2 GrEStG 1997, § 16 Abs 5 GrEStG 1997, § 18 GrEStG 1997, § 19 GrEStG 1997

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 18.04.2012, Az. II R 51/11 (REWIS RS 2012, 7183)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 7183

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