Bundesfinanzhof, Beschluss vom 18.09.2012, Az. VI B 9/12

6. Senat | REWIS RS 2012, 3147

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Gegenstand

Lohnsteuerhaftung


Leitsatz

1. NV: Die der Haftung zugrunde gelegte Lohnsteuer ist auch dann nach der Steuerklasse VI zu bemessen, wenn weder eine Lohnsteuerkarte vorgelegt worden ist noch der Arbeitgeber überhaupt eine Lohnversteuerung vorgenommen hat .  

2. NV: Ein Haftungsbescheid ist an eine nach ausländischem Recht gegründete Kapitalgesellschaft unter dem Namen und in der Form zu richten, die diese sich selbst im Geschäftsverkehr beimisst .

Gründe

1

Die Nichtzulassungsbeschwerde bleibt ohne Erfolg. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) hat weder die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache noch einen Verfahrensmangel in der vom Gesetz gebotenen Form dargelegt (§ 116 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 115 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Die Voraussetzungen der Zulassung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 [X.]O sind nicht gegeben.

2

1. Die Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung wie der Rechtsfortbildung verlangt eine substantielle Darlegung der Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten Rechtsfrage, die im konkreten Streitfall voraussichtlich auch klärungsfähig ist. Dazu ist auszuführen, dass die Beurteilung der aufgeworfenen Rechtsfrage von der Klärung einer zweifelhaften oder umstrittenen Rechtslage abhängig ist. Hierzu muss sich die Beschwerde insbesondere mit der Rechtsprechung des [X.] ([X.]) und den Äußerungen im Schrifttum auseinandersetzen. Darüber hinaus ist auf die Bedeutung der Klärung der konkreten Rechtsfrage für die Allgemeinheit einzugehen (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 116 Rz 26, 32, m.w.N.).

3

Diesen Anforderungen entspricht die Beschwerdebegründung nicht. Die Klägerin hat zwar abstrakte Rechtsfragen formuliert. Sie hat jedoch zur Klärbarkeit dieser Fragen in einem Revisionsverfahren keine ausreichende Stellung bezogen.

4

2. Die unter II. der Beschwerdebegründungsschrift gestellten Fragen sind zudem nicht klärungsbedürftig. Eine Rechtsfrage ist nämlich nicht klärungsbedürftig, [X.]n sie bereits durch die Rechtsprechung des [X.] hinreichend geklärt ist und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung dieser Frage durch den [X.] erforderlich machen. Davon ist hier auszugehen.

5

Nach der Rechtsprechung des Senats ist die der Haftung nach § 42d Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes zugrunde gelegte Lohnsteuer auch dann nach der [X.] zu bemessen, [X.]n weder eine Lohnsteuerkarte vorgelegt worden ist noch der Arbeitgeber überhaupt eine Lohnversteuerung vorgenommen hat (Senatsentscheidungen vom 12. Januar 2001 VI R 102/98, [X.]E 194, 372, [X.] 2003, 151; vom 29. Juli 2009 VI B 99/08, [X.]/NV 2009, 1809). An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest.

6

3. Ebenfalls nicht klärungsbedürftig ist die Frage, "ob das Finanzamt auch einen Haftungsbescheid an eine nach ausländischem Recht gegründete Kapitalgesellschaft unter dem Namen und in der Form richten kann, die diese sich selbst im Rechtsverkehr beimisst". Denn nach der Rechtsprechung des [X.] ist geklärt, dass das Finanzamt berechtigt ist, Prüfungsanordnungen an eine nach ausländischem Recht gegründete Kapitalgesellschaft unter dem Namen und in der Form zu richten, die sie sich selbst im Geschäftsverkehr beimisst ([X.]-Beschluss vom 23. September 2009 I B 95/09, [X.]/NV 2010, 233). Nach Auffassung des Senats gilt für einen Haftungsbescheid nichts Anderes. Maßgeblich ist im Hinblick auf das Bestimmtheitserfordernis des § 119 der Abgabenordnung, dass sich aus dem Bescheid ergibt, gegen [X.] er sich richtet. Für die Wirksamkeit des Bescheids ist es dagegen nicht erforderlich, dass es sich um den richtigen Steuer- bzw. Haftungsschuldner handelt. Zwar macht die Adressierung eines Abgabebescheids an einen nicht existierenden Abgabeschuldner den Bescheid regelmäßig nichtig [X.]/ [X.]/[X.], [X.], 11. Aufl., § 119 Rz 20). Soweit die Klägerin insoweit jedoch ihre eigene Rechtsfähigkeit in Zweifel zieht, rügt sie im Ergebnis einen materiell-rechtlichen Fehler des Finanzgerichts ([X.]), der grundsätzlich nicht zur Zulassung der Revision führt.

7

4. Die Revision ist auch nicht wegen besonders schwerwiegender Fehler des [X.] bei der Auslegung revisiblen Rechts zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 2  Alternative 2 [X.]O). Dies ist nur geboten, [X.]n das Urteil des [X.] objektiv willkürlich ist oder auf sachfremden Erwägungen beruht und unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtlich vertretbar, also greifbar gesetzwidrig und somit geeignet ist, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen (vgl. dazu z.B. [X.]-Beschlüsse vom 12. Mai 2011 IX B 121/10, [X.]/NV 2011, 1391; vom 10. August 2011 X B 100/10, [X.]/NV 2011, 2098; vom 16. August 2011 III B 155/10, [X.]/NV 2012, 48; vom 17. August 2011 [X.], [X.]/NV 2011, 2083, und vom 5. September 2011 X B 144/10, [X.]/NV 2012, 3).

8

Für das Vorliegen dieser Voraussetzungen ergeben sich aus der Beschwerdebegründung keine Anhaltspunkte. Zwar mag die angefochtene Entscheidung aus Sicht der Klägerin fehlerhaft sein. Einen sogenannten qualifizierten Rechtsan[X.]dungsfehler vermögen die genannten Mängel jedoch nicht zu begründen. Die Klägerin macht insoweit lediglich einfache materiell-rechtliche Fehler geltend.

9

5. Schließlich hat die Klägerin keinen Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 [X.]O) entsprechend § 116 Abs. 3 [X.]O dargelegt.

Meta

VI B 9/12

18.09.2012

Bundesfinanzhof 6. Senat

Beschluss

vorgehend Hessisches Finanzgericht, 1. Dezember 2011, Az: 10 K 2311/03, Urteil

§ 42d Abs 1 Nr 1 EStG 1997, § 115 Abs 2 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 18.09.2012, Az. VI B 9/12 (REWIS RS 2012, 3147)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 3147

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