Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.04.2008, Az. II ZR 11/07

II. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 4242

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 28. April 2008 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja HGB § 74 c § 74 c HGB ist auf den Anspruch des Geschäftsführers einer GmbH auf Zahlung [X.] Karenzentschädigung für ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot nicht ent-sprechend anwendbar.
[X.], Urteil vom 28. April 2008 - [X.] - [X.] [X.] - 2 - [X.] [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 28. April 2008 durch [X.], [X.], [X.] und Dr. Drescher für Recht erkannt: Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 8. Dezember 2006 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen. Von Rechts wegen
Tatbestand: Die Klägerin war Geschäftsführerin der beklagten GmbH. In ihrem [X.] war u.a. vereinbart: 1 "Frau [X.]verpflichtet sich, der Gesellschaft weder direkt noch indirekt Mandate abzuwerben oder anderen dabei behilf-lich zu sein, und zwar für zwei Jahre nach Ablauf des [X.]. Die Gesellschaft gewährt Frau S.

dafür eine Karenzent-schädigung in Höhe von 50 % des zuletzt gezahlten [X.]." Die Beklagte kündigte das Anstellungsverhältnis zum 31. Dezember 2004 und zahlte der Klägerin bis einschließlich Oktober 2005 die vereinbarte Entschädigung. Mit der Klage forderte die Klägerin die Karenzentschädigung für 2 - 3 - November und Dezember 2005. Die Beklagte verlangte Zug um [X.] darüber, ob und in welchem Umfang die Klägerin seit 1. November 2005 an-derweitigen Verdienst beziehe. Das [X.] hat der Klage Zug um Zug ge-gen die Erteilung der Auskunft stattgegeben. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht die Beklagte ohne Einschränkung verurteilt. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten. Entscheidungsgründe: Die Revision der Beklagten hat keinen Erfolg. Die Beklagte kann von der Klägerin keine Auskunft über ihren anderweitigen Verdienst verlangen, weil er auf die Karenzentschädigung nicht anzurechnen ist. Ein Anspruch auf Auskunft, auch nach § 74 c Abs. 2 HGB, besteht nur, wenn ein anderweitiger Erwerb auf den Anspruch auf Zahlung einer Karenzentschädigung anzurechnen ist. 3 1. § 74 c Abs. 1 HGB, wonach sich der [X.] auf die Karenz-entschädigung anrechnen lassen muss, was er durch anderweitige Verwertung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt, ist auf den [X.] einer GmbH auf Zahlung einer Karenzentschädi-gung nicht entsprechend anwendbar ([X.].Urt. v. 15. April 1991 - [X.], [X.], 797; [X.]/[X.], HGB 33. Aufl. § 74 [X.]. 3; a.A. [X.]/Diller, Wettbewerbsverbote 4. Aufl. [X.]. 751; dieselben [X.] 1995, 1134, 1137; diesel-ben GmbHR 1999, 885, 892; [X.], [X.] 2004, 9, 12; [X.]/[X.], GmbHG 10. Aufl. § 43 [X.]. 135 b; [X.]/[X.]/[X.]/[X.], GmbHG 18. Aufl. § 35 [X.]. 202; [X.]/[X.], GmbHG § 35 [X.]. 255). 4 a) Der Anrechnung des Erwerbs aus einer anderweitigen Verwertung der Arbeitskraft nach § 74 c Abs. 1 HGB liegt der Gedanke zugrunde, dem [X.] - nehmer keinen Anreiz für einen steten Arbeitsplatzwechsel oder gar für ein Le-ben ohne Arbeit zu bieten ([X.]/[X.], HGB 33. Aufl. § 74 c [X.]. 1 und 2). Der Arbeitnehmer soll nicht zur Kündigung verleitet werden, allein um eine Karenzentschädigung beziehen zu können. Außerdem soll vermieden werden, dass der Arbeitnehmer übersichert wird und eine Karenzentschädigung erhält, obwohl er durch das Wettbewerbsverbot gar keine beruflichen Nachteile erlei-det (MünchKommHGB/v. [X.] 2. Aufl. § 74 c [X.]. 2; Röhricht/ v. [X.]/Wagner, HGB 2. Aufl. § 74 c [X.]. 1; [X.]/Boujong/ [X.]/[X.], HGB 2. Aufl. § 74 c [X.]. 2). Die Entlastung des Arbeit-gebers von der Zahlung der Karenzentschädigung ist nicht der Zweck der [X.], sondern nur deren ein Reflex. Von diesem Schutzzweck ist der GmbH-Geschäftsführer als Organ der Gesellschaft nicht betroffen. b) Gegen eine entsprechende Anwendung des § 74 c Abs. 1 HGB auf den Geschäftsführer spricht ferner, dass es sich bei ihm um eine speziell auf den zwingenden Charakter der Karenzentschädigung für den Handlungsgehil-fen zugeschnittene Norm handelt. Ohne § 74 c Abs. 1 HGB könnte der Prinzipal die Anrechnung eines anderweitigen Verdienstes auf die Entschädigung unter ihre Mindesthöhe nicht vereinbaren, ohne gegen die zwingende Vorschrift des § 74 Abs. 2 HGB zur Höhe der Karenzentschädigung zu verstoßen. Dem [X.] einer GmbH muss dagegen überhaupt keine Karenzentschädi-gung versprochen und später gezahlt werden ([X.]. [X.] 91, 1, 3; [X.].Urt. v. 4. März 2002 - [X.], [X.], 709). Wird dennoch eine Entschädigung versprochen, können die Vertragsparteien ihre Höhe frei vereinbaren. Entspre-chend unterliegen auch die Anrechnung und das Ausmaß der Anrechnung ei-nes anderweitigen Verdienstes der freien Vereinbarung, von der sich im übrigen die Gesellschaft durch die Entlassung des Geschäftsführers aus dem nachver-traglichen Wettbewerbsverbot auch einseitig lösen darf ([X.].Urt. v. 17. Februar 1992 - [X.], [X.], 543). 6 - 5 - c) Der Zweck der Karenzentschädigung gebietet nicht, anderweitigen Erwerb stets anzurechnen. Wie bei einem Arbeitnehmer kann mit der Zahlung einer Entschädigung an den Geschäftsführer der GmbH beabsichtigt sein, die Nachteile des Wettbewerbsverbots für das berufliche Fortkommen des Betrof-fenen auszugleichen. Dann kann es auch eine zweckgerechte Entscheidung der Gesellschaft sein, dem Geschäftsführer die Früchte zusätzlicher Anstren-gungen zu belassen, die er unternehmen muss, um in seinem bisherigen [X.] bei Einhaltung des Wettbewerbsverbots weiter erwerbstätig zu sein oder sich ein neues Tätigkeitsfeld zu erschließen. Er steht in seiner Funktion eher einem Selbständigen gleich und muss - gerade bei einer Kunden- oder Mandantenschutzklausel - nach der Beendigung des Dienstverhältnisses häufig neue Kunden oder Mandanten gewinnen, um nicht gegen das [X.] zu verstoßen. Der mit dem Wettbewerbsverbot verbundene Nachteil, dass mit den Kontakten zu den bisherigen Kunden oder Mandanten keine Einnah-men mehr erzielt werden können und dürfen, trifft ihn auch dann, wenn die Er-weiterung des Kunden- oder [X.], die bei ungestörtem Verlauf zudem möglicherweise zu zusätzlichen Einnahmen geführt hätte, gelingt. Die GmbH wird außerdem regelmäßig mit der Zahlung einer Karenzentschädigung einen Anreiz bieten wollen, erworbene Kenntnisse nicht anderweitig einzuset-zen und keinen Gewinn aus Geschäftsgeheimnissen zu beziehen. Andere Ein-nahmen sind kein Grund, eine solche Prämie zu kürzen. 7 d) Die Anrechnung des anderweitigen Verdienstes auf die Karenzent-schädigung entspricht auch nicht einem allgemeinen Rechtsgedanken, der auf den Geschäftsführer einer GmbH ebenso wie auf einen [X.]n zu-trifft. Es gibt keinen allgemeinen Grundsatz, dass ein anderweitiger Erwerb auf eine vertraglich geschuldete Entschädigung anzurechnen ist. Leistungen Dritter lassen vertragliche Verpflichtungen grundsätzlich unberührt. 8 - 6 - 2. Auch die ergänzende Auslegung des zwischen den Parteien ge-schlossenen Vertrages ergibt nicht, dass anderweitiger Verdienst der Klägerin auf die Karenzentschädigung anzurechnen ist. Die Parteien haben über eine solche Anrechnung keine Vereinbarung getroffen. Aus dem Vertrag lässt sich nicht entnehmen, was die Parteien zur Vereinbarung einer Karenzentschädi-gung veranlasst hat. Schon weil sie im Verfahren dazu nichts vorgetragen hat, ist auch eine ergänzende Vertragsauslegung im Sinne der Beklagten nicht mög-lich. 9 [X.]Kurzwelly [X.]

[X.]

Drescher Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 28.06.2006 - 4 O 51/06 - [X.], Entscheidung vom 22.12.2006 - 4 U 22/06 -

Meta

II ZR 11/07

28.04.2008

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.04.2008, Az. II ZR 11/07 (REWIS RS 2008, 4242)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 4242

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