Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.09.2011, Az. V ZB 161/11

V. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 2801

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V [X.] 161/11

vom

29. September 2011

in der Notarkostenbeschwerdesache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] §§ 149, 147 Abs. 2
Die Überwachung des vollständigen Kaufpreiseingangs auf dem Anderkonto des No-tars ist
durch die [X.] gemäß §
149 [X.] abgegolten.

[X.], Beschluss vom 29. September 2011 -
V [X.] 161/11 -
OLG Rostock

[X.]

-
2
-

Der V.
Zivilsenat des [X.] hat am 29. September
2011 durch [X.] [X.], die Richterin [X.], [X.] Czub und die Richterinnen Dr. [X.] und Weinland
beschlossen:
Die weitere Beschwerde gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des [X.] vom 1. Oktober 2010 wird [X.].
Der Beteiligte zu
1 hat der Beteiligten zu 2 die im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen notwendigen außergerichtli-chen Kosten zu erstatten.
Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde be

Gründe:
I.

Der Beteiligte zu
1 (Notar) beurkundete am 31.
März 2008 einen Vertrag, durch den der Beteiligte zu 3 ein Grundstück an die Beteiligte zu 2 verkaufte. Der Kaufpreis in Höhe von 219.000

Anderkonto des Beteiligten zu
1 abgewickelt werden. In Ziff. 6 des Vertrages wiesen die Kaufvertragspar-teien den Notar an, den Antrag auf Eigentumsumschreibung beim Grundbuch-amt erst einzureichen, wenn der Kaufpreis auf dessen Anderkonto eingegangen war und alle zur vertragsgerechten Eigentumsumschreibung erforderlichen Un-terlagen vorlagen. Nach Ziff.
9 sollte der Kaufpreis an den Verkäufer ausgezahlt werden, wenn eine Vormerkung zugunsten des Käufers
eingetragen war und 1
-
3
-

der Eigentumsumschreibung keine Hindernisse entgegenstanden. Nachdem der Notar gegenüber der Beteiligten zu
2 die Beurkundungs-
und Vollzugsge-bühr sowie die [X.] gemäß
§
149 [X.] abgerechnet hatte, brachte er in seiner Kostenrechnung -
neben anderen Kosten
-
für die Überwachung der [X.] eine 5/10 Gebühr nach §
147 Abs.
2 [X.] aus einem Geschäftswert von 109.500

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu
2 hat das [X.], soweit hier von Interesse, die Kostenrechnung dahin geändert, dass die für die Überwa-chung der [X.] angesetzte Gebühr von 111

Umsatzsteuer entfällt.
Dagegen richtet sich die weitere Beschwerde des Notars, die das [X.] zurückweisen möchte. Es sieht sich hieran durch die Beschlüsse des [X.]s Frankfurt vom 26.
Januar 2006 ([X.] 2007, 76), des [X.]s Düsseldorf vom 6.
Juli 1995 ([X.] 1996, 101) und vom 7.
Mai 1992 ([X.] 1992, 823), des [X.]s Köln vom 6.
Februar 1991 (MittRhNotK 1991, 89) und des [X.]s vom 4.
Februar 1986 ([X.] 1986, 903) und vom 12.
November 1974 ([X.] 1975, 752) gehindert und hat deshalb die Sache dem [X.] [X.].

II.

Die Vorlage ist gemäß
§
156 Abs.
4 Satz 4 [X.] aF, §
28 Abs.
2 [X.].
Art.
111 Abs.
1 Satz
1 FGG-RG (vgl. [X.], Beschluss vom 3.
November 2010 -
XII
[X.] 197/10, NJW 2011, 386, 387 Rn.
10) statthaft. Das vorlegende [X.] ist der Ansicht, dass für die Überwachung der Umschreibungsreife neben der [X.] gemäß §
149 [X.] keine Betreu-ungsgebühr nach §
147 Abs.
2 [X.] entstehen kann. Demgegenüber vertre-2
3
-
4
-

ten jedenfalls das [X.] Düsseldorf, das [X.] Köln und das [X.] in den Vergleichsentscheidungen die Auffassung, dass die Prüfung der Umschreibungsreife durch die [X.] nicht abgegolten wird, sondern nach §
147 Abs.
2 [X.] gesondert zu vergüten ist. Diese Diver-genz rechtfertigt die Vorlage.

III.

Die weitere Beschwerde ist zulässig (§
156 Abs.
2 Sätze 1 u. 2, Abs.
4 [X.] aF), bleibt aber in der Sache ohne Erfolg. Die Annahme des Beschwer-degerichts, der Kostengläubiger könne im
vorliegenden Fall für die Überwa-chung der Umschreibungsreife keine Gebühr nach §
147 Abs.
2 [X.] in An-satz bringen, ist zutreffend und beruht damit nicht auf einer Verletzung des Rechts (§
156 Abs.
2 Satz
3 [X.] aF).

1. Bei dem Gebührentatbestand des
§
147 Abs. 2 [X.] handelt es sich um eine Auffangregelung, deren Anwendung voraussetzt, dass die Kostenord-nung für die betreffende Tätigkeit keine Gebühr bestimmt und auch keine Rege-lung enthält, aus der sich ergibt, dass dem Notar für diese Tätigkeit keine ge-sonderte Gebühr erwachsen soll (Senat, Beschluss vom 13.
Juli 2006
-
V
[X.] 87/05, [X.], 3428, 3429 Rn.
8 mwN). Eine derartige, die Anwen-dung von §
147 Abs.
2 [X.] ausschließende Regelung stellt die Vorschrift des §
149 [X.] dar (Senat, Beschluss vom 2.
April 2009 -
V
[X.] 70/08, NJW-RR 2009, 1434 Rn.
6).

2. In Rechtsprechung und Literatur ist allerdings umstritten, ob die Kauf-preisüberwachung als Teil des Verwahrungsgeschäfts anzusehen und daher durch die [X.] gemäß §
149 [X.] abgegolten
ist.
4
5
6
-
5
-

a) Nach herrschender Meinung stellt die [X.] eine au-ßerhalb des [X.] liegende notarielle Tätigkeit dar, die nach §
147 Abs.
2 [X.] selbständig zu vergüten ist ([X.], [X.]
1996, 101 und [X.] 1992, 823; [X.], MittRhNotK 1991, 89, 90; [X.], [X.] 1986, 903, 906 und [X.] 1975, 752, 753; Assenmacher/
[X.], [X.], 16.
Aufl., "[X.]"
[X.] 9.2.5; [X.], [X.], 4.
Aufl., §
149 Rn.
7; [X.]. Notarkasse, Streifzug durch die Kostenordnung,
6.
Aufl., Rn.
1199; [X.], [X.] 2009, 273, 274; Brosette, MittRhNotK 1993, 134, 136; Mümmler, [X.] 1992, 823; Bund, [X.] 1997, 27, 30, [X.]. differenzierend nach der Prüfungstätigkeit des Notars, [X.] 2005, 45, 46). Es lägen ver-schiedene Geschäfte mit unterschiedlicher Zielrichtung vor: Während die mit der [X.] gemäß
§
149 [X.] insbesondere abgegoltene Feststellung der Auszahlungsreife den Interessen des Käufers diene, solle durch die Über-wachung des Eingangs des Kaufpreises das Interesse des
Verkäufers gewahrt werden. Daher handle es sich bei der [X.] um ein [X.] Überwachungsgeschäft des Notars zur Sicherung des Verkäufers. Zudem gehöre zur Prüfung der Umschreibungsreife die weitere selbständige Feststel-lung, dass der Kaufpreis vollständig auf das [X.] eingezahlt [X.] sei. Die Überprüfung der Vollständigkeit der Kaufpreiszahlung sei aber nicht Teil des notariellen Verwahrungsgeschäfts.

b) Nach anderer Ansicht wird die Überwachung der Kaufpreiszahlung von
der [X.] gemäß
§
149 [X.] erfasst ([X.], [X.] 2011, 143, 144; [X.], [X.] 2005, 42, 43; [X.],
NJW-RR 1999, 583, 584; [X.], [X.] 1989, 1142; Rohs/Wedewer, [X.], §
147 Rn.
13c, Stand: November 2009, und §
149 Rn.
12, Stand: September 2010; [X.]/[X.]/Bengel/[X.], [X.], 18.
Aufl., §
149 Rn.
7b; an[X.] 7
8
-
6
-

noch die Vorauflage). Diese gelte die gesamte auf das Verwahrungsgeschäft verwendete Tätigkeit ab, die der Notar zur Erfüllung der Anforderungen erbrin-ge, die die Vertragsteile an die Hinterlegung und Auszahlung des auf das [X.] zu hinterlegenden Betrages gestellt hätten. Dazu gehöre auch die Überwachung des vollständigen Zahlungseingangs. Denn der Käufer sei ge-mäß §
266 BGB zu Teilzahlungen nicht
berechtigt, so dass auch der Notar erst nach vollständigem Zahlungseingang die Beträge auskehren dürfe. Außerdem diene die Einrichtung des notariellen [X.] nicht nur der Sicherstellung der vertragsgemäßen Verwendung des Kaufpreises, sondern auch des voll-ständigen
[X.]-Austausches der bei[X.]eitigen Leistungen.

c) Die zuletzt genannte Auffassung verdient den Vorzug. Bei dem Hinter-legungsgeschäft und der Überwachung der Kaufpreiszahlung handelt es sich nicht um verschiedene Geschäfte mit unterschiedlicher Zielsetzung. Vielmehr ist die Überwachung des vollständigen Zahlungseingangs Teil des Verwah-rungsgeschäfts.

aa)
Die Kaufpreisabwicklung über ein [X.] dient der Abwick-lung des grundsätzlich [X.] vorzunehmenden, bei [X.] in der praktischen Durchführung aber mit vielfältigen Schwierigkeiten verbundenen Leistungsaustausches. Es muss erreicht werden, dass keine der Vertragsparteien eine ungesicherte Vorleistung erbringt, ohne dass der Leis-tungsaustausch durch Zurückbehaltungsrechte beider Parteien nach §
320 BGB blockiert wird. Zur Bewältigung der technischen Abwicklungsprobleme stehen den Vertragsparteien unterschiedliche Möglichkeiten zur Verfügung. Ist eine direkte Kaufpreiszahlung vorgesehen, können sie die Kaufpreisfälligkeit und die Umschreibung des Eigentums von bestimmten, ihren jeweiligen Leis-tungsanspruch sichernden Voraussetzungen abhängig machen und den Notar mit deren Überwachung beauftragen. Sie können, sofern ein berechtigtes Si-9
10
-
7
-

cherungsinteresse im Sinne von §
54a Abs.
2 [X.] anzunehmen ist, die Kaufpreisabwicklung aber auch über ein [X.] vornehmen. In [X.] wahrt der Notar ihr bei[X.]eitiges Interesse an dem [X.]-Aus-tausch der geschuldeten Leistungen im Rahmen des [X.]. Auf den Kaufpreis bezogene notarielle Überwachungstätigkeiten sind deshalb immer dann als von der [X.] abgegoltener Teil des [X.] anzusehen, wenn sie der Abwicklung des Leistungsaustausches dienen (Senat, Beschluss
vom 2.
April 2009 -
V
[X.] 70/08, NJW-RR 2009, 1434, 1435 Rn.
12, 13).

bb) So liegt es hier. Die Prüfung des Notars vor Stellung des Umschrei-bungsantrags, ob der Kaufpreis auf dem [X.] eingegangen ist, dient der Sicherstellung des [X.] durchzuführenden Leistungsaustau-sches. Der Verkäufer soll seine Leistung -
die Übertragung des Eigentums an den Käufer
-
erst erbringen, wenn gesichert ist, dass er die vereinbarte Gegen-leistung erhält. Dies ist nur dann gewährleistet, wenn der Notar nicht
lediglich den Zahlungseingang als solchen, sondern auch die Vollständigkeit der Kauf-preiszahlung überprüft. Da diese Tätigkeit somit in unmittelbarem Zusammen-hang mit dem [X.] steht, fällt hierfür neben der Gebühr nach §
149 [X.] keine weitere Gebühr nach §
147 Abs.
2 [X.] an.

cc) Für eine Gebühr nach §
147 Abs.
2 [X.] wäre nur dann Raum, wenn die Prüfung der Umschreibungsreife über die Prüfung des Kaufpreisein-gangs auf dem [X.] hinaus eine gesonderte, nicht bereits durch
die [X.] gemäß
§
149 [X.] oder durch andere Gebühren, insbesondere durch die [X.] nach §
146 Abs.
1 [X.], abgegoltene Tätigkeit des Notars erforderte
([X.], [X.] 2005, 42, 44; [X.], [X.] 1987, 418, 419; [X.]/[X.]/Bengel/[X.], [X.], 18.
Aufl., §
149 11
12
-
8
-

Rn.
9). Solche gesondert vergütungspflichtigen Tätigkeiten fielen hier -
wie das Beschwerdegericht zutreffend ausführt
-
indes nicht an.

IV.

Einer Entscheidung über die gerichtlichen Kosten der weiteren Be-schwerde (§
156 Abs.
5 Satz 2, §
131 Abs.
1 Satz
1 Nr.
1 [X.] aF) bedarf es nicht. Die Anordnung der Erstattung der der Beteiligten zu 2 im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen außergerichtlichen Kosten durch den Notar beruht auf §
156 Abs.
4 Satz
4 [X.] a.F., §
13a Abs.
1 FGG
aF. Die Festset-zung des
Geschäftswerts folgt aus
§
131 Abs.
2, §
30 Abs.
1 [X.] aF.
Krüger

Stresemann

Czub

[X.]

Weinland

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 01.10.2010 -
4 T 1/09 -

OLG Rostock, Entscheidung vom 20.06.2011 -
5 W 125/10 -

13

Meta

V ZB 161/11

29.09.2011

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.09.2011, Az. V ZB 161/11 (REWIS RS 2011, 2801)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 2801

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