Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.03.2016, Az. IV ZR 224/14

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 14452

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[X.]:[X.]:BGH:2016:160316UIVZR224.14.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
IV ZR 224/14

Verkündet am:

16. März 2016

Schick

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

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2
-

Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die
Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.], die Richter Dr.
Karczewski, [X.] und die Richterin Dr.
Brockmöller im schriftli-chen Verfahren gemäß §
128 Abs.
2 ZPO
mit Schriftsatzfrist bis zum 1.
März 2016

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Klägerseite
wird das Urteil des 20.
Zivilsenats des [X.]s
Köln vom 2. Mai 2014
aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 8.518,07

festgesetzt.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerseite (Versicherungsnehmerin:
im Folgenden d. [X.]) be-gehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden Versicherer) Rück-zahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer fondsgebundenen Ren-tenversicherung.

Diese wurde aufgrund eines Antrags d.
[X.] mit [X.] zum 1. November
2002
nach dem so genannten [X.] des 1
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-

§
5a [X.] in der seinerzeit gültigen Fassung
(im Folgenden §
5a [X.] a.F.) abgeschlossen. D. [X.] zahlte in der Folge die [X.]. Mit
Schreiben vom 12. Oktober 2010 erklärte d. [X.]
unter anderem den Widerspruch gemäß § 5a [X.] a.F., hilfsweise die Kündigung des Vertrages. Der Versicherer akzeptierte die Kündigung und zahlte den Rückkaufswert
abzüglich eines Policendarlehens aus.

Mit der Klage verlangt d. [X.] Rückzahlung aller geleisteten Beiträ-ge nebst Zinsen abzüglich des bereits gezahlten [X.].

Nach Auffassung d. [X.] ist der Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen, weil sie
nicht ordnungsgemäß belehrt wurde. Auch nach Ablauf der Frist des

gegen Gemeinschaftsrecht verstoßenden

§
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F. habe der Widerspruch noch erklärt werden
können.

Das [X.] hat die Klage abgewiesen, das [X.] die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision ver-folgt d. [X.] das Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur [X.] an das Berufungsgericht.

[X.] Dieses hat einen
Prämienrückerstattungsanspruch aus
unge-rechtfertigter Bereicherung
verneint. Der Versicherer habe zwar nicht 3
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ordnungsgemäß über das Widerspruchsrecht belehrt, weil der Hinweis auf die einzuhaltende Textform
fehle.
Der Vertrag sei
aber gemäß § 5a Abs. 2 Satz 4 [X.] a.F. ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie rück-wirkend endgültig wirksam geworden.

I[X.] Die Revision ist begründet.

1. Ein Anspruch auf Prämienrückzahlung aus §
812 Abs.
1 Satz
1 Alt.
1 BGB
kann d. [X.] nicht mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung versagt werden.

a)
Der
zwischen den Parteien geschlossene Versicherungsvertrag schafft
keinen Rechtsgrund für die Prämienzahlung. Er ist infolge des Widerspruchs d. [X.] nicht wirksam zustande gekommen. Der [X.] war

ungeachtet des Ablaufs der in §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F. normierten Jahresfrist

rechtzeitig.

aa) Nach den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden [X.] belehrte der
Versicherer d. [X.] nicht ord-nungsgemäß im Sinne
von §
5a Abs.
2 Satz
1 [X.] a.F. über das [X.]srecht.
Die Widerspruchsbelehrung in dem maßgeblichen Policen-begleitschreiben genügt diesen Anforderungen nicht, weil sie keinen Hinweis auf die nach § 5a Abs. 1 Satz 1 [X.] in der ab 1. August 2001 gültigen Fassung erforderliche, aber auch ausreichende Textform des Widerspruchs enthielt. Dieses Formerfordernis konnte d. [X.] entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung nicht aus der Formulierung ent-nehmen, dass zur Wahrung der Frist die rechtzeitige Absendung des Wi-8
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derspruchs genüge (Senatsurteil vom 22. Juli 2015

IV ZR 35/14, juris Rn. 12).

Die Widerspruchsbelehrung genügt auch deswegen den [X.] des § 5a Abs. 2 Satz 1 [X.] a.F. nicht, weil sie den Fristbeginn nur an den Erhalt des Versicherungsscheins nicht aber auch an den Er-halt der Versicherungsbedingungen und der Verbraucherinformation knüpft (vgl. Senatsurteil vom 29. Juli 2015

[X.], [X.], 1104 Rn. 25 m.w.N.).

Für einen solchen Fall bestimmte §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.]
a.F.
zwar, dass das Widerspruchsrecht ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie erlischt.
Das Widerspruchsrecht bestand hier aber
nach Ablauf der Jahresfrist und noch im Zeitpunkt der Widerspruchserklärung fort.

Das ergibt die richtlinienkonforme Auslegung des §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F.
auf der Grundlage der Vorabentscheidung des [X.] der [X.] vom 19.
Dezember 2013 ([X.], 225). Der Senat hat mit Urteil vom 7.
Mai 2014 ([X.]/11,
BGHZ 201, 101 Rn.
17-34) entschieden
und im
Einzelnen begründet, die Regelung müsse richtlinienkonform teleologisch dergestalt reduziert werden, dass sie im Anwendungsbereich der [X.] und der [X.] keine Anwendung findet und für davon er-fasste Lebens-
und Rentenversicherungen sowie Zusatzversicherungen zur Lebensversicherung
grundsätzlich ein Widerspruchsrecht fortbesteht, wenn d.
[X.]
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wie hier
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nicht ordnungsgemäß über das Recht zum [X.] belehrt worden ist und/oder die Verbraucherinformation oder die Versicherungsbedingungen nicht erhalten hat.

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bb) Die hilfsweise Kündigung des Versicherungsvertrages
steht dem Widerspruch nicht entgegen (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
36 m.w.N.). Ein Erlöschen des Widerspruchsrechts nach beiderseits vollständiger Leistungserbringung kommt ebenfalls nicht in Betracht (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
37 m.w.N.).

b)
Die bereicherungsrechtlichen Rechtsfolgen der Europarechts-widrigkeit des §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F. sind nicht auf eine Wirkung ab
Zugang des Widerspruchs (ex nunc) zu beschränken, sondern nur ei-ne Rückwirkung entspricht dem [X.] (dazu im Einzelnen Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
42-44).

2. Der Höhe nach umfasst der [X.] nach §
812 Abs.
1 Satz
1 Alt.
1 BGB nicht uneingeschränkt alle gezahlten Prämien. Vielmehr muss
sich d. [X.] bei
der bereicherungsrechtlichen Rückabwick-lung den
jedenfalls bis zur Kündigung des Vertrages genossenen Versi-cherungsschutz anrechnen lassen. Der Wert des Versicherungsschutzes kann unter Berücksichtigung der Prämienkalkulation bemessen werden; bei Lebensversicherungen kann etwa dem Risikoanteil Bedeutung [X.] (Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
45 m.w.N.; vgl. auch Senatsurteile vom 29. Juli 2015

[X.], VersR
2015, 1101 und [X.], [X.], 1104).

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Da es hierzu an Feststellungen fehlt, ist der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuver-weisen. Es wird den Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben haben
(vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014
aaO Rn.
46)
und dabei auch die Vorgaben der Senatsurteile vom 29. Juli 2015 ([X.], [X.], 1101 Rn. 36 ff.; [X.], [X.], 1104 Rn. 34 ff.) sowie vom 11. November 2015 ([X.], VersR
2015, 33 Rn. 31 ff.) zu beachten haben.

[X.] [X.] Dr.
Karczewski

[X.] Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 09.12.2011 -
9 O 187/11 -

OLG Köln, Entscheidung vom 02.05.2014 -
20 U 12/12 -

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Meta

IV ZR 224/14

16.03.2016

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.03.2016, Az. IV ZR 224/14 (REWIS RS 2016, 14452)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 14452

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Zitiert

IV ZR 448/14

IV ZR 76/11

IV ZR 384/14

IV ZR 513/14

20 U 12/12

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