Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.03.2013, Az. XII ZR 120/11

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 7202

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
XII ZR 120/11
Verkündet am:

20.
März 2013

Küpferle,

Justizamtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in der Familiensache

Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BGB § 1578 b
a)
Zur sekundären Darlegungslast des Unterhaltsberechtigten hinsichtlich ehebe-dingter Nachteile (hier: ehebedingte Übersiedlung einer Diplomingenieurin für Postbetrieb und Ökonomie von [X.] nach [X.]).
b)
Beruft sich der Unterhaltsberechtigte für seinen hypothetischen beruflichen Wer-degang ohne die Ehe auf eine regelmäßige, vorwiegend von der Berufserfahrung abhängige Entwicklung im vor der Eheschließung erlernten Beruf, so trifft ihn im Gegensatz zu einem behaupteten beruflichen Aufstieg keine erweiterte Darle-gungspflicht (im [X.] an Senatsurteile vom 20.
Oktober 2010

XII
ZR 53/09

[X.], 2059 und vom 4.
August 2010

XII
ZR 7/09

[X.], 1633).
BGH, Urteil vom 20. März 2013 -
XII ZR 120/11 -
OLG [X.]

AG [X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 20.
März 2013 durch [X.], die Richterin Dr.
Vézina und [X.] Klinkhammer, Schilling
und Dr. Botur
für Recht erkannt:
Die Revision
gegen das Urteil des 2.
Senats für Familiensachen des [X.] vom 25.
Oktober
2011 wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Parteien streiten um nachehelichen Unterhalt.
Der Antragsteller (im Folgenden: Ehemann) ist [X.] Staatsangehö-riger, die Antragsgegnerin (im Folgenden: Ehefrau) hat
die [X.] Staatsangehörigkeit. Die Parteien schlossen im Juli 1994 in [X.] die Ehe
und siedelten später nach [X.] über.
Aus der Ehe sind keine Kinder hervor-gegangen. Im Juli oder August 2007 trennten sich die Parteien. Die im [X.] Verbundverfahren auf den im August 2008
zugestellten Antrag ausge-sprochene Scheidung ist seit
Februar 2010
rechtskräftig.
Die
1966
geborene Ehefrau
erwarb im Jahr 1989 in der damaligen [X.] nach Abitur
und Studium den Abschluss einer Diplomingeni-eurin für Postbetrieb und Ökonomie. Anschließend arbeitete sie bei der staatli-1
2
3
-
3
-
chen Post-
und [X.]munikationsverwaltung ([X.]) in [X.] in der [X.], zunächst als Sachbearbeiterin, nach einem Jahr vertrat sie vorübergehend
die Abteilungsleiterin.
Weil sie nach deren Rückkehr keine Auf-stiegsmöglichkeiten sah, arbeitete sie in der Folgezeit "schwarz"
in der [X.] eines Bauunternehmens, wo sie nach ihrem Vorbringen bessere [X.] sah. 1993 lernten sich die Parteien kennen. Nach der Hei-rat zogen sie im [X.] 1994 nach [X.]. Während des Zusammenlebens führte die Ehefrau
den Haushalt und war nicht erwerbstätig. Nach der Trennung arbeitete sie zunächst teilschichtig als Verkäuferin und Kassiererin in einem Lebensmittelmarkt, seit Ende 2009 arbeitet sie mit 120 Stunden im Monat (zu-züglich Überstunden) in einer Tankstelle.
Der 1964 geborene Ehemann
ist bei der V.

AG beschäftigt
und erzielt ein monatliches bereinigtes Nettoeinkommen von 3.423

. Er wohnt im ehemaligen Familienheim.
Das Amtsgericht
hat den Ehemann
im Verbundurteil zu einem zeitlich gestaffelten Unterhalt verurteilt
und den Wegfall des Unterhalts
ab Juli 2011 angeordnet. Auf die Berufung der Ehefrau
hat das Berufungsgericht den Ehe-mann
zum Unterhalt von zunächst monatlich rund 1.220

und nach einer stu-fenweisen Herabsetzung schließlich von monatlich 320

r-teilt. Die Befristung
hat es
entfallen lassen.
Dagegen richtet sich die zugelassene Revision des Ehemanns, der die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils erstrebt.
4
5
6
-
4
-
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen Erfolg.
Auf das Verfahren ist gemäß Art.
111 Abs.
1 [X.] noch das bis 31.
August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 3.
No-vember 2010

XII
ZB 197/10

FamRZ 2011, 100 Rn.
10).

I.
Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht der Ehefrau
ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt
zu. Dieser könne wegen fortbestehender [X.] beruflicher Nachteile noch nicht befristet werden, weil nicht absehbar sei, ob und gegebenenfalls wann die Ehefrau diese Nachteile noch ausgleichen könne.
Der nach den beiderseitigen Einkommen bemessene Unterhaltsanspruch stehe der Ehefrau nur im [X.] nach Rechtskraft der Scheidung unge-kürzt zu. Der Ehefrau müsse zunächst Gelegenheit gegeben werden, sich auf die eingeschränkten finanziellen Verhältnisse nach der Scheidung allmählich einzustellen. Eine Abschmelzung des Unterhaltsanspruchs im Jahresrhythmus um jeweils 300

1578
b BGB sei gerechtfertigt, weil die mit 13 (richtig: 14) Jahren relativ kurze Dauer der kin-derlos gebliebenen Ehe keinen unbefristeten ungekürzten nach den ehelichen Lebensverhältnissen bemessenen Unterhalt rechtfertige. Von der Ehefrau kön-ne vielmehr verlangt werden, dass sie sich auf eine Verschlechterung ihrer [X.] Situation im Lauf der [X.] einstelle und sich spätestens ab März 2014 (richtig: 2013) nur noch mit einem nachehelichen Unterhalt in Höhe der ihr verbliebenen ehebedingten Nachteile zufrieden gebe.
7
8
9
10
-
5
-
Für die Beurteilung,
ob ehebedingte Nachteile vorlägen, sei eine Progno-se anzustellen, wie sich der berufliche Werdegang der Ehefrau ohne die Ehe entwickelt hätte. Ausgangspunkt der Prüfung seien
regelmäßig die Ausbildung sowie die erworbenen beruflichen Fähigkeiten
im Zeitpunkt der Eheschließung.
Die Ehefrau hätte nach Durchlaufen einer Orientierungsphase eine Arbeitsstelle auf dem "normalen"
Arbeitsmarkt in [X.] finden können, in der sie ihre erworbenen Qualifikationen hätte nutzen können. Die Ehefrau habe erklärt, ihre Pläne seien in Richtung Finanzbuchhaltung, möglichst in einer Leitungsposition, in einem größeren Unternehmen gegangen, wo sie ohne besondere Karriere-entwicklung als Finanzbuchhalterin mit Hochschulabschluss in [X.] rund 50.000 [X.] (rund 1.986

en.
Dieser Argumentation sei zu folgen.
Daraus, dass die Ehefrau nur gut zwei Jahre "offiziell"
in einem ihrer Ausbildung entsprechenden Beruf gearbeitet habe,
danach einige Monate "schwarz"
für eine Baufirma tätig gewesen sei und auch diese Tätigkeit Ende des Jahres 1993 im Hinblick auf die Beziehung zu dem Ehemann aufgegeben habe, rechtfertige sich nicht der Schluss, dass sie auch ohne die Eheschließung nie wieder in ihrem erlernten Beruf gearbeitet und ohne berufliche Qualifikation in [X.] dagestanden hätte. Zwar könnten berufliche Dispositionen vor der Eheschließung grundsätzlich keinen ehebe-dingten Nachteil darstellen. Diese generalisierende Betrachtungsweise werde aber den Besonderheiten des Falls nicht gerecht. Es sei vielmehr davon auszu-gehen, dass die Ehefrau nach Durchlaufen einer beruflichen [X.] wieder auf das Berufsfeld zurückgekehrt wäre, auf dem sie
eine hohe Quali-fikation nachweisen und dauerhaft ein gesichertes Einkommen erzielen könnte.
Es erscheine nachvollziehbar und nicht karriereschädlich, dass sie sich nach Rückkehr ihrer ursprünglichen Vorgesetzten einen anderen Arbeitgeber gesucht habe, weil sie keine Aufstiegschancen gesehen habe. Dass sie eine Zeit lang "schwarz"
gearbeitet habe, könne für die Prognose keine entscheidende Rolle 11
12
-
6
-
spielen. Die Ehefrau habe erklärt, dass sie bei dem Bauunternehmen ein deut-lich höheres Einkommen habe erzielen können als bei der [X.]n Tele-kom. Sie sei noch relativ jung gewesen und die wirtschaftliche Entwicklung des [X.] sei nur schwer abzuschätzen gewesen. In den [X.] habe Anfang der Neunziger Jahre "eine Art Goldgräberstimmung"
ge-herrscht,
und die jedem Berufsanfänger [X.] sei unter besonderen Bedingungen abgelaufen, wobei für die Ehefrau noch hinzu-gekommen sei, dass sie ausgerechnet in dieser Zeit den Ehemann kennenge-lernt und mit ihm eine gemeinsame Zukunft im Westen geplant habe.
Unter diesen Umständen könne der
Argumentation des Ehemanns, dass die Ehefrau ohne die
Eheschließung weiterhin als Schwarzarbeiterin tätig ge-blieben wäre,
in undurchschaubaren Arbeitsverhältnissen ihre "Karriere"
fortge-setzt hätte und sich deshalb heute in [X.] auf keinerlei Berufserfahrung berufen könnte, nicht gefolgt werden. Es komme hinzu, dass man auch bei der Ausübung von "Schwarzarbeit"
durchaus Berufserfahrung sammeln und ledig-lich Schwierigkeiten haben könne, diese bei Bewerbungen zu dokumentieren. Im Übrigen sei unstreitig, dass die Ehefrau nach der Eheschließung und Über-siedlung nach [X.] versucht habe, sich weiterzubilden und sich auf zahlreiche Bürostellen beworben habe. Das spreche dafür, dass die Ehefrau durchaus leistungsbereit und leistungswillig gewesen sei und sich auch in [X.] um eine ordentlich dotierte
und ihrer Qualifikation entsprechende Stelle beworben hätte, dort aber mit Erfolg, weil die Hochschulqualifikation dort anerkannt worden wäre und sich in [X.] nicht nur sprachliche Probleme stellten, sondern ihre im Ausland erworbene Qualifikation bei "mehr oder weni-ger völliger"
Unkenntnis des [X.] Steuerrechts nahezu wertlos sei.
Demnach sei davon auszugehen, dass die Ehefrau ohne die Eheschlie-ßung über kurz oder lang in ihren erlernten Beruf zurückgekehrt wäre und dort 13
14
-
7
-
zumindest eine normale Entwicklung genommen hätte. Dann hätte sie das vom Ehemann insoweit nicht in Frage gestellte Einkommen von 1.990

können.
Dieses Einkommen entspreche unter Berücksichtigung der Kaufgeld-parität in [X.] einem Einkommen von 2.250

tto sowie bereinigt um 5% für berufsbedingte Aufwendungen rund 1.377

t-stellung des fiktiven Einkommens bedürfe es nicht, es genüge eine Schätzung des ungefähren Ausmaßes der ehebedingten Erwerbseinbuße.
Das ([X.]) Einkommen liege rund 320

bereinigten Nettoeinkommen von 1.045

ehebedingte berufliche Nachteile. Die Berücksichtigung der [X.] sei gerechtfertigt, weil der Ehefrau eine Rückkehr nach [X.] nicht abver-langt werden könne und ihre ehebedingten Nachteile nach längerer Berufsabs-tinenz dort nicht geringer wären.
Neben weiteren Umständen sei für die Billigkeitsabwägung zu berück-sichtigen, dass eine Unterhaltsverpflichtung in dem zuerkannten Umfang den Ehemann in Anbetracht seines relativ hohen Einkommens nicht in einem Maße belaste, das als unbillig angesehen werden könne.

II.
Das hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.
Das Berufungsgericht hat zu Recht von einer weiteren Herabsetzung sowie einer Befristung des Unterhalts (hier: Aufstockungsunterhalt nach §
1573 Abs.
2 BGB) abgesehen.
Nach §
1578
b Abs.
1 BGB in der seit 1.
März 2013 geltenden Fassung ist der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten auf den angemesse-15
16
17
18
-
8
-
nen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhält-nissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes
unbillig wäre. Dabei ist insbesondere zu berücksich-tigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit einge-treten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen, oder eine Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe unbillig wäre.
1. Ehebedingte Nachteile in diesem Sinne können sich nach §
1578
b Abs.
1 Satz
3 BGB vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes sowie aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe ergeben.
a) Nach der Rechtsprechung des Senats begründen
allerdings eine Ar-beitsplatzaufgabe oder ein Arbeitsplatzwechsel keinen ehebedingten Nachteil, wenn sie geraume Zeit vor der Eheschließung erfolgt sind
(vgl. Senatsurteile
vom 7.
März 2012

XII
ZR 25/10

FamRZ 2012, 776 Rn.
19 und vom
20.
Februar 2013

XII
ZR
148/10

zur [X.] bestimmt jeweils mwN). Ein [X.] Nachteil kann sich dann aber aus der Fortsetzung der [X.] in der Ehe und dem damit
verbundenen Verzicht auf eine Erwerbstä-tigkeit ergeben (vgl. Senatsurteile vom 7.
März 2012

XII
ZR 25/10

FamRZ 2012, 776 Rn.
19 und vom 20.
Februar 2013

XII
ZR 148/10

zur Veröffentli-chung bestimmt jeweils mwN).
Das Berufungsgericht hat seine

in den Entscheidungsgründen enthalte-ne

tatbestandliche Feststellung, dass die Ehefrau ihre Erwerbstätigkeit auf-grund der Beziehung zum Ehemann aufgegeben habe, im Wege der Tatbe-standsberichtigung dahin korrigiert, dass der Zeitpunkt, zu dem die Ehefrau ihre Tätigkeit im Jahr 1993 aufgab, zwischen den Parteien streitig sei. Es ist aber 19
20
21
-
9
-
dessen ungeachtet davon ausgegangen, dass die Ehefrau nach der Eheschlie-ßung von einer weiteren Erwerbstätigkeit wegen der von ihr in der Ehe über-nommenen [X.] absah.
Dem
entspricht seine Annahme, dass die Ehefrau ohne die Eheschließung weiterhin in [X.] geblieben und dort erwerbstätig gewesen wäre.
Diese Feststellungen werden, was die Erwerbstä-tigkeit als solche angeht, von der Revision nicht in Frage gestellt.
b) Hinsichtlich der Frage, mit welcher
Qualifikation die Ehefrau ohne die Eheschließung gearbeitet hätte und heute arbeiten würde, ist das Berufungsge-richt
dem Vortrag der Ehefrau
gefolgt, dass sie bei ununterbrochener Erwerbs-biografie in [X.] als Finanzbuchhalterin mit Hochschulabschluss nun-mehr ein (Brutto-)Einkommen von monatlich bis zu 50.000 [X.] Kro-nen (CZK; umgerechnet 1.956

) erzielen könnte.
Dass das Berufungsgericht nicht den
anderslautenden Vortrag des Ehemanns zugrunde gelegt hat, wonach die Ehefrau weiterhin als Schwarzarbeiterin in undurchschaubaren Arbeitsver-hältnissen gearbeitet hätte und heute keinerlei Berufserfahrung vorweisen
könnte, ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.
aa) Nach der Rechtsprechung des Senats ist im Rahmen der Herabset-zung und Befristung des Unterhalts der Unterhaltspflichtige für die Tatsachen darlegungs-
und beweisbelastet, die für eine Begrenzung sprechen. Hinsichtlich der Tatsache, dass ehebedingte Nachteile nicht entstanden sind, trifft den [X.] aber nach den Regeln zum Beweis negativer Tatsachen eine sogenannte sekundäre Darlegungslast.
Der Unterhaltsberechtigte muss die Behauptung, es seien keine ehebedingten Nachteile entstanden, [X.] bestreiten und seinerseits darlegen, welche konkreten ehebedingten Nach-teile entstanden sein sollen. Erst wenn das Vorbringen des Unterhaltsberechtig-ten diesen Anforderungen genügt, müssen die vorgetragenen ehebedingten Nachteile vom Unterhaltspflichtigen widerlegt werden (Senatsurteile
[X.], 22
23
-
10
-
1 = [X.], 875 Rn.
18 ff.; vom 20.
Oktober 2010

XII
ZR 53/09

FamRZ
2010, 2059
Rn.
24;
vom 26.
Oktober 2011

XII
ZR 162/09
-
FamRZ
2012, 93
Rn.
22
ff.
und vom 11.
Juli 2012

XII
ZR 72/10
-
FamRZ
2012, 1483
Rn.
40; Senatsbeschluss vom 13.
März 2013

XII
ZB 650/11

zur [X.] be-stimmt).
Damit dürfte zwar
nicht übereinstimmen, dass das Berufungsgericht die Ehefrau offenbar als beweisbelastet angesehen hat. In der Sache entsprechen die vom Berufungsgericht angestellten Überlegungen aber den vom Senat auf-gestellten Grundsätzen.
Aufgrund der gegebenen Sachlage ist der Vortrag der Ehefrau, sie hätte
ohne die Eheschließung
als Finanzbuchhalterin gearbeitet, als ausreichend substantiiert
zu betrachten. Die vor der Eheschließung von ihr zuletzt [X.] Schwarzarbeit steht dem nicht entgegen
und macht ihren Prozessvortrag
nicht widersprüchlich. Denn zum einen wurde
diese Tätigkeit nach ihrem [X.] besser bezahlt als die vorangegangene Beschäftigung bei der Tsche-chischen [X.]. Zum anderen war die Ehefrau ebenfalls in der Buchhaltung tätig, sie arbeitete also weder fachfremd noch ohne weiteres unterhalb der
von ihr erworbenen beruflichen Qualifikation.
Demnach ist auch nicht ausschlagge-bend, dass die Ehefrau ihre Tätigkeit bei der [X.]n [X.] aufgege-ben hatte, weil sie dort zunächst keine Aufstiegsmöglichkeiten gesehen hatte.
Schon aufgrund der Feststellungen des Berufungsgerichts zur Bedürftig-keit (vgl. Senatsurteil [X.], 1 = [X.], 875 Rn.
25
mwN
und Se-natsbeschluss vom 7.
November 2012

XII
ZB 229/11

FamRZ 2013, 109
Rn.
35) ist davon auszugehen, dass die Ehefrau in [X.] keine ihrer be-ruflichen Qualifikation entsprechende Stelle finden kann. Dass das Berufungs-gericht zudem
keine Obliegenheit der Ehefrau angenommen
hat, in ihr Heimat-24
25
26
-
11
-
land zurückzukehren, bewegt sich im Rahmen zulässiger tatrichterlicher Würdi-gung und steht mit der Senatsrechtsprechung im Einklang
(vgl. Senatsurteil vom 16.
Januar 2013

XII
ZR 39/10

FamRZ 2013, 534
Rn.
26). Demnach
ist vom Bestehen [X.] Nachteile auszugehen.
bb)
Um einen ehebedingten Nachteil der Höhe nach bemessen zu [X.], muss der Tatrichter Feststellungen zum angemessenen Lebensbedarf des Unterhaltsberechtigten im Sinne des §
1578
b Abs.
1 Satz
1 BGB und zum Ein-kommen treffen, das der Unterhaltsberechtigte tatsächlich erzielt bzw. gemäß §§
1574, 1577 BGB erzielen könnte. Der Maßstab des angemessenen [X.] bemisst sich dabei regelmäßig nach dem Einkommen, das der [X.] Ehegatte ohne die Ehe und Haushaltsführung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte, wobei eine Schätzung entsprechend §
287 ZPO bei ausreichenden Grundlagen zulässig ist (vgl. zuletzt Senatsurteile vom 11.
Juli 2012

XII
ZR 72/10

FamRZ 2012, 1483 Rn.
43 mwN
und vom 20.
Februar 2013

XII
ZR 148/10

zur [X.] bestimmt).
Das Berufungsgericht hat ein
ohne ehebedingte Nachteile erzielbares
Monatseinkommen von 1.956

zugrunde gelegt. Die dagegen gerichte-ten Angriffe der Revision greifen nicht durch.
Die Annahme des Berufungsgerichts, dass die Ehefrau
ohne die Ehe-schließung heute in [X.] eine Arbeitsstelle als Finanzbuchhalterin mit Berufserfahrung innehaben könnte, entspricht den nach der Senatsrechtspre-chung geltenden Maßstäben. Die Ehefrau
hat das erzielbare Einkommen
mit Hilfe einer Stellenanzeige näher substantiiert. Da
die Ehefrau über einen Hoch-schulabschluss verfügt,
es sich um eine in ihr
Berufsfeld fallende Tätigkeit
han-delt
und die Höhe des Arbeitslohns nicht von einem vorausgegangenen berufli-chen Aufstieg, sondern nur von einer entsprechenden Berufserfahrung abhän-27
28
29
-
12
-
gig ist
(zur Abgrenzung vgl. Senatsurteile vom 20.
Oktober 2010

XII
ZR 53/09

[X.], 2059
Rn.
31
ff.
und vom 4.
August 2010

XII
ZR 7/09

[X.], 1633 Rn.
39), ist
aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht einen
weiteren
Vortrag der Ehefrau nicht für erforderlich
gehalten hat. Denn unter diesen Umständen sind die mit der Widerlegung einer negativen Tatsache verbundenen spezifischen Schwierigkeiten ausgeräumt und ist die den Ehemann
treffende Beweislast nicht mit überzogenen Anforderungen verbunden.
Auf ein bloßes Bestreiten mit Nichtwissen konnte dieser sich [X.] nicht mehr beschränken.
Eine exakte Feststellung des hypothetisch erzielbaren Einkommens
des Unterhaltsberechtigten ist bei feststehenden Nachteilen schließlich nicht not-wendig. Die Tatsachengerichte können sich vielmehr insoweit bei
geeigneter Grundlage einer Schätzung entsprechend §
287 ZPO bedienen. Für die [X.] wird es dann in der Regel genügen, wenn das ungefähre Ausmaß der Einbuße feststeht (Senatsurteil vom 4.
August 2010

XII
ZR 7/09

[X.], 1633 Rn.
39), was im vorliegenden Fall aufgrund der bereits ge-nannten Rahmenbedingungen gegeben ist.
cc) Das Berufungsgericht
hat das Bruttoeinkommen
unter Berücksichti-gung der [X.] auf die Verhältnisse in [X.]
umgerechnet (2.250

das Nettoeinkommen aufgrund der Steuerklasse 1 auf rund 1.450

Revision
nicht angegriffen und ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.
Der Ausgangspunkt, dass das vom unterhaltsberechtigten Ehegatten in seinem Heimatland hypothetisch erzielbare Einkommen im Hinblick auf Kauf-kraftunterschiede an das [X.] Preisniveau anzupassen ist, entspricht der Rechtsprechung des Senats
(Senatsurteil vom 16.
Januar 2013

XII
ZR 39/10

30
31
32
-
13
-
FamRZ 2013, 534 Rn.
24). Dass das Berufungsgericht das
Bruttoeinkommen auf der Grundlage des [X.] Steuer-
und Sozialversicherungsrechts in ein Nettoeinkommen umgerechnet hat, ist demgegenüber zwar nicht folgerichtig, weil es auch insoweit auf die Verhältnisse in [X.] ankommt. Die Revisi-on
macht aber nicht geltend, dass eine Berechnung nach den entsprechenden Vorschriften in [X.] zu einem niedrigeren Nettoeinkommen geführt hätte.
Demnach ist auch die konkrete Bemessung des am ehebedingten Nach-teil orientierten angemessenen Lebensbedarfs im Sinne von §
1578
b Abs.
1 BGB nicht zu beanstanden, auf den das Berufungsgericht den Unterhalt ab März 2013 herabgesetzt hat.
2. Aus weiteren
Billigkeitsaspekten, die aus der nachehelichen Solidarität folgen,
ergibt sich nicht die Notwendigkeit einer früheren Herabsetzung des Un-terhalts nach §
1578
b Abs.
1 BGB
oder einer Befristung nach §
1578
b Abs.
2 BGB.
Dass das Berufungsgericht die Ehedauer nur bis zur Trennung statt bis zur Rechtshängigkeit
des Scheidungsantrags (Senatsurteil
BGHZ 179, 43 =
[X.], 406 Rn.
35 mwN) berechnet hat, kann sich nicht zum Nachteil des Antragstellers als Revisionskläger ausgewirkt haben. Die stärkere [X.] der
Ehedauer in der seit 1.
März 2013 geltenden Neufassung von §
1578
b Abs.
1 BGB dient nach der Gesetzesbegründung der Klarstellung und soll jedenfalls keine wesentliche Änderung des nach der Senatsrechtsprechung bestehenden Rechtszustands bewirken (vgl. BT-Drucks. 17/11885 S. 6; [X.] vom 20.
März 2013

XII
ZR 72/11
-
zur [X.] bestimmt; [X.] FamRZ 2013, 165, 167; [X.] NJW 2013, 561). Sie
könnte sich überdies aber auch nicht zu Gunsten des Ehemannes

als Revisionskläger

auswirken, weil das Berufungsgericht der Ehedauer im Gegensatz zu den ehebedingten 33
34
35
-
14
-
Nachteilen im Hinblick auf eine längere Fortdauer der

ungeschmälerten

Un-terhaltspflicht ersichtlich kein wesentliches Gewicht beigemessen hat.

Dose

Vézina

Klinkhammer

Schilling

Botur

Vorinstanzen:
AG [X.], Entscheidung vom 20.10.2009 -
20 F 2245/08 -

OLG [X.], Entscheidung vom 25.10.2011 -
2 UF 171/09 -

Meta

XII ZR 120/11

20.03.2013

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.03.2013, Az. XII ZR 120/11 (REWIS RS 2013, 7202)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 7202

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

XII ZR 120/11 (Bundesgerichtshof)

Nachehelicher Unterhalt: Sekundäre Darlegungslast einer unterhaltsberechtigten aus Tschechien übergesiedelten Diplomingenieurin hinsichtlich ehebedingter Nachteile


XII ZB 214/13 (Bundesgerichtshof)


XII ZB 650/11 (Bundesgerichtshof)


XII ZB 309/11 (Bundesgerichtshof)


XII ZR 145/09 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

XII ZR 120/11

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.