Bundesgerichtshof, Beschluss vom 13.03.2013, Az. 2 StR 586/12

2. Strafsenat | REWIS RS 2013, 7430

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Gegenstand

Strafurteilsinhalt: Anforderungen an Urteilsfeststellungen bei Beihilfe zu einem Bandendiebstahl und Hehlerei


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 19. Juli 2012, soweit es ihn betrifft, mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben

a) in den Fällen 1 bis 6 und 14 der Urteilsgründe,

b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum [X.] in sechs Fällen (Fälle 1 bis 6 der Urteilsgründe), schweren [X.]s in vier Fällen (Fälle 7 bis 10), vorsätzlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung (Fall 15), gewerbsmäßiger Hehlerei (Fall 14) sowie Diebstahls (Fall 16) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und fünf Monaten verurteilt. Im Übrigen hat es den Angeklagten freigesprochen. Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge den aus dem [X.] ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie aus den Gründen der Antragsschrift des [X.] unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Die Feststellungen tragen in den Fällen 1 bis 6 der Urteilsgründe die Verurteilung des Angeklagten wegen Beihilfe zum [X.] in sechs Fällen nicht.

3

a) Nach den Feststellungen des [X.]s schlossen sich der Angeklagte [X.]und die nicht revidierenden Mitangeklagten [X.]und [X.]spätestens Anfang Juni 2011 mit dem gesondert Verfolgten [X.]zusammen, um in [X.] hochwertige "[X.]" aus Kraftfahrzeugen zu entwenden und anschließend gewinnbringend zu veräußern. [X.]und der Angeklagte waren für die eigentliche Tatausführung sowie das anschließende Verpacken und Versenden der Navigationsgeräte nach [X.] an [X.]zuständig. [X.]    koordinierte die Tätigkeit und leitete [X.]und den Angeklagten an. Zwischen dem 8. und dem 11. Juli 2011 brach "zumindest" [X.]in [X.] sechs Fahrzeuge der Marke [X.] bzw. [X.] auf, indem er jeweils die rechte vordere Seitenscheibe zertrümmerte. Anschließend entwendete er die herstellerseits eingebauten Navigationssysteme und brachte sie in eine von ihm und dem Angeklagten benutzte Wohnung in [X.]. Dort wurden sie mit Hilfe des Angeklagten am 19. Juli 2011 in zwei an [X.]adressierte Pakete verpackt, die [X.]anschließend unter Angabe eines falschen Absenders bei einem Paketdienst aufgab. Die Pakete und die in ihnen enthaltenen Navigationsgeräte konnten auf Grund eines anonymen Hinweises vor dem Versand nach [X.] sichergestellt werden.

4

b) Damit ist nicht in ausreichender Weise belegt, dass sich der Angeklagte in sechs Fällen der Beihilfe zum [X.] schuldig gemacht hat.

5

aa) Das [X.] sieht die maßgebliche Beihilfehandlung des Angeklagten darin, das er in der Wohnung in [X.] beim Verpacken der entwendeten Navigationsgeräte behilflich war (vgl. [X.], 27). Dabei hat es übersehen, dass zu diesem Zeitpunkt der Gewahrsam an den Geräten bereits gesichert, die Taten mithin bereits beendet waren (vgl. BGHSt 8, 390, 391; [X.], StGB, 60. Aufl., § 242 Rn. 54 [X.]). Nach Beendigung der Haupttat ist eine Beihilfe aber ausgeschlossen (vgl. [X.] aaO § 27 Rn. 6 [X.]).

6

bb) Hinzu kommt Folgendes: Nach ständiger Rechtsprechung ist die Frage der Handlungseinheit oder -mehrheit nach dem individuellen Tatbeitrag eines jeden Beteiligten zu beurteilen. [X.] deshalb der Gehilfe durch ein und [X.] - wie hier der Angeklagte durch das Verpacken der Navigationsgeräte - mehrere rechtlich selbständige Taten des [X.], so ist nur eine Beihilfe im Rechtssinne gegeben (vgl. BGHSt 49, 306, 316; [X.] aaO § 27 Rn. 31, jeweils [X.]). Auch unter diesem Gesichtspunkt tragen die Feststellungen daher eine Verurteilung wegen Beihilfe zum [X.] in sechs Fällen, für die das [X.] jeweils eine Einzelfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verhängt hat, nicht.

7

cc) Entgegen der Ansicht des [X.] kann nach den bisherigen Feststellungen auch nicht in einer möglichen Zusage des Angeklagten vor Tatbegehung, bei dem Verpacken und Versenden der Navigationsgeräte behilflich sein zu wollen, eine taugliche Beihilfehandlung gesehen werden. Denn es fehlen jegliche Feststellungen dazu, inwieweit eine solche Zusage, die allein der [X.] zu entnehmen sein könnte, die übrigen Beteiligten in ihrem Tatentschluss bestärkt oder in sonstiger Weise eine die Taten 1 bis 6 fördernde Funktion entfaltet und der Angeklagte dies - im Sinne eines doppelten Gehilfenvorsatzes - gewollt haben könnte. Das versteht sich angesichts der Zusage einer für sich genommen sichtlich unbedeutenden Hilfeleistung auch nicht von selbst.

8

c) Dies führt zur Aufhebung des Schuldspruchs in den Fällen 1 bis 6 der Urteilsgründe mit sämtlichen dazu gehörenden Feststellungen und damit auch, soweit die [X.] von einer Beteiligung des Angeklagten an der Bande schon im Juni 2011 (und nicht erst im Juli 2011) ausgegangen ist. Das gibt dem neuen Tatrichter Gelegenheit zu in sich widerspruchsfreier und schlüssiger Sachverhaltsfeststellung, anhand derer zu prüfen ist, ob sich der Angeklagte wegen Beteiligung an den [X.] oder womöglich wegen Begünstigung oder Geldwäsche strafbar gemacht hat.

9

2. Auch die Verurteilung des Angeklagten wegen gewerbsmäßiger Hehlerei im Fall 14 der Urteilsgründe hält sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht stand.

a) Insoweit hat das [X.] festgestellt, dass der Angeklagte ein Navigationsgerät, welches zwischen dem 23. September 2011, 23.00 Uhr und dem 24. September 2011, 09.00 Uhr in [X.] "mit einiger Wahrscheinlichkeit" durch [X.]aus einem [X.]-Passat entwendet worden war, "in Kenntnis der deliktischen Herkunft" dem gesondert Verfolgten [X.]"überließ". Dieser sollte das Gerät dem gesondert Verfolgten [X.] für 300,- bis 400,- Euro verkaufen. Als [X.]  den Ankauf ablehnte, überließ ihm [X.]das Navigationsgerät als Pfand, wofür er darlehensweise 100,- Euro erhielt. Das Darlehen wurde nie zurückgezahlt, das Gerät später bei [X.] sichergestellt.

b) Eine (gewerbsmäßige) Hehlerei ist durch diese Feststellungen nicht hinreichend belegt. Die Hehlerei setzt in all ihren Begehungsformen ein einverständliches Zusammenwirken mit dem Vortäter voraus (vgl. nur [X.], 196, 197f. [X.]). Es bleibt indes unklar, ob und inwieweit der Angeklagte im Einverständnis mit dem Vortäter des Diebstahls handelte. Das [X.] hat weder zur Person des Vortäters noch zu etwaigen, gegebenenfalls auch konkludenten, Absprachen mit diesem konkrete Feststellungen getroffen. Soweit das [X.] im Rahmen der Beweiswürdigung ([X.]) pauschal ausführt, [X.]und der Angeklagte [X.]hätten durch den Verkauf des Geräts dauerhaft Mittel zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts erzielen wollen, lässt sich daraus zwar ein übereinstimmender Willen des [X.]und des Angeklagten hinsichtlich der angestrebten Veräußerung des Geräts entnehmen. Indes hat die [X.] eine Täterschaft des [X.]gerade nicht festgestellt, sondern bezeichnet eine solche lediglich als naheliegend und schließt sie im Ergebnis nicht aus.

c) Auch insoweit bedarf die Sache daher neuer Verhandlung und Entscheidung, zumal angesichts der lückenhaften Feststellungen auch nicht nachvollziehbar ist, welche Tatmodalität der Hehlerei das [X.] seiner Verurteilung zu Grunde gelegt hat.

3. Durch die Aufhebung der Verurteilungen in den Fällen 1 bis 6 und 14 und dem Wegfall der damit verbundenen sieben Einzelstrafen wird auch dem [X.] die Grundlage entzogen.

[X.]     

     [X.]    

Appl

RiBGH Dr. Berger befindet
sich im Urlaub und ist daher
gehindert zu unterschreiben.

Krehl    

[X.]

Meta

2 StR 586/12

13.03.2013

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Gera, 19. Juli 2012, Az: 801 Js 22972/11 - 9 KLs

§ 27 StGB, § 242 StGB, § 244 StGB, § 259 StGB, § 264 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 13.03.2013, Az. 2 StR 586/12 (REWIS RS 2013, 7430)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 7430

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

1 StR 234/17

1 StR 230/19

5 StR 137/16

3 StR 358/15

3 StR 358/15

6 StR 224/20

1 StR 78/21

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