Bundesgerichtshof, Beschluss vom 02.09.2015, Az. 5 StR 186/15

5. Strafsenat | REWIS RS 2015, 5945

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Gegenstand

Strafurteil wegen Eingehungsbetruges: Anforderungen an die Bestimmung der Schadenshöhe beim Erwerb von GmbH-Geschäftsanteilen


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten [X.]wird das Urteil des [X.] vom 27. August 2014, soweit es ihn betrifft, gemäß § 349 Abs. 4 StPO im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision des Angeklagten [X.]und die Revisionen der Angeklagten [X.]und [X.]werden nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

3. Die Angeklagten [X.]und [X.]haben jeweils die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten [X.] (in zwei tateinheitlich begangenen Fällen) zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt; die Angeklagten [X.]und [X.]hat es - jeweils unter Strafaussetzung zur Bewährung - wegen Untreue in Tateinheit mit Bankrott zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr (S.     ) bzw. wegen einer hierzu begangenen Anstiftung zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten ([X.]) verurteilt. Die gegen seine Verurteilung gerichtete Revision des Angeklagten [X.]hat zum Strafausspruch Erfolg. Im Übrigen sind sein Rechtsmittel und die Revisionen der Angeklagten [X.]und [X.]unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Nach den Feststellungen schloss der Angeklagte [X.]am 3. Mai 2011 mit dem Angeklagten [X.]und dem freigesprochenen Mitangeklagten [X.]als den beiden [X.]ern der [X.] einen notariellen Geschäftsanteilskauf- und Abtretungsvertrag. Er trat als vermögender Investor auf und gab vor, für den Erwerb ihrer Geschäftsanteile 100.000 Euro an [X.], der zu 25 % am Stammkapital der [X.] beteiligt und ihr alleiniger Geschäftsführer war, und 300.000 Euro an den Mehrheitsgesellschafter [X.]zu zahlen. Tatsächlich hatte er nicht vor, die vereinbarten und jeweils in zwei Tranchen zu zahlenden Kaufpreisbeträge für die Anteile an dem Unternehmen zu entrichten, zu dessen Geschäftsfeld vorwiegend die Organisation von Abiturfeiern und der Vertrieb von [X.] gehörten. Da bis Juli 2011 erhebliche Geldeingänge aufgrund von Vorauszahlungen der Schüler wegen anstehender Abiturfeiern auf dem Geschäftskonto der [X.] zu erwarten waren, wollte der Angeklagte [X.]hierauf Zugriff erlangen und deswegen schnellstmöglich Alleingesellschafter werden. Die auf dem Geschäftskonto eingehenden Gelder wollte er für eigene Zwecke verwenden.

3

Da nach dem Kaufvertrag die erste Tranche des Kaufpreises schon unmittelbar nach der Beurkundung fällig war und er den bei den Verkäufern [X.]und [X.]erzeugten Eindruck seiner Zahlungswilligkeit aufrechterhalten wollte, übergab er im [X.] an den Beurkundungstermin dem als neuen Geschäftsführer der [X.] bestellten Angeklagten [X.]im Beisein des Angeklagten [X.]ein Papier mit der wahrheitswidrigen Behauptung, dieses könne zur Bezahlung des Kaufpreises verwendet werden. Dabei gab der Angeklagte [X.]vor, bei dem von ihm als „Money Pay Order" bezeichneten Papier, das einen Betrag von 996.810 US-Dollar auswies, handele es sich um die Sonderform eines garantierten Bankschecks einer [X.] Bank, der als [X.] diene und bei einer [X.] Bank eingelöst werden könne. Er erteilte dem Angeklagten [X.]den Auftrag, den „Scheck" auf dem Geschäftskonto der [X.] einzureichen und nach einer Gutschrift die Kaufpreiszahlung durch Überweisung auf das [X.] zu veranlassen; der noch verbleibende Restbetrag aus der Gutschrift solle der [X.] als Darlehen bzw. für Investitionen zur Verfügung gestellt werden. Der Angeklagte [X.]ging davon aus, dass einige [X.] verstreichen würde, bis [X.]und [X.]von der fehlenden Einlösbarkeit des Papiers erfahren würden.

4

Der Angeklagte [X.]hielt es zumindest für möglich, dass sich die Einlösung des „Schecks" verzögern könne. Deshalb bestimmte er den Angeklagten S.       noch am selben Tag dazu, die erste Kaufpreistranche in Höhe von 360.000 Euro vom Geschäftskonto der [X.] auf das [X.] zu überweisen, noch bevor das Papier der Bank zur Einlösung vorgelegt wurde. Auf diese Weise wollte der Angeklagte [X.]möglichst schnell über seinen Anteil an dem Kaufpreis verfügen können, den der Notar nach Gutschrift auf dem Anderkonto auszukehren verpflichtet war. Der Angeklagte [X.]beauftragte die Bank daraufhin mit einer entsprechenden Überweisung, in deren Folge die [X.] zahlungsunfähig wurde.

5

Das [X.] hat das Verhalten des Angeklagten [X.]beim Erwerb der Geschäftsanteile der [X.] als Eingehungsbetrug zum Nachteil der Mitangeklagten [X.]und [X.] gewertet. Es hat eine „schadensgleiche konkrete Vermögensgefährdung“ darin gesehen, dass [X.]und [X.]als Gegenleistung für ihre Verpflichtung zur Veräußerung und Übertragung ihrer Geschäftsanteile jeweils nur einen mangels Erfüllungsbereitschaft wertlosen Zahlungsanspruch gegen den Angeklagten [X.]     erlangten. Unter Verweis auf das Senatsurteil vom 20. März 2013 (5 [X.], [X.], 205) hat das [X.] einen objektiven Wert der Geschäftsanteile, der von der mit der [X.] durch die Vertragsparteien vorgenommenen Bewertung abweicht, für die Schadensberechnung als unbeachtlich angesehen und ist von einem Schaden von 400.000 Euro ausgegangen.

6

2. Der Strafausspruch gegen den Angeklagten [X.]begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken, weil das [X.] den Schuldumfang der [X.] nicht rechtsfehlerfrei bestimmt hat. Der [X.] hat hierzu in seiner Antragsschrift u.a. ausgeführt:

„Den Urteilsgründen ist nicht (eindeutig) zu entnehmen, dass der Kaufpreis für die [X.]santeile „auf der Grundlage übereinstimmender, von [X.] und [X.] nicht beeinflusster Vorstellungen der Vertragsparteien über Art und Güte des Vertragsgegenstandes“ vereinbart wurde (vgl. [X.], 205, 210). Der Mitangeklagte [X.]hat zwar verschiedene Unterlagen zur Prüfung der wirtschaftlichen Situation der [X.] erhalten ([X.], 50); diese seien aber - seiner Einlassung zufolge - nicht vollständig gewesen. Er habe daher dem Angeklagten [X.]     im Hinblick hierauf seine Bedenken zum Ausdruck gebracht und vom Kauf abgeraten, da er den Kaufpreis für zu hoch gehalten habe. Er habe sich gewundert, dass [X.]     so viel Geld habe aufwenden wollen, ohne das Unternehmen vollständig geprüft zu haben ([X.]). Nach dem Notartermin habe er dann erkannt, dass die Firma den bezahlten Preis nicht wert gewesen sei ([X.]). Der Beschwerdeführer hat angegeben, über den Kaufpreis sei nicht verhandelt worden. Er sei davon ausgegangen, dass die vom Mitangeklagten [X.]mitgeteilten Zahlen stimmen würden (UA S. 37).

Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer im Hinblick auf den vom [X.] festgestellten Tatplan ([X.], 94 f.) auf eine wirtschaftliche Ausgewogenheit auch kein Augenmerk legen musste (vgl. auch [X.], NStZ 2014, 17, 19).

Im Hinblick auf die Feststellungen zu vorhandenen [X.] ist zudem auch ein Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung (vgl. [X.], 205, 210) nicht sicher auszuschließen. Dass der Marktwert der GmbH-Anteile mindestens bei 400.000 Euro lag, hat die [X.] nicht festgestellt.

Im Ergebnis ist daher nicht auszuschließen, dass das [X.] die Gewinnerzielungsabsicht der Verkäufer (strafrechtlich) geschützt hat."

7

Dem folgt der Senat. Dabei bedarf es angesichts der vom [X.] angeführten Besonderheiten des vorliegenden Falles noch keiner Entscheidung, ob an der in dem - einen außergewöhnlichen Sachverhalt betreffenden - Urteil vom 20. März 2013 (5 [X.], [X.], 205, 210) vertretenen Auffassung festzuhalten ist, wonach bei einem vom Empfänger einer Sachleistung durch Täuschung über seine Zahlungsbereitschaft begangenen Eingehungsbetrug, der von den Parteien - auf der Grundlage übereinstimmender, von [X.] und [X.] nicht beeinflusster Vorstellungen über Art und Güte des Vertragsgegenstandes - bestimmte Wert grundsätzlich auch die Basis der Schadensfeststellung zu sein habe (vgl. mit beachtlichen Argumenten kritisch [X.], NStZ 2014, 17, 19 f.; [X.], [X.] 2015, 173, 177 f.; Sinn, [X.] 2013, 625, 627 f.; [X.] in: [X.]/[X.]/[X.], Handbuch Wirtschaftsstrafrecht, 4. Aufl., 5. Teil, 1. Kapitel Rn. 123; siehe auch [X.], Urteil vom 8. Oktober 2014 - 1 [X.], [X.]St 60, 1, 10 ff. Rn. 32 f., 37).

8

3. Angesichts der Feststellungen zur wirtschaftlichen Situation der am Markt eingeführten [X.] ([X.] ff.) schließt der Senat aus, dass im vorliegenden Fall überhaupt kein Schaden entstanden ist. Eine von der Revision mit teilweise urteilsfremdem Vortrag angeführte Überschuldung der GmbH bei Abschluss des notariellen Geschäftsanteilskauf- und [X.] hätte - worauf zu Recht schon der [X.] in seiner Antragsschrift hingewiesen hat - nicht zur Folge, dass für die GmbH kein Unternehmenswert mehr anzusetzen wäre.

9

Ist somit allein die Bestimmung des Schadensumfangs fehlerhaft, führt dies lediglich zur Aufhebung des Strafausspruchs. Insoweit ist ein Beruhen der Strafe auf dem Rechtsfehler nicht gänzlich auszuschließen, weil das [X.] die angenommene Schadenshöhe ausdrücklich bei der Strafzumessung straferschwerend berücksichtigt hat (UA S. 125).

Sander                          Schneider                          König

                  Berger                               [X.]

Meta

5 StR 186/15

02.09.2015

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Berlin, 27. August 2014, Az: (514) 243 Js 466/11 KLs (8/12)

§ 263 StGB, § 266 StPO, § 349 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 02.09.2015, Az. 5 StR 186/15 (REWIS RS 2015, 5945)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 5945

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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