Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.04.2007, Az. XII ZR 58/06

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 4137

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/06 Verkündet am: 25. April 2007 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja ZPO §§ 87 Abs. 1, 172 Abs. 1 Im Anwaltsprozess erlangt die Kündigung einer Vollmacht nach § 87 Abs. 1 ZPO dem Gegner und dem Gericht gegenüber erst durch die Anzeige der Be-stellung eines neuen Anwalts rechtliche Wirksamkeit. Das setzt voraus, dass der neu benannte Rechtsanwalt für das betreffende Verfahren postulationsfähig ist (§ 78 ZPO). Ist dies (noch) nicht der Fall, bleibt der früher bevollmächtigte Rechtsanwalt weiterhin zustellungsbevollmächtigt. [X.], Urteil vom 25. April 2007 - [X.]/06 - [X.] AG [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 25. April 2007 durch die Vorsitzende Richterin [X.] und [X.], [X.], Prof. Dr. Wagenitz und Dose für Recht erkannt: Die Revision gegen das Urteil des 8. [X.] des [X.] vom 22. Februar 2006 wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen. Von Rechts wegen Tatbestand: Die [X.]en streiten um nachehelichen Unterhalt. 1 Die Ehe der [X.]en wurde durch Verbundurteil des Amtsgerichts vom 23. Dezember 2004 (insoweit rechtskräftig) geschieden. Zugleich wurde der Antragsteller verurteilt, an die Antragsgegnerin ab Rechtskraft der Scheidung nachehelichen Unterhalt in Höhe von monatlich 1.067 • zu zahlen. Gegen diese Verurteilung legten die - am [X.] zugelassenen - Rechtsanwälte [X.] für den Antragsteller rechtzeitig Berufung ein und begründeten diese. 2 Nachdem das Berufungsgericht Termin zur mündlichen Verhandlung be-stimmt hatte, meldete sich Rechtsanwalt [X.] für den Antragsteller und teilte mit, diesen künftig zu vertreten. Die früheren Verfahrensbevollmächtigten [X.] legten ihr Mandat nieder. Im Verhandlungstermin erschien Rechtsanwalt [X.] und erklärte, "er sei nicht beim [X.] zugelassen und könne deshalb heute nicht verhandeln". Auf Antrag des Antragsgegnervertreters wurde die [X.] - 3 - rufung des Antragstellers durch Versäumnisurteil zurückgewiesen. Dieses Urteil wurde den früheren Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers, den Rechtsanwälten [X.], am 1. Juni 2005 zugestellt. Am 6. Juni 2005 veran-lasste die Geschäftsstelle eine weitere Zustellung des Versäumnisurteils an Rechtsanwalt [X.], der das Versäumnisurteil am 11. Juni 2005 erhielt. Nachdem Rechtsanwalt [X.] am 24. Juni 2005 als Rechtsanwalt am [X.] zu-gelassen worden war, legte er am (Montag) 27. Juni 2005 Einspruch gegen das Versäumnisurteil ein. Mit dem angefochtenen Urteil hat das [X.] den Einspruch als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die - vom Berufungsgericht zu-gelassene - Revision des Antragstellers. 4 Entscheidungsgründe: Die Revision ist zulässig, aber nicht begründet. 5 I. Das Berufungsgericht hat den Einspruch des Antragstellers gegen das - seine Berufung zurückweisende - Versäumnisurteil als unzulässig verworfen. Die zweiwöchige Einspruchsfrist habe nach der Rechtsprechung des Bundes-gerichtshofs bereits mit Zustellung des Versäumnisurteils an die früheren Ver-fahrensbevollmächtigten des Antragstellers begonnen. Im Anwaltsprozess [X.] die Kündigung der Vollmacht nach § 87 Abs. 1 ZPO dem Gegner und dem Gericht gegenüber (vgl. [X.]/[X.]/[X.] ZPO 27. Aufl. § 87 6 - 4 - Rdn. 6) erst durch die Anzeige der Bestellung eines anderen Anwalts rechtliche Wirksamkeit. Durch die Bestellung des Rechtsanwalts [X.] sei diese Folge aber noch nicht eingetreten, weil dieser seinerzeit nicht als Rechtsanwalt am Ober-landesgericht zugelassen gewesen sei. Damit folge der Senat der [X.] des [X.], wonach die [X.] eines Rechts-anwalts bei einem Gericht [X.]svoraussetzung sei und zum Zeit-punkt der Vornahme der [X.] gegeben sein müsse. Die Bestellung des Rechtsanwalts [X.] sei deswegen mangels [X.] noch nicht wirksam gewesen, so dass die Vollmacht der früheren Verfahrensbevollmäch-tigten des Antragstellers fortgedauert habe. Das Versäumnisurteil sei somit am 1. Juni 2005 wirksam an diese zugestellt worden. Dass im Rubrum des [X.] Rechtsanwalt [X.] aufgeführt gewesen sei und dass das [X.] später auch ihm zugestellt worden sei, ändere an der Wirksamkeit der Zustellung an die früheren Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers nichts. Der durch Rechtsanwalt [X.] am 27. Juni 2005 eingelegte Einspruch sei deswegen verspätet und somit unzulässig. Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, weil die Frage, ob für die Wirksamkeit der Bestellung eines neuen Verfahrensbevollmächtigten [X.] gegeben sein müsse, "in Rechtsprechung und Litera-tur durchaus auch verneint oder offen gelassen worden" sei. 7 II. Die angefochtene Entscheidung hält den Angriffen der Revision stand. Das Berufungsgericht hat den Einspruch zu Recht als unzulässig verworfen, 8 - 5 - weil dieser nicht innerhalb der zweiwöchigen Einspruchsfrist des § 339 Abs. 1 ZPO eingegangen ist. 9 1. Die Einspruchsfrist gegen ein Versäumnisurteil des Berufungsgerichts beginnt nach § 539 Abs. 3 i.V.m. § 339 Abs. 1 2. Halbs. ZPO mit Zustellung des Versäumnisurteils. Eine solche wirksame Zustellung ist hier am 1. Juni 2005 an die früher bevollmächtigten Rechtsanwälte des Antragstellers [X.] erfolgt. Nach § 172 Abs. 1 ZPO hat die Zustellung in einem anhängigen Verfah-ren, auch soweit es um die Zustellung eines Versäumnisurteils geht, an den für den Rechtszug bestellten Verfahrensbevollmächtigten zu erfolgen. Die Rechts-anwälte [X.] hatten den Antragsteller im Berufungsverfahren vertreten sowie die Berufung eingelegt und diese begründet. An der [X.] für diese Rechtsanwälte hat sich für den Gegner und das Gericht zunächst weder durch die Bestellung des Rechtsanwalts [X.] als neuer Verfahrensbevollmächtigter des Antragstellers mit Schriftsatz vom 23. Mai 2005 noch durch die Niederlegung des Mandats durch die Rechtsanwälte [X.] vom 25. Mai 2005 etwas geän-dert. 10 Nach § 87 Abs. 1 1. Halbs. ZPO gilt eine Vollmacht grundsätzlich bis zur Anzeige ihres Erlöschens als fortbestehend. Im Anwaltsprozess - wie hier nach § 78 Abs. 1 Satz 2 ZPO vor dem [X.] - erlangt die Kündigung einer Vollmacht nach § 87 Abs. 1 2. Halbs. ZPO erst dann rechtliche [X.], wenn die Bestellung eines neuen Verfahrensbevollmächtigten angezeigt wird. Dies setzt allerdings voraus, dass der neue Rechtsanwalt auch in der [X.] ist, die [X.] rechtswirksam zu vertreten. Der neu bestellte [X.] muss mithin für das betreffende Verfahren postulationsfähig sein ([X.] Nr. 36 zu § 11 ArbGG 1953; [X.], Beschluss vom 22. Mai 1984 - [X.] - [X.] 1985, 30). Diese [X.] des neu [X.] - 6 - mächtigten Rechtsanwalts ist [X.]svoraussetzung und muss [X.] schon im Zeitpunkt der Zustellung des Versäumnisurteils gegeben sein (vgl. [X.], Urteil vom 11. Oktober 2005 - [X.] - NJW 2005, 3773). Eine erst später erlangte [X.] wirkt somit nicht auf den Zeitpunkt einer früheren [X.] zurück. 12 2. Danach hatten die Bestellung des Rechtsanwalts [X.] und die Niederle-gung des Mandats durch die Rechtsanwälte [X.] zunächst keine Auswirkung auf die Wirksamkeit der letzteren erteilten [X.]. Rechtsanwalt [X.] ist erst zum 24. Juni 2005 als Rechtsanwalt am [X.] zugelassen worden und auch erst ab diesem Zeitpunkt postulationsfähig gewesen. Vor [X.] Zeitpunkt, also auch noch bei Zustellung des Versäumnisurteils am 1. Juni 2005, waren weiterhin die früher bevollmächtigten Rechtsanwälte [X.] zu-stellungsbevollmächtigt. Somit war die Zustellung an diese Rechtsanwälte am 1. Juni 2005 nach § 172 Abs. 1 ZPO wirksam. Die zweiwöchige Einspruchsfrist nach § 339 Abs. 1 ZPO lief deswegen am 15. Juni 2005 ab. In diesem Zeitpunkt war der Einspruch des Antragstellers aber weder eingelegt noch begründet. Den erst später eingegangenen Einspruch hat das Berufungsgericht deswegen zu Recht nach § 539 Abs. 3 i.V.m. § 341 Abs. 1 Satz 2 ZPO als unzulässig [X.]. 3. Entgegen der Rechtsauffassung des Antragstellers war ihm auch nicht von Amts wegen (§ 236 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbs. ZPO) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Einspruchsfrist zu bewilligen. Denn der anwaltlich vertretene Antragsteller hat die Einspruchsfrist nicht ohne [X.] versäumt (§ 85 Abs. 2 ZPO). Im Hinblick auf die zitierte [X.] musste er von einer wirksamen Zustellung an die Rechtsanwälte [X.] am 1. Juni 2005 ausgehen, obwohl Rechtsanwalt [X.] als sein [X.] im Versäumnisurteil aufgeführt war und diesem das Versäumnisur-13 - 7 - teil am 11. Juni 2005 ebenfalls zugestellt worden ist. Entsprechend haben die Rechtsanwälte [X.] den Antragsteller ausweislich ihrer Stellungnahme vom 7. Oktober 2005 nach Erhalt des Versäumnisurteils schriftlich auf dessen Zu-stellung und den Fristablauf am 15. Juni 2005 hingewiesen. Hahne [X.] [X.] Wagenitz Dose
Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 23.12.2004 - 28 F 91/04 - [X.], Entscheidung vom 22.02.2006 - [X.] UF 30/05 -

Meta

XII ZR 58/06

25.04.2007

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.04.2007, Az. XII ZR 58/06 (REWIS RS 2007, 4137)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 4137

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

II-8 UF 30/05 (Oberlandesgericht Düsseldorf)


XII ZR 58/06 (Bundesgerichtshof)


2 W 20/08 (Oberlandesgericht Köln)


2 AZR 58/14 (Bundesarbeitsgericht)

Kammerrechtsbeistand - Postulationsfähigkeit - versäumte Berufungsfrist - Wiedereinsetzung in den vorigen Stand


VII ZB 83/10 (Bundesgerichtshof)

Berufungsbegründung: Postulationsfähigkeit des in Untervollmacht handelnden Rechtsanwalts


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.