Bundesfinanzhof, Urteil vom 17.05.2017, Az. II R 7/15

2. Senat | REWIS RS 2017, 10764

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Gegenstand

Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer bei einem weiteren Flächenerwerb nach dem AusglLeistG


Leitsatz

Beim Erwerb weiterer Flächen aufgrund eines gesetzlichen Anspruchs nach § 3 Abs. 7b Satz 2 i.V.m. Abs. 7a AusglLeistG gegen Zahlung eines Kaufpreisaufschlags führt die nur wertmäßige Zuordnung eines Teils des bereits für andere Flächen entrichteten Kaufpreises zu den neuen Flächen nicht zur Erhöhung der Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer.

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 5. Juni 2014  3 K 413/12 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) erwarb am 5. September 2006 durch notariell beurkundeten Vertrag nach § 3 Abs. 5 des [X.] ([X.], 1665) mehrere Grundstücksflächen (Grundstücke 1) zu einem Kaufpreis von 271.600 €. Der Kaufpreis wurde vollständig entrichtet. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) setzte für diesen Erwerb ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von 271.600 € bestandskräftig Grunderwerbsteuer fest.

2

Nachdem durch eine gesetzliche Neuregelung (vgl. § 3 Abs. 7b Satz 2 i.V.m. Abs. 7a [X.] in der ab dem 31. März 2011 geltenden Fassung --[X.] n.F.--, eingefügt durch das Zweite Flächenerwerbsänderungsgesetz vom 21. März 2011, [X.], 450) die Möglichkeit eröffnet worden war, den Verkehrswert der Grundstücke 1 nach den Verhältnissen im Jahr 2004 zu ermitteln und nach Maßgabe der Wertdifferenz zum gezahlten Kaufpreis weitere Flächen zu erwerben, erwarb der Kläger mit notariell beurkundeter [X.] vom 13. März 2012 zusätzliche Grundstücksflächen (Grundstücke 2). Hierfür war ein [X.] (§ 3 Abs. 7a Satz 3 [X.] n.F.) in Höhe von 10.008,54 € zu zahlen. In der [X.] wurde der Kaufpreis von 271.600 € in Höhe von 58.290,75 € den Grundstücken 2 zugeordnet.

3

Das [X.] setzte für den Erwerb der Grundstücke 2 mit Bescheid vom 1. Juni 2012 Grunderwerbsteuer in Höhe von 2.390 € gegen den Kläger fest. Als Bemessungsgrundlage legte es den auf die Grundstücke 2 anteilig entfallenden Kaufpreis von 58.290,75 € sowie den [X.] von 10.008,54 € zugrunde.

4

Die Klage, mit der sich der Kläger nach erfolglosem Vorverfahren gegen die Einbeziehung des anteiligen Kaufpreises von 58.290,75 € in die Bemessungsgrundlage wandte, hatte Erfolg. Das Finanzgericht ([X.]) führte zur Begründung im Wesentlichen aus, für den Erwerb der Grundstücke 1 und der Grundstücke 2 sei ein Gesamtkaufpreis vereinbart worden. Diesen habe der Kläger nach Abschluss des Kaufvertrags vom 5. September 2006 vollständig entrichtet. Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer für den Erwerb der Grundstücke 2 sei nur der [X.].

5

Mit der  Revision rügt das [X.] eine Verletzung von § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) sowie des § 38 der Abgabenordnung (AO).

6

Das [X.] beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

8

Die Revision ist unbegründet. Sie war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das [X.] hat für den Erwerb der Grundstücke 2 zu Recht den anteilig zugeordneten Kaufpreis nicht als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer herangezogen.

9

1. Der Grunderwerbsteuer unterliegt gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 [X.] ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet, soweit sich diese Rechtsvorgänge auf inländische Grundstücke beziehen.

a) [X.] des § 1 Abs. 1 Nr. 1 [X.] als Erwerbsvorgang knüpft allein an das schuldrechtliche Rechtsgeschäft an (vgl. Urteil des [X.] --BFH-- vom 24. April 2013 II R 53/10, [X.], 63, [X.], 755, Rz 13). Maßgeblich für die Verwirklichung des grunderwerbsteuerrechtlichen Tatbestands ist damit die Entstehung eines schuldrechtlichen Anspruchs auf Übereignung eines Grundstücks (§ 433 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) in der Person des Steuerpflichtigen.

b) Der Kläger erlangte durch die schuldrechtliche Vereinbarung vom 13. März 2012 den Anspruch auf Übereignung der Grundstücke 2. Damit hat der Kläger zu diesem Zeitpunkt den Erwerbstatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 1 [X.] erfüllt. Mit der Verwirklichung des Tatbestands ist Grunderwerbsteuer entstanden (§ 38 AO).

2. Der in der [X.] den Grundstücken 2 anteilig zugeordnete Kaufpreis in Höhe von 58.290,75 € ist nicht in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer einzubeziehen.

a) Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer ist gemäß § 8 Abs. 1 [X.] die Gegenleistung. Bei einem Grundstückskauf gilt nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 [X.] als Gegenleistung u.a. der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen. Danach gehören alle Leistungen des Erwerbers zur grunderwerbsteuerrechtlichen Gegenleistung, die dieser als Entgelt für den Erwerb des Grundstücks gewährt oder die der Veräußerer als Entgelt für die Veräußerung des Grundstücks empfängt (BFH-Urteil vom 18. Juni 2014 II R 12/13, [X.], 211, [X.], 857, Rz 9, m.w.N.).

b) Der den Grundstücken 2 anteilig zugeordnete Kaufpreis von 58.290,75 € ist keine Gegenleistung i.S. des § 8 Abs. 1 i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 1 [X.] für den Erwerb dieser Grundstücke.

aa) Maßgebend für den Umfang der Gegenleistung ist das tatbestandserfüllende Rechtsgeschäft, bei § 1 Abs. 1 Nr. 1 [X.] regelmäßig die kaufvertraglich begründete Übereignungsverpflichtung (vgl. BFH-Urteil vom 30. März 2009 II R 62/06, [X.], 503, [X.], 854, m.w.N.).

bb) Nach der Auslegung des [X.] bildete die [X.] mit dem Kaufvertrag eine Einheit. Für den Erwerb der Grundstücke 1 und der Grundstücke 2 ist ein Gesamtkaufpreis gebildet worden. Der Kläger musste aufgrund der [X.] keinen zusätzlichen Kaufpreis für den Erwerb der Grundstücke 2 zahlen. Zu entrichten war nur der vereinbarte [X.] nach § 3 Abs. 7a Satz 3 [X.] n.F.

Diese Vertragsauslegung bindet den Senat nach § 118 Abs. 2 [X.]O. Sie ist möglich und verstößt nicht gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder die Grundsätze der Vertragsauslegung (vgl. BFH-Urteil vom 10. August 2016 XI R 41/14, [X.], 300, Rz 40).

cc) Beim Erwerb weiterer Flächen aufgrund eines gesetzlichen Anspruchs nach § 3 Abs. 7b Satz 2 i.V.m. Abs. 7a [X.] gegen Zahlung eines [X.]s führt die nur wertmäßige Zuordnung eines Teils des bereits für andere Flächen entrichteten Kaufpreises zu den neuen Flächen nicht zur Erhöhung der Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer.

§ 3 Abs. 7b Satz 2 [X.] billigt einem Berechtigten, der --wie der Kläger-- sein Erwerbsrecht bereits ausgeübt hat, ausdrücklich einen Anspruch auf den Erwerb weiterer Flächen zu, soweit die Kaufpreisbestimmung nach § 3 Abs. 7a [X.] n.F. zu einem höheren Erwerbsumfang führt. Nach § 3 Abs. 7a Satz 1 [X.] n.F. gilt bei Verkäufen an Berechtigte der Wert als Verkehrswert i.S. des § 3 Abs. 7 Satz 1 [X.], wie er sich aus den im [X.] vom 21. Juli 2004 veröffentlichten Werten der "Bekanntmachung der Regionalen Wertansätze 2004 für Ackerland und Grünland nach der [X.]" ergibt. Liegen keine regionalen Wertansätze vor, ist der Verkehrswert gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 der [X.] zum Wertermittlungsstichtag 1. Januar 2004 zu ermitteln (§ 3 Abs. 7a Satz 2 [X.] n.F.).

Im Streitfall hatte der Kläger nach § 3 Abs. 7b Satz 2 i.V.m. Abs. 7a [X.] n.F. einen Anspruch auf einen weiteren Erwerb von Flächen. Der zusätzliche Erwerb der Grundstücke 2 laut [X.] vom 13. März 2012 beruht damit auf einem gesetzlichen Anspruch. Aufgrund der niedrigeren, auf die Verhältnisse im Jahr 2004 abgestellten Wertermittlung für die Grundstücke reichte der im [X.] vereinbarte Kaufpreis für den Erwerb weiterer Grundstücksflächen aus. Die in der [X.] vom 13. März 2012 vorgenommene Zuordnung eines anteiligen Kaufpreises zum Erwerb der Grundstücke 2 ist nicht als Vereinbarung eines Kaufpreises zu verstehen. Durch die Zuordnung wird vielmehr nur dokumentiert, dass mit der Übereignung der Grundstücke 2 der Anspruch des [X.] auf den Hinzuerwerb erfüllt ist. Dass sich der Anspruch des [X.] gerade auf einen solchen Hinzuerwerb bezogen hat, wird durch den Umstand bestätigt, dass eine Abfindung des Erwerbsanspruchs in Geld gesetzlich nicht vorgesehen ist.

3. [X.] beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

II R 7/15

17.05.2017

Bundesfinanzhof 2. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern, 5. Juni 2014, Az: 3 K 413/12, Urteil

§ 38 AO, § 3 Abs 5 AusglLeistG vom 21.03.2011, § 3 Abs 7 S 1 AusglLeistG vom 21.03.2011, § 3 Abs 7a S 1 AusglLeistG vom 21.03.2011, § 3 Abs 7a S 3 AusglLeistG vom 21.03.2011, § 3 Abs 7b S 2 AusglLeistG vom 21.03.2011, § 433 Abs 1 BGB, § 5 Abs 1 S 1 FlErwV, § 1 Abs 1 Nr 1 GrEStG 1997, § 8 Abs 1 GrEStG 1997, § 9 Abs 1 Nr 1 GrEStG 1997

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 17.05.2017, Az. II R 7/15 (REWIS RS 2017, 10764)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 10764

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