Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.04.2012, Az. IV ZR 93/11

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 6954

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 93/11
vom

25. April 2012

in dem Rechtsstreit

-
2
-

Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die
Vorsitzen-de Richterin [X.], die Richterin [X.], die Richter Dr.
Karczewski, [X.] und die Richterin [X.]

am 25. April 2012

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Beklagten wird die Revision ge-gen das Urteil des 15. Zivilsenats in [X.] des [X.] vom 14.
April 2011 [X.].

Das vorbezeichnete Urteil
wird gemäß §
544 Abs.
7 ZPO aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Streitwert: 60.000

Gründe:

[X.] Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Rückzahlung eines [X.] in Anspruch, das sie diesen im Zusammenhang mit einem Immobi-lienkaufvertrag gewährt hatte. Im [X.] streiten die Parteien um die Aus-legung einer Abgeltungsvereinbarung.

1
-
3
-

Mit notariellem Kaufvertrag vom 26.
Juni 2006 veräußerte die Klä-gerin an die Beklagten einen Miteigentumsanteil eines Grundstücks in M.

, verbunden mit dem Sondereigentum an einer Gewerbeeinheit, deren Mieter die Beklagten waren. Der Vertrag enthielt in §
6 ein Rück-trittsrecht für die Klägerin für den Fall, dass ihr ein Verkauf des [X.] möglich war. In diesem Fall sollten die Beklagten unter anderem den Abschluss eines neuen Mietvertrages mit einem Mietzins von höchs-tens 7,50

o-tarielle Ergänzungsvereinbarung auf 639.000

Auf den Kaufpreis zahlten die Beklagten zunächst einen Betrag von 40.000

der Beklagten von 100.000

zur
Verfügung stand, gewährte die Klägerin den Beklagten mit Vertrag vom 23.
April 2007 ein Darlehen über 60.000

a-rungsgemäß nicht ausbezahlt, sondern der Betrag dem im Kaufvertrag angegebenen Konto gutgeschrieben. Damit galt die Kaufpreisforderung in dieser Höhe als getilgt. Die restlichen 539.000

am 9.
Mai 2007.

Nachdem die Klägerin ihr vertragliches Rücktrittsrecht ausgeübt hatte, schlossen die Parteien am 21.
Dezember 2007 einen notariellen "entgeltlichen [X.]", der in §
2 einen Rückkauf des Objekts zum Gegenstand hatte. Demgemäß sind in diesem Vertrag die Beklagten als Verkäufer und die Klägerin als Käufer bezeichnet. Der Kaufpreis betrug wiederum 639.000

3 Abs.
2 Buchst.
e des [X.] heißt es unter anderem:

"Mit vollständiger Kaufpreiszahlung an den Verkäufer sind alle wechselseitigen Ansprüche der Beteiligten aus dem 2
3
4
-
4
-

Darlehensvertrag vom 23.04.2007 abgegolten. Die Rechte aus dem [X.] werden bis zu diesem Zeit-punkt gestundet (Kaufpreiszahlung)."

Die Klägerin, die den Kaufpreis von 639.000

die Beklagten gezahlt hat, verlangt nunmehr die Rückzahlung des [X.].

Die Beklagten
haben
sich darauf berufen, dass die [X.] durch die zitierte Regelung in §
3 des [X.] erloschen sei. Zu dieser Vereinbarung sei es gekommen, weil im neuen Mietvertrag ein wesentlich höherer Mietzins vereinbart worden sei, als ihn die Klägerin nach der [X.] in dem ursprünglichen Kauf-vertrag im Falle des Rücktritts hätte verlangen können.

Das [X.] hat die Klage abgewiesen; das [X.] hat ihr bis auf einen Teil der geltend gemachten Zinsforderung stattge-geben.

I[X.] Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dass der [X.] nicht durch die Vereinbarung in §
3 Abs.
2 des [X.] erloschen sei, wie es unter Zugrundelegung des [X.] der Regelung der Fall wäre. Aufgrund der Beweisaufnahme und des [X.] sei das Berufungsgericht davon überzeugt, dass die Parteien die Regelung übereinstimmend anders gemeint hätten.

Für die Klägerin habe kein Anlass bestanden, auf den [X.] zu verzichten oder ihn den
Beklagten zu erlassen. Die Behauptung der Beklagten über die Zahlung eines zu hohen Mietzin-5
6
7
8
9
-
5
-

ses, der mit dem [X.] habe verrechnet wer-den sollen, sei nicht nachvollziehbar. Denn der neue Mietvertrag sei im Zeitpunkt
der Beurkundung des [X.] noch nicht abgeschlossen gewesen.

Nachvollziehbar sei demgegenüber die Behauptung der Klägerin, die Parteien hätten mit "vollständiger Kaufpreiszahlung an den [X.]"
einen aus dem Kaufvertrag vom 26.
Juni 2006 noch geschuldeten [X.] gemeint. Zwar sei ein solcher tatsächlich nicht mehr ge-schuldet worden; jedoch hätten die Klägerin und ihr Bevollmächtigter die Gutschrift des Darlehensbetrages auf dem [X.] offensichtlich nicht als Erfüllung der Kaufpreisschuld angesehen. Die sinnvolle
und [X.] ins Auge gefasste
Regelung, die Darlehensschuld mit der von der Klägerin geschuldeten Kaufpreisrückzahlung zu verrechnen, sei nach dem insoweit unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Klägerin nicht möglich gewesen, weil der volle Kaufpreis von 639.000

der Grundpfandrechte benötigt worden sei.

Die Darstellung der Klägerin sei zudem durch die glaubhaften Zeugenaussagen des Prozessbevollmächtigten der Klägerin und des den [X.] beurkundenden Notars bestätigt worden. Beide hätten übereinstimmend bekundet, mit der vertraglichen Regelung habe klargestellt werden sollen, dass die Beklagten noch 60.000

ä-gerin zu zahlen hatten. Hierzu hätten sie durch die Kaufpreisrückzahlung in die Lage versetzt werden sollen. Das sei auch von ihnen so verstan-den worden.

10
11
-
6
-

II[X.] Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsge-richt hat den
Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör (Art.
103 Abs.
1 GG) verletzt, indem es seiner Überzeugung, die Parteien hätten die streitige Vereinbarung übereinstimmend anders gemeint als sie dem Wortsinne nach zu verstehen
sei, unter anderem die Annahme zugrunde gelegt hat, dass Abschluss und Inhalt eines Mietvertrages zur [X.] des [X.] überhaupt nicht bekannt
gewesen seien. Dies führt gemäß §
544 Abs.
7 ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung.

1. Art.
103 Abs.
1 GG verpflichtet die Gerichte, das Vorbringen der Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei der Urteilsfindung in Erwägung zu ziehen ([X.] NJW 2000, 131) sowie erhebliche Be-weisantritte zu berücksichtigen ([X.] NJW 2005, 1487 und NJW 1991, 285, 286). Danach durfte das Berufungsgericht nicht davon ausgehen, dass der neue Mietvertrag bei Beurkundung des [X.] nicht bekannt war.

Die Beklagten haben
sich
im Berufungsverfahren mit Schriftsatz vom 3.
November 2010 auf einen Mietvertrag vom
21.
Dezember 2007, also dem Tage der Beurkundung des [X.], [X.], der eine Miete von 11,30

n-lage eine
wenn auch unvollständige

Kopie dieses Mietvertrages vor-gelegt. Dieser auszugsweise vorgelegte Mietvertrag trägt auf Seite
1 das Datum 21.
Dezember 2007 sowohl aufgedruckt oben rechts als auch handschriftlich unten bei den Unterschriften. Ferner befindet sich auf der Seite
1 oben links der handschriftliche, vom Notar unterschriebene Ver-merk, dass es sich um eine Anlage zur notariellen Urkunde [X.]. 12
13
14
-
7
-

429/2007 vom selben Tage handele

das ist der Rückabwicklungsver-trag zwischen den Parteien. Des Weiteren hat der Notar im Rahmen sei-ner Zeugenvernehmung ausdrücklich bekundet, dass der Mietvertrag als Anlage 2 zur Urkunde genommen worden sei, wie es zudem in §
4 Abs.
7 des [X.] ausdrücklich angegeben ist.

Damit hat sich das Berufungsgericht mit seiner nicht näher be-gründeten Annahme, ein neuer Mietvertrag sei zur [X.] des [X.] noch nicht abgeschlossen, Abschluss und Inhalt eines solchen Mietvertrages
seien
daher nicht bekannt gewe-sen, über das Vorbringen der
Beklagten zum Abschluss des [X.] hinweggesetzt, ohne dieses auch nur ansatzweise zur Kenntnis zu nehmen.

2. Die hierin liegende Verletzung des rechtlichen Gehörs der [X.] ist entscheidungserheblich.

Die angeblich mangelnde Nachvollziehbarkeit des von den
Beklag-ten angegebenen Grundes für die Erledigung des Darlehens ist eines der tragenden Elemente für die Erwägung
des Berufungsgerichts, die Kläge-rin habe für einen Erlass des
[X.]s keinerlei Anlass gehabt. Das Berufungsgericht hat ein vom Wortlaut [X.] Verständnis der Parteien bezüglich des Inhalts der vertraglichen Re-gelung unter anderem damit begründet, deren wortgetreue Anwendung führte
zu dem Ergebnis, dass die Beklagten den gesamten Kaufpreis zu-rückerhielten und zusätzlich von ihrer [X.] befreit würden. Dies spreche dafür, dass die Parteien bei den Formulierungen "vollständiger Kaufpreiszahlung" und "Verkäufer" den Rückabwicklungs-vertrag mit dem ursprünglichen Vertrag vom 26.
Juni 2006 vermischt hät-15
16
17
-
8
-

ten. Die Bedenken dagegen, dass ein diesem Wortlaut entsprechendes Ergebnis von den Parteien gewollt war, könnten aber entfallen, wenn es möglich erscheint, dass die Parteien die Rückführung des [X.] wirtschaftlich über die
Zahlung eines erhöhten Mietzinses [X.] wollten.

[X.] [X.] Dr.
Karczewski

[X.] [X.]
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung
vom 15.04.2010 -
4 O 11/10 -

OLG [X.] in [X.], Entscheidung vom 14.04.2011 -
15 [X.] -

Meta

IV ZR 93/11

25.04.2012

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.04.2012, Az. IV ZR 93/11 (REWIS RS 2012, 6954)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 6954

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

XII ZR 66/06 (Bundesgerichtshof)


XII ZR 74/07 (Bundesgerichtshof)


XII ZR 73/07 (Bundesgerichtshof)


V ZR 221/10 (Bundesgerichtshof)

Notarieller Grundstückskaufvertrag: Rechtsfolgen einer Vorausquittung für eine noch nicht erfolgte Kaufpreiszahlung


IV R 25/19 (Bundesfinanzhof)

Absetzungen für Substanzverringerung durch eine KG nach Erwerb eines Kiesvorkommens von ihrem Kommanditisten


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.