Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.03.2013, Az. I ZR 186/11

I. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 7554

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
I [X.]
Verkündet am:

7. März 2013

Führinger

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
HGB § 420 Abs. 1 Satz 2, § 439 Abs. 2 Satz 3
a)
Ein Aufwendungsersatzanspruch des Frachtführers aus §
420 Abs.
1 Satz
2 HGB wegen [X.] unterfällt der speziellen fracht-vertraglichen Verjährungsregelung des §
439 HGB, weil die Verzollung des Frachtgutes eine notwendige Voraussetzung für den Weitertransport der [X.] zum Empfänger ist.
b)
Die Vorschrift des §
439 Abs.
2 Satz
3 HGB kommt auch auf einen vom [X.] gegen den Hauptfrachtführer geltend gemachten Aufwen-dungsersatzanspruch aus §
420 Abs.
1 Satz
2 HGB zur Anwendung.
[X.], Urteil vom 7. März 2013 -
I [X.] -
O[X.]

[X.]

-
2
-
Der [X.]
Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhand-lung vom 7. März 2013 durch [X.] Dr. Büscher, Pokrant, Prof. Dr.
Schaffert, [X.] und Dr. Koch

für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil des [X.] -
6.
Zivilsenat
-
vom 22.
September 2011 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Beklagte wurde in den Jahren 2006 und 2007 von zwei in St.
Georgen/Schwarzwald ansässigen Unternehmen mit dem Transport von Containern, die in [X.] hergestellte Elektronikbauteile für Satellitenanlagen enthielten, von [X.] nach St.
Georgen beauftragt. Mit der Durchführung der Binnenschiffsbeförderungen von [X.] zu den Empfängern beauftragte die Beklagte die Klägerin als Unterfrachtführerin. Die für die Verzollung der Gü-ter in [X.] erforderlichen Daten, insbesondere die [X.], übermittelte die Beklagte jeweils per [X.] an die Klägerin mit der Bitte, die Verzollung durchzuführen. Die Zollabfertigung im [X.]er Hafen nahm die
W.

B.V., eine Schwestergesellschaft der Klägerin, im Auftrag der Kläge-
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-
rin vor. Die Klägerin stellte der Beklagten nach Durchführung der Transporte
auch die von der W.

B.V. verauslagten und von dieser an die Klägerin
weitergegebenen [X.] in Rechnung, die von der Beklagten jeweils oh-ne Beanstandung beglichen wurden.

Bei einer nachträglich vorgenommenen zollrechtlichen Überprüfung der streitgegenständlichen Güterimporte stellten sich die [X.] Zollbe-hörden (Belastingsdienst) auf den Standpunkt, dass die in den Containern be-förderten Waren falsch deklariert worden seien. Die Lieferungen seien als Zu-behörteile angemeldet worden, obwohl es sich tatsächlich um Fertigprodukte gehandelt habe. Der [X.] Zoll machte deshalb mit Bescheid vom 1.
Juli 2009 gegenüber der W.

B.V. nachträglich Einfuhrabgaben in Hö-
he von 389.973,70

W.

B.V. legte gegen den Nacherhe-
bungsbescheid fristgerecht Widerspruch ein, über den bislang nicht entschie-den wurde.

Die Klägerin macht geltend, die Beklagte habe sie nicht nur mit dem Gü-tertransport, sondern auch mit der Vornahme der Verzollung der beförderten Waren in [X.] beauftragt.

Mit Einverständnis der Beklagten habe sie die Durchführung der [X.] auf die W.

B.V. übertragen. Die von den [X.]
Zollbehörden nachgeforderten und von ihr gegenüber der W.

B.V. aus-
zugleichenden Gebühren könne sie von der Beklagten als verauslagte Aufwen-dungen ersetzt verlangen.

Die Klägerin hat daher beantragt,

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin von Ansprüchen der W.

Transport B.V., Keurmeesterstraat
1, 2984
BA Ridderkerk, Nie-
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derlande, freizuhalten, die dieser gegen die Klägerin im Zusammenhang mit dem Einfuhrabgabenbescheid des [X.] Belastingsdiensts vom 1.
Juli 2009 zur Zahlung eines Geldbetrags von 389.973,70

-Nummer 09383542) zustehen.

Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie hat in Abrede gestellt, die Klägerin mit der Erledigung der Zollformalitäten im [X.]er Hafen [X.] zu haben. Die W.

B.V. sei vielmehr direkt von den Empfängern der
Güter mit der Zollabfertigung betraut worden, wie sich aus den an die W.

B.V. übermittelten [X.] ergebe. Zudem hat die Beklagte die Ein-
rede der Verjährung erhoben.

Das Berufungsgericht hat der in erster Instanz erfolglosen Klage [X.] stattgegeben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, erstrebt die Beklagte die [X.] des die Klage abweisenden erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

[X.] Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klägerin könne die [X.] Feststellung der Freistellungsverpflichtung der Beklagten gemäß §
420 Abs.
1 Satz
2 HGB in Verbindung mit §
257 BGB verlangen. Dazu hat es [X.]:

Die Beklagte habe die Klägerin nicht nur mit dem Binnenschiffstransport der Container von [X.] nach St.
Georgen, sondern auch mit der [X.] der in den Containern beförderten Güter in [X.] beauftragt. Gemäß §
420 Abs.
1 Satz
2 HGB habe der Frachtführer

über den Frachtver-gütungsanspruch hinaus
auch einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen, 6
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soweit diese für [X.] erbracht worden seien und der Frachtführer sie den Umständen nach für erforderlich habe halten dürfen. Dies sei nach den mit der Beklagten getroffenen Vereinbarungen der Fall. [X.] zählten zu den ersatzfähigen Aufwendungen im Sinne von §
420 Abs.
1 Satz
2 HGB. Die Klä-gerin habe die im Streitfall in Rede stehenden [X.] zwar (noch) nicht selbst verauslagt. Sie sei jedoch gemäß Art.
406 Abs.
1 des Niederländischen Bürgerlichen Gesetzbuchs einem Aufwendungsersatzanspruch der W.

B.V. ausgesetzt, die im Auftrag der Klägerin die [X.] in den [X.] durchgeführt habe und gegen die von den [X.] [X.] mit Bescheid vom 1.
Juli 2009 [X.] in Höhe von 389.973,70

festgesetzt worden seien.

Der streitgegenständliche Aufwendungsersatzanspruch, dessen Verjäh-rung sich nach §
439 Abs.
1 und 2 Satz
1 HGB beurteile, sei nicht verjährt. [X.] §
439 Abs.
2 Satz
1 HGB beginne die Verjährungsfrist zwar grundsätzlich mit dem Ablauf des Tages
zu laufen, an dem [X.] abgeliefert worden sei, so dass der Aufwendungsersatzanspruch der Klägerin bereits vor seiner Entste-hung am 1.
Juli 2009 (dem [X.] [X.] durch die [X.] Zollbehörden) verjährt gewesen wäre. Da die Klägerin einen Rückgriffsanspruch geltend mache, werde der Beginn der Verjährungsfrist [X.] gemäß §
439 Abs.
2 Satz
3 HGB hinausgeschoben mit der Folge, dass der Lauf der Verjährungsfrist noch nicht begonnen habe. Der Anwendung des §
439 Abs.
2 Satz
3 HGB stehe nicht entgegen, dass die Klägerin der W.

B.V. gegenüber nicht nach den Bestimmungen des Handelsgesetzbuchs,
sondern nach [X.]m Auftragsrecht einstehen müsse. Die Vorschrift des §
439 Abs.
2 Satz
3 HGB erfordere keinen Gleichlauf zwischen den Haf-tungsgrundlagen im Primärrechtsverhältnis und im [X.].

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6
-

Die Klägerin habe die Beklagte vor Ablauf von drei Monaten nach eige-ner Kenntnis über die zusätzlichen Aufwendungen informiert. Sie habe mit E-Mail vom 29.
Juli 2009 Ansprüche wegen der Nachforderung von [X.] gemäß dem Bescheid des [X.] Zolls vom 1.
Juli 2009 gegenüber der Beklagten geltend gemacht.

I[X.] Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision sind unbegründet. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass der von der Klägerin geltend gemachte Aufwendungsersatzanspruch nicht gemäß §
439 Abs.
1 Satz
1 HGB verjährt ist.

1. Die Klage ist zulässig. Für den von der Klägerin erhobenen [X.] besteht ein Feststellungsinteresse. Die Klägerin sieht sich einem [X.] der W.

B.V. ausgesetzt, die in ihrem Auftrag
die Verzollung der nach St.
Georgen beförderten Güter im Hafen von [X.] vorgenommen hat. Dieser Anspruch kann aus den Zollabfertigungsaufträ-gen der Klägerin gerechtfertigt sein. Die Höhe des möglichen Anspruchs der
W.

B.V. kann gegenwärtig noch nicht beziffert werden, weil diese gegen
den [X.] der [X.] Zollbehörden Widerspruch eingelegt hat, über den bislang nicht entschieden wurde. Die Klägerin ist daher zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht in der Lage, auf Freistellung und damit auf Leistung zu klagen (vgl. [X.], Urteil vom 16.
November 2006
I
ZR
257/03, [X.] 2007, 161, 162 = [X.], 1539).

Die Klägerin ist gegenwärtig nur mit einer Verbindlichkeit in unbestimmter Höhe beschwert. Aufgrund des von der W.

B.V. eingelegten Wider-
spruchs gegen den [X.] der [X.] [X.] steht noch nicht einmal fest, dass die Klägerin ihrer [X.] Schwestergesellschaft tatsächlich noch weiteren Aufwendungsersatz für die 11
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7
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von den [X.] Zollbehörden beanstandeten [X.]. Unter diesen Umständen ist grundsätzlich die Klage auf Feststellung der Ersatzpflicht des in Anspruch genommenen Vertragspartners (hier: die Beklagte als Auftraggeberin der Klägerin) der richtige Weg. Im Übrigen kann, solange die Höhe der Verbindlichkeit, von der Befreiung verlangt wird, nicht feststeht, nicht auf Leistung, sondern nur auf Feststellung geklagt werden ([X.], [X.] 2007, 161, 162; MünchKomm.ZPO/[X.], 4.
Aufl., §
253 Rn.
148; Musielak/Foerste, ZPO, 10.
Aufl., §
256 Rn.
14).

2. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin nach dem Inhalt des mit der Beklagten geschlossenen Vertrags nicht nur mit der Beförderung der aus [X.] in [X.] angekommenen Container nach St.
Georgen, sondern auch mit der Erledigung der Verzollung der in die-sen enthaltenen Güter im Hafen von [X.] beauftragt war. Dies ergibt sich insbesondere aus dem der Beklagten von der Klägerin unterbreiteten Angebot vom 5.
Mai 2006 und dessen zumindest konkludenter Annahme per [X.] vom 25.
September 2006, mit der die Beklagte die Klägerin um Verzollung eines für St.
Georgen bestimmten Containers gebeten und gleichzeitig die für die [X.] erforderlichen Unterlagen übermittelt hat.
Die Revision erhebt insoweit auch keine Beanstandungen.

3. Das Berufungsgericht hat auch mit Recht angenommen, dass die Klä-gerin, sofern sie für die Verzollung Kosten aufgewendet hat, diese gemäß §
420 Abs.
1 Satz
2 HGB ersetzt verlangen kann. Nach der genannten Vorschrift hat der Frachtführer über die Fracht hinaus einen Anspruch auf Ersatz von [X.], soweit diese für [X.] gemacht wurden und er sie den [X.] nach für erforderlich halten durfte. Die Beklagte hat die Klägerin mit der Durchführung der Verzollung des für die Empfänger in St.
Georgen bestimmten Gutes beauftragt. Bei der
von der Klägerin übernommenen
Verpflichtung han-15
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delt es sich zwar um eine Geschäftsbesorgung im Sinne von §
675 BGB. Die Verzollung des Frachtgutes gehört jedoch
wie sich aus §
408 Abs.
1 Satz
1 Nr.
11, §
413 Abs.
1 HGB ergibt
zu den typischen gesetzlichen Pflichten des Frachtführers. Daher sind vorrangig die §§
407
ff. HGB anzuwenden (vgl. Kol-ler, Transportrecht, 7.
Aufl., §
407 HGB Rn.
74; §
420 HGB Rn.
13;
Münch-Komm.HGB/[X.], 2.
Aufl., §
407 Rn.
67, §
420 Rn.
7).

Im vorliegenden Fall hat die Klägerin die in Rede stehenden Zollgebüh-ren zwar (noch) nicht selbst aufgewendet. Da sie die W.

B.V.
mit der
Durchführung der Verzollung in [X.] beauftragt hat und gegen diese mit Bescheid der [X.] Zollbehörden vom 1.
Juli 2009 Zollge-bühren in Höhe von 389.973,70

sieht sie sich jedoch einem entsprechenden Aufwendungsersatzanspruch der W.

B.V. aus-
gesetzt. Dieser Anspruch, der sich gemäß Art.
28 Abs.
1 und 2 EGBGB nach [X.]m Recht beurteilt,
ergibt sich aus Art.
406 Abs.
1 des Nieder-ländischen Bürgerlichen Gesetzbuchs. In dieser Vorschrift ist bestimmt, dass der Auftraggeber dem Auftragnehmer die mit der Ausführung des [X.] Aufwendungen zu ersetzen hat, soweit diese nicht in dem zu zahlen-den Entgelt inbegriffen sind (vgl.
[X.]/Westerdijk, [X.] [X.], Buch
6 Allgemeiner Teil des Schuldrechts und Bücher
7 und 7A Besondere Verträge, 1995). Gegen diese Beurteilung des Berufungsgerichts wird von der Revision ebenfalls nichts erinnert.

4. Zutreffend ist auch die Annahme des Berufungsgerichts, dass ein Aufwendungsersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte aus §
420 Abs.
1 Satz
2 HGB der Verjährungsfrist des §
439 Abs.
1 Satz
1 HGB und nicht derje-nigen des §
195 BGB
unterliegt.
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-
9
-

Die Vorschrift des §
439 HGB gilt für alle Ansprüche aus einer Beförde-rung. Der Anwendungsbereich der genannten Bestimmung ist eröffnet, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Beförderung und dem in Rede stehenden Anspruch besteht. Erfasst sind somit alle vertraglichen Ansprüche, auch solche aus vertraglichen Nebenpflichten, soweit sie
unmittelbar zu der "Beförderung" gehören und sich nicht aus einer selbständigen vertraglichen Abrede ergeben. Ansprüche aus selbständigen Verträgen, die lediglich dem Umfeld der Beförderung zuzurechnen sind, verjähren dagegen nicht nach §
439 HGB, sondern nach den auf diese Verträge anwendbaren Verjährungsvorschrif-ten (vgl. [X.], Urteil vom 20.
Oktober 2005
I
ZR
18/03, [X.] 2006, 74, 75
f.; Urteil vom 21.
September 2006
I
ZR
2/04,
NJWRR 2007, 182 Rn.
33 =
[X.] 2006, 451).
Danach unterfällt ein Aufwendungsersatzanspruch des Frachtführers aus §
420 Abs.
1 Satz
2 HGB der speziellen frachtvertraglichen Verjährungsregelung des §
439 HGB, weil die Verzollung des Frachtgutes eine notwendige Voraussetzung für den von der Klägerin geschuldeten Weitertrans-port der Importware zum Empfänger ist. Dagegen erhebt die Revision ebenfalls keine Rügen.

5. Das Berufungsgericht hat entgegen der Ansicht der Revision auch rechtsfehlerfrei angenommen, dass der von der Klägerin geltend gemachte Aufwendungsersatzanspruch nicht gemäß §
439 Abs.
1 Satz
1 HGB verjährt ist, weil der Lauf der Verjährungsfrist gemäß §
439 Abs.
2 Satz
3 HGB noch nicht eingesetzt hat.

a) Die Revision macht geltend, das Berufungsgericht habe zu Unrecht angenommen, die den [X.] begünstigende Vorschrift des §
439 Abs.
2 Satz
3 HGB erfordere keinen Gleichlauf zwischen den Haftungsgrundla-gen des [X.]ses (hier: das Rechtsverhältnis zwischen
der
19
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-
10
-
W.

B.V. und der Klägerin) und des [X.] (hier: das
Rechtsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten). Die Reichweite des dort geregelten
Privilegierungstatbestands sei durch
eine teleologische Ausle-gung der Vorschrift zu ermitteln. Der Gesetzgeber habe mit der Norm nicht [X.] den Regress des [X.] gewährleisten, sondern nur die besondere frachtrechtliche Regressproblematik lösen wollen, die darin bestehe, dass die Verjährung des Rückgriffsanspruchs zeitgleich mit der Verjährung des gegen den [X.] gerichteten Primäranspruchs beginne und zugleich ende. Der vom Gesetzgeber erstrebte Gleichlauf der Verjährungsfris-ten werde nicht erreicht, wenn im [X.] und im Rückgriffs-rechtsverhältnis unterschiedliche Verjährungsregelungen bestünden. Das sei insbesondere der Fall, wenn gegen den [X.] ein seefrachtrecht-licher Rückgriffsanspruch geltend gemacht werde, weil die maßgeblichen [X.] des §
439 HGB und des §
612 HGB nicht aufeinander ab-gestimmt seien.

b) Dieses Vorbringen verhilft der Revision nicht zum Erfolg.

aa) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass §
439 Abs.
2 Satz
3 HGB nur Regressansprüche von Frachtführern gegen andere Frachtführer und nicht auch Rückgriffsansprüche von Frachtführern gegen sonstige Hilfspersonen
und umgekehrt
erfasst ([X.] aaO §
439 HGB Rn.
24; MünchKomm.HGB/[X.]/[X.] aaO §
439 Rn.
17; Schaffert in [X.]/Boujong/[X.]/Strohn, HGB, 2.
Aufl., §
439 Rn.
13; [X.]/[X.], HGB, 2.
Aufl., §
439 Rn.
5). Das steht der Anwendbarkeit des §
439 Abs.
2 Satz
3 HGB im Streitfall nicht entgegen, da es sich sowohl bei der Kläge-rin als auch bei der Beklagten um Frachtführer im Sinne des §
407 HGB han-delt.

22
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-
11
-
bb) Wie der Senat nach Verkündung des Berufungsurteils entschieden hat (Urteil vom 2.
Oktober 2012
I
ZR
157/11
Rn.
20, juris), setzt die Anwend-barkeit des §
439 Abs.
2 Satz
3 HGB keinen Gleichlauf zwischen den Haf-tungsgrundlagen im
Primärhaftungs-
und im [X.] voraus. Dem Wortlaut der Bestimmung kann eine derartige Beschränkung des Anwendungs-bereichs nicht entnommen werden. Die Regelung in §
439 Abs.
2 Satz
3 HGB befasst sich mit der Verjährung von Ansprüchen des [X.]s, de-nen dieser im [X.] möglicherweise ausgesetzt ist, [X.] nur in Bezug auf den Beginn der Verjährung. Der Verjährungsbeginn wird auf den Zeitpunkt hinausgeschoben, zu
dem ein rechtskräftiges Urteil gegen den [X.] vorliegt oder er den gegen ihn gerichteten Anspruch befriedigt hat. Die Vorschrift des §
439 Abs.
2 Satz
3 HGB sagt jedoch nichts darüber aus, nach welchen Bestimmungen der [X.] haften muss, damit die Sonderregelung zur Anwendung kommt. In §
439 Abs.
2 Satz
3 HGB ist nur ganz allgemein von Rückgriffsansprüchen, dem [X.] und dem Rückgriffsschuldner die Rede. Der neutral gefasste Wortlaut deckt daher auch die Fallgestaltung ab, dass der [X.] im Primärhaf-tungsverhältnis nicht nach den §§
407
ff. HGB, sondern
wie im Streitfall
nach [X.]m Auftragsrecht einstehen
muss (so im Ergebnis auch [X.], [X.] 2012, 277
f.).

cc) Entgegen der Auffassung der Revision erfordern auch Sinn und Zweck des §
439 Abs.
2 Satz
3 HGB keine Beschränkung des [X.] der Vorschrift auf Fälle, in denen
der [X.] seinerseits ebenfalls nach den §§
407
ff. HGB verpflichtet ist. Um den [X.] zu schützen und zu verhindern, dass dieser möglicherweise verfrüht rechtliche Schritte gegen den Rückgriffsschuldner einleitet, hat der Gesetzgeber in §
439 Abs.
2 Satz
3 HGB bestimmt, dass die Verjährung von Rückgriffsansprüchen abweichend von §
439 Abs.
2 Satz
1 und 2 HGB hinausgeschoben wird. 24
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-
Schwierigkeiten, die allgemeinen Verjährungsfristen einzuhalten, ergeben sich im Regressfall vor allem daraus, dass die Verjährung des Rückgriffsanspruchs häufig zeitgleich mit der Verjährung des gegen den [X.] ge-richteten Primäranspruchs beginnt und endet. Wer vom Anspruchsberechtigten zuerst in Anspruch genommen wird, läuft damit Gefahr, etwaige [X.] zu verlieren, da er üblicherweise nicht schon dann, wenn der An-spruchsteller erstmals an ihn herantritt, bereits verjährungshemmende [X.] zur Wahrung eines Regresses treffen wird (vgl. die Begründung zum Entwurf des Transportrechtsreformgesetzes, BT-Drucks.
13/8445, S.
78).

dd) Die Vorschrift des §
439 Abs.
2 Satz
3 HGB kommt nach ihrem Sinn und Zweck auch dann zur Anwendung, wenn es nicht
wie in dem der [X.] vom 2.
Oktober 2012 (I
ZR
157/11, juris) zugrundeliegenden Sachverhalt
um einen Rückgriffsanspruch des Hauptfrachtführers gegen den Unterfrachtführer wegen Beschädigung des Transportgutes, sondern um einen Aufwendungsersatzanspruch des Unterfrachtführers aus §
420 Abs.
1 Satz
2 HGB gegen den Hauptfrachtführer geht. Entscheidend ist, dass der Aufwen-dungsersatzanspruch gemäß §
420 Abs.
1 Satz
2 HGB der Verjährungsvor-schrift des §
439 HGB unterliegt (Schaffert in [X.]/Boujong/[X.]/Strohn
aaO
§
439 Rn.
13).

26
-
13
-
II[X.] Danach ist die Revision der Beklagten mit der Kostenfolge aus §
97 Abs.
1 ZPO zurückzuweisen.

Büscher
Pokrant
Schaffert

Kirchhoff
Koch
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 28.10.2010 -
413 [X.]/10 -

O[X.], Entscheidung vom 22.09.2011 -
6 [X.] -

27

Meta

I ZR 186/11

07.03.2013

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.03.2013, Az. I ZR 186/11 (REWIS RS 2013, 7554)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 7554

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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