Bundesgerichtshof, Beschluss vom 24.11.2011, Az. VII ZR 65/11

7. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 1108

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Gegenstand

Rechtliches Gehör im Zivilprozess: Unrichtiges Erfassen des Parteivortrags durch das Gericht


Tenor

Der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision wird stattgegeben.

Das Urteil des 15. Zivilsenats in [X.] des [X.] vom 23. Februar 2011 wird gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufgehoben, soweit der Beklagte zur Zahlung von mehr als 15.000 € nebst Zinsen verurteilt worden ist.

Die Sache wird insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Streitwert: 24.399,84 €

Gründe

I.

1

Der Kläger verlangt von dem [X.]n die Zahlung restlichen [X.] für erbrachte Erdarbeiten.

2

Der [X.] beauftragte den Kläger im Mai 2006 nach dem nunmehr unstreitigen Sachverhalt damit, bei zwei Baugruben verschlammten Boden auszuheben und abzufahren sowie die Gruben nachfolgend mit Frostschutz aufzufüllen und zu verdichten. Das [X.] hat dem Kläger für diese Tätigkeit unter Berücksichtigung einer Abschlagszahlung von 17.400 € eine Restwerklohnforderung von 39.399,84 € zuerkannt. Die weitergehende Klage hat es abgewiesen. Die gegen dieses Urteil eingelegte Berufung des [X.]n hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Die Revision hat es nicht zugelassen. Dagegen wendet sich der [X.] mit der Nichtzulassungsbeschwerde. Er will die Abweisung der Klage erreichen, soweit er zur Zahlung von mehr als 15.000 € nebst Zinsen verurteilt worden ist.

II.

3

[X.] ist stattzugeben. Das Berufungsurteil beruht auf einer Verletzung des Rechts des [X.]n auf Gewährung rechtlichen Gehörs, Art. 103 Abs. 1 GG. Es ist deshalb in dem vom [X.]n angefochtenen Umfang aufzuheben, und die Sache ist insoweit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, § 544 Abs. 7 ZPO.

4

1. Der [X.] hat mit Schriftsatz vom 25. August 2010 in der Berufungsinstanz die ausgehobenen und eingebrachten Mengen unstreitig gestellt. Er hat jedoch gleichzeitig bestritten, dass diese Mengen zur Auftragserfüllung notwendig gewesen seien. Er hat unter Vorlage einer Stellungnahme eines Privatgutachters behauptet, der tatsächlich erforderliche Aushub verschlammten Erdreichs habe mit 32,8 m³ nur ein Zehntel dessen betragen, was der Kläger in Rechnung gestellt habe. Dementsprechend seien auch nur insgesamt 771,65 m³ Frostschutz einzubringen gewesen.

5

Das Berufungsgericht hat die Auffassung vertreten, in Anbetracht dessen, dass der [X.] das Bestreiten der abgefahrenen und angelieferten Mengen fallengelassen habe, könnte sein Vorbringen, der Aushub sei überhöht, nur dann erheblich sein, wenn er hätte behaupten wollen, die Mitarbeiter des [X.] hätten nicht nur verschlammten Boden, sondern in erheblichem Maße auch gewachsenen Boden abgefahren. Trotz Hinweises mit Verfügung vom 11. November 2010 habe der [X.] eine dahingehende Behauptung jedoch nicht aufgestellt.

6

2. Die Erwägungen des Berufungsgerichts zur Erheblichkeit des Bestreitens des [X.]n, dass zur Vertragserfüllung der vom Kläger vorgenommene Aushub erforderlich gewesen sei, beruhen auf einer Verletzung des Rechts des [X.]n auf Gewährung rechtlichen Gehörs.

7

Das Berufungsgericht geht davon aus, dass der [X.] den Kläger nur beauftragt hatte, verschlammtes Erdreich auszuheben und abzufahren. Für den Umfang des erforderlichen Aushubs ist - wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei erkannt hat - der Kläger darlegungs- und beweispflichtig. Der [X.] hat behauptet, der verschlammte Aushub habe nur ein Zehntel der tatsächlichen [X.] betragen; die verschlammte Bodenschicht sei nicht 1 m, sondern allenfalls 10 cm tief gewesen. Daraus ergibt sich zwangsläufig die vom Berufungsgericht vermisste Behauptung, die Mitarbeiter des [X.] hätten nicht nur verschlammten Boden ausgehoben und abgefahren. Das Berufungsgericht hat damit den Kerngehalt des Vorbringens des [X.]n nicht erfasst, wenn es die Auffassung vertritt, die Erheblichkeit des Vorbringens des [X.]n hänge von weiteren, nicht behaupteten Umständen ab. Aufgrund dieses Unverständnisses hat das Berufungsgericht das erhebliche Vorbringen des [X.]n bei seinen Erwägungen nicht berücksichtigt und damit gegen das Verfahrensgrundrecht des [X.]n auf Gewährung rechtlichen Gehörs verstoßen (vgl. [X.], Beschluss vom 9. Februar 2009 - [X.], [X.], 1003, 1004; Beschluss vom 22. Juli 2010 - [X.], [X.], 1935, 1936 = NZBau 2010, 748 = [X.] 2011, 27).

8

3. [X.] ist entscheidungserheblich. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass es zu einer anderen Entscheidung gelangt wäre, wenn es das Bestreiten des [X.]n als erheblich angesehen hätte. Denn dann hätte das Berufungsgericht - wie sich aus seiner Verfügung vom 11. November 2010 ergibt - zur Qualität des Aushubs Beweis durch Vernehmung des vom Kläger benannten [X.] angeordnet.

[X.]                                       Safari Chabestari

                           Eick                                          Halfmeier

Meta

VII ZR 65/11

24.11.2011

Bundesgerichtshof 7. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Frankfurt, 23. Februar 2011, Az: 15 U 162/09, Urteil

Art 103 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 24.11.2011, Az. VII ZR 65/11 (REWIS RS 2011, 1108)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 1108

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