Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 25.01.2024, Az. 7 VR 1/24

7. Senat | REWIS RS 2024, 327

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Leitsatz

Der Verzicht auf eine Umweltverträglichkeits(vor)prüfung nach § 4 LNGG muss auch bei einem Änderungsvorhaben nach § 9 UVPG geeignet sein, die Zulassung des konkreten Vorhabens nach § 2 LNGG zu beschleunigen.

Tenor

Der Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Planänderungsbeschluss des [X.] im energierechtlichen Planfeststellungsverfahren für die Errichtung und den Betrieb der Gasversorgungsleitung "Ostsee-Anbindungs-Leitung ([X.]) [X.] bis KP 26" vom 8. Januar 2024 anzuordnen, wird abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen trägt der Antragsteller.

Der Streitwert wird auf 10 000 € festgesetzt.

Gründe

I

1

Der Antragsteller, eine nach § 3 UmwRG anerkannte Umweltvereinigung, begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage (BVerwG 7 A 1.24) gegen den [X.] des [X.] im energierechtlichen Planfeststellungsverfahren für die Errichtung und den Betrieb der Gasversorgungsleitung "[X.]-Anbindungs-[X.]eitung ([X.]) [X.] bis [X.] 26" vom 8. Januar 2024.

2

Mit Planfeststellungsbeschluss vom 21. August 2023 ließ der Antragsgegner die Errichtung und den Betrieb des ersten Seeabschnitts [X.] bis [X.] 26 zu. Ü[X.] die hiergegen erhobene Klage des Antragstellers (BVerwG 7 A 9.23) hat der [X.] noch nicht entschieden. Den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung dieser Klage hat der [X.] mit Beschluss vom 12. Septem[X.] 2023 (BVerwG 7 [X.]) abgelehnt.

3

Der Planfeststellungsbeschluss vom 21. August 2023 enthielt die naturschutzrechtliche Nebenbestimmung [X.], wonach die in der [X.] benannten Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen (vgl. [X.] Anlage 2) mit folgenden Modifikationen umzusetzen sind: "Die seeseitigen Bautätigkeiten (inkl. der Nutzung der [X.] und des marinen Zwischenlagers) im seeseitigen Bereich der [X.]-Trasse (bis [X.] 26), also vor allem im [X.] und im Südwesten der [X.], sind auf den Zeitraum vom 15.05.2023 bis 31.12.2023 beschränkt (vgl. Maßnahme M5)".

4

Nach der Nebenbestimmung [X.] des [X.]es vom 8. Januar 2024 findet die Nebenbestimmung [X.] nunmehr mit der Maßgabe Anwendung, dass die Bauzeitenbeschränkung vom 1. Januar 2024 bis zum 29. Februar 2024 für die Wiederherstellung des O[X.]bodens im Kreuzungs[X.]eich mit den 50Hertz [X.] ([X.] 5,2 bis [X.] 6,2) mittels Diffusor innerhalb von ca. sieben Arbeitstagen - Abschluss der Arbeiten im Januar 2024, die Wiederherstellung des O[X.]bodens im Bereich der [X.] ([X.] 14,7 bis [X.] 17) mittels Diffusor innerhalb von ca. 20 Arbeitstagen - Abschluss der Arbeiten im Februar 2024 und die Wiederherstellung der Steinbedeckung in den Riffabschnitten (ca. 3,5 km zwischen [X.] 5,6 und [X.] 26) innerhalb von ca. 40 Arbeitstagen - Abschluss der Arbeiten im Februar 2024 aufgehoben wird.

5

Der Antragsteller, der mit seiner Klage (BVerwG 7 A 1.24) die Aufhebung, hilfsweise die Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des [X.]es begehrt, beanstandet, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung und eine Beteiligung anerkannter Naturschutzvereinigungen unterblieben seien. Auch verstoße die [X.] gegen den naturschutzrechtlichen Gebiets- und Artenschutz.

II

6

Der Antrag ist zulässig (1.), a[X.] unbegründet (2.).

7

1. a) Die erstinstanzliche Zuständigkeit des [X.] ergibt sich aus § 12 Satz 1 [X.] i. V. m. § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO. Gemäß § 12 Satz 1 [X.] entscheidet das [X.] im ersten und letzten Rechtszug ü[X.] sämtliche Streitigkeiten ü[X.] Vorhaben nach § 2 dieses Gesetzes. Bei der Errichtung und dem Betrieb der Gasversorgungsleitung "[X.]-Anbindungs-[X.]eitung ([X.]) [X.] bis [X.] 26" handelt es sich um ein Vorhaben nach § 2 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 [X.] i. V. m. Nr. 4.2 der Anlage zum [X.]. Die Zuständigkeitsbestimmung umfasst auch Streitigkeiten ü[X.] Änderungen dieses Vorhabens.

8

b) Der Antrag ist statthaft.

9

aa) Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 [X.] haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen eine Zulassungsentscheidung für die Vorhaben nach § 2 [X.] keine aufschiebende Wirkung. Durch diese Bestimmung wird die gesetzliche Anordnung der sofortigen Vollziehung des § 43e Abs. 1 Satz 1 [X.], wonach Widerspruch und Anfechtungsklage u. a. gegen einen Planfeststellungsbeschluss für Errichtung und Betrieb einer [X.] nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 [X.] keine aufschiebende Wirkung haben, auf alle Entscheidungen im Zusammenhang mit Vorhaben nach § 2 [X.] ausgedehnt (vgl. [X.]. 20/1742 S. 37).

bb) Die gegen den [X.] erhobene isolierte Anfechtungsklage ist nicht offensichtlich unstatthaft. Zwar verschmelzen der festgestellte Plan und die nachträgliche Änderung zu einem einzigen Plan in der durch den [X.] erreichten Gestalt, weshalb ein [X.] in ein [X.]eits anhängiges Klageverfahren einzubeziehen ist (BVerwG, Urteil vom 18. März 2009 - 9 A 31.07 - NVwZ 2010, 63 Rn. 23). Abweichendes kann a[X.] dann gelten, wenn nach einer Planänderung die unverändert bleibenden [X.] des ursprünglichen Planfeststellungsbeschlusses und die durch den [X.] neu hinzutretenden [X.] ausnahmsweise inhaltlich teilbar sind (BVerwG, Urteil vom 18. März 2009 - 9 A 31.07 - NVwZ 2010, 63 Rn. 24). Die Ausweitung des [X.], die der Antragsteller vorliegend angreift, betrifft nicht notwendig die Errichtung der [X.] als solche, sondern zunächst die zeitliche Umsetzung der Nebenbestimmung ü[X.] Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen im Rahmen des planfestgestellten Vorhabens. Diese Regelung dürfte nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO ("soweit") grundsätzlich isoliert anfechtbar sein. Zweifel an der Statthaftigkeit des [X.] bestehen jedenfalls deshalb nicht, weil der Antragsteller das isoliert erhobene Anfechtungsbegehren auch später noch, unter Rücknahme der neuen Klage, in vollem Umfang zum [X.] in dem anhängigen Klageverfahren BVerwG 7 A 9.23 machen kann.

c) Als eine nach § 3 UmwRG anerkannte Umweltvereinigung ist der Antragsteller gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1, § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG i. V. m. § 2 Abs. 6 Nr. 1 [X.] antragsbefugt.

Bei dem angefochtenen [X.] handelt es sich um eine sonstige behördliche Entscheidung ü[X.] die Zulässigkeit von Vorhaben, die in einem Verwaltungsverfahren getroffen wurde, im Sinne des § 2 Abs. 6 Nr. 1 [X.]. Der [X.] vom 8. Januar 2024 ist auch tauglicher Gegenstand einer Verbandsklage nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG. Soweit deren Zulässigkeit danach voraussetzt, dass für die angefochtene Zulassungsentscheidung eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen kann, genügt zwar nicht, dass die Möglichkeit einer solchen Pflicht nicht von vornherein auszuschließen ist. Jedoch ist diese Voraussetzung erfüllt, wenn für das Vorhaben bzw. dessen Änderung - wie hier - eine Vorprüfung durchzuführen ist, ohne dass es auf deren Ergebnis ankommt (stRspr, vgl. nur BVerwG, Urteil vom 14. Dezem[X.] 2022 - 9 A 18.21 - BVerwGE 177, 279 Rn. 12).

2. Die Entscheidung ü[X.] die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage steht im Ermessen des Gerichts der Hauptsache (§ 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die in diesem Rahmen vorzunehmende Abwägung zwischen dem [X.] des Antragsgegners sowie der Beigeladenen und dem Suspensivinteresse des Antragstellers geht zu dessen [X.]asten aus. Dies [X.]uht vor allem darauf, dass sich die Klage bei summarischer Prüfung ihrer Erfolgsaussichten als voraussichtlich unbegründet erweist.

a) Die Annahme des Antragsgegners, eine Umweltverträglichkeitsvorprüfung sei vor Erlass des [X.]es nicht durchzuführen gewesen, führt voraussichtlich nicht auf einen Verfahrensmangel nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG. Denn in der Sache dürfte die erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls im Wesentlichen erfolgt sein.

aa) Der Antragsgegner geht im [X.] zutreffend davon aus, dass das streitgegenständliche [X.] - die Erweiterung des [X.] für die Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen - nach § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 7 Abs. 1 Satz 1 [X.] i. V. m. Ziff. 19.12.3 der Anlage 1 zum [X.] der Pflicht zur Durchführung einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls unterliegt. Nach § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 [X.] besteht, wenn ein Vorhaben geändert wird, für das keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden ist, für das [X.] die [X.], wenn das geänderte Vorhaben einen in Anlage 1 angegebenen Prüfwert für die Vorprüfung erneut erreicht und eine Vorprüfung ergibt, dass die Änderung erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen hervorrufen kann. Der ohne Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung am 21. August 2023 planfestgestellte erste Seeabschnitt der [X.] unterliegt mit einer [X.]änge von ca. 26 km und einem Durchmesser von 1 200 mm der Regelung in Ziff. 19.12.3 [X.]. 2 der Anlage 1 zum [X.] und erreicht als geändertes Vorhaben demnach weiterhin bzw. erneut die Prüfwerte für die Vorprüfung. Für das [X.], die Änderung einschließlich der Erweiterung der Durchführung einer sonstigen in Natur und [X.]andschaft eingreifenden Maßnahme (§ 2 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. c [X.]) besteht mithin eine [X.]spflicht.

bb) Gemäß § 4 Abs. 1 [X.] hat, abweichend von § 1 Abs. 4 [X.] die für die Zulassungsentscheidung zuständige Behörde bei Vorhaben nach - wie hier - § 2 Abs. 1 Nr. 3 [X.] das Gesetz ü[X.] die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht anzuwenden, wenn eine beschleunigte Zulassung des konkreten Vorhabens geeignet ist, einen relevanten Beitrag zu leisten, um eine Krise der Gasversorgung zu bewältigen oder abzuwenden.

(1) Der [X.] geht in dem für die Beurteilung seiner Rechtmäßigkeit maßgeblichen Zeitpunkt seines Erlasses am 8. Januar 2024 zu Recht weiterhin von einer Krise der Gasversorgung aus. Zur näheren Begründung wird auf die Ausführungen im Beschluss des [X.]s vom 12. Septem[X.] 2023 - 7 [X.] - (N&R 2023, 313 Rn. 13 - 17) betreffend den Planfeststellungsbeschluss für die Errichtung und den Betrieb der [X.] [X.] bis [X.] 26 vom 21. August 2023 Bezug genommen. Die [X.] ist zwischenzeitlich nicht entfallen. Das ist erst dann der Fall, wenn die Versorgung durch andere neu hinzugekommene sichere Bezugsquellen dauerhaft gesichert ist (BVerwG, Beschlüsse vom 12. Septem[X.] 2023 - 7 [X.] - N&R 2023, 313 Rn. 13 und vom 15. Septem[X.] 2023 - 7 VR 6.23 - juris Rn. 14). Daran fehlt es nach wie vor. Die gravierende Reduktion von Gasströmen an wichtigen Einspeisungspunkten durch den Ausfall [X.] hält weiterhin an und eine Wiederaufnahme ist - abgesehen von den dafür notwendigen technischen Vor[X.]eitungen - nicht wahrscheinlich. Auch die gefüllten Gasspeicher und die tagesaktuell stabile [X.]age der Gasversorgung ändert an dem Vorhandensein einer Gasmangellage im Sinne der Verordnung ([X.]) 2017/1938 vom 25. Okto[X.] 2017 ü[X.] Maßnahmen zur Gewährleistung der sicheren Gasversorgung und zur Aufhebung der Verordnung ([X.]) Nr. 994/2010, zuletzt geändert durch Verordnung ([X.]) 2022/1032 vom 29. Juni 2022 ([X.] [X.], [X.], [X.]. [X.] 245 S. 70) nichts. Die an verschiedenen Standorten vorgesehenen und aufgrund der laufenden Planfeststellungsverfahren [X.]eits konkret absehbaren Anlandungen mittels [X.] sind nicht geeignet, die aufgrund des Ausfalls der Gaslieferungen aus [X.] entstehende [X.]ücke bei der Deckung des [X.] Gasbedarfs aufzufangen (BVerwG, Beschlüsse vom 12. Septem[X.] 2023 - 7 [X.] - N&R 2023, 313 Rn. 14 f. und vom 15. Septem[X.] 2023 - 7 VR 6.23 - juris Rn. 15 f.). Die Notwendigkeit der Inbetriebnahme des ersten Seeabschnitts der [X.] im Hinblick sowohl auf die kommenden [X.] als auch auf das Winterhalbjahr 2023/2024, wie sie im Planfeststellungsbeschluss ([X.] f.) dargelegt wurde, bleibt daher erhalten. Aus dem vom Antragsteller eingereichten Bericht der [X.] (Anlage ASt 15) und der Pressemitteilung der Initiative Energien [X.]eichern [X.] ([X.]) vom 16. Januar 2024 (Anlage ASt 23) lässt sich bei summarischer Prüfung nichts Gegenteiliges schließen. Zunächst handelt es sich jeweils um Momentaufnahmen, die auf dem aktuellen Füllstand der Gasspeicher und dem Gasverbrauch [X.]uhen, jedoch noch nichts ü[X.] die dauerhafte Sicherung der Gasversorgung aussagen. Abgesehen davon weisen auch die genannten Stellungnahmen gewichtige Einschränkungen auf. So gilt die optimistische Annahme der [X.] für den verbleibenden Winter und den Winter 2024/2025 ausdrücklich nur, "solange keine zusätzlichen Risiken eintreten". [X.]aut [X.] "verbleiben Restrisiken" (schon) für den Winter 2023/2024.

Der Antragsgegner durfte im [X.] auch annehmen, dass der erste Seeabschnitt der [X.] noch in der laufenden Heizperiode - in [X.] üblicherweise bis zum 30. April - in Betrieb geht. Aus der durch den ersten [X.] festgestellten ergänzenden Stellungnahme der [X.] zur Erweiterung des [X.] vom 7. Dezem[X.] 2023 ergibt sich, dass die [X.] von [X.] bis [X.] 46 am 6. Dezem[X.] 2023 fertig verlegt war und nach damaligem Planungsstand die Erstbefüllung aller Voraussicht nach Mitte Februar abgeschlossen sein werde. Dabei geht die Beigeladene davon aus, dass die sichere Inbetriebnahme der [X.] unabhängig vom Abschluss der Wiederherstellungsarbeiten möglich sei. Allein aus der Erweiterung des [X.] für naturschutzrechtliche Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen, die nach dem Planfeststellungsbeschluss vor der Inbetriebnahme der [X.] erfolgen müssen, auf die Monate Januar und Februar 2024 lässt sich nichts Gegenteiliges für eine Inbetriebnahme der [X.]eitung am 1. März 2024 schließen.

(2) Allerdings ist nicht ohne Weiteres ersichtlich, dass der Verzicht auf die [X.] hinsichtlich der Erweiterung des [X.] für Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen geeignet ist, die Zulassung des konkreten Vorhabens, der [X.] (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 [X.] i. V. m. Nr. 4.2 der Anlage zum [X.]), zu beschleunigen (zum Tatbestandsmerkmal der "beschleunigten Zulassung" in § 4 Abs. 1 [X.], vgl. [X.], [X.], 1087 <1090 f.>). Dies hätte der Antragsgegner im [X.] belegen müssen.

cc) Allerdings wirkt sich das Verkennen der [X.]spflicht voraussichtlich nicht aus. Denn der Sache nach lagen dem Antragsgegner mit der von der [X.] vorgelegten Umweltfachlichen Stellungnahme des [X.] ([X.]) vom 5. Dezem[X.] 2023 zur Erweiterung des [X.], die für die Vorprüfung erforderlichen Unterlagen vor. Die Untersuchung beschreibt den bisherigen Bauverlauf, den erreichten Arbeitsstand, die aufgrund des Sturmereignisses [X.] erforderlich gewordene aktualisierte Planung sowie die für die Arbeiten vorgesehenen Baufahrzeuge und den Zeitablauf. Sodann befasst sie sich in der umweltfachlichen Stellungnahme im Einzelnen mit den Wirkfaktoren, dem Untersuchungsraum und den Umweltauswirkungen auf die Schutzgüter des § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 [X.] und bewertet die Auswirkungen des Vorhabens mit Blick auf die [X.] der Wasserrahmenrichtlinie und der [X.]. Ferner wird eine Eingriffsbilanzierung vorgenommen und der Biotopschutz erörtert. In einem umfangreichen Anlagenanhang wird schließlich insbesondere die Verteilung verschiedener Rastvogelarten dargestellt. Damit ist bei summarischer Prüfung eine dem § 7 [X.] genügende "ü[X.]schlägige Prüfung" der möglichen Umweltauswirkungen erfolgt und im Ergebnis das Erreichen der Erheblichkeitsschwelle für eine Umweltverträglichkeitsprüfung verneint worden. Dadurch ist die Vorprüfung des Einzelfalls inhaltlich im Wesentlichen abgearbeitet, so dass für eine Aufhebung der Entscheidung kein Bedürfnis bestehen dürfte (vgl. Fellen[X.]g/​Schiller, in: [X.]andmann/​Rohmer, Umweltrecht, Stand Septem[X.] 2023, § 4 UmwRG Rn. 30). Abgesehen davon ist eine Fehlerheilung - auch mit Blick auf die Anforderungen des § 5 Abs. 2 [X.] - im [X.]aufe des gerichtlichen Verfahrens noch zulässig (vgl. [X.], Urteil vom 26. Juli 2017 - [X.]/16 u. a. [EC[X.]I:​[X.]:​C:​2017:​589], [X.] u. a. - Rn. 43).

b) Eine Pflicht zur Durchführung einer grenzü[X.]schreitenden Umweltverträglichkeitsprüfung nach §§ 54 ff. [X.], die der Umsetzung der [X.] dienen, bestand nicht. Dass die im [X.] zugelassene [X.] für Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen im Januar und Februar 2024 erhebliche grenzü[X.]schreitende Umweltauswirkungen haben kann, erscheint bei summarischer Prüfung ausgeschlossen.

c) Gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 BNatSchG i. V. m. § 28 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG kann von einer Beteiligung einer anerkannten Naturschutzvereinigung abgesehen werden, wenn eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint. Davon ist bei Vorhaben nach § 2 [X.] unter Berücksichtigung der gesetzlichen Wertung in § 3 [X.] voraussichtlich auszugehen. Dies gilt auch dann, wenn - wie hier - aufgrund des nur sehr geringen Umfangs der erforderlichen [X.], diese nicht nach § 4 Abs. 1 [X.] hätte unterbleiben dürfen.

d) Die Planänderung ist bei summarischer Prüfung mit Gebiets- und Artenschutzrecht vereinbar.

aa) Eine erhebliche Beeinträchtigung der für das FFH-Gebiet "[X.], Teile des [X.] und Nordspitze [X.]" ([X.] 1747-301) charakteristischen Art [X.] (§ 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG) durch die Planänderung hat der Antragsteller im Eilrechtsschutzverfahren nicht glaubhaft gemacht.

Der Antragsgegner weist zutreffend darauf hin, dass die [X.] durch den [X.] nicht den gesamten [X.] betrifft. Die Planänderung lässt die [X.] auf 3,3 km und die Wiederherstellung der Steinbedeckung in den Riffabschnitten auf ca. 3,5 km, insgesamt also auf 6,8 km, zu. Weiter stellt er klar, dass sich die [X.], in der laut Reise[X.]icht des [X.] im Dezem[X.] 2023 größere Vorkommen von Vorlaichern mit frühjahrslaichendem [X.] festgestellt wurden (Anlage ASt 10), nicht im ersten Seeabschnitt, sondern vor [X.] bei [X.], befindet.

Der Antragsteller setzt sich in weiten Teilen seiner Antragsbegründung zum Naturschutzrecht (S. 30 ff.) nicht mit dem [X.] auseinander. Seine Ausführungen und die dazu eingereichten fachlichen Stellungnahmen des [X.] vom 15. Dezem[X.] 2023 (Anlage ASt 7) und des [X.] vom 4. Januar 2024 (Anlage ASt 8) [X.]ücksichtigen deshalb die Nebenbestimmung [X.] zunächst gar nicht und sodann nur sehr pauschal (S. 38 - 39) sowie die Nebenbestimmungen A.3.2.3 bis A.3.2.5 ü[X.]haupt nicht.

Nach der Nebenbestimmung [X.] hat die Beigeladene tägliche Messungen der Wassertemperatur im [X.] in einer Tiefe von mindestens 1 m unter der Wassero[X.]fläche vor Arbeitsbeginn vorzunehmen. Die Messergebnisse sind tagesaktuell der Planfeststellungsbehörde zu ü[X.]mitteln. Sobald an zwei aufeinander folgenden Tagen die Wassertemperatur einen Wert von ≥ +3,5 °C erreicht hat, sind alle seeseitigen Arbeiten unverzüglich einzustellen, sofern die beiden nachfolgenden Kriterien kumulativ erfüllt sind: In einem - exakt beschriebenen - Stellnetz, welches im nahen Umfeld des [X.] so nahe wie möglich an der Fahrrinne (mindestens auf der 7 m-Tiefenlinie) vor 8.00 Uhr aufzustellen ist, werden innerhalb von 3 unmittelbar aufeinanderfolgenden [X.] 30 Minuten insgesamt mehr als 50 [X.]e gefangen und von den so gefangenen [X.] weisen 50% das [X.] (nach der [X.] für [X.], [X.] nach [X.], verändert) oder höher auf. Die [X.] sind mindestens 2x je Woche in einem Abstand von drei Tagen durchzuführen. Sinkt die Wassertemperatur nach kumulativer Erfüllung der genannten Kriterien auf < + 3,5 °C kann mit der beschriebenen Methode festgestellt werden, ob das [X.]aichgeschehen unterbrochen wurde. Ist bei zwei aufeinander folgenden [X.]n eines der genannten Kriterien nicht erfüllt, können die seeseitigen Arbeiten wieder aufgenommen werden. Die Erfüllung bzw. Nichterfüllung der genannten Kriterien ist der Planfeststellungsbehörde nachzuweisen.

Die Nebenbestimmung [X.] erscheint danach grundsätzlich geeignet, die Änderung der Nebenbestimmung im Planfeststellungsbeschluss, nach der die Bauausführung auf den Zeitraum vom 15. Mai bis 31. Dezem[X.] 2023 beschränkt war, auszugleichen und dadurch eine erhebliche Beeinträchtigung des [X.]herings auszuschließen. Hierauf bezieht sich auch die Begründung des [X.]es (S. 14 f.). Angesichts dessen reicht es nicht aus, wenn der Antragsteller diese Nebenbestimmung pauschal als nicht geeignet bezeichnet (Antragsbegründung, S. 38). Dies gilt umso mehr, als das [X.] in einer E-Mail vom 9. Januar 2024 an den Antragsteller bestätigt, dass die Nebenbestimmung [X.] das Potential hat, die möglichen Auswirkungen der Bauzeitverlängerung auf den [X.]s-Rekrutierungserfolg zu reduzieren (Anlage ASt 6). Soweit in dieser E-Mail weiter ausgeführt wird, dass das Risiko nur dann auf Null gesenkt werde, wenn die Bauarbeiten ab 31. Dezem[X.] eingestellt werden, verfehlt dies schon den Maßstab der [X.], die gerade nicht auf die Feststellung eines Nullrisikos ausgerichtet ist (BVerwG, Urteil vom 7. Juli 2022 - 9 A 1.21 - BVerwGE 176, 94 Rn. 53).

Auch die weiteren Nebenbestimmungen zum [X.], wonach die Anzahl von drei Wanderbaustellen nicht ü[X.]schritten werden darf (A.3.2.3), in Abstimmung mit einem anderen Vorhabenträger in den [X.] nie mehr als zehn Arbeitsschiffe bezogen auf die dort insgesamt vorhandenen seeseitigen Baustellen eingesetzt werden dürfen ([X.]) und die Tätigkeiten im Bereich der [X.] vorrangig durchzuführen sind (A.3.2.5), erscheinen grundsätzlich dazu geeignet, die vom Antragsteller befürchteten großflächigen und langanhaltenden Trübungsfahnen möglichst gering zu halten. Auf diese Nebenbestimmungen geht der Antragsteller auch in seinem Schriftsatz vom 23. Januar 2024 nicht ein. Zudem verhält sich der Antragsteller nicht dazu, dass die durch die Wiederverfüllungsarbeiten zu erwartenden Trübungen geringer sein dürften, als diejenigen durch die vorangegangenen Baggerarbeiten bei der Herstellung der Rohrleitung.

Im Hinblick auf die Nebenbestimmung [X.] hat der Antragsteller eine weitere Stellungnahme des [X.] vom 21. Januar 2024 (Anlage ASt 29) vorgelegt, worin das Institut seine Aussage wiederholt, dass eine Beeinträchtigung des Rekrutierungserfolgs des [X.]s sicher nur durch eine Unterbrechung der Arbeiten ab dem 31. Dezem[X.] auszuschließen sei. Dies ist, wie dargelegt, für den rechtlichen Maßstab des § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG nicht erforderlich.

bb) Auch für das betroffene [X.]-Vogelschutzgebiet "[X.] und südlicher [X.]" ([X.] 1747-402) ist eine erhebliche Beeinträchtigung durch den [X.] nicht glaubhaft gemacht.

Nachdem von einer erheblichen Beeinträchtigung des [X.]aichgeschehens des [X.]s bei summarischer Prüfung nicht auszugehen ist, kann auch ein Verlust des [X.] für [X.] hier nicht angenommen werden.

Im Übrigen hat der [X.] die Auswirkungen des baubedingt verlängerten Schiffsverkehrs auf die [X.] maßgeblicher Vogelarten, namentlich die von der Stellungnahme des [X.] vom 21. Januar 2024 umfassten Eisenten, Bergenten und Mittelsäger (Anlage ASt 30), [X.]ücksichtigt. Bereits im Planfeststellungsbeschluss, der nicht Gegenstand dieses Eilverfahrens ist, wurde angenommen, dass die betroffenen Bereiche (Fahrrinne und Ansteuerung des [X.]andtiefs) nur eine geringe Bedeutung für das Rastgeschehen von Berg- und Eisenten aufweisen ([X.]). Störungen durch den Schiffsverkehr wurden für den Mittelsäger dort allgemein als nicht erheblich eingestuft ([X.]). Zudem umfassen laut [X.] die potentiell vergrämten Individuen für alle Arten stets weniger als 1% der [X.] im Schutzgebiet. Der Schiffsverkehr wird durch die Nebenbestimmung [X.] zum [X.] begrenzt. Dass ein zusätzlicher Schiffsverkehr von 20 Schiffen zwischen Hafen, Baustellen und [X.] erforderlich sei, wird in der [X.]-Stellungnahme zwar behauptet, a[X.] nicht begründet. Nach Nebenbestimmung [X.] zum Planfeststellungsbeschluss ist durch die [X.] sicherzustellen, dass u. a. [X.] bei der Wahl von Anfahrtswegen zum Baufeld gemieden werden, die Inanspruchnahme des Gewässers zeitlich und räumlich auf das unabdingbare Maß reduziert und Sedimentverfrachtungen und [X.] durch die Nutzung geeigneter Technik minimiert werden. Sämtliche [X.] haben dabei soweit wie möglich in bzw. in der Nähe von betonnten [X.] stattzufinden und die Wege von den [X.] zur Baustelle bzw. zu Zwischenlagern und [X.] so kurz wie möglich zu halten (A.3.7.4 zum [X.]). Schließlich hat die [X.] nach Nebenbestimmung A.3.2.2 zum [X.] u. a. das betroffene [X.]-Vogelschutzgebiet täglich auf Eisgang zu kontrollieren, die [X.] in geeigneter Weise zu dokumentieren und auf Verlangen der Planfeststellungsbehörde vorzulegen. Bei Eisgang sind die Arbeiten in dem betroffenen [X.] einzustellen, so dass in diesem Fall optische und akustische Reize nicht eintreten.

Die im Planfeststellungs- und [X.] getroffenen detaillierten Regelungen sind nach vorläufiger Prüfung geeignet, eine erhebliche Beeinträchtigung des [X.]-Vogelschutzgebietes durch die Erweiterung des [X.] auszuschließen. Dieser Eindruck wird durch die pauschalen Angriffe in den Schriftsätzen des Antragstellers und den von ihm eingereichten bzw. in Bezug genommenen Stellungnahmen nicht erschüttert. So konnte etwa die Stellungnahme der unteren Naturschutzbehörde vom 13. Dezem[X.] 2023 ([X.] ff.) die Nebenbestimmungen zum [X.] vom 8. Januar 2024 noch gar nicht [X.]ücksichtigen.

cc) Aus den vorstehend genannten Gründen ist derzeit auch ein Verstoß gegen das artenschutzrechtliche Störungsverbot nach § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG im Hinblick auf die von der [X.] betroffenen [X.]vögel nicht dargelegt.

Die Kostenentscheidung [X.]uht auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 52 Abs. 1 i. V. m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.

Meta

7 VR 1/24

25.01.2024

Bundesverwaltungsgericht 7. Senat

Beschluss

Sachgebiet: VR

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 25.01.2024, Az. 7 VR 1/24 (REWIS RS 2024, 327)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2024, 327

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