Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.09.2015, Az. AnwZ (Brfg) 14/15

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2015, 4873

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[X.]UNDESGERICHTSHOF

[X.]ESCHLUSS
AnwZ
([X.]) 14/15

vom

24. September 2015

in der verwaltungsrechtlichen Anwaltssache

wegen
Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft
-
2
-
Der [X.]undesgerichtshof, [X.], hat durch
den Vorsitzenden Richter Prof. [X.], die Richterin
Lohmann, [X.] sowie die Rechtsanwälte Dr. Martini und
Dr. Kau

am
24. September 2015
beschlossen:

Der Antrag des [X.] auf Zulassung der [X.]erufung gegen das seinem
Prozessbevollmächtigten am 27.
Januar 2015 an [X.] statt zugestellte Urteil des 2.
Senats des [X.] [X.]s wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Wert des Zulassungsverfahrens
wird auf 50.000

Gründe:

I.

Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf seiner Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wegen [X.] (§
14 Abs.
2 Nr.
7 [X.]). Der [X.] hat die Klage abgewiesen. Der Kläger beantragt nunmehr die Zulassung der [X.]erufung.

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-
II.

Der Antrag des [X.] ist nach
§
112e Satz
2 [X.], §
124a Abs.
4 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig.
Er bleibt jedoch ohne Erfolg. Der vom Kläger geltend gemachte Zulassungsgrund (§
112e Satz
2 [X.], §
124 Abs.
2 Nr.
3 VwGO) liegt nicht vor.

1. Eine Rechtssache hat grundsätzliche [X.]edeutung, wenn der [X.] eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einer einheitli-chen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Zur schlüssigen [X.] der grundsätzlichen [X.]edeutung gehören Ausführungen zur Klärungsbe-dürftigkeit und Klärungsfähigkeit der aufgeworfenen Rechtsfrage sowie ihrer [X.]edeutung für eine unbestimmte Vielzahl von Fällen oder ihrer Auswirkung auf die Allgemeinheit; begründet werden muss auch, warum ein korrigierendes Ein-greifen des [X.] erforderlich ist (st. Senatsrspr.;
vgl. nur [X.]e-schlüsse vom 8.
Dezember 2014 -
AnwZ ([X.]) 45/14, juris Rn.
16;
vom 21.
Mai 2015 -
AnwZ ([X.]) 6/15, juris Rn.
14 und vom 13.
Juli 2015 -
AnwZ ([X.]) 17/15, juris Rn.
17;
jeweils m.w.N.).

2. Nach der in §
14 Abs.
2 Nr.
7 [X.] zum Ausdruck kommenden [X.] des Gesetzgebers ist mit dem Vermögensverfall eines Rechtsanwalts grundsätzlich eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden verbunden. Auch wenn diese Regelung nicht im Sinne eines Automatismus zu verstehen ist, die Gefährdung daher nicht zwangsläufig und
ausnahmslos schon aus dem Vorliegen eines [X.] folgt, kann die Gefährdung im nach der ge-setzlichen Wertung vorrangigen Interesse der Rechtsuchenden nur in seltenen 2
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Ausnahmefällen verneint werden. Hierfür trägt der Rechtsanwalt die [X.]. Hierbei setzt die Annahme eines Ausnahmefalls, in dem trotz [X.]s des Rechtsanwalts eine Gefährdung nicht gegeben ist, zumindest voraus, dass der Rechtsanwalt -
im Wege der Selbstbeschränkung
-
seine selbständige anwaltliche Tätigkeit aufgibt, nur noch für eine Rechtsanwaltsso-zietät tätig ist und mit dieser rechtlich abgesicherte Maßnahmen vereinbart hat, die eine Gefährdung der Mandanten effektiv verhindern (st. Senatsrspr.;
vgl. nur [X.]eschlüsse vom 8. Dezember 2014,
aaO Rn. 23; vom 21.
Mai 2015,
aaO Rn.
12; vom 3.
Juni 2015 -
AnwZ ([X.]) 11/15, juris Rn.
8 und vom 13.
Juli 2015,
aaO Rn.
6 f., 9;
jeweils m.w.N.).

3. Fragen von grundsätzlicher [X.]edeutung stellen sich insoweit im Falle des [X.], der das Vorliegen eines [X.] in seiner Rechtsmittel-begründung zu Recht nicht in Abrede
gestellt hat, nicht.

a) Ob die vom Kläger mit den Rechtsanwälten H.

und R.

W.

,
mit denen er eine [X.]ürogemeinschaft unterhält, abgeschlossene Vereinbarung eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden ausschließt, ist eine Fra-ge des Einzelfalls und nicht von grundsätzlicher [X.]edeutung. Im Übrigen hat der [X.], auf dessen ausführliche [X.]egründung der Senat [X.]ezug nimmt, zutreffend entschieden, dass diese Vereinbarung nicht geeignet ist, eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden durch den Vermögensverfall des [X.], der nach wie vor als selbständiger Einzelanwalt tätig ist, [X.]
(siehe ergänzend zur [X.]ürogemeinschaft auch Senat, [X.]eschlüsse vom 17.
Oktober 2005 -
AnwZ ([X.]) 73/04, NJW-RR 2006, 859 f.; vom 10. Mai 2010 -
AnwZ ([X.]) 37/09, [X.], 1353, 1354
und vom 28. September 2011 -
AnwZ ([X.]) 29/11, [X.], 140 Rn. 6).

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b) Die mit der Zulassungsbegründung aufgeworfene weitere Frage "ob für einen Fachanwalt für Strafrecht zwingend die Aufgabe seiner Tätigkeit als Einzelanwalt erforderlich ist", ist nicht klärungsbedürftig. Die Anforderungen, die nach der ständigen Senatsrechtsprechung an das Vorliegen eines Ausnahme-falls gestellt werden, gelten für jeden in Vermögensverfall geratenen [X.], unabhängig davon, ob er Fachanwalt für Strafrecht ist oder nicht.

c) Die Frage, ob bei einer Verfahrensweise nach Maßgabe
der Vereinba-rung letztlich "der [X.]eschwerdeführer über die Auszahlung von Fremdgeld ent-scheidet oder aber, wie bei einem angestellten Anwalt, die Sozien", ist wiede-rum nicht von grundsätzlicher [X.]edeutung, sondern eine Frage der Auslegung der getroffenen Individualvereinbarung. Im Übrigen hat der [X.] -
wie bereits angesprochen
-
zutreffend entschieden, dass die Vereinbarung nicht ausreicht. Dies ergibt sich -
neben den weiteren
vom [X.] angesprochenen Umständen
-
schon allein daraus, dass nicht sichergestellt ist, dass sämtliche Gelder im Zusammenhang mit der selbständigen Tätigkeit des [X.] über das auf die Rechtsanwälte W.

lautende Geschäftskonto ein-gezahlt werden.

d) Die Frage, ob bei der [X.]eurteilung, "ob eine langjährige, beanstan-dungsfreie Anwaltstätigkeit bei [X.]eachtung der Gesamtwürdigkeit der Person und damit der Frage der Interessengefährdung von Rechtsuchenden im Einzel-fall eine Rolle spielt, auch tatsächlich eine Gesamtwürdigung der Person [X.] haben muss, oder aber ob es ausreicht, dass [X.]eschlüsse des [X.]GH lediglich ohne Gesamtwürdigung der Person zitiert werden", stellt sich im vor-liegenden Fall nicht. Denn auch eine längere beanstandungsfreie Anwaltstätig-keit reicht allein nicht aus, um eine Gefährdung der Rechtsuchenden [X.]. Sie ist vielmehr, wenn die oben angesprochenen Voraussetzungen 7
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im Zusammenhang mit der Aufgabe der selbständigen Anwaltstätigkeit [X.], zusätzlich
erforderlich, um einen
Ausnahmefall zu begründen
(vgl. nur Se-natsbeschlüsse vom 18. Oktober 2004 -
AnwZ ([X.]) 43/03, [X.], 511;
vom 17. Juli 2014 -
AnwZ ([X.]) 78/13, juris Rn. 4; vom 27. April 2015 -
AnwZ ([X.]) 1/15, juris Rn. 8 und vom 3. Juni 2015,
aaO).

e) Ebenfalls keine grundsätzliche [X.]edeutung hat die mit der [X.] aufgeworfene Frage "ob zur Erreichung des Ziels des §
14 Abs.
2 Nr.
7 [X.] bei einem Fachanwalt für Strafrecht als milderes und [X.] wirksames Mittel ein Vertretungsverbot außerhalb des Gebiets des Straf-rechts ausreicht". Nach §
14 Abs.
2 Nr.
7 [X.] ist die Zulassung zur [X.] zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall gera-ten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht [X.] sind. [X.]ei Vorliegen der genannten Voraussetzungen ist die Zulassung damit zwingend zu widerrufen. Die gesetzliche Regelung lässt insoweit keinen Raum für einen Teilwiderruf beziehungsweise eine teilweise Aufrechterhaltung der Zulassung oder die Anordnung entsprechender Auflagen (vgl. [X.] vom 8. Dezember 2014,
aaO Rn. 20 ff. und vom 13. Juli 2015,
aaO Rn.
10).
Ob ausnahmsweise Vorkehrungen möglich sind, die eine Gefährdung trotz [X.] ausschließen, ist im Übrigen eine Frage des Einzelfalls. Die vom Kläger angeregte Alternativlösung wäre dazu nicht in der Lage. Denn abgesehen davon, dass auch Vertretungsverbote manchmal von in [X.] geratenen Rechtsanwälten ignoriert werden (siehe hierzu nur den Sachverhalt im Senatsbeschluss vom 18. Oktober 2006 -
AnwZ ([X.]) 29/06, juris Rn.
10), könnte der Kläger weiterhin im strafrechtlichen [X.]ereich als [X.] tätig sein. Auch dort ist nicht ausgeschlossen, dass er in Kontakt mit Man-dantengeldern kommt, etwa -
worauf der [X.] zutreffend hinge-wiesen hat
-
im Fall einer ihm überlassenen, zur Weiterleitung bestimmten [X.]
-
7
-
tion. Auch ist nicht
ausgeschlossen, dass der Kläger aufgrund seines [X.]s außerstande ist, erhaltene Vorschüsse seiner Mandanten zurück-zuzahlen (vgl. hierzu nur [X.] in [X.]/Wolf/Göcken, Anwaltliches [X.]erufsrecht, 2. Aufl., § 14 [X.] Rn. 39 m.w.N.).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §
112c Abs.
1 Satz
1 [X.],
§
154 Abs.
2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf §
194 Abs.
2 Satz
1 [X.].

Kayser
Lohmann
[X.]

Martini
Kau

Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 27.01.2015 -
AGH 2/14 -

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Meta

AnwZ (Brfg) 14/15

24.09.2015

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.09.2015, Az. AnwZ (Brfg) 14/15 (REWIS RS 2015, 4873)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 4873

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