Bundesgerichtshof, Beschluss vom 13.11.2012, Az. 3 StR 364/12

3. Strafsenat | REWIS RS 2012, 1545

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Gegenstand

Hehlerei: Begriff des Sich-Verschaffens; Voraussetzungen des subjektiven Tatbestands


Tenor

1. a) Auf die Revisionen der Angeklagten [X.], [X.]und [X.]wird das Urteil des [X.] vom 19. Dezember 2011, soweit es diese Angeklagten betrifft und sie verurteilt worden sind, mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

b) Auf die Revisionen der Angeklagten [X.]und [X.]wird das vorbezeichnete Urteil bezüglich dieser Angeklagten im Fall [X.] der Urteilsgründe sowie im gesamten Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

c) Im Umfang der jeweiligen Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten [X.]und [X.]werden verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten [X.] der Hehlerei, die Angeklagten [X.]und [X.]jeweils der versuchten Hehlerei sowie die Angeklagten [X.]und [X.]jeweils des Diebstahls "in einem besonders schweren Fall" (richtig: Diebstahls) in zwei Fällen schuldig gesprochen. Es hat gegen die Angeklagten [X.]und [X.]  jeweils eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten sowie gegen den Angeklagten [X.]eine solche von einem Jahr verhängt; die Vollstreckung dieser Strafen hat es jeweils zur Bewährung ausgesetzt. Die Angeklagten [X.]und [X.]hat es jeweils zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Bezüglich mehrerer weiterer Tatvorwürfe hat es alle Angeklagten freigesprochen. Die Revisionen der Angeklagten [X.], [X.]  und [X.]haben mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts vollen Erfolg; auf die geltend gemachten Beanstandungen des Verfahrens kommt es deshalb nicht an. Die Rechtsmittel der Angeklagten [X.]und [X.]führen ebenfalls auf die Sachrüge zur Aufhebung der Verurteilung im Fall [X.] der Urteilsgründe (Fall L.   ) sowie des gesamten Strafausspruchs; im Übrigen bleiben sie, auch soweit sie auf Verfahrensrügen gestützt sind, aus den Gründen der Antragsschrift des [X.] in der Sache ohne Erfolg.

2

I. Die Schuldsprüche gegen den Angeklagten [X.] wegen Hehlerei sowie die Angeklagten [X.]   und [X.]  wegen versuchter Hehlerei werden von den jeweils getroffenen Feststellungen nicht getragen.

3

1. Angeklagter [X.].

4

Nach den Feststellungen kaufte der Angeklagte [X.] 90 vom [X.].       durch insgesamt drei Taten gestohlene Solarmodule entweder an oder er verschaffte sie sich in sonstiger Weise, um sie für sich zu verwenden. Er baute die Module in eine Fotovoltaikanlage ein, die er auf dem Gelände seines Gartencenters in M.    betrieb. Dabei war ihm bewusst, dass die Module "aus einer rechtswidrigen Tat" stammten.

5

Damit sind jedenfalls die subjektiven Voraussetzungen des § 259 Abs. 1 StGB nicht belegt. Der Tatbestand der Hehlerei setzt neben der Absicht, sich oder einen [X.] zu bereichern, den zumindest bedingten Vorsatz des [X.] unter anderem dahin voraus, dass die Sache durch eine gegen fremdes Vermögen gerichtete Vortat erlangt ist ([X.], Beschluss vom 23. November 1999 - 4 StR 491/99, [X.], 106). Hierzu zählen z.B. nicht der Versicherungsbetrug und der Versicherungsmissbrauch (§§ 263, 265 StGB; vgl. [X.], Beschluss vom 22. Februar 2005 - 4 StR 453/04, [X.], 447, 448). Weder den getroffenen Feststellungen noch dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe lässt sich entnehmen, dass der Angeklagte [X.]bezüglich der Diebstähle oder einer sonstigen tauglichen Vortat zumindest bedingten Vorsatz hatte. Das allein festgestellte Bewusstsein, dass die Sache aus irgendeiner rechtswidrigen Tat stammt, genügt demgegenüber nicht.

6

2. Angeklagte [X.] und [X.]

7

Nach den Feststellungen waren die Angeklagten [X.]und [X.]im Begriff, Solarmodule, die zuvor gestohlen worden waren, aus einer Garage in einen Transporter zu laden. Sie wurden während dieser Tätigkeit festgenommen.

8

Hierdurch sind bereits die objektiven Voraussetzungen der § 259 Abs. 1, 3, §§ 22, 23 StGB nicht dargetan; insbesondere ist das unmittelbare Ansetzen zu einer der in § 259 Abs. 1 StGB unter Strafe gestellten Tathandlungen nicht belegt. Das [X.] hat das Verhalten der Angeklagten - ohne nähere Begründung - dahin gewürdigt, sie hätten versucht, die Module entweder sich selbst oder einem [X.] zu verschaffen. Dem kann nicht gefolgt werden. [X.] ist die Herstellung eigener Herrschaftsgewalt über die Sache im Einverständnis mit dem Vortäter. Der Hehler muss die Sache zur eigenen Verfügungsgewalt erlangen, so dass er über die Sache als eigene oder zu eigenen Zwecken verfügen kann und dies auch will (st. Rspr.; vgl. etwa schon [X.], Urteil vom 22. Juni 1960 - 2 StR 192/60, [X.]St 15, 53, 56 f.). Einem [X.] verschafft der Täter die Sache, wenn er z.B. die [X.] unmittelbar vom Vortäter an den [X.] vermittelt. Diese Voraussetzungen sind den Feststellungen nicht zu entnehmen. Die Urteilsgründe enthalten insbesondere keine Angaben zu den für die rechtliche Bewertung maßgebenden weiteren Umständen der Tat, etwa dazu, welchen Zweck die Angeklagten mit dem Einladen der Module in den Transporter verfolgten. So bleibt beispielsweise im Dunkeln, ob die Angeklagten möglicherweise lediglich dem Vortäter - unter Umständen dem Dieb - in der Absicht Hilfe leisteten, diesem die Vorteile der Tat zu sichern. In diesem Fall käme nicht eine Strafbarkeit wegen eines Hehlereidelikts, sondern gegebenenfalls wegen Begünstigung nach § 257 StGB in Betracht.

9

II. Die Verurteilung der Angeklagten [X.]und [X.]  wegen Diebstahls im Fall [X.] der Urteilsgründe (Fall L.     ) hält sachlichrechtlicher Prüfung nicht stand. Die Feststellungen, wonach die Angeklagten vom Dach einer Schweinemastanlage 168 Solarmodule entwendeten, beruhen - auch eingedenk des im Revisionsverfahren eingeschränkten Überprüfungsmaßstabs (vgl. [X.], Urteil vom 9. Juni 2005 - 3 [X.], NJW 2005, 2322, 2326) - auf einer rechtsfehlerhaften Beweiswürdigung.

Das [X.] hat seine Überzeugung von der [X.]chaft der Angeklagten darauf gestützt, dass diese zur Tatzeit jeweils einen Transporter gemietet hatten, der zum Abtransport der Module erforderlich war. Dies steht in einem unauflösbaren Widerspruch zu den Erwägungen der [X.] im Rahmen derjenigen Fälle, in denen sie die Angeklagten von weiteren Diebstahlsvorwürfen freigesprochen hat. Dort ist ausgeführt: "Namentlich reicht die bloße Anmietung eines Kleintransporters für die jeweilige Tatzeit ohne weitere Beweise oder Beweisanzeichen zum [X.] nicht aus." Hinzu kommt, dass die Beweiswürdigung eine relevante Lücke enthält; denn die Urteilsgründe verhalten sich nicht dazu, dass der Zeuge D.    bezüglich des Kleintransporters [X.] ein anderes Kennzeichen notierte, als das von dem Angeklagten [X.]angemietete Fahrzeug hatte. Es kommt deshalb nicht mehr entscheidend darauf an, dass sich aus den Feststellungen jedenfalls nicht ohne Weiteres ergibt, welche Variante des § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StGB hier verwirklicht sein soll.

Die Aufhebung des Schuldspruchs zieht die Aufhebung der in diesem Fall verhängten Einzelstrafen und der Gesamtstrafen nach sich. Der Senat hebt darüber hinaus auch die Einzelstrafen auf, auf die das [X.] im Fall [X.] der Urteilsgründe (Fall [X.]) erkannt hat, um dem neuen Tatgericht eine insgesamt einheitliche Strafzumessung zu ermöglichen. Der Schuldspruch in diesem Fall hat indes Bestand; er wird von den Feststellungen getragen, die insoweit auf einer [X.] Beweiswürdigung beruhen.

III. Der Senat sieht Anlass zu dem Hinweis, dass die Urteilsgründe so sorgfältig und strukturiert abzufassen sind, dass die tatgerichtliche Entscheidung nachvollziehbar und einer revisionsrechtlichen Überprüfung zugänglich ist. Hierzu gehört etwa, zwischen den Feststellungen und der Beweiswürdigung zu unterscheiden. Das Verständnis der Urteilsgründe wird daneben beispielsweise auch durch das unvermittelte Einschieben von Sachverhaltskomplexen, die mit der abzuurteilenden Tat nicht unmittelbar zusammenhängen, nicht unerheblich erschwert.

[X.]                         Pfister                          Schäfer

               Gericke                         Spaniol

Meta

3 StR 364/12

13.11.2012

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Neubrandenburg, 19. Dezember 2011, Az: 6 KLs 9/11

§ 259 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 13.11.2012, Az. 3 StR 364/12 (REWIS RS 2012, 1545)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 1545

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