Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.11.2017, Az. 5 StR 454/17

5. Strafsenat | REWIS RS 2017, 1474

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:301117B5STR454.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
BESCHLUSS

5
StR 454/17

vom
30. November 2017
in der Strafsache
gegen

wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer

Menge u.a.

-
2
-
Der 5. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung
des Generalbun-desanwalts und
des Beschwerdeführers
am 30.
November 2017
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:

1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Land-gerichts [X.] vom 28. Juni 2017 mit den zugehörigen Feststellungen im Einzelstrafausspruch im Fall II.2
und im Ausspruch über die Gesamtstrafe aufgehoben.

2.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere [X.] des Landge-richts zurückverwiesen.
3.
Die weitergehende Revision wird als unbegründet verwor-fen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen bandenmäßigen Handel-treibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen und Bei-hilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Die Revision des Angeklagten hat im Umfang der Beschlussformel Erfolg.

1. Nach den Feststellungen gehörte der Angeklagte einer von seinem Bruder geführten Bande an, die in [X.] mit Kokain handelte. Der Bruder be-stellte das Kokain bei Lieferanten und verkaufte selbst Teile des Rauschgifts 1
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unmittelbar an Abnehmer größerer Mengen. Den Rest des [X.] portio-nierte er für den Straßenverkauf. Der Angeklagte nahm telefonisch [X.] entgegen und bestellte die Kunden zu einem Treffpunkt mit einem
Läufer. Anschließend informierte er den Läufer entsprechend und schickte ihn mit dem bestellten Kokain, das der jeweilige Läufer aus einer Bunkerwohnung holte, zu
dem Treffpunkt mit dem Kunden, wo das Geschäft abgewickelt wurde. In die Bande eingebunden waren auch zwei Neffen des Angeklagten, die die Aufgabe hatten, dass portionierte Kokain in eine Bunkerwohnung zu bringen,
das von den Läufern eingenommene Geld abzuholen und an den Bruder des Angeklag-ten zu überbringen. Im Rahmen dieser Bandenstruktur und nach diesem Muster wirkte der Angeklagte in den Fällen II.1
und 2
am Vertrieb von Kokain mit, wo-bei sich Tat 2
auf eine Menge von 600
g Kokain mit einem Wirkstoffgehalt von 74 % bezog. Im [X.] an die Lieferung von knapp 1 kg Kokain im Fall 4 erfolgten der polizeiliche Zugriff und die Sicherstellung des [X.].

2. Die Revision rügt zu Recht eine Verletzung des § 252 StPO.

a) Das [X.] hat mit
der Verwertung der Einlassungen des [X.] und der beiden Neffen des Angeklagten in dem gegen sie geführten Straf-verfahren durch Vernehmung der in diesem Verfahren tätigen Berichterstatterin gegen § 252 StPO verstoßen. Denn die Zeugen haben in der gegen den Ange-klagten geführten Hauptverhandlung von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht

52 Abs.
1 Nr.
3 StPO)
Gebrauch gemacht. § 252 StPO verbietet über seinen Wortlaut hinaus auch die Vernehmung von Personen, die bei Vernehmung des Zeugnisverweigerungsberechtigten zugegen waren (vgl. [X.], Urteile vom 15.
Januar 1952

1 StR 341/51, [X.]St 2, 99, 104 f.; und vom 29. Juni 1983

2 StR 150/83, [X.]St 32, 25, 29). Da die Zeugen zum Zeitpunkt ihrer Einlas-sungen angeklagt waren, durften ihre Aussagen in die Hauptverhandlung nicht 3
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eingeführt werden ([X.],
Beschluss vom 22. Oktober 2002

1 [X.], [X.], 217).

b) Der [X.] kann jedoch hinsichtlich der Taten II.1, 3
und 4
ausschlie-ßen, dass das Urteil auf dem Verfahrensfehler beruht.

aa) Die beiden Neffen des Angeklagten hatten in dem gegen sie geführ-ten Verfahren nur ihren eigenen Tatbeitrag geschildert. Der Bruder des Ange-klagten hat hinsichtlich der Taten 3
und 4
nur Umstände bekundet, die der An-geklagte ohnehin eingeräumt hat (UA S.
11). Aus der Einlassung des Angeklag-ten selbst und den Aussagen der ermittelnden Polizeibeamten ergibt sich die Rolle, die der Angeklagte innerhalb der Bandenstruktur spielte. In ihrer Über-zeugung von der Rolle des Angeklagten sah sich die [X.] durch die

unzulässigerweise verwerteten

Angaben seines Bruders in der Hauptver-

bb) Soweit die [X.]
Feststellungen zu den Mengen des im Rah-men der Bandenstruktur gehandelten Kokains
getroffen hat und
dabei ebenfalls Angaben des Bruders
des Angeklagten in dem gegen ihn gerichteten Strafver-fahren verwertet hat, gilt Folgendes:

Hinsichtlich der im Fall 1
gehandelten Menge stützt sich das [X.] auf eine belastbare Schätzung aufgrund der Anzahl der am 11./12. März 2016 vom Angeklagten geführten Telefonate mit Kunden, in denen diese jeweils eine oder zwei Portionen Kokain zu 0,3 g bestellten. Die Anzahl dieser Telefonate ist aufgrund der Bekundungen des als Zeugen vernommenen ermittelnden [X.] festgestellt worden. Im Fall 4
ist die gelieferte Menge sichergestellt [X.]. Dass
sie teilweise für den Straßenverkauf bestimmt war, entnimmt die 5
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[X.] daraus, dass der Bruder des Angeklagten unmittelbar nach der Lieferung das Haus verließ, um Plastiktüten für die Portionierung der gelieferten Menge zu kaufen. Im Übrigen konnte sich die [X.] insoweit auf die An-gaben des nicht zeugnisverweigerungsberechtigten Zeugen A.

stützen, dessen Einlassung in dem gegen ihn gerichteten Strafverfahren die [X.] durch Vernehmung der Berichterstatterin in zulässiger Weise eingeführt hat. Dieser hatte seinen eigenen Tatbeitrag im Fall 4 den Feststellungen ent-sprechend eingeräumt.

c) Hinsichtlich des Falles II.2
der Urteilsgründe kann der [X.] demge-genüber ein Beruhen der hierfür ausgeurteilten Einsatzstrafe
und damit auch der Gesamtstrafe auf dem Verfahrensfehler nicht ausschließen.
Auf der [X.] der beweiswürdigend belegten Annahme der [X.], dass die [X.] um den Angeklagten und seinen Bruder im gesamten Tatzeitraum pro Tag wenigstens 40 Portionen zu 0,3 g Kokain verkaufte, ergibt sich nicht die im Fall
2
für den Tatzeitraum vom 8. April bis zum 10. Mai 2016 festgestellte [X.] von 600 g. Diese Feststellung kann nur auf den
unzulässigerweise verwerteten Angaben des Bruders des Angeklagten in dem gegen ihn geführten Strafverfahren beruhen.

3. Soweit die Revision die Nichtanwendung des § 46b StGB rügt, weist der [X.] ergänzend zur Stellungnahme des [X.] darauf hin, dass die Erklärung des Angeklagten, mit der er seine Tatbeiträge sowie die festgestellten Tatbeiträge seines Bruders, seiner Neffen und des Zeugen A.

eingeräumt hat, zwei Tage nach deren Einlassungen in der Hauptverhand-lung des gegen sie geführten Verfahrens abgegeben wurde und dort lediglich

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zu den Verfahrensakten genommen, also nicht als Beweismittel verwertet wur-de. Über diese Umstände durfte die Berichterstatterin des gegen die Zeugen geführten Strafverfahrens vernommen werden.

Schneider
Dölp
König

Berger
Mosbacher

Meta

5 StR 454/17

30.11.2017

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.11.2017, Az. 5 StR 454/17 (REWIS RS 2017, 1474)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 1474

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